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5x12 - Apotheosis #2

von Julian Wangler

Kapitel 4

Romulanisches Flaggschiff Erebus

Unter aktivierter Tarnvorrichtung durchquerte die Erebus, mächtigstes Schlachtschiff des Sternenimperiums, die Peripherie des romulanischen Raums. In trügerischer Ruhe verlief der Flug – bei niedriger Warpgeschwindigkeit glitt das Schiff nur so dahin –, während sie dem Territorium der Koalition beständig näher kam.

In ihrem frisch bezogenen Quartier – es war deutlich größer und luxuriöser als jenes auf der Khelot – brachte Thiras Iteni einen Kali–fal, und sie fühlte sich dazu angehalten, ihre Freude über die kürzlichen Veränderungen zu bekunden. In einer wahren Flut aus Enthusiasmus ließ sie sich über die Richtigkeit der politischen Neuordnungen durch Valdores Machtübernahme aus. Es war ein Rausch der Emotionen, ein Taumel der Hochstimmung, dem sie sich ihrem treuen Stellvertreter gegenüber hingab; keine Türen im Imperium wirkten in ihrer Wahrnehmung noch auf ewig verschlossen. Sie fühlte sich so viel größer.

Die ganze Zeit über hatte der silberhaarige Mann ihr aufmerksam gelauscht und geschwiegen. So war sie es von ihm gewohnt; er war noch nie ein Mann der vielen Worte gewesen, und er betrachtete die Dinge stets von ihrem Ende her. Das war seine Rolle, weshalb er ihr so lange so gut gedient hatte.

Zuletzt hob er sein Glas mit der hellblauen Flüssigkeit darin. Zur Feier des Anlasses ihrer Beförderung hatten sie einen ganz besonderen Jahrgang aufgemacht. „Nehmen Sie doch einen Schluck Kali-fal, Commander.“ Er nippte an seinem Getränk und besah sich nachdenklich das Glas. „Wissen Sie, ich fand es immer ausgesprochen unangenehm, mit welcher Gewaltsamkeit er einem die Nebelhöhlen freimacht. Sein Aroma ist…fast schmerzhaft. Andererseits sagt man doch nicht zu Unrecht, dass Kali-fal dabei behilflich ist, einen klaren Kopf, einen klaren Blick zu bekommen, beinahe wie eine kalte Dusche. Natürlich kommt es dabei, wie bei allem, auf die richtige Dosis an. Es stimmt. Manchmal muss man an den Scheidepunkten im Leben ganz nüchtern auf die Dinge schauen…und natürlich muss es möglich sein, Fragen zu stellen.“, setzte Iteni hinzu.

Thiras betrachtete ihn skeptisch, und sie interpretierte seine grüblerisch vorgetragenen Worte. „Sie wollen mir damit doch irgendetwas mitteilen, nicht wahr? Glauben Sie, ich bin übereifrig? Dass ich mich zu früh freue über das, was passiert ist?“

Er stellte die Gegenfrage: „Haben Sie mich etwa nicht deshalb zu sich gerufen?“

Sie verstand, dass Iteni auf seine klassische Funktion als Ausgleicher anspielte, als Advocatus Diaboli. Auf diese Weise hatte er ihr in der Tat über einen langen Zeitraum sehr erfolgreiche Dienste geleistet, und sie waren wie eine Einheit gewesen. Doch heute hatte sie keine Antithesis von ihm erwartet, sondern Anerkennung und die Fähigkeit, sich aufrichtig für sie zu freuen.

„Das Kommando über die Erebus.“, sprach sie. „Das persönliche Wohlwollen des Prätors. Einerseits hätte ich mir das nie träumen lassen. Andererseits…“ Sie wusste nicht, wieso sie dieses Wort in den Mund genommen hatte. Sogleich brach sie den Satz wieder ab.

Für Iteni war es ein starkes Signal. Er wertete es als Zeichen ihrer eigenen Unsicherheit, zumindest eines Rests an Fragilität in ihrem Gebaren. „Andererseits“, nahm er auf, „sind unsere Urahnen aus gutem Grund Asketen geworden: Weil schon sie wussten, welche Verlockungen besondere Geschenke auf die Seele haben können. Welche eingeschränkte Sichtweise diesen Geschenken folgen kann. Und geistige Abhängigkeiten.“ Ein tiefer Schatten legte sich über sein Gesicht.

