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Überlebenskampf

von Oriane

Kapitel 1 - Hilferuf

Mit federnden Schritten war Captain Janeway auf dem Weg zur Brücke. Zur Abwechslung hatte sie einmal gut geschlafen, zum Frühstück hatte es Kaffee aus dem Replikator gegeben und nicht Neelix‘ scheußliches Ersatzgebräu. Vor einigen Tagen hatten sie auf einem freundlichen Handelsplaneten ihre Deuteriumvorräte auffüllen können. Obwohl der Planet ursprünglich die Kolonie einer einzigen Spezies gewesen war, hatten sich nach und nach auch andere Völker des Sektors dort angesiedelt und es hatte sich eine rege Handelsgesellschaft entwickelt. Bestens ausgestattet hatte die Voyager schließlich ihre weitere Heimreise antreten können und die letzten paar Tage waren einige der wenigen gewesen, in denen Janeway sich nicht rund um die Uhr um irgendetwas Sorgen machen musste. Sie hatte sogar Zeit gefunden, einen neuen Holoroman anzufangen. Ihre Erfahrung nach knapp sechs Jahren Reise zeigte, dass solche Zeiten keineswegs zur Regel gehörten und umso mehr versuchte sie, es zu genießen, solange es währte.
»Guten Morgen zusammen«, grüßte sie in die Runde, nachdem sich die Türen des Turbolifts zur Brücke für sie geöffnet hatten. »Irgendwelche Vorkommnisse?«
Harry, der die OPS die letzte Schicht über besetzt hatte, musste ein Gähnen unterdrücken und richtete sich ruckartig auf, als Janeway ihn erwartungsvoll ansah.

»Alles ruhig, Captain«, erwiderte er. Janeway ließ sich nicht anmerken, dass deutlich zu sehen war, wie sehr er versuchte, seine Müdigkeit zu unterdrücken. Im Gegenteil, sie schenkte ihm ein gutmütiges Lächeln und wandte sich dann an Chakotay, der noch in seinem Sessel saß und sich ein PADD durchlas. Wenn alles so reibungslos verlief wie in den letzten Tagen, bestand sie nicht auf strikte Einhaltung von Kommandostruktur und Schichtwechselprotokoll. Harry war einer der wenigen, die das jedes mal verunsicherte. Er schien sich tatsächlich immer noch am sichersten zu fühlen, wenn alle Beteiligten sich einfach an von der Sternenflotte vorgegebene Strukturen hielten, aber in ihrer mittlerweile ziemlich familiären Situation war das einfach oft nicht mehr nötig. Wenn es hart auf hart kam, dann wusste jeder, wie er sich zu verhalten hatte und darauf kam es an. Nicht auf einen nach Lehrbuch ablaufenden Schichtwechsel. Nicht, dass das eine Entwicklung war, die Janeway leicht gefallen war.
Auch der Erste Offizier bekam ein Lächeln geschenkt, dann bat sie ihn in ihren Bereitschaftsraum und mit einem »Sie haben sie Brücke, Harry« verließen die beiden das Kommandozentrum vorerst.

Nachdem Sie Chakotay einen Platz auf dem Sofa angeboten hatte, bestellte sich Janeway eine weitere Tasse Kaffee und für ihren Ersten Offizier einen Tee. Sie genoss diese Treffen mit ihm, ganz besonders, wenn sie ausnahmsweise nicht als Krisensitzung gehandhabt wurden.
Chakotay bedankte sich und ließ sich mit seinem Stapel PADDs auf dem Sofa nieder. Sie gesellte sich zu ihm.
»Also, wie sieht es aus?«, fragte sie, nahm einen Schluck ihres heißen Getränks und lehnte sich dann zurück.
»Ich hatte weiter ungehindert Zeit, die Berichte und Anfragen der Crew zu lesen, die in letzter Zeit liegen geblieben sind«, antwortete Chakotay schmunzelnd. »Und ab und an musste ich Harry am Einschlafen hindern. Ich weiß nicht, ob er vor seiner Schicht einen Marathon gelaufen ist, oder was auch immer so anstrengend war, dass er nicht mit voller Aufmerksamkeit dabei war. Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
Janeway konnte bei der Vorstellung ein Lächeln nicht unterdrücken. »Ich glaube, das ist es nicht.« Sie wurde wieder ernst. »Harry ist seit sechs Jahren Fähnrich. Ich weiß, dass er sich eine Beförderung und mehr Verantwortung wünscht. Wären wir im Alpha-Quadranten, wäre er längst Lieutenant. Gerade in Zeiten, in denen sein Dienst nichts übermenschliches von ihm abverlangt, fällt ihm das wieder ein. Ich rede mit ihm.«
Chakotay nickte besonnen. »In Ordnung. Ich weiß nicht, was besser ist, ihn zu befördern, oder es nicht zu tun. Wir sind so oft in Situationen, die von ihm viel mehr abverlangen, als er als Fähnrich normalerweise leisten müsste. Würde er im Ernstfall auch mehr leisten können, als gewöhnlich von einem Lieutenant verlangt wird?«
Sie dachte kurz darüber nach und legte den Kopf schief. »Ich glaube, du unterschätzt ihn dabei. Wie gesagt, ich werde mit ihm reden. Und wir sollten uns demnächst zusammensetzen und besprechen, wie wir Beförderungen allgemein handhaben wollen«
»In Ordnung.« Er lächelte schief, nahm dann das erste PADD vom Stapel in die Hand und hielt es hoch. »Ein Effizienzbericht des Astrometrischen Labors von Seven«, erklärte er vielsagend.
»Noch einer«, lachte Janeway. »Sie hat es sich wirklich zu Herzen genommen, dass sie letztes mal keine hundert Prozent geschafft hat.«
Chakotay nickte. »Und es ist immer noch die gleiche Person, die ihrer Meinung nach die Statistik runterzieht.«
»Tal Celes.«
»Ganz genau. Sie schreibt auch, dass Tal sich mehrfach dazu geäußert hat, eventuell die Position wechseln zu wollen, aber nie eine Strategie dazu vorgelegt hat. Ich denke, ein Gespräch mit ihr unter vier Augen kann nicht schaden.«
Janeway nickte besorgt. »Eigentlich hatte ich den Eindruck, dass es ihr besser geht, seit wir zusammen auf der Mission im Deltaflyer waren. Sie wirkte danach selbstbewusster.«
»Laut Seven ist das nicht ausreichend um mangelnde Fähigkeiten zu kompensieren.«
»Nun, vielleicht ist es Seven, die...«
»Brücke an Captain Janeway«, wurde sie jäh von Harry unterbrochen.
»Sprechen Sie!«
»Captain, wir haben einen Notruf empfangen. Ein Frachtschiff, etwa vier Stunden entfernt.«
»Ich bin unterwegs!« Sie nickte Chakotay zu und bedeutete ihm, ihr zu folgen.

