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New Order - 2387 - Defining Moment

von Julian Wangler

03 - Hoffnung

6. November 2379

U.S.S. Enterprise, NCC-1701-E



Captain Jean-Luc Picard war gerade gegen seinen Willen auf der Brücke der Enterprise rematerialisiert, als er gemeinsam mit seiner Crew verfolgte, wie eine gewaltige Explosion die Scimitar auseinanderriss. Shinzons Flaggschiff ging inmitten des Bassen-Grabens in einem grellen Lichtblitz auf, der den aus der Ferne nichts ahnenden Betrachter für einen Augenblick zur Annahme verleiten mochte, Zeuge einer neuen Sternengeburt zu sein.

Die Enterprise hatte in der Zwischenzeit ausreichend Abstand gewonnen, um weder von den kollabierenden Subraumrissen noch von der Druckwelle beeinflusst zu werden. Während die Detonation anhielt, gestattete es sich Picard nicht, den Blick abzuwenden oder die Augen zu schließen. Er ließ sich blenden.

Als das Gleißen verblasste und die meisten glühenden Trümmerstücke im All verschwunden waren, starrte Picard noch immer nach draußen, sah nur mehr eine Wolke aus Metallsplittern und jenseits davon die energetischen Entladungen des Bassen-Grabens.

Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie Deanna den Blick von den Navigationskontrollen hob und ihn musterte. Daraufhin versteifte sie sich. Geordi beugte sich übers Geländer des oberen Brückendecks und starrte nur wehmütig zu jener Stelle, wo sich eben noch die Scimitar befunden hatte.

Picard blieb stumm, denn Worte wären vergeblich gewesen. Er griff an die Stelle unterhalb seines linken Schlüsselbeins und entfernte den mobilen Transporter von seiner Uniform. Erst jetzt setzte der Schmerz ein – er traf ihn mit voller Wucht. Eine Welle, dann noch eine… Und dahinter tat sich eine rätselhafte Leere auf, die ihm noch größere Angst bereitete.

Data war tot. Wie viel hatte er in den vergangenen fünfzehn Jahren für die Enterprise und ihre Mannschaft getan? Wie sehr hatte er sie bereichert? Es ließ sich nicht beziffern.

Data war für ihn die Zuversicht und die Gewissheit gewesen, dass die Dinge weitergehen würden – selbst, wenn die Familie mit dem bevorstehenden Weggang von Will, Deanna und Beverly nicht mehr komplett sein würde. Er hatte sein neuer Erster Offizier werden sollen. Vor allem aber ergriff in diesem Augenblick das Gefühl von ihm Besitz, er hätte seinen eigenen Sohn verloren.

Hinter ihm öffnete sich die Tür des Turbolifts, und kurz darauf erklang Wills sanfte Stimme. „Sir?“

Picard war unfähig, zu antworten. Deanna stand auf, ging zu ihrem Mann und schmiegte sich in dessen tröstende Umarmung. Währenddessen glitt Wills Blick zu den nur noch matt glühenden Resten dessen, was gerade noch die Scimitar gewesen war. Seine Lippen teilten sich, und sein Gesicht wurde blass.

Niemand sprach ein Wort. Es herrschte gespenstische Stille.

Dann meldete Geordi: „Wir werden gerufen.“

Wie automatisiert antwortete Picard: „Auf den Schirm.“

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, erinnerte er sich daran, dass der Hauptbildschirm auf der Brücke nicht mehr existierte – an seiner Stelle klaffte im vorderen Teil der Brücke nun ein ansehnliches Loch, das mithilfe eines Notfallkraftfelds daran gehindert wurde, die Crew ins Vakuum zu reißen. Sofort korrigierte er sich: „Öffnen Sie einen Kanal.“

Eine vertraute Stimme erklang aus den Lautsprechern: [Hier spricht Commander Donatra von der Valdore. Wir schicken Ihnen Fähren mit medizinischem Personal und Ausrüstung.]

Picard nickte, musste sich erneut gewahren, dass Donatra ihn nicht sehen konnte, und sagte dann schlicht: „Danke, Commander.“

[Sie haben heute einen Freund im Romulanischen Imperium gewonnen, Captain.], hörte er Donatra sagen, ungewöhnlich sanft. [Den ersten von vielen, wie ich hoffe. Ich ehre Ihren Verlust. Valdore Ende.]

Die Verbindung wurde unterbrochen.

Es vergingen ein, zwei Sekunden. Mit einem Mal wagte Picard in Datas Opfer einen höheren Sinn zu erkennen. Er hatte nicht einfach nur die Erde, die Föderation gerettet. Durch seine selbstlose Tat würde die Galaxis nun erfahren, was im Bassen-Graben geschehen war. Eine Allianz, um einem wahnsinnigen, auf Massenmord sinnenden Putschisten das Handwerk zu legen.

Romulaner und Sternenflotte – Seite an Seite. Mochten sich so politische Zeitenwenden ankündigen? Noch war es zu früh, das zu sagen. Aber sein geliebter Freund, der Androide, hatte die Tür in diese mögliche Zukunft aufgestoßen, und nun war es an zwei über Jahrhunderte verfeindeten Zivilisationen, die langen Schatten der Vergangenheit abzustreifen, sich in Bewegung zu setzen und hindurchzuschreiten.

„Geordi…“, sagte Picard. „Bereiten Sie den Shuttlehangar vor. Die Romulaner sind nicht mit unseren Prozeduren vertraut. Öffnen Sie einfach das Außenschott.“

Einen kurzen Augenblick sah er sich selbst, wie er im romulanischen Senat gestanden hatte, in dieser fremden, mysteriösen und doch imposanten Stätte des ältesten Widersachers der Föderation. Shinzon hatte ihn betrogen, doch das, was er zu seinem Klon gesagt hatte, lebte fort, denn es war von Herzen gekommen.

Wenn es ein Ideal gibt, das die Föderation mehr verehrt als alle anderen, so besteht es darin, dass alle Völker in Frieden zusammenleben und vereint werden können. Was gäbe es für ein besseres Beispiel als einen Captain der Sternenflotte, der hier im romulanischen Senat steht? Nichts würde mich stolzer machen, als Ihre Hand in Freundschaft zu ergreifen...zur rechten Zeit. Wenn das Vertrauen verdient worden ist.

Während der größte Teil von Picard noch trauerte und Schmerzen litt, war da auch ein anderer, kleiner Teil in ihm, der auf die Zukunft wartete. Und verblüffenderweise, nach allem Schrecklichen, das geschehen war, war dieser Teil zuversichtlich.
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