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Das erste Kommando

von Harald Latus, Kontikinx1404

Kapitel 1

„Alle Verankerungen sind eingerastet, Triebwerksaustoß ist gesichert“, meldete der Pilot ordnungsgemäß. Als diese Worte über die Brücke der U.S.S. Alphaone klangen, war jedem klar, dass die Aufgabe hier beendet war. Dies galt auch für Captain Jacqueline Jones, die das Kommando während der letzten Woche gehabt hatte. Mit Zufriedenheit und einem gewissen Stolz erhob sich die schlanke Frau mit den schulterlangen, braunen Haaren aus dem Kommandosessel. Eine Woche intensiver Tests und Prüfungen lag hinter ihr. Auf dem großen Bildschirm der Brücke sah Jacqueline, von ihren Freunden auch Jackie genannt, Teile der Raumwerft, an der sie gerade angedockt hatten. Dahinter berührten die letzten Sonnenstrahlen des Tages die rötliche Marskugel.
Ein sicheres Zeichen dafür, dass sich der Tag seinem Ende zuneigte.
Ja, es war eine anstrengende Woche gewesen, aber es hatte sich gelohnt. Das Prototypraumschiff, der neuen Alpha Klasse, Jackies Projekt, hatte den einwöchigen Testflug hinter sich. Die Crew von Utopia Planitia, die nur für den Testflug an Bord gekommen war hatte gute Arbeit geleistet. Jetzt, da die U.S.S. Alphaone wieder in der Raumwerft lag, würde die Crew von Bord gehen. Das neue Raumschiff würde bald einen neuen Kommandanten samt Besatzung erhalten und seinen Dienst offiziell aufnehmen.
Für Jackie als Projektleiterin bedeutete dies, dass sie bald ein neues Projekt übernehmen würde, vielleicht wieder eines, das ein paar Jahre lief. Sie selbst war sich aber nicht sicher ob sie das überhaupt wollte. Sie war erst vor kurzem zum Captain befördert worden. Damit hatte sie ein wichtiges Ziel ihrer Karriere erreicht, auf das sie lange hin gearbeitet hatte. Neben ihrer Arbeit am Alpha Klasse Projekt hatte sie immer wieder an anderen Projekten mitgearbeitet, hatte keine Überstunden gescheut und notfalls auch mal selbst zum Werkzeugkoffer gegriffen. Auch ihr Wissen jenseits der Technik hatte sie auf verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen erweitert. Gerne würde sie dauerhaft das Kommando über ein Raumschiff übernehmen und nicht nur zu Testzwecken für ein oder zwei Wochen. Jackie hatte bewiesen, dass sie ohne Netz und doppelten Boden arbeiten konnte.
Daher hatte sie gleich nach ihrer Beförderung zum Captain eine Bewerbung um ein eigenes Kommando zum Sternenflottenhauptquartier geschickt. Auf eine Antwort wartete sie noch immer. Sie war sich bewusst, dass ihre Kommandoerfahrung nicht so groß war und es sicher genug Offiziere mit mehr Erfahrung gab, die auch ein eigenes Kommando anstrebten. Jedoch war sie optimistisch genug, die Hoffnung nicht aufzugeben.