Als die beiden die Brücke betraten, hatte Harry bereits einen Kanal zu dem Frachter geöffnet und sprach beruhigend auf den Mann ein, der groß auf dem Sichtschirm zu sehen war.
»Sir, bleiben Sie ruhig und berichten Sie von Anfang.« Er warf Janeway einen fragenden Blick zu. Sie nickte und löste ihn schließlich ab.
»Ich bin Captain Kathryn Janeway. Wie können wir Ihnen helfen?«
Der Mann am anderen Ende der Leitung hatte sich in einen sperrigen, silbernen Ganzkörperanzug gezwängt. Er schien sich nur mit Mühe darin bewegen zu können und der Helm verbot sogar jegliche Drehbewegung des Kopfes. Nur durch einen kleinen, durchsichtigen Teil des Helms war sein Gesicht zu sehen. Seine Nase war auffällig wulstig geformt, seine Augen wirkten menschlich. Mehr war nicht zu erkennen, aber er atmete schwer und sprach nur abgehackt.
»Mein Name ist Captain Markah. Meine Crew...wir brauchen Hilfe...ein Virus...« Er musste husten. »Wir haben ein Virus an Bord und nicht das nötige medizinische Equipment. Außerdem nur einen Sanitäter und keinen Arzt. Wir sind nur ein kleiner Frachter. Sie sind die ersten seit Tagen die auf unseren Notruf antworten. Ein paar meiner Crew sind bereits tot. Bitte, Sie müssen uns helfen!«
Sie war Chakotay einen schnellen Blick zu und sein Gesichtsausdruck bestätigte sie in ihrer schnell gefallenen Entscheidung.
»Übermitteln Sie uns alle Daten über das Virus, die Sie haben«, forderte Janeway sofort und gab Harry, der zu seiner Station zurückgekehrt war, einen Wink. »Wir sind so schnell wie möglich bei Ihnen«, versicherte sie dann dem Frachtercaptain. »Wie ist der Status ihres Schiffes?«
»Im Prinzip fehlt dem Schiff nichts.« Markah hustete wieder. »Allerdings haben wir beim ersten Ausbruch des Virus eine Quarantänezone eingerichtet. Ein paar der wichtigsten Funktionen befinden sich leider außerhalb. So auch der Langstreckentransmitter. Wir haben nur wenige Schutzanzüge und sie sind veraltet. Ich gehe ein großes Risiko ein, indem ich mich außerhalb der Quarantäne befinde und ich befürchte, unser Schiff ist nicht gegen diesen Ausbruch gewappnet. Auch innerhalb der Zone könnte meine Crew bereits infiziert sein. Wir schaffen es nicht rechtzeitig zurück nach Kurnos, um uns behandeln zu lassen.«
»Kurnos ist Ihr Heimatplanet?«, fragte Janeway.
»Ja.«
»Das bedeutet, dort gibt es ein Heilmittel?«
»Im Prinzip ja. Nur hängt es ganz davon ab, wie schnell das nach dem Ausbruch der Symptome verfügbar ist. Ist ein gewisser Punkt überschritten, kommt jede Hilfe zu spät. Und kein anderes unserer Schiffe ist nah genug, geschweige denn unser Heimatplanet.«
»Die Datenübertragung ist abgeschlossen, Captain«, meldete Harry sich zu Wort. »Ich schicke alles direkt runter zum Doktor.«
»Verstanden.« Dann wandte Janeway sich wieder an den Mann auf dem Sichtschirm. »Unser Doktor wird sich die Daten ansehen und versuchen, so schnell wie möglich das Heilmittel zu synthetisieren. Halten Sie durch.«
In Markahs Augen spiegelte sich ein Hauch von Hoffnung. »Danke, Captain.« Dann unterbrach er die Verbindung und Janeway fackelte nicht lange.
»Tom, nehmen Sie Kurs auf den Frachter. Warp 8«, befahl sie dem Piloten, der inzwischen ebenfalls seine Schicht angetreten hatte. »Harry, schließen Sie sich mit Seven kurz und versuchen Sie Kontakt mit Kurnos aufzunehmen. Wir brauchen so viele Infos über dieses Virus wie möglich. Chakotay, stellen Sie ein Außenteam zusammen. In einer Stunde will ich die Führungsoffiziere und das Außenteam im Konferenzraum sehen.«
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