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Ein neues Leben

von Anke

Chakotay

Auch im Quartier des Ersten Offiziers stand jemand am Fenster und starrte in die Sterne. Im Gegensatz zum Gefühlchaos seines Captains waren Chakotays Gefühle geradezu einfach: Er war wütend.

Er war wütend auf Admiral Janeway, weil sie sein Leben – gerade als es endlich in geregelten Bahnen zu verlaufen schien – erneut auf den Kopf gestellt hatte. Egal ob Admiral oder Captain – Kathryn Janeway schien in jeder Inkarnation ein einzigartiges Talent zu haben, sein Leben durcheinander zu bringen.

Wütend auf die Borg, weil sie sich tatsächlich hatten übertölpeln lassen und damit dafür gesorgt hatten, dass Admiral Janeway ihren Willen bekam.

Wütend auf sich selbst, weil diese Gründe kindisch und absurd waren.

Noch wütender auf sich selbst, weil er sich eigentlich für seine Kameraden freuen sollte – oder sich wenigstens Sorgen machen, besonders um diejenigen, die Teil seiner Maquiszelle gewesen waren.

Und dann war er wütend auf Seven of Nine. Vor wenigen Stunden hatte sie ihm klar gemacht, dass sie unter den geänderten Parametern nicht wünsche, die Beziehung fortzusetzen. War es dadurch, dass sie sich so unsicher, unreif und verletzlich gezeigt hatte oder war es die Kränkung, dass sie versucht hatte sich von ihm zu trennen? Jedenfalls stellt er fest, dass die zarten Gefühle, die er heute Morgen noch so deutlich gespürt hatte, sich scheinbar in nichts aufgelöst hatten.

Das machte ihn wütend auf Seven, vor allem aber noch einmal wütender auf sich selbst. Er wusste, dass er verdammt ungerecht gegenüber Seven war. Schließlich hatte ihre Beziehung innerhalb klar definierter Rahmenbedingungen stattgefunden. Und diese waren im Delta-Quadranten geblieben.

Aber am allerschlimmsten war sein verzweifelter Versuch, Seven dazu zu überreden, der Beziehung noch eine Chance zu geben. Im Nachhinein schämte er sich. Bei näherem Hinsehen war es offensichtlich, dass er einfach nicht zu ihr passte. Seven hatte eindeutig etwas Besseres verdient als der Trostpreis zu sein. Und etwas anderes wäre sie ihm Vergleich mit ihr nie gewesen.

Kathryn…

Eigentlich sollte er wütend auf seinen bald ehemaligen Captain sein. Weil, weil – weil verdammt noch mal, sie einfach sie war. Aber wie meistens, ausgerechnet auf sie konnte er einfach nicht wütend sein. Und das machte ihn noch wütender.

Irgendwann ertrug es auch Chakotay nicht länger, das immer gleiche Bild der Sterne zu sehen. Er wandte sich ab und begann stattdessen durch sein Quartier zu tigern. In der Stille seiner Gedanken erschien ihm das plötzliche Piepen des Türmelders als erschreckend laut.

Als er öffnete, traute er seinen Augen nicht.

Sie stand davor.

Aber noch viel erstaunlicher, als ausgerechnet Kathryn Janeway heute Nacht vor seiner Tür zu finden, war ihre Kleiderwahl: ein pfirsichfarbener Seidenpyjama.

Er blickte an sich herunter und zuckte mit den Achseln. Mit seinem schwarzen T-Shirt und grauen Boxershorts war er auch nicht wesentlich präsentabler.

Wortlos bat er Kathryn herein. Und genauso wortlos folgte sie ihm. In der Mitte des Quartiers blieben sie stehen.

Sie stand vor ihm und sah in prüfend an. Etwas in ihrem Blick irritierte ihn.

„Kannst du auch nicht schlafen?“, war das Beste, das ihm einfiel.

Um ihre Mundwinkel zuckte es. „Nein, ich schlafwandle nur.“

Chakotay musste grinsen.

„Der letzte Abend unserer gemeinsamen Reise“, stellte er dann fest. Innerlich schalt er sich für seine linkischen Versuche, eine halbwegs kohärente Konversation aufzubauen.

„Der letzte Abend“, erwiderte Kathryn ernst. „Oder der erste… Oder der Abend dazwischen…“

Chakotay konnte ihr nicht ganz folgen, doch sie fuhr schon mit ihrer Erklärung fort.

„Gestern waren wir im Delta-Quadranten, da galten die Regeln des Delta-Quadranten. Morgen sind wir zurück auf der Erde, da werden neue Regeln gelten. Aber heute – heute sind wir irgendwo dazwischen, nicht mehr dort, aber auch noch nicht ganz da. Im Niemandsland …“

„…gelten keine Regeln.“ Sein Mund war trocken. Meinte sie wirklich das, was sein Verstand zu hören glaubte? Sein Körper schien sich bereits eine Entscheidung getroffen zu haben. Er wandte den Blick ab und wollte auch sich selbst abwenden, bevor er sich vor seinem kommandierenden Offizier vollends lächerlich machte. Da spürte er eine Hand auf seiner Schulter, die ihn davon abhielt, sich vor ihr zu verstecken.

Kathryn hatte es bemerkt und doch war ihre Reaktion gänzlich anders als die sieben gemeinsamen Jahre ihn zu erwarten gelehrt hatten. In ihren Augen blitzte es und um ihren Mund spielte ein herausforderndes Lächeln.

Und dann bekam Chakotay besagten Mund gar nicht mehr sehen, denn Kathryn war auf einmal ganz dicht vor ihm, zog ihn zu sich herunter, presste ihre Lippen auf seine. Er schmeckte Kaffee, Verlangen, Sehnsucht… Es fühlte sich gut an. Berauschend. Richtig. Der letzte Rest von sieben Jahren Zurückhaltung implodierte. Er küsste sie zurück. Nein, er küsste sie nicht nur, er nahm ihre Lippen in Besitz. Er nahm sie auf, mit all seinen Sinnen. Schmeckte ihren Geschmack, roch ihren Duft – der nun auf einmal ganz eindeutig eine moschus-artige Obernote hatte, spielte mit ihrer Zunge, ihren Lippen. Und sie, sie nahm ihn ebenfalls in Besitz. Atemlos. Hemmungslos. Ihre Körper pressten sich aneinander, bereit miteinander zu verschmelzen.

Für einen Moment ließ Kathryn von ihm ab. „Zu viel Stoff“, grummelte sie.
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