Thiras verstand seine Zurückhaltung und Warnung nicht, fühlte sich geradewegs provoziert. Weshalb konnte er es ihr nicht einfach gönnen? Auf einmal kam ihr dieser Mann, den sie immer so geschätzt und auf dessen Rat sie Wert gelegt hatte, wie ein Schwarzmaler vor. „Ich versichere Ihnen, Iteni: Mein Urteilsvermögen ist ungetrübt.“, wehrte sie sich. „Aber nennen Sie mir einen handfesten Grund, warum ist mich über das Geschehene nicht freuen sollte?“

„Da fielen mir mehrere Gründe ein.“, erwiderte er. „Doch vielleicht ist der wichtigste Grund, dass Ihnen diese Art von Freude nicht ähnlich sieht.“

Sie ächzte. „Sie sieht mir nicht ähnlich? Sie scherzen wohl. Natürlich freue ich mich. Was mir zuteil wurde, ist ein Privileg. Ein großer Sieg.“

„Gegen wen haben Sie ihn errungen?“, fragte er gedämpft.

Sie starrte ihn mit offener Kinnlade an und ballte kurz darauf eine Faust. „Jeder Rihannsu, jeder Flottenoffizier blickt jetzt zu mir auf.“

Der Mann, der ihr seit jeher als rechte Hand diente, verharrte in einer indifferenten Pose. Seine Skepsis schien mit jeder Sekunde größer zu werden. „Sehen Sie. Das meine ich. Diese Wortwahl hat etwas Entlarvendes…und etwas Gefährliches. Die Thiras, die ich kannte, trachtete nicht nach dieser Form der Selbstbestätigung. Natürlich wusste sie einen Aufstieg in den Rängen der Hierarchie zu schätzen, doch nur wenn dieser Aufstieg hart erkämpft und mit ihrem inneren Kompass im Einklang war.“

„Mein Kompass?“ Sie lachte auf. „Was lässt Sie annehmen, er wäre nicht im Einklang hiermit?“ Sie hob beide Hände und bedeutete ihre Umgebung.

„Ich glaube doch, dass ich mich auf meine Erfahrung verlassen kann. Orden, Beförderungen, Privilegien – darum ging es Ihnen nie in erster Linie. Ebenso wenig wie Ihrem Vater. Und vor allem waren Sie immun gegen die Gefahr, dass jemand durch plötzliche Gönnerhaftigkeit Ihrem Ego schmeichelt. Die Thiras, die ich kannte, war eine Puristin. Eine Frau, die sich nicht so leicht im Leben beeindrucken ließ…und darin liegt Weisheit.“

Er wollte sie nicht bestärken. Stattdessen torpedierte er ihre Erfolge und stellte sogar ihre Integrität infrage. Sie vermochte sich nicht zu entsinnen, wann er sich jemals so verhalten hatte. Thiras spürte, wie sich etwas in ihr aufgestaut hatte – und sie nun eines Ventils bedurfte. Sie musterte ihn. „Allmählich glaube ich, Sie empfinden Neid. Sie sind voller Eifersucht.“

Ungläubig starrte Iteni sie an. Sie hatten noch nie Streit miteinander geführt. „Wie bitte, Commander?“

„Das ist es.“, fuhr sie fort und kam in Fahrt. „Sie sind neidisch, weil Ihnen nicht eine solche Gelegenheit eröffnet wurde. Weil die Elemente nicht so gnädig mit Ihrem Schicksal waren. Und nun fürchten Sie sich davor, dass unser Verhältnis bleibenden Schaden nehmen könnte, wenn ich Sie überhole. Sie haben Angst, Ihre Autorität und Ihr Gesicht vor mir zu verlieren, vielleicht auch Ihre Selbstachtung.“

Man sah Iteni an, dass er seine Fassungslosigkeit hinter einer Maske der Räsoniertheit zu verbergen suchte. „Um mich geht es hier gar nicht. Das wissen Sie. Die meisten Tage liegen bereits hinter mir, und wenn Sie sich nicht belügen, können Sie sich anhand Ihrer Erinnerung vergewissern, dass es für mich viele Pfade gab, viele Möglichkeiten. Aber ich wählte bewusst die Aufgabe Ihres Ersten Offiziers. Ich begnügte mich damit. Weil ich Verantwortung empfand. Das, was ich an der Seite Ihres Vaters verinnerlichte, treibt mich an. Deshalb unterwies ich Sie, und bis zum heutigen Tag habe ich es nie bedauert.“ Die Muskeln in seinem Gesicht spannten sich an. „Das Wichtigste, was ich versuchte, Ihnen beizubringen, war, dass ein Flottenoffizier sich den Launen der Politik zu entziehen hat. Er muss das Auge im Taifun sein; stets ruhend, stets wachend. Ja, ein Wächter, der die Prinzipien unserer jahrtausendealten Zivilisation gegen jeden Sturm und jeden Drang von außen oder innen hochhält.“ Er genehmigte sich eine Kunstpause. „Aber um dieser Aufgabe gerecht zu werden, muss er jemand sein, der sich nicht verführen und nicht bestechen lässt; jemand, der nicht der eigenen Bestie anheim fällt, die zweifelsohne jedem von uns innewohnt.“

Wut brach sich in Thiras Bahn. „Wollen Sie mir etwas unterstellen? – Nur zu.“, schnaubte sie.

„Eines habe ich gelernt: In dem Moment, wo sich ein Bannerträger der imperialen Flotte seinem Prätor ganz und gar vorbehaltlos unterwirft, kommen Dekadenz und Verfall ein Stück näher. Früher oder später wird es so kommen.“ Vor ihr erhob sich Iteni mit der Miene eines enttäuschten Lehrers von seinem Stuhl. Sie hatte sich immer vor dieser Expression gefürchtet, aber nun, da sie kam, begrüßte sie sie beinahe. „Sie kennen diesen Prätor nicht einmal, Thiras.“

„Valdore kannte ich.“, widersprach sie. „Gut genug, um zu wissen, woran ich bin.“

Der ältere Mann schüttelte sein Haupt. „Er ist es aber nicht mehr, oder? Er ist nicht mehr Valdore. Der Mann, der jetzt auf dem Thron dieses Sternenimperiums sitzt, ist ein anderer. Und er hat weder Ihnen noch dem Imperium bislang eine einzige Frage über sich und die Umstände seiner Inthronisierung beantwortet. Alleine das sollte uns zu denken geben. Er verfolgt offenkundig eine neue Strategie gegen unsere Feinde, doch seine genauen Absichten bleiben uns verborgen. Zum Beispiel, warum er Vrax aus dem Weg geräumt hat. Ist er überhaupt noch einer von uns? Was ist es, das ihn so monströs entstellt hat? Er erfüllt Ihnen kurzerhand Ihren sehnlichsten Wunsch, und schon sind Sie bereit, über einen schwerwiegenden Faktor hinwegzusehen. Einen Unsicherheitsfaktor, von kaum zu benennendem Ausmaß. Sie sind bereit, sich blenden zu lassen.“

Thiras schob den Unterkiefer vor, indes sich ihr Antlitz verfinsterte. „Was ist nur mit Ihnen los, Iteni? Sie schwingen sich hier zum moralischen Richter auf… Wieso können Sie mich nicht verstehen? Wären Sie an meiner Stelle, hätten Sie eine solch einmalige Chance auch nicht zurückgewiesen. Es ist nichts dabei, nach den Sternen zu greifen, wenn diese in Reichweite gelangen. Ist es nicht genau das, was unsereins tun sollte? Glauben Sie mir, es hat mich auch überrascht, dass ich derart ins Zentrum der imperialen Politik katapultiert werde, aber es fühlt sich richtig an. Es mag ja sein, dass ich noch nicht alles verstehe, was er sagt und was ihn umgibt. Aber was ist, wenn ich ein Band verspüre, wie ich es noch nie gespürt habe? Was ist, wenn ich ihm Vertrauen schenken möchte?“

Iteni riss alarmiert die Augen weit auf. „Dann ist es sogar noch schlimmer. Ich erkenne Sie nicht wieder, Thiras. Sie sehen aus wie sie, aber die Frau, mit der ich spreche, scheint mir wie eine Fremde. Wie jemand, dessen dunkelste Seite entfesselt wurde.“

„Halten Sie den Mund, alter Mann!“, stieß sie hervor.

Der Blick des Anderen trat beinahe aus der Fassung, aber er bekam kein Wort heraus. Thiras hatte genug. Innerlich brannte sie. Sie spürte, an dieser Stelle verlief eine Wasserscheide, und nun bahnte sich eine schwerwiegende Entscheidung für ihr künftiges Dasein an. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass Ihre Lippen schweigen, Iteni. Sie haben Ihren Standpunkt klargemacht. Und ich den Meinen. Sie trauen ihm nicht über den Weg; das ist Ihr gutes Recht. Verstehen wir uns nicht falsch: Ich bin Ihnen dankbar für alles, was Sie für mich getan haben. Doch nun scheinen wir uns voneinander zu entfremden. So wie zwei Neutronensterne, die sich abstoßen. Ich hätte es kommen sehen müssen.“

Iteni nahm die vorankündigenden Worte mit vermeintlicher Nonchalance hin. Doch hinter seiner Tünche herrschte Konsterniertheit. Nie hätte er damit gerechnet, dass sie einen solch radikalen Schritt ergriff. „Das ist bedauerlich.“

„Ja, das finde ich auch.“, sagte Thiras. Was nun folgte, war der Ausfluss eines aggressiven, neuen Empfindens, das sie begleitete, seit sie Iteni im Gefolge ihrer Zusammenkunft mit Valdore wieder gesehen hatte. Sie würde sich nicht länger von ihm einschränken lassen. Sie war es leid, an seiner Leine zu hängen. Was sie früher als Hilfestellung, als ideelle Stütze und Wegweiser empfunden hatte, war ihr plötzlich zu einer Last geworden. „Bis auf weiteres erwarte ich, dass Sie Ihre Pflichten wahrnehmen. Wenn ich den Zeitpunkt für richtig befinde, werden Sie mit allen militärischen Ehren von Ihren Aufgaben entbunden werden.“

Blässe legte sich um die Mundpartie des Anderen. „Wenn das Ihr Wunsch ist, Commander… Sie sind sich darüber im Klaren, dass niemand diese Lücke ausfüllen wird.“ Verzweiflung in seinen Zügen – er appellierte an ihr Gewissen.

„Da wäre ich mir nicht so sicher.“

„Wen haben Sie als meinen Nachfolger im Auge?“

Thiras befeuchtete ihre Lippen. „Kveton wird Ihren Posten übernehmen.“

Mit offener Kinnlade starrte Iteni sie an. Kveton und ihre Beziehung zu ihm hatte er stets als Dorn im Auge empfunden, als Hypothek in der Hierarchie auf der Khelot und darüber hinaus auch als Defizit in ihrem Auftreten als wahre Rihannsu. Er hatte gelernt, darüber hinwegzublicken, hatte sich damit ab einem gewissen Zeitpunkt arrangiert. Aber der jetzige Vorschlag, Kveton an seine Stelle zu setzen, konnte von ihm nur als höhnischer Zug aufgefasst werden. Alt bewusster Akt, ihn zu verletzen. „Ihr Liebhaber?“, formulierte er scharf.

Er wollte sie verletzen, auf den letzten gemeinsamen Metern so viel Schaden anrichten wie möglich. Thiras überkam neuerliche Wut, und sie schlug mit der Faust auf den Tisch. „Darüber kein Wort mehr! Jetzt und in Zukunft. Wir beide sind fertig miteinander.“

Iteni nahm es ausdruckslos hin, schickte sich zum Gehen an. „Ich nannte Sie Freundin, ich nannte Sie sogar Tochter… Nach allem, was wir zusammen erlebt haben.“, sprach er langsam. „Aber jetzt müssen Sie mich Versager nennen. Ich sehe, wie Sie hohl und leer werden, eine blinde Mitläuferin. Sie lassen sich zu einem Rad im Getriebe dieses Prätors machen, und Sie kennen nicht einmal das Warum. Ich falle in Ungnade vor Ihrem Vater. Er hat das nicht verdient. Der Kodex fällt von Ihnen, so wie ein sterbender Mogai vom Himmel in die Apnex–See stürzt, Thiras.“ Er drehte sich um.

„Iteni?“

Noch einmal wandte er sich zu ihr, aber da war es schon zu spät. Thiras war brennenden Zorns vorgestürzt, und nun erkannte Iteni, wie tief in seiner Seite eine Klinge steckte. Er suchte ihren Blick. Seine Augen zitterten, brachen, während sie, eine Fratze schneidend, das Kinn weiter vorschob. Und ihm das Messer mit aller Kraft in den Leib rammte. „Mein Vater“, intonierte sie, „wäre stolz auf mich. Voller Liebe und Genugtuung. So wie Prätor Valdore. Er hat mich auserwählt. Ich bin auserwählt. Es tut mir leid, dass Sie nicht imstande sind, das zu begreifen. Und deshalb endet hier unser gemeinsamer Pfad.“ Ein jahrhundertealter Leitsatz kam ihr in den Sinn, und mit verzerrtem Gesicht sagte sie fest: „Die Ehre des Prätors ist die Ehre des Imperiums.“

Grünes Blut lief Iteni aus dem Mund. Er keuchte: „Schicksal ist nicht das, was es bisweilen zu sein scheint… Ich…habe Mitleid mit Ihnen, und ich werde Ihnen verzeihen, wenn der Tag kommt. Und dann…werden wir uns im Endlosen Himmel wieder sehen.“

Sie riss ihm die Klinge aus dem Körper, woraufhin er blutüberströmt zu Boden ging und Sekunden später seinen letzten Atem aushauchte.

Thiras sah hinab auf den Toten, der so lange Zeit über ihr Leben mitgeprägt hatte. Nun würde sie selbst entscheiden, ihren eigenen Weg einschlagen, sich nicht mehr hemmen und dirigieren lassen. Entfesselt. So hatte er es ausgedrückt, und er hatte Recht damit gehabt. Sie würde auch ihren Empfindungen stärker Ausdruck verleihen; sie waren eine so mächtige Waffe. Doch erst einmal umgab sie ein merkwürdiges Gefühl. Es war so leicht gewesen, Iteni zu erledigen. Weil er ihr vertraut hatte. Sie hatte es in seinen fassungslosen Augen gesehen: Niemals hätte er damit gerechnet, dass sie ihn töten würde. Und doch hatte sie es getan. Vielleicht gerade jener Gewissheit wegen, die in Iteni so unerschütterlich gewesen war, bis zum Letzten.

Augenblicklich keimte Zweifel in ihr. Hatte er wirklich sterben müssen? War das unbedingt nötig gewesen? Doch, das war es. Er hätte mit Intrigen gegen sie begonnen, wäre ihr schärfster Kontrahent geworden. Außerdem hatte er sie aufs Äußerste gekränkt. Ihren Vater ins Spiel zu bringen… Er hatte eine Grenze überschritten – und sich dabei als ewiger Vormund entlarvt. Du solltest Deine Befreiung feiern und nicht darüber traurig sein, Thiras., sagte sie zu sich. Hier und heute bist Du neu geboren worden. Nun galt es, die Leiche zu verdampfen. Niemand würde Verdacht schöpfen. Sie würde die Letzte auf der Liste der Verdächtigen sein, wenn es denn überhaupt so weit kam.

Augenblicklich hörte sie eine tiefkehlige Stimme hinter ihrer Stirn, glaubte zunächst, das Adrenalin, welches durch ihre Venen pumpte, spiele ihr einen Streich. Jetzt verstehen Sie es. Es war Valdore. Er befand sich auf dem Schiff, aber wie drang er in ihre Gedanken ein? Sie wusste, dass bestimmte Rihannsu über latente Psi–Kräfte verfügten, aber von Derartigem hatte sie noch nie gehört. Die Stimme wurde lauter, klarer. Jetzt wissen Sie, wie das Chaos funktioniert. Die Rolle, die wir einnehmen müssen. Das Sternenimperium braucht eine neue Rolle, um unseren Feind zu besiegen. Unberechenbar. Unangreifbar. Wir müssen gegen die schiere Planbarkeit von Ereignissen agieren. Wir müssen mit Erwartungshaltungen spielen. Nicht Flotten müssen die Objekte unserer Begierde sein, sondern die Furcht unserer Gegner. Verraten Sie mir: Wie hat es sich angefühlt, ihn zu töten, obwohl er wusste, dass Sie es nicht tun können. Wie hat es sich angefühlt, die Begrenztheit Ihres Lebens zu sprengen, Ihr Bild im Spiegel zu zertrümmern?

Leise sagte sie in den leeren Raum: „Es… Es hat sich gut angefühlt.“

Dann haben Sie Ihre erste Prüfung bestanden.

Die Stimme des Prätors verstummte in ihrem Kopf.

Thiras stand da, konnte sich nicht helfen und begann zu lachen. Er hatte ihr seine Absolution erteilt. Sie war tatsächlich neu geboren worden. Als ein Wesen, das sich der Zukunft und dem Fortschritt verschrieben hatte. Ihr Pfad ließ sich nicht absehen. Sicher war nur: Die Galaxis würde darunter erzittern.
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