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5x10 - Interlude

von Julian Wangler

Kapitel 1

21. Dezember 2155
E.C.S. Horizon

Er legte Pauls Grußkarte, die malerische Aussichten von Canopus darbot, zur Seite. „Was meinst Du?“, fragte Travis Mayweather in der Messe des Frachtschiffs Horizon.

Eine Sekunde später beobachtete er, wie seine hochschwangere Freundin Gannet Brooks die Tasse zum Mund hob. Kurz zögerte sie noch einmal, die dunkle, zähflüssige Masse betrachtend, die sich darin befand.

Als sie tatsächlich an dem Getränk nippte, befürchtete Travis für einen Augenblick, früher als nötig mit einer Kostprobe dessen konfrontiert zu werden, was bald schon unweigerlich seine Vaterrolle beinhalten würde. Doch wider Erwarten spuckte Gannet die Flüssigkeit nicht aus; lediglich ihre Brauen zuckten einige Millimeter nach oben. „Schmeckt wie Pilzsuppe mit ’nem Schuss Koffein…“

Travis verdrehte die Augen. „Also, mein Fall war’s nicht.“ Präventiv schob er die flachen Hände vor. „Und frag mich ja nicht, wie es heißt. Der Name soll für menschliche Zungen unaussprechbar sein.“

Gannet schien ihn beim Wort zu nehmen. „Wie kommen wir eigentlich zu der unvergleichlichen Ehre, dieses Zeug gleich in Tonnen mitzuführen?“

Er zuckte die Achseln. „Es war Omags Idee.“ Nicht ganz überzeugt von den eigenen Worten deutete er auf die Tasse. „Auf Tellar trinkt das offenbar jeder.“

„Liebster,“, räusperte Gannet sich, „dürfte ich Dich daran erinnern, dass wir ein Dutzend Lichtjahre von Tellar entfernt sind und obendrein in die falsche Richtung fliegen?“

„Ja, schon, aber Omag kennt da eine abgelegene, kleine Tellaritenkolonie. Er meint, die sind sogar noch verrückter nach dem Gebräu und würden uns bestimmt die ganze Ladung abkaufen, weil sie nicht so schnell Nachschub kriegen. Du verstehst.“

Gannet lächelte verschmitzt. „Sieh an, sieh an. Unser Dumbo ist ja ganz schön auf Zack.“, meinte sie, jederzeit bereit, einen Witz auf Omags Kosten zu machen.

„So wie immer.“

Travis wusste, wovon er sprach. Heute kam er kaum umhin zu sagen, dass Omag mit Abstand das Beste war, was der Horizon hatte passieren können – wenigstens unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet. Der Crew waren die Zeiten noch gut in Erinnerung, da sie um jeden Credit hatte kämpfen müssen.

Damals war das Schiff fast auseinander gefallen. Das Geld hatte gerade so gereicht, um das Deuterium in den Tanks zu bezahlen, und die Probleme mit K’yaavolaas hatten ihr Übriges getan, dass die Horizon um ein Haar ihre Lizenz bei den Cargo Services losgeworden wäre. Gesetzt diesen Fall, hätte sie vermutlich im Flugverbot ihr unrühmliches Ende gefunden und dabei zwei Dutzend Personen, die eine Großfamilie im interstellaren Raum bildeten, ohne wirtschaftliche Perspektive zurückgelassen. Das Vermächtnis von Travis’ Vater hätte aufgehört zu existieren.

Heute konnte keine Rede mehr von existenziellen Finanznöten sein. In den vergangenen sechs Monaten hatte die Horizon Umsatz und Gewinn derart drastisch gesteigert, dass sie imstande war, sämtliche Hypotheken, die sie hatte aufnehmen müssen, zurückzuzahlen und obendrein in die schwarzen Zahlen zurückzukehren. Das geschickte Händchen, das Omag bewies, während er Beziehungen mobilisierte und mit großem Sinn fürs Geschäftliche verhandelte, ließ die Glückssträhne des einstigen Sorgenkinds der terranischen Frachterflotte anhalten: Peu à peu hatten sie mit den erwirtschafteten Überschüssen der alten J–Klasse–Lady eine Frischzellenkur genehmigen können.

Parallel dazu hatte Travis alles daran gesetzt, Omag zum Hierbleiben zu bewegen. Wäre der Bursche nicht so herzlich von der Mannschaft aufgenommen worden, hätte er es sich vielleicht anders überlegt. Aber da war auch noch eine Art Pflichtgefühl Travis und Gannet gegenüber, die ihm nach anfänglichen Irritationen auf beiden Seiten dabei geholfen hatten, aus dem Würgegriff des Gangsterkönigs Kziwcchan zu entkommen. Fürs Erste, so schien es, blieb er der Horizon erhalten, was Travis tendenziell eine überaus rosige Zukunft erwarten ließ – sowie eine weiter prall gefüllte Handelskasse.

Doch natürlich war er nicht naiv. Trotz der guten Laune, die derzeit überall an Bord herrschte, wusste Travis, dass die derzeitige Situation der Horizon schnell wieder umschlagen konnte und man stets auf der Hut sein musste.

Neben den üblichen Problemen mit Piraten waren insbesondere K’yaavolaas und seine Mazaritenbande nach wie vor eine beträchtliche Gefahr für das Schiff. Allerdings kam man nicht umhin, zuzugeben, dass es zuletzt erstaunlich ruhig um den ansonsten so umtriebigen Gangsterboss geworden war, seit Travis sich entschloss, das vulkanische Artefakt an T’Pol weiterzuleiten.

Vor einigen Wochen war die Horizon auf einige rigelianische Kaufleute gestoßen, die ihrerseits unter K’yaavolaas gelitten hatten. Angeblich, so erzählten die Händler, gebe es Gerüchte, dass der Verbrecherkönig von einem Unbekannten in seinem eigenen Heim ermordet worden war und sich sein Kartell seitdem in Auflösung befinde, nur mehr Manövriermasse und Zankapfel kleinerer Drogenbarone, die sich darauf gestürzt hatten wie Hyänen auf ein verwundetes Tier. Freilich hatte Travis bislang für diese Geschichte keine Bestätigung erhalten, also beschloss er, weiter die Augen und Ohren offen zu halten und auf der Hut zu sein.

Aber dass sie so lange vom Mazariten verschont worden waren, war durchaus ungewöhnlich. Entweder hatte K’yaavolaas seine Prioritäten verlagert oder ihm war vielleicht wirklich etwas zugestoßen. Für den Fall, dass ihn tatsächlich das Zeitliche gesegnet hatte, würde Travis ihm jedenfalls keine Träne hinterher weinen.

Der zweite wunderliche Umstand bezog sich wieder auf Omag. Es war schon seltsam, dass sie bislang keinem anderen Artgenossen von ihm begegnet waren. Wie hatte er sein Volk doch gleich genannt? – Cardassianer… Entweder sie lagen weit ab vom Schuss oder Omag mied es bewusst, ihre Bahnen zu kreuzen. Travis hatte ihn des Öfteren darauf anzusprechen versucht, doch der Alien war diesbezüglich im Vagen geblieben. Seine Herkunft war wie eine einzige große Nebelwolke. Für den Augenblick stellte das noch kein Problem dar, waren sie doch in den Regionen, in denen sie mit der Horizon verkehrten, um lukrative Geschäfte zu machen, mehr denn je konfrontiert mit allerhand seltsamen Individuen und Spezies, deren Ursprünge kaum ergründbar schienen.

Darin hatte auch eine der großen Veränderungen der letzten Monate bestanden. Wenn man so verwöhnt war, dass man nur noch ein Auge – oder besser: zwei überdimensionale Ohren – für das große Klingeln im Geldbeutel hatte, führte der Kurs schnell von klassischen Handelsrouten zwischen menschlichen Niederlassungen weg. So und nicht anders war zu erklären, warum sich die Horizon in den zurückliegenden Wochen mitten in klingonischem Territorium ein reges Beziehungs– und Handelsnetzwerk erschlossen hatte.

Zweifelsohne, hätte man Travis früher nach der Aussicht gefragt, ihr Frachter könnte eines Tages Klingonen beliefern und mit ihnen Geschäfte machen, hätte er den bloßen Gedanken für verrückt gehalten. Und vielleicht waren es heute ja auch einfach nur verrückte Zeiten, aber fest stand indes: Er hatte mittlerweile herausgefunden, dass Klingonen gar nicht so üble Geschäftspartner waren. Zwar waren sie etwas schroff und wollten immer gleich zum Wesentlichen kommen, doch konnte man ihre Wünsche befriedigen und vermied es, in ein interkulturelles Fettnäpfchen zu treten, ließ sich mit ihnen übereinkommen. Die beste Garantie, nicht von ihnen in Stücke geschossen zu werden, war immer noch, dass man sich als unverzichtbarer Dienstleister präsentierte, und mit Omags Hilfe war das geradezu vorbildlich gelungen.

Vorbei waren die Zeiten, als sie noch schmutzige Boridiumkohle in den Frachtkammern der Horizon führten. Heute handelten sie vornehmlich mit exotischen Waren, die Omags ökonomischer Spürsinn ihnen ein ums andere Mal an Bord spülte. Ein positiver Nebeneffekt dieser handelstechnischen Verlagerungen war, dass man in klingonischem Gebiet keine unvorhergesehenen Zwischenfälle mit Piratengesocks und dergleichen erwarten musste. Hier gab es eine starke Ordnungsmacht, und war man ihr wohl gesonnen beziehungsweise von ihr nachgefragt, stand man auf der sicheren Seite.

Falls K’yaavolaas doch noch seine Messer wetzte, war die beste Sicherheitsgarantie der Horizon, vorerst in klingonischem Territorium oder zumindest in dessen Nähe zu bleiben. Und dazu brauchte es geschäftsmännischen Erfolg. Und für diesen Erfolg brauchte es wiederum Omag. Soviel zur Kausalität der Dinge.

„Und?“, fragte Gannet, das Thema wechselnd, und legte den Kopf an. „Was macht Dein Klingonisch? Bist Du immer noch dabei, mit dem Hühnerknochen in der Kehle zu üben?“

Er war sich darüber im Klaren, dass sie seinen Entschluss, Klingonisch zu lernen, nach wie vor eigenartig, insbesondere aber belustigend fand. Wie oft hatte sie in ihrem gemeinsamen Quartier Lachanfälle bekommen, während er vor dem Spiegel stand und manch halsbrecherische oder gutturale Lautkombination probte? Doch aus Travis’ Sicht war es der richtige Weg, wenn er sich mit der Sprache ihrer neuen Klienten auseinandersetzte. Bislang war nämlich Omag der Einzige, der mit seinen bescheidenen Klingonischkenntnissen etwaigen Un– oder Missverständnissen begegnen konnte. Zwar war noch nichts Gravierendes vorgefallen, aber stand er aus irgendwelchen Gründen nicht zur Verfügung und sie hatten ein dringendes Geschäft vor sich, konnten sich rasch unerwartete Komplikationen auftun. Über Sternenflotten-Translatoren verfügten sie hier nicht. Klingonen wollten in der Regel nicht viel hören, doch umso wichtiger war es, ihnen das Richtige mitzuteilen.

Travis schüttelte einmal den Kopf. „Nein, ich glaube, über das Stadium bin ich schon hinaus. Es geht ja auch nur darum, dass die mich im Fall des Falles versteh’n.“

„Ist Dir der neue Sprachführer Deiner früheren Kollegin denn ’ne Hilfe?“

Hoshi hatte vor einer Weile ihre linguistischen Kenntnisse über das Klingonische zu einem kleinen Büchlein zusammengefasst. Travis hatte es sich bei entsprechender Gelegenheit erstanden.
„Er ist nicht von schlechten Eltern.“, meinte er. „Aber ehrlich gesagt hilft es mir am meisten, mit Omag ein wenig Sprachtraining zu machen.“

„Solange Ihr dabei nicht wieder so viel trinkt wie beim letzten Mal.“

„Das ähm…kommt nicht wieder vor.“

Sie lächelte. „Will ich hoffen. Ich hatte mir nämlich gedacht, das nächste, was wir uns von unserem Gewinn zulegen könnten, ist ’ne neue Messe und keine Ausnüchterungszelle.“

Travis lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Hast Du ’was Konkretes im Sinn?“

„Na ja, Rianna wird mich wegen der Farbe zwar umbringen, aber ich hab’ da im Monatskatalog dieses aldebaranischen Einbauküchenhändlers ein Modell geseh’n, das perfekt bei uns ’reinpassen würde. Und Du weißt ja, wie schwer es ist, für die J–Klasse die passende Ausrüstung aufzutreiben. Was hast Du?“

Travis strich sich nachdenklich über den fein rasierten Schnäuzer, den er – sehr zu Gannets Missfallen – seit einigen Monaten trug. „Es gibt noch ’ne Reihe anderer Anfragen aus der Crew.“

„Welche Anfragen, sag’ mal?“

„Nora und einige andere Leute pochen seit einiger Zeit auf neue Quartiere. Juan regt sich ständig über die primären Energieleitungen auf dem C–Deck auf. Und Charlie meinte, der alte Warpkern würde sich anhören wie ein Wäschetrockner, in dem Steine herumgeschleudert werden. Wir sind zwar nicht mehr so schlecht bei Kasse wie in früheren Zeiten, trotzdem können wir uns mit unseren Credits nicht alles auf einmal leisten.“

Gannet spitzte, darüber nachdenkend, die Lippen. Aber nur für einen Augenblick. „Gut, dann wär’ ich für Noras Vorschlag. Neue Quartiere wären nicht übel.“

Frauen unter sich…, dachte Travis und argumentierte: „Ich bin eher bei Charly. Unser jetziger Warpkern hat ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel. Die vorgesehene Lebensdauer wurde längst überschritten. Und Du weißt, was passiert, wenn er eines Tages den Geist aufgibt. Dann kannst Du noch viel länger auf Deine aldebaranische Einbauküche warten.“

Gannet seufzte leise. „Meinetwegen. Kauft Euch ’n Warpdingsbums. Wenn Ihr Jungs wieder mit Euren Maschinen spielen und Euch die Hände schmutzig machen wollt… Hab’ ich wohl keine Wahl.“

„Es ist kein Spiel.“, beharrte Travis.

„Und wenn schon.“ Sie legte eine Hand auf ihren geschwollenen Bauch. „Gib dem Storch noch ’n paar Monate, und wir werden ernsthafte Schwierigkeiten bekommen. In unserem Quartier deutet noch nichts drauf hin, dass wir auch nur den Gedanken hatten, ein Kind großzuzieh’n. Die Krippe wolltest Du schon vor Monaten auftreiben.“

Beschwichtigend machte einer Handbewegung. „Es ist ’was dazwischen gekommen, okay?“

Er erntete einen vernichtenden Blick von Gannet. „Das sagst Du schon die ganze Zeit.“

„Also gut. Ich verspreche Dir, dass ich bei nächster Gelegenheit eine Krippe auftreiben werde.“

„Musst Du natürlich nicht. Wir können das Baby auch gerne in eine schmierige Plasmaleitung stecken. Hab’ gehört, dort ist’s zumindest mollig warm.“

„Sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass meine Freundin von Tag zu Tag ein bisschen zynischer wird?“

„Liebster, Du willst gar nicht wissen, was ’ne schwangere Frau alles durchmachen muss.“ Er kam mit seiner Hand näher, doch sie zog vorher die ihre weg. Sie schien es wieder einmal zu genießen, die Beleidigte zu spielen. „Diese ganze Übelkeit, der Schwindel, die verdammten Rückenschmerzen… Ist aber nicht alles. Damals, in der Redaktion, hab’ ich scharenweise Frauen geseh’n, die aus dem Mutterschaftsurlaub zurückgekommen sind. Müßig, drauf hinzuweisen, dass sich der Umfang ihres Beckens Richtung Dinosaurier bewegt hat. Anatomische Fliehkräfte. Glaubst Du, ich hab’ Lust, in Zukunft in der Damenabteilung nach ’nem Panzertuch Ausschau zu halten?“

„Reg Dich mal wieder ab. Das wird nicht passieren.“

Sie schmälte den Blick. „Was macht Dich da so sicher?“

„Na ja,“, sagte Travis nach kurzem Zögern, „die Medizin macht heut’ Wunder möglich. Bei unserem letzen Abstecher ins Borderland hab’ ich da ’was von einem begnadeten plastischen Chirurgen gehört.“

Gannet prustete. „Ich glaub’s nicht, mein Typ ist ’n echter Romantiker.“

„Deshalb liebst Du mich, stimmt’s?“

Sie kam nicht dazu, auf sein knabenhaftes Lächeln zu reagieren. Vorher ging die KOM–Einheit in einer Ecke des Raums.

[Travis.], erklang Charlie Nichols’ Stimme. [Da kommt grad ’ne Transmission für Dich ’rein.]

Travis war sofort zur Stelle und schaltete das Panel auf. „Kannst Du sie in die Messe weiterleiten?“

[Wird gemacht.]

Travis wechselte vor den nahe gelegenen Bildschirm und verbrachte die nächste Minute wie versteinert davor.

Irgendwann wurde Gannet neugierig. „Was ist denn?“

„Kommt von der Gewerkschaft der Frachthändler.“, sagte er, immer noch etwas steif.

Mitunter auf Initiative der Cargo Services gegründet, die mittlerweile ein handfestes Interesse daran hatte, eine Arbeitnehmerbewegung zuzulassen, die für die Branche einen Mindestlohn erstritt, existierte die Gewerkschaft erst seit wenigen Monaten und befand sich noch im Aufbaustadium.

„Haben wir etwa vergessen, den letzten Monatsbeitrag zu überweisen?“

„Nein.“, klärte er sie auf und drehte sich wieder zu seiner Freundin um. „Das hier ist das Ergebnis der letzten Abstimmungsrunde für den Vorstand.“

„Ich bin ganz Ohr.“

„Ich weiß nicht, wie, aber… Ich hab’ die meisten Stimmen gekriegt.“

Gannet blickte einen Moment perplex drein. Damit hatte niemand von ihnen gerechnet. Als Captain hatte Travis war zwar wegen der hohen Erfolgsquote der Horizon, die auf der Produktivitätsskala der Cargo Services vom vorletzten auf den ersten Platz empor geklettert war, Bekanntheitsgrad und Ruf ansehnlich steigern können. Allerdings hätte er nie geglaubt, eine Chance gegen die anderen Herausforderer zu haben – alte Hasen wie Captain Keene von der E.C.S. Fortunate, die jeder seit Jahrzehnten kannte und denen man vertrauen konnte. Wahrscheinlich hatte Travis sich auch deshalb guten Gewissens von seiner Crew als Kandidaten aufstellen lassen. Und jetzt waren entweder die Auszählungsergebnisse frisiert worden oder der unwahrscheinlichste Fall eingetreten.

Etwas schwerfällig erhob sich Gannet und trat neben ihn. „Also, wenn Du mich fragst, Süßer, hat’s irgendwo in dieser blutsjungen Gewerkschaft ’nen gehörigen Erdrutsch gegeben. Jetzt können wir die Party ja steigen lassen.“ Sie küsste ihn auf die Wange.

„Trotzdem werd’ ich vorher zusehen, ob ich eine Bestätigung dafür kriegen kann.“

„Tu das.“ Gannet begann zu grinsen. „Mein Freund und ein Arbeiterführer… ‚Intergalaktische Proletarier, hört die Signale…’“ Sie kicherte. „Du wirst an Deinem Image arbeiten müssen. Dein Glück, dass ich ’ne Weile in der PR–Branche tätig war.“

Travis hatte ihr nur mit einem Ohr zugehört. Nun deaktivierte er das Display und betrachtete sie. „Vielleicht ist das der richtige Zeitpunkt. Ja, ich glaub’, jetzt hab’ ich genug Rückenwind.“

Gannet merkte, dass sich sein Blick verändert hatte. Sie blinzelte mehrfach. „Wovon redest Du?“

Vorsichtig strich er ihr über das schulterlange, braune Haar. „Lass uns bitte heiraten.“

Noch nicht ganz nüchtern ob des abrupten Themawechsels blähte sie kurzweilig die Backen. „Hey, ich… Moment mal… Ist das Dein Ernst?“

Travis himmelte sie an, nahm ihre Hand. „Ich liebe Dich.“

Daraufhin verlor Gannet eine Freudenträne und schlang die Arme fest um ihn.

Frauen…, dachte er.

„Ähm… Bedeutet das ‚ja’?“

Sie wich von ihm zurück. „Was denkst Du denn?“

„Ich glaube, da hätt’ ich noch ‘was.“ Er kramte in der Tasche seiner Arbeitsjacke und holte eine Schatulle hervor. Er wandte sie ihr zu und öffnete sie. Zum Vorschein kam ein Ring aus glitzerndem Obsidian.

Gannets Augen funkelten. „Langsam glaub’ ich, für Dich gibt es noch Hoffnung…“

Mit zwei Fingern hob er ihr Kinn, sodass ihr gebannter Blick vom Ring gelöst wurde. „Gannet Brooks, willst Du meine Frau werden?“

Sie antwortete nicht sofort. Ein erleichtertes Lachen entrang sich ihrer Kehle. „Ich dachte, Du würdest nie fragen. Ja. Ja, Mister Mayweather. Ich will.“

Als ihre Lippen leidenschaftlich aufeinander trafen, spürte es Travis ganz deutlich.

Er war angekommen im größten denkbaren Glück.

In seinem eigenen Leben, das ihm niemand mehr wegnehmen konnte.
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