***

Eine Stunde später hatte sie längst die Alphaone verlassen und war auf dem Weg zu ihrer Wohnung in der Stadt Utopia Planitia City auf der Oberfläche des Mars. Zuvor war sie noch kurz in ihrem Büro in den Flottenwerften gewesen, um ein paar Unterlagen abzuholen und um zu sehen, ob sie wichtige neue Nachrichten erhalten hatte. Ihre Hoffnung dort noch jemand anzutreffen, wurde enttäuscht. Die Feierabendstimmung hatte auch hier Einzug gehalten und außer dem Reinigungsservice war niemand mehr bei der Arbeit. Schließlich hatte sie erschöpft vom langen Tag doch noch den Heimweg angetreten. Ihr Ehemann Tim war sicher schon zu Hause und hatte es sich gemütlich gemacht.
Genau wie Jackie arbeitete auch er bei den Flottenwerften, jedoch in der Logistikabteilung. Mit seiner Unterstützung hatte Jackie gelegentlich Bauteile für ihre Projekte erhalten, die nicht jeder einfach so erhielt. Ihre gemeinsame Wohnung lag außerhalb des Stadtzentrums, in einem Mehrfamilienhaus, jedoch nah genug an der nächsten öffentlichen Transporterstation, um in wenigen Minuten das Zentrum zu erreichen. Die Lage hatte den Vorteil, dass man seine Ruhe hatte, um sich von der Arbeit zu erholen. Gleichzeitig war man auch nicht vom Geschehen im Zentrum abgeschnitten.
Mit ihrem Daumenabdruck öffnete Jackie die Wohnungstür und betrat den geräumigen Flur, von dem aus man in alle Zimmer gelangen konnte. Gerade als sie ihre Uniformjacke an der Garderobe aufhängte, hörte sie Tims wohlklingende Stimme aus dem Wohnzimmer. „Bist du das, Jacqueline?“
Beim Klang ihres Namens wusste Jackie, dass sie zu Hause war. Ihr Ehemann hatte sie noch nie „Jackie“ gerufen, sondern immer „Jacqueline“. Er hatte eine Abneigung gegen abgekürzte Namen und fand, dass die Abkürzung „Jackie“ nicht zu ihr passte. Jackie ging zur Wohnzimmertür, die nur einen Spalt offen war, und schob sie ein wenig weiter auf, um den Raum zu betreten. Da wurde die Tür bereits von innen geöffnet und Tim begrüßte sie mit den Worten: „Schön, dass du wieder da bist.“ Dabei gab er ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange und nahm sie in den Arm. Auch Jackie freute sich nach einer Woche auf ihren Ehemann. „Schön wieder hier zu sein“, erwiderte sie während sie ihn musterte. Er trug eine bequeme weiße Stoffhose und darauf einen gestreiften Pullover. Das deutete darauf hin, dass er schon eine Weile zu Hause war und es sich bequem gemacht hatte. Wahrscheinlich bei einem guten Buch. Würde sie jetzt einen Blick auf die Couch werfen, wäre Jackie nicht überrascht dort ein PADD mit einem altmodischen historischen Krimi liegen zu sehen. „Du siehst müde aus“, stellte Tim fest, während er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich, „warum nimmst du nicht ein Bad, während ich uns etwas zu essen zaubere.“ Jackie war tatsächlich etwas müde und Tims Vorschlag hörte sich zu verlockend an, als dass sie hätte ablehnen können. „Einverstanden“, sagte sie mit einem Lächeln und drückte Tim noch einen zärtlichen Kuss auf die Wange, bevor sie in Richtung Badezimmer verschwand.

Eine Stunde später kam Jackie sichtlich entspannt aus dem Badezimmer, gekleidet in eine leichte rot – schwarz karierte Bluse dazu ein Paar dunkelblaue Hosen. Jeder ihrer Schritte wurde begleitet von einem dezenten Duft eines angenehmen Parfüms. Der Geruch eines guten Essens lockte sie ins Wohnzimmer. Gedanklich war sie immer noch bei der Arbeit. So entspannend das Bad auch war, es hatte nicht gereicht um die Gedanken um ihre Arbeit vollständig zu verdrängen. Innerlich schalt sie sich dafür, heute fiel es ihr ungewöhnlich schwer, die Arbeit im Büro zu lassen. Jackie hörte, wie Tim in der Küche hantierte, vermutlich war er noch mit dem Essen beschäftigt. In ihre Gedanken vertieft ging sie zum bereits gedeckten Esstisch und nahm daran Platz. Die Tatsache, dass der Tisch vor dem großen Fenster stand und einen guten Ausblick über die Stadt bot, begünstigte natürlich, dass Jackies Gedanken wieder in Richtung Arbeit davon glitten. Sie blickte nachdenklich hinaus zur gar nicht so weit entfernten transparenten Kuppel, welche die Stadt umgab, hinaus in die rote Wüstenlandschaft des Mars.
Schon bei ihrer Beförderung hatte sie mit Tim lange darüber gesprochen wie ihre Beziehung aussehen würde, hätte sie einmal ein eigenes Kommando. Im Gegensatz zu Tim, brauchte Jackie das Neue und Herausforderungen, wie die Luft zum Atmen. Tim ließ sich gerne von ihr
mitreißen, sorgte jedoch durch seine Art dafür, dass sie nicht übertrieb. Er hatte ihr klar gemacht, dass er mit seiner Arbeit in der Logistikabteilung den Utopia Planitia Flottenwerften zufrieden war und nicht wieder ins All wollte. Er würde sie jedoch bei ihren Entscheidungen unterstützen. Jackie wusste, dass er sie viel zu sehr liebte, um ihr einen Wunsch abzuschlagen, genauso wusste sie, dass sie ihn nicht überreden konnte mit ihr zu kommen, sollte sie ein eigenes Kommando erhalten.
Der Zeitpunkt sich beruflich zu verändern und eine neue Herausforderung anzunehmen schien zurzeit günstig. Das Alphaklasse Projekt, welches sie momentan noch leitete, wäre in Kürze beendet. Mit einem neuen Projekt wäre sie wieder die nächsten Jahre beschäftigt und wer weiß, ob sich dann noch mal solch eine Gelegenheit bot. Wenn sie jetzt nicht zugriff, würde sie es womöglich bereuen. Andererseits hatte sie auf ihre Bewerbung um ein neues Kommando noch immer keine Antwort erhalten. Morgen würde sie nachfragen, diese Ungewissheit war nur schwer zu ertragen.
„Jacqueline, alles in Ordnung?“, wurde sie von Tim angesprochen, der gerade zwei kleine Salatteller in den Händen hatte und wohl ihren abwesenden Blick bemerkt hatte.
Leicht erschrocken drehte sie ihren Kopf zu Tim und blickte in sein fragendes Gesicht.
Jackie hatte sich jedoch schnell wieder im Griff und schenkte ihm ein Lächeln. „Das sieht aber gut aus“, sagte Jackie und warf einen Blick auf die beiden Teller, die Tim gerade auf dem Tisch abgestellt hatte. Tim nahm ihr gegenüber am Tisch Platz. „Du hast immer noch an die Arbeit gedacht?“, fragte er unvermittelt.
Jackie sinnierte darüber, warum sie von der Flotte bislang noch keine Nachricht erhalten hatte und fragte, sich ob sie vielleicht nicht gut genug war, weil sie eigentlich keine Kommandoerfahrung hatte oder weil sie als Techniker vielleicht nicht so geeignet erschien für ein Raumschiffkommando. Vielleicht lag es aber auch an ganz anderen Gründen und sie malträtierte ihren Kopf, um auf einleuchtende Fakten zu kommen. Gleichzeitig versuchte sie nachzuempfinden, welches Schiff man ihr anvertrauen könnte. Eine alte Oberth Klasse vielleicht, oder eine Miranda oder vielleicht eine Saratoga Klasse. Mit mehr würde sie ohnehin nicht rechnen. Zwar gab es auch noch die gerade eben fertig gestellten Schiffe der Nova Klasse, aber diesen Traum wagte sie gar nicht erst zu träumen, denn einem jungen Captain würde man sicherlich kein nagelneues Schiff anvertrauen.

Tim schüttelte den Kopf und sah sie mit einem Blick an, den sie nur zu gut kannte und der ihr sagen wollte ‚Jetzt lass doch die Arbeit mal Arbeit sein.’ Sie verstand sofort. „Du hast ja recht Tim, ich sollte mir wohl nicht zu viele Gedanken machen, bringt ja ohnehin nichts.“
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