TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

5x12 - Apotheosis #2

von Julian Wangler

Kapitel 3

Pod 1

Trip klopfte zufrieden gegen die Pilotenkontrolle des Shuttles. Eine der Anzeigen bot einen anstandslosen Intermixfluss dar. „So, jetzt, da diese Kiste schnurrt wie ein Kätzchen…“, sagte er, den Kurs nach Vega II bei Warp eins Komma acht nochmals checkend, und drehte sich auf seinem Stuhl um. „Ich glaub’, es ist an der Zeit, da weiter zu machen, wo wir steh’n geblieben sind. Erklär’n Sie mir mal genauer, was wir vorhaben… Selbst vor dem Captain war ich schon auf dünnem Eis, und da hab’ ich noch vieles vereinfacht dargestellt. Und sekundäre Details verheimlicht: zum Beispiel, dass Sie eigentlich nie mit Ihren Fingern die Enterprise gesteuert haben.“ So verrückt sich das auch anhörte.

Sulu erzeugte ein unaufdringliches Lächeln. „Was ich überaus zu schätzen weiß.“

„Dann woll’n wir mal seh’n: Sie sagten mir, unser Gruftikumpel auf Vega II würd’ zu ’ner ganzen Clique von Wesen gehören, oder? Und Sie möchten die alle finden, damit sie die Romulaner in die Schranken verweisen?“

Die Asiatin zögerte. „Ich fürchte, es ist etwas komplizierter.“

„Warum hab’ ich das nur befürchtet?“

„Der Wächter auf Vega II ist lediglich ein erster Schritt. Ein Ölzweig.“, erklärte sie. „Er gehört selbst nicht zu den Entitäten, die wir suchen. Aber er könnte einer der Wenigen sein, die wissen, wo wir sie finden können. Vielleicht unser einziger Wegweiser.“

„Moment mal. Versteh’ ich das richtig? – Ihre Ordensleute schicken Sie auf eine Mission, ohne Ihnen zu sagen, wo genau die Reise hingeh’n soll? Ohne ein Ziel?“ Er warf die Stirn in Falten.

„Selbst die Technoschamanen verfügen nur über sehr begrenztes Wissen über die Lebensformen, zu denen wir uns aufmachen müssen.“, sagte Sulu. „Aber sie werden uns trotzdem helfen.“ Im nächsten Augenblick wog sie in ihrer Hand einen Kristall, der die Form einer wunderbaren Blüte hatte. „Diese Vorrichtung wurde mir von Galajagos, meinem früheren Meister, geschickt. Damit dürfte es leichter werden, den Wächter für uns zu gewinnen. Außerdem dürfte, nach dem, was ich für ihn getan habe, mein Draht zu ihm ein besserer sein. Natürlich wird er zunächst nicht erfreut sein über eine erneute Störung.“

Trip nickte. „Ich erinnere mich an unser Versprechen. Wir haben ihm unser Ehrenwort gegeben, in seine Seelenruhe nicht mehr ’reinzuplatzen. Vorausgesetzt, wir haben Erfolg: Dann gibt der Bursche uns also ’nen heißen Tipp, wo sich diese Wesen verkrochen haben, die wir suchen.“

„Theoretisch.“, erwiderte Sulu. „Einen anderen Weg sehe ich nicht. Und der Orden genauso wenig.“

Er blinzelte. „Und die können nicht selbst aktiv werden?“

„Das ist aus zwei Gründen ausgeschlossen: Erstens würden sie sich nie direkt in irgendwelche Konfliktsituationen einmischen; das widerspräche ihrem Kodex.“

„Ein Kodex, gegen den Sie verstoßen haben.“, wusste er.

„Ja, richtig.“, gab sie in einem Anflug von Schwermut zurück. „Der zweite Grund ist, dass die Technoschamanen inzwischen zu weit entfernt sind von dieser stellaren Region. Vor geraumer Zeit haben sie sich in einen anderen Teil der Galaxis aufgemacht – ohne Aussicht auf Wiederkehr. Sie machen sich nun Vorwürfe, die Gefahr, die von den Romulanern ausgeht, selbst nicht rechtzeitig erkannt zu haben. Und jetzt bin ich sozusagen ihre einzige Hoffnung, den entstandenen Schaden zu reparieren beziehungsweise ihm zuvorzukommen.“

Trip sah Sulus Punkt. „Die brauchen Sie.“

„Welch eine Ironie, nicht?“, sagte sie mit schmalen Lippen.

„Meinetwegen.“, entschied er. „Und jetzt zurück zu den Aliens, für die wir uns interessieren. Was sind das für Typen? Worauf kann ich mich da einstell’n?“

Sie schmunzelte. „Das wird noch komplizierter.“

„Ich wär’ Ihnen dankbar, wenn Sie’s auf auf Otto–Normal–Niveau ’runterbrechen könnten.“

Sulu holte Luft. „Im Universum existieren Wesen, die schon Milliarden Jahre älter sind als wir. Vor unvorstellbar langer Zeit wandelten sie zwischen den Sternen wie Giganten. Zahlreich und zeitlos. Sie unterrichteten Völker neu entstandener Welten, erforschten die Randzonen, und sie errichteten Imperien. Aber alles im All hat ein Ende. Langsam, im Laufe von Jahrmillionen, gingen diese Allerersten fort. Die Meisten verließen das All, um nie zurückzukehren. Aber Wenige der Allerersten haben uns nicht verlassen. Sie blieben in unserer Galaxis. Sie versteckten sich und schliefen. Um aufzuwachen, wenn sie gebraucht werden.“

Der Ingenieur hatte ihren Worten aufmerksam gelauscht. „Bedenkt man unseren kleinen Trip, hört sich das für mich eher so an, als würden wir sie erst wecken müssen.“

„Seit Generationen erzählen sich die Technoschamanen, wenn das Gleichgewicht in diesem Teil des Universums auf der Kippe steht, würden die Allerersten es als ihre Verantwortung ansehen, es wieder herzustellen. Oder zumindest…für die Chance einer Möglichkeit zu sorgen.“

„Ja,“, antwortete Trip, „in diese Richtung ging’s, was Sie mir vorher erzählten…“

„Durch das Zakal–Katra, das ihnen in die Hände fiel, verfügen die Romulaner über eine Technologie, mit der sie beinahe jedes Volk unterwerfen können. Wir haben gesehen, was sie mit Coridan gemacht haben; wir haben ihre ferngesteuerten Kampfschiffe in Aktion erlebt. Nur die Produktionsverzögerungen bei ihren Drohnen haben uns bislang vor Schlimmerem verschont. Zurzeit sind sie noch zurückhaltend. Aber das wird sich bald ändern. Wir müssen auf die Unterstützung der Allerersten bauen. Aber es wird nicht leicht, sie zu überzeugen. Wir werden ihnen begreiflich machen müssen, dass dieser Kosmos, den sie mit schufen, am Rande eines Abgrunds steht.“ Sulu seufzte leise. „Machen wir uns nichts vor: Dies wird zweifellos einer der schwierigsten Einsätze, denen Sie und ich uns jemals zu stellen hatten.“

– – –

Alpha Centauri

Heute war sein Glückstag. Mehr noch: Der Tag, an dem ihm alles für den Verlust der Maru zurückgezahlt wurde und noch darüber hinaus. Vance spürte es, ganz deutlich. Nachdem sie aus sicherer Entfernung die Sprengladungen gezündet und die darauf erfolgte Explosion einen Schacht eröffnet hatte, waren Tracys anhaltende Beschwerden schlagartig verstummt. Sie erkannte offenbar endgültig, dass sie mit ihren anfänglichen Vorwürfen falsch gelegen hatte. Falsch gelegen hatte übrigens nicht nur sie, sondern wohl auch der Yridianer, dem sein Verkaufsobjekt wahrscheinlich in die Hände gefallen war, ohne dass er es einer eingehenderen Prüfung unterzog. Hätte er das getan, hätte er ein weit lukrativeres Geschäft mit der Karte machen können. War er zuvor noch ein wenig widerwillig durch die finsteren Tunnel vorangeschritten, empfand sich Vance mittlerweile als geborener Anführer.

„Auf geht’s, Freunde der Nacht.“, johlte er seinen Begleitern zu, und sie stapften weiter in ihren Raumanzügen, seit Ewigkeiten schlummernde Gewölbe betretend.

Jetzt fragte sich Vance, welche Trophäe ihn hier erwartete, mit deren Erlös er sich nicht bloß einen einzigen neuen Frachter würde kaufen, sondern eine ganze Transportflotte eröffnen können…

– – –

Archer bewunderte kurzzeitig den Ausblick, den man von Ulugbek Palvanovs Büro auf New Samarkand hatte; ein gewaltiges urbanes Unterfangen unter der Glasglocke, das ungestüm in den vergangenen Jahrzehnten gewachsen war. Ein wenig erinnerte ihn das Bild an die ehrgeizigen Ideen, die man zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Bezug auf die Kolonialisierung des Mondes oder des Mars bei der NASA gehabt hatte. Selbst in seiner Realität mutete dieser einstige Traum immer noch unwirklich, beinahe märchenhaft, an.

Der Usbeke legte den Handcomputer zur Seite, der die nötigen Unterlagen in digitaler Form enthielt. Gerade hatte er eine Unterschrift ans Ende des Datensatzes gesetzt und blickte nun zu Archer und T’Pol auf, die – in Ermangelung von Trip – die Vorgaben des diplomatischen Protokolls etwas gedehnt und zu zweit die Hauptstadt des Planeten aufgesucht hatten. „Captain Archer, das Regierungskabinett von Alpha Centauri ist mit den Konditionen des Beistandspaktes grundsätzlich einverstanden.“, sagte Palvanov. „Zwar werde ich die Dokumente zur Ratifikation erst noch unserem Hohen Haus vorlegen müssen, aber ich glaube nicht, dass größere Unwägbarkeiten zu erwarten stehen. Das ist ein faires Angebot; wir nehmen die Hilfe der Erde gerne an. Nicht mehr und nicht weniger.“

Wart ab, was Munroe noch für Dich bereithält, Du Ahnungsloser… Archer lächelte höflich. „Das freut mich zu hören, Gouverneur.“

Das Oberhaupt von Alpha Centauri erhob sich hinter seinem Schreibtisch. „Nun gestatten Sie mir die Frage: Wann genau können wir mit dem Eintreffen der Schutzflotte rechnen?“

„Sobald ich auf die Enterprise zurückgekehrt bin, werde ich die bisherigen Vereinbarungen per Subraum dem Oberkommando der Sternenflotte mitteilen.“, erläuterte der Captain. „Ich denke, innerhalb der nächsten zwei Tage kann ein Geschwader bei Ihnen sein. Unser Schwesterschiff Columbia ist bereits zur vorsorglichen Unterstützung bei Wolf 424.“

Palvanov unterlegte mit einer Gebärde seine Zuneigung zu dem dargelegten Vorgehen. „Dort hatten wir zuletzt zahlreiche Probleme. Ganze Frachterverbände sind verschwunden.“

„Captain Hernandez und ihre Crew werden der Sache nachgehen.“, versprach Archer.

„Diese vorauseilende Geste weiß ich sehr zu schätzen. Im Namen von Alpha Centauri danke ich Ihnen. Ich nehme an, meine geschätzte Kollegin Li ist inzwischen an Bord der Enterprise eingetroffen?“

„Das ist sie. Wir freuen uns, sie im Koalitionsausschuss auf der Erde Willkommen zu heißen.“

„Gut.“ Palvanov schob sich seine antiquiert wirkende, aber bestimmt mit Head-up ausgestattete Hornbrille auf die Nasenspitze, sodass er Archer besser fokussieren konnte. „Und nun zu einer anderen Problemlage. Ich muss sagen, ich bin höchst unerfreut über das Auftauchen der drei fremden Kreuzer in unserem System. Das läuft jeder Absprache zuwider.“

Archer fühlte sich zunächst überfahren. „Ich weiß, Sir.“

„Dies ist ein souveräner Staat, mit allen Rechten und Privilegien, die dazu gehören.“, fuhr Palvanov dezidiert fort. „Ich bin zu lange im politischen Geschäft, um zu übersehen, dass es vermutlich irgendeine Auseinandersetzung in Ihrer Koalition gibt. Sie ist jedoch nicht unser Belang. Wenn es Probleme mit Ihren Alliierten gibt – lösen Sie sie. Aber tragen Sie sie nicht auf unserem Rücken aus. Ich will nicht, dass wir dort hineingezogen werden, was immer es ist. Entsprechend bin ich nicht bereit, einen politischen Streit, mit dem wir nichts zu tun haben, vor unserer Haustür zu dulden. Keine Involvierung in irgendwelche koalitionsinternen Angelegenheiten – das war meine absolute Voraussetzung, bevor ich das Ersuchen bei Ihrem Präsidenten durchführte. Die Aufnahme dieses Beistandspaktes heißt, dass wir nun in begrenztem Maße Beziehungen zur Erde aufnehmen, so wie wir auch bilaterale Beziehungen zu einer Reihe anderer Welten unterhalten. Aber wir sind kein Teil Ihrer Allianz, und Ihre Alliierten haben keine Abkommen mit uns geschlossen, die sie zu einem solchen Eindringen in unser System berechtigen würden. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden.“

„Ja, Gouverneur.“ Bevor er in Erklärungsnot geraten konnte, sagte er frei heraus: „Sie müssen jedoch nichts befürchten. Es gab einige Missverständnisse, Sie haben Recht –…“

„Diese Missverständnisse interessieren mich nicht.“, unterbrach ihn Palvanov gereizt. „Sie sind nicht unsere Angelegenheit. Diese Schiffe müssen das Alpha–Centauri–System schnellstmöglich wieder verlassen. Sie wollen uns doch davon überzeugen, dass die Erde noble Absichten gegenüber ihren früheren Kolonien hat; dass sie sich eines Besseren belehrt hat und nicht mehr versucht, ihre emanzipierten Scharen nach der Holzhammermethode zurückzuholen. Also schlage ich vor, Sie zeigen sich hier von Ihrer besten Seite und pfeifen Ihre Verbündeten zurück. Eine Belagerung unseres Systems werden wir nicht hinnehmen. Ich muss Ihnen nicht sagen, dass die Kontaktaufnahme mit der Erde ein Akt des Vorzugs war. Wir haben viel guten Willen demonstriert. Sicher existieren noch andere Welten, die uns im Zweifelsfall beistehen würden.“

Der Rückweg führte Archer und T’Pol aus dem Gouverneursbüro durch einen Korridor und hinein in einen vergoldeten Lift, welcher in der Folge in sehr gemächlichem Tempo Richtung Parterre aufbrach.

„Ich bezweifle, dass meine Präsenz hier der Angelegenheit zuträglich war.“, sagte die Vulkanierin nach einer halben Minute der Fahrt, ohne ihren Captain anzusehen. „Palvanov mag mutmaßen, dass ich in Wahrheit für die vulkanische Regierung arbeite…und Einfluss auf Sie ausübe.“

„Ich denke, ich habe ihm hinlänglich erklärt, welche Rolle Sie als Mitglied der Sternenflotte spielen und wem Sie verpflichtet sind.“

„Dennoch finde ich es…faszinierend.“

„Was meinen Sie?“
T’Pol wandte sich ihm zu. „Aus dem, was Gouverneur Palvanov uns sagte, ergeben sich einige Implikationen. Offenbar ist die Alpha–Centauri–Administration misstrauisch, wir könnten im Namen der Koalition noch andere Motive verfolgen als wir vorgeben.“

„Aber dem ist nicht so.“

„Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben: Ich finde es bezeichnend, dass Shran, Soval und Graal uns Ähnliches vorwerfen, und zwar ganz direkt. Es macht auf mich den Eindruck, als geräten wir zwischen die Fronten.“

Messerscharf erkannt. Archer wünschte, es wäre nicht so, aber insgeheim war er wieder einmal stolz über den makellosen Verstand der Frau, mit deren Hilfe er schon so viele Krisen gemeistert hatte.

„Etwas scheint hier vor sich zu gehen.“ Eine stumme Aufforderung lag in ihrem Blick. „Captain, wir kennen uns nicht seit gestern.“

Eine Vulkanierin, die mir die Leviten liest…, dachte er. Wie konnte es soweit kommen? „Bin ich wirklich ein so offenes Buch für Sie, oder woran liegt’s?“

„Nun,“, antwortete T’Pol, „wenn man bedenkt, dass Sie oberhalb Ihrer linken Braue immer zucken, wenn Sie etwas zurückhalten, dann ja, um in Ihrer Terminologie zu bleiben.“

Eine Sekunde war er empfindlich getroffen. „Hey, das stimmt nicht.“ Da musste er sich eingestehen: Vielleicht haben unterdrückte Emotionen auch ihre Vorteile. „Von wem haben Sie diese Weisheit?“

T’Pol war bereits weiter. „Sir, was geht hier vor sich?“

Bevor sie auf die Enterprise zurückkehrten, musste Archer wieder an Trip und Malcolm denken, wie sie sich genötigt gesehen hatten, ihm die Wahrheit anzuvertrauen. Nun aber war er es, der ein intensives Bedürfnis verspürte, jemanden ins Vertrauen zu ziehen. Er empfand Erleichterung, T’Pol die Lage der Dinge offenzulegen; er hätte es von Anfang an tun sollen. Es fühlte sich richtig an. Denn wollte er aus dem Schlamassel wieder herauskommen, das ihm Munroe und die Erdregierung eingebrockt hatten, würde er auf T’Pols Unterstützung angewiesen sein. So wie viele Male zuvor.

– – –

Vance hatte seinen großen Tag kommen sehen, und nach Stunden der Suche fühlte er sich seltsam gefasst angesichts der Erfüllung, die sich nun vor ihm ausbreitete. Vielleicht lag es daran, dass er sich vieles unter einem glorreichen Fund vorgestellt hatte – nur nicht das, was er jetzt vorfand.

„Heiliger Bimbam.“, sagte er zu seinen Begleitern; so hauchend dabei, dass es die Scheibe seines Helms beschlug. „Was, glaubt Ihr, könnt’ das sein?“

Tracy betrachtete das Objekt und zuckte mit beiden strichdünn gezupften Brauen. „Sieht mir aus wie’n Sarkophag.“

„Ein was?“

„Du weißt schon, die Dinger, die die alten Ägypter auf der Erde benutzten, um ihre Toten zu begraben.“

Vance leckte sich die Lippen. „Dieser Kelch is’ wohl an mir vorübergegangen. Scott?“

Der Techniker blickte hinab auf das betagte Analysegerät in seiner Hand. „Also, Jack, könnt’ schon möglich sein. Der Quantendatierung zufolge hat dieser Kasten mindestens anderthalbtausend Jahre auf’m Buckel.“

Vance trat näher heran und wischte eine dicke Staub– und Schmutzschicht mit zwei Fingern seines Handschuhs von einer Ecke des Fundstücks, das sich in einer unscheinbaren, halb verschütteten Steinkammer verortete. Dabei legte er ein Ornament frei, das ansehnlich orangegolden im Schein von Scotts Lampe glitzerte. „Na, wer sagt’s denn, damit könnt’ man doch ’was anfangen.“, brummte er zufrieden.

Tracys Augen wuchsen plötzlich begierig. „Jack, Du bist ein verdammter… Ein verdammtes Genie bist Du!“

Endlich erkennst Du meine wahre Größe an, Zuckerschneckchen…

Scott kicherte, noch ungläubig über ihren Erfolg, der so einfach schien, so unkompliziert. „Hey, wisst Ihr, was ich mit den Credits machen würd’? – Meiner Frau und meinem kleinen Töchterchen ’ne neue Wohnung davon kaufen. Irgendwas in der Habitatzone von New Samarkand. Und später finanzier’ ich Arlyne damit ’ne Privatschule.“

Vance nickte. „Warum legst Du nicht noch ’nen schnieken Skimmer obendrauf? Ich wette, Du wirst es Dir leisten können, Jungchen.“

„Gefällt mir, die Idee.“

Vance drehte den Kopf. „Und Du, Trace?“

Die hoch aufragende Blondine verwandte einen taffen Blick. „Ein paar männliche Haussklaven von Borita fänd’ ich nett.“

Der ehemalige Frachterkapitän, ohne sich über private Präferenzen zu äußern, klatschte in die Hände. „Dann helft mir mal, diese Gizmos hier ’runterzukriegen.“

In den nächsten Minuten beschäftigten er und Scott sich damit, den Laserschneider zu präparieren und wandten ihn anschließend auf das viel versprechend funkelnde Verzierungselement an. Die Verbindung zum Kasten ließ sich nicht ohne weiteres lösen; vorher bedurfte es einer Einstellung auf die höchste Stufe, was den Laserschneider laut surren ließ.

Zuletzt nahm Vance das juwelartige Ornament in die Hand und lachte. „Bitte, geht doch. Und jetzt die Ander’n.“ Er machte sich daran, mit dem Techniker den zweiten Schmuckstein abzutrennen –

Als ein merkwürdig metallenes Geräusch durch die Kammer hallte, sofort wieder verstummend.

Tracy wich zurück. „Habt Ihr das auch gehört?“

„War nur der Wind.“, sagte Vance geistesabwesend. Immer noch war er darauf konzentriert, das zweite Juwel zu entfernen.

„Jahack – nachdenken.“

„Ähm…“ Er sah kurz zu ihr. „Ach ja, ich hatte einen an Achtern sitzen.“

„Witz, spring mich an. Ist hier unten noch jemand zuhaus’?“

„Ne, keine Lebenszeichen, nicht ein kleinster Hinweis…“, erwiderte Scott. „Also, ich hör’ nix mehr.“

„Meinetwegen.“, sagte Tracy. „Aber lasst uns nicht mehr zu lang’ hier unten bleiben. Nennt’s Klaustrophobie, aber ich hatte erst mal genug von diesem Cave–Climbing.“

Vance lachte. „Hört, hört. Die unerschütterliche Tracy Logan hat die Hosen voll. Dass ich das noch mal erlebe…“

„Schnauze, Du unrasierte Bowlingkugel!“

„Gern. Denn ich hab’ keinen Bock, anderen Höhlenforschern diese Babys hier zu überlassen. Noch ein paar Minuten, und wir können für heute eine Rast einlegen.“

Erneut setzte Vance den Laserschneider an; das zweite Ornament war etwas hartnäckiger als das erste. Da wiederholte sich das metallische Schwingen, diesmal stärker, dass sogar der Boden unter ihren Füßen zitterte. Vance und Scott schreckten gleichzeitig zurück.

„Das kam von da drin.“, sagte Tracy.

Scott räusperte sich nervös. „Vielleicht hat Trace Recht. Ich hab’ da irgendwie kein gutes Gefühl bei.“

„Meinetwegen. Ich will da jetzt auch nicht päpstlicher als der Papst…“

Schlagartig brach grelles Licht aus in der gesamten Umgebung, raubte Vance das Augenlicht. „Verschwinden wir von…“

Mehr brachte Vance nicht hervor, denn er spürte, wie etwas Unwirkliches sich Bahn zu brechen anfing. Das Fleisch seiner Zunge schmolz. Auch seine Finger in den Handschuhen. Er spürte, wie sich die Haut in seinem Gesicht auflöste, wie Muskelgewebe zum Vorschein kam. Sekundenschnell wurde der Schmerz zur Pein.

Zu spät begriff er, dass er übereifrig gewesen war – und der Yridianer, der ihm die Karte vermacht hatte, vielleicht schlau. Und dass er etwas Urgewaltