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Taktische Diplomatie

von Harald Latus

Prolog

Roger van Dyke lag in seinem Liegestuhl im Schatten und ließ den rechten Arm ganz entspannt über die Lehne baumeln. Den ausgefransten Strohhut hatte er tief ins Gesicht gezogen und so lauschte er den entspannenden Geräuschen rund um sich herum.
Die Sonne der Karibik erhellte den ungetrübten Tag und ein leuchtendes Blau überspannte den gesamten Himmel. Keine Wolke war zu sehen.
Die Wellen des glasklaren Wassers schwappten gemächlich gegen den breiten Sandstrand, an den sich direkt die hohen Palmen und weiter im Hintergrund die Freizeiteinrichtungen anschlossen.
Leise klang die Musik einer karibischen Steelband von irgendwo herüber und vermischte sich mit dem seichten Rauschen des Meeres und der Palmenblätter, die sich in einer leichten Briese bewegten.
Roger griff nach seinem Drink und nippte an dem Glas, welches viele Eiswürfel und einen großen Schluck echten jamaikanischen Rum enthielt.
Er raffte sich aus seinem Liegestuhl auf und trat langsam aus dem Schatten der Palmen, um den Jetskifahrern weiter draußen auf dem Meer zuzusehen, die ausgelassen ihre Kreise im Wasser zogen.
Erschrocken sprang er mit einem großen Satz zurück in den Schatten. Roger hatte ganz vergessen wie stark sich der Sand unter der Sonneneinstrahlung aufheizen konnte. Er griff nach seinen dünnen Sandalen, die unter dem Liegestuhl im Sand lagen und streifte sie über.
Doch kaum hatte er sich aufgemacht, um sich wieder auf die Jetskifahrer zu konzentrieren, hörte er den Signalton seines Kommunikators, den er vorsorglicher Weise ganz unten in seiner Strandtasche vergraben hatte.
Langsam ging er zu seinem Liegestuhl zurück und fischte in der Tasche nach dem kleinen Emblem. Mit einem leichten Druck hatte er den Kommunikator aktiviert.
„Van Dyke hier“, meldete er sich mit sichtlich enttäuschter Stimme.
Captain Wikland machte gar nicht erst den Versuch den Grund seines Anrufes zu beschönigen
„Es tut mir leid, dass ich Sie unterbreche Commander, aber wir haben einen wichtigen Auftrag erhalten, der keinen Aufschub duldet. Melden Sie sich sofort auf der Brücke. Wir müssen unverzüglich aufbrechen.“
Roger blickte wehmütig aufs Meer hinaus. Er hatte eigentlich gehofft, heute noch selbst einen Jetski Ausflug zu machen und eine Segeltour stand auch noch auf dem Programm.
„Ich bin auf dem Weg...“, er wollte noch etwas hinzufügen, überlegte es sich aber anders und deaktivierte den Kommunikator.
Dann machte er sich daran seine Habseligkeiten zusammenzusuchen. Mit lustlosen Schritten trottete er durch die hohen Palmen, noch immer den Klang der Steelband im Ohr, die wohl auf dem Grundstück nebenan auf einer Party spielten. Gesprächsfetzen drangen herüber und erinnerten ihn daran, dass auch er sich in dieser Form hatte entspannen wollen.

Roger materialisierte direkt im vorderen Teil der Brücke auf dem Symbol der Sternenflotte, welches sich direkt vor den Stationen der Conn und der OPS im Teppich eingelassen befand.
Die meisten Anwesenden der Brückenbesatzung konnten ein Lächeln nicht unterdrücken. Mit einem schrillen rot-gelb gemusterten Hawaiihemd, welches locker über die ebenso verrückten Shorts hing, stand Roger vor dem Hauptbildschirm.
Er trug einen ausgefransten Strohhut mit breiter Krempe auf dem Kopf und hatte eine aus Bast gefertigte Tasche über die Schultern gehängt. Die große Sonnenbrille, die seine Augen verbarg rundete dieses Bild ab.
Aus seinen Sandalen rieselte langsam der Sand der Karibik und zeugte davon, dass sein Interesse derzeit allem anderen galt, als ein Raumschiff zu einem Einsatz in die Tiefen des Alls zu begleiten.
Captain Wikland saß auf seinem Platz, und es genügte ein einziger Blick von ihm, der Roger klarmachte, dass er sich zum Bereitschaftsraum begeben sollte.
In aller Ruhe schob der Commander seine Sonnenbrille hoch, lächelte in die Runde, schüttelte den Sand aus den Sandalen und begab sich auf den Weg zum hinteren Teil der Brücke.
Von Wikland unbemerkt, der bereits den Bereitschaftsraum betreten hatte, hob der Wachposten auf der Brücke den rechten Arm und zeigte mit einem breiten Grinsen den Daumen nach oben, als Zeichen eines gelungenen Scherzes.

Kaum hatten sich die Türen geschlossen, da drehte sich Wikland um und blickte seinen ersten Offizier grimmig an.
„Nummer Eins, wie können Sie nur mit einem solchen Aufzug auf der Brücke erscheinen. Sie wissen genau so gut wie ich, dass es eine der obersten Pflichten ist, die Disziplin aufrechtzuerhalten. Dazu zählt insbesondere auch die Kleiderordnung und jetzt nehmen Sie endlich diesen albernen Hut ab!“
Roger van Dyke stellte seine Tasche ab und legte den Hut auf die kleine Sitzgruppe.
„Nun Captain, vor nicht allzu langer Zeit haben Sie mich darauf hingewiesen, dass Sie mit ‘Sofort’ eigentlich ‘Auf der Stelle’ meinen und keine Verzögerung dulden. Wie sagten Sie damals so schön: ‘...das ist mir egal und wenn sie nackt wären...’“ Roger betrachtete das Minenspiel des Captains bei diesem Satz ganz genau.
„ich habe Ihnen versprochen, dass es nie wieder vorkommen wird, dass ich zu spät komme, zumal Sie mir deswegen eine Rüge erteilt haben. Daran habe ich mich gehalten. Sie haben es vorhin schließlich auch sehr dringend gemacht.“
Dieser Punkt ging eindeutig an van Dyke.
In einem seiner ungeduldigen Momente der letzen Mission hatte der Captain wieder einmal ein wenig über die Stränge geschlagen und nun musste er zu Recht diese Retourkutsche einstecken, auch wenn sie ihm gar nicht schmeckte.
Eigentlich hatte der erste Offizier nach einem Holodeckbesuch lediglich seine Uniform in Ordnung bringen wollen, was ganz selbstverständlich war und wie es sich für ein Vorbild der Crew gehörte. Dennoch hatte er vom Captain einen Verweis erhalten, weil er nicht sofort, sondern einige Minuten später erschienen war.
Aber der erste Offizier war professionell genug um zu wissen, dass derzeit andere Probleme anstanden, sonst hätte der Captain ihn sicher nicht aus dem wohlverdienten und gerade erst angetretenen Urlaub geholt.
„Nun Captain, welcher Auftrag ist so wichtig, dass er keinen Aufschub duldet?“
Die Mine von Jan Erik Wikland verdunkelte sich noch weiter.
„Ja, wenn ich das mal wüsste.“ Wikland machte eine kleine Pause. „wir sollen uns an diesen Koordinaten einfinden.“ Wikland schob verärgert ein Padd über den Tisch, welches Roger aufnahm.

„Kein Wort über die Mission, kein Anhaltspunkt, nur diese Zahlen“, wetterte der Captain. Wikland hasste es so im Dunkeln zu tappen, ganz speziell, wenn er das Gefühl hatte, dass man seine Mannschaft oder ihn gezielt zum Narren halten wollte.
Mit Schrecken erinnerte er sich an die letzte große Mission, bei der man ihn in eine Falle tappen ließ. Nur durch die Leistung seiner Crew konnte er dieses Komplott rechtzeitig aufdecken und alles zum Guten wenden.
„Das Hauptquartier der Sternenflotte hat sich in keiner Weise darüber ausgelassen, um welchen Auftrag es sich handelt. Sie wissen ja, ich bin gerne gut vorbereitet, um auf alle Eventualitäten angemessen reagieren zu können. Aber das ist mir in diesem Fall nicht möglich“, erklärte er aufgebracht.

Roger blickte noch einmal auf das Padd und verglich die Daten und Angaben mit bekannten Werten.
„Also entweder hat sich da jemand einen schlechten Scherz erlaubt, oder es soll unter keinen Umständen bekannt werden, um was es sich handelt. Diese Koordinaten sind in der Mitte von Nirgendwo!“
Wikland umrundete den Schreibtisch und nahm Roger das Padd wieder aus der Hand.
„Ja, soweit habe ich das auch auf die Reihe bekommen.
Naja, wir werden ja sehen. Setzen Sie Kurs auf die genannten Koordinaten und starten Sie unverzüglich. Ich will das bald möglichst hinter mir haben, was immer es ist“ brummte Wikland.
„Aye, Captain“, bestätigte Roger, der sich bereits umgewandt hatte, seine Tasche und den Hut aufnahm und auf die Tür zusteuerte.

Roger durchschritt die Brücke und setzte sich in den Sessel des Captains.
„Lieutenant Ramirez, wenn die Transporte der letzten Landurlauber abgeschlossen sind gehen Sie auf Kurs zwei, vier, eins komma zwei, acht.“ Der junge Mann an der Conn quittierte die Meldung. „Aye, Sir. Verstanden.“
Ein flüchtiger Blick zu Alisha der Bolianerin an der OPS ließ ein leichtes Kopfnicken erkennen, welches wohl bedeutete, dass alle Crewmitglieder inzwischen wieder an Bord waren.
Ramirez tippte einige Befehlssequenzen ein und gleichzeitig setzte sich das Schiff sanft in Bewegung. Zunächst drehte sich die ALEXANDRIA mit den Manövriertriebwerken langsam im Orbit, um in Abflugposition zu gehen, kurz darauf setzten die Impulstriebwerke ein und steuerten einen direkten Kurs zu den Koordinaten, die Ramirez erhalten hatte.
Roger ließ sich zurücksinken und blickte in die Runde. Ein verhaltenes Lächeln huschte über das Gesicht von Jaqueline Jefferson, die kurz mit dem Kopf schüttelte und sich dann wieder ihren Aufgaben an der Maschinenkontrolle widmete.
Zunächst verstand Roger nicht, so gut war der Gag, den er sich erlaubt hatte nun auch wieder nicht, bis er auch K’Orak sah, der ihn kurz anschaute und dann gen Himmel blickte.
Roger folgte seinem Blick ohne den Kopf zu bewegen und sah... die ausgefranste Krempe seines Strohhutes. Den Blick nach unten brauchte er gar nicht erst zu machen. Er wusste, wie lächerlich er in diesem Aufzug aussehen musste. Roger musste herzlich lachen und auch der Rest der Brückencrew stimmte mit der Ausnahme von K’Orak ein. Es war einfach nur zum Totlachen.
„J.J. Sie haben die Brücke“, lachte Roger über seine linke Schulter und war mit wenigen Schritten im Turbolift verschwunden.

Mit einem leisen Fluch ballte K’Orak der Klingone seine Fäuste. Obwohl ihm als Austauschoffizier zahlreiche Rechte zustanden, hatte Commander van Dyke wieder einmal seine Kollegin als Brückenaufsicht eingesetzt, obwohl ihm die höheren Rechte zustanden. Es hatte sich auch nach seiner vorübergehenden Abwesenheit nichts verändert.
Der Captain verhielt sich ihm gegenüber noch immer sehr reserviert und öffnete sich dem Klingonen kaum. Wenn er auf Außenmissionen oder für wichtige Aufgaben eingesetzt wurde bekam er stets einen ‘Aufpasser’ zugewiesen, ein Zeichen, dass ihm der Captain nicht bedingungslos vertraute.

K’Orak hatte hin und her überlegt, warum der Captain ihm gegenüber so verschlossen war, fand aber weder in seiner Arbeit, noch in seinen Tätigkeiten der zugegebenermaßen knappen Freizeit einen Grund dafür. Im Gegenteil, Wikland hatte einen sehr positiven Bericht an den verantwortlichen General der Klingonen verfasst. Der hohe Rat hatte sogar erwogen K’Orak ein eigenes Kommando zu geben, dieser hatte aber abgelehnt, weil er zunächst den wahren Grund für Wiklands abweisendes Verhalten erfahren wollte.
Zugegeben, auch Tara Inana Anu’U spielte eine gewichtige Rolle, denn sie war eine der wenigen Personen, zu denen K’Orak Zugang fand.
Alle anderen Crewmitglieder waren für sie eigentlich nur geduldete Statisten. Tara, die schon zu Zeiten des legendären Captain Kirk Ihre Dienste als Sonderbotschafter angeboten hatte, lebte zurückgezogen und verließ ihr Quartier nur selten. Doch sie hatte einen Sonderauftrag mit K’Orak durchgeführt, bei dem Sie auf sich allein gestellt waren und bei dem der Klingone die Gelegenheit hatte, dieses mysteriöse Wesen näher kennen zu lernen.

J.J. die nun im Sessel des Captains saß, hatte von all diesen Dingen keine Ahnung. Wie gewöhnlich hatte der Klingone nur das Nötigste gesagt, auch die Tatsache, dass er diesmal beim Bat’leth Wettkampf die Siegertrophäe erhalten hatte, schien ihn nicht sonderlich zu bewegen. Er war noch immer ein Eigenbrötler, der sich nicht in die Karten schauen ließ.
Es war erst wenige Tage her, dass die Crew wieder vollständig war.
Während die ALEXANDRIA als eine Art Zwischenauftrag einen Botschafter begleitete, hatte das Runabout Amazonas einen speziellen Auftrag erhalten.
Drei der Bajoraner an Bord sollten sich nach der Besatzung durch die Cardassianer ein Bild von der bajoranischen Übergangsregierung machen, ihre taktische Lage, die Kommunikationseinrichtungen sowie religiösen Eigenheiten studieren.
Wikland war dafür ein genialer Schachzug gelungen. Obwohl es den Offizieren der Sternenflotte nach dem Abzug der Cardassianer untersagt war, Urlaub auf Bajor zu machen, oder in den Bereich des Planeten einzufliegen, konnte er den verdienten Offizieren seiner Crew diese Möglichkeit einräumen.

Für Wikland war es eine willkommene Gelegenheit, seinen Offizieren etwas zu geben, was sie normalerweise nicht erwarten konnten.
Es war in gewissem Sinne eine Belohnung, die schon einige andere Offiziere erleben durften. Allerdings machte es Captain Wikland immer sehr spannend und er ging dabei äußert geschickt vor, so dass meist keiner vorherahnte, wen der Captain dabei im Sinn hatte.
So war es auch Ymoota ergangen, die unter den drei Offizieren der bajoranischen Mission war und die sich nun über einen weiteren Bonus freuen durfte.
Die wiedereröffnete Militärakademie der Bajoraner hatte ihr Offizierspatent der Sternenflotte anerkannt und so durfte die junge Frau nun auch die Uniform wie auch die Rangabzeichen der bajoranischen Militärakademie tragen. Ein Punkt, der sie gerade noch vor der letzten Mission in starke Gewissenskonflikte gestürzt hatte. Da sie Bajor sehr schätzte und eine enge Kastenbindung hatte, wollte sie auch durch ihre Uniform die Verbundenheit zeigen. Dies war allerdings vorher nicht möglich, aber dank Captain Wikland hatte sie es erreicht.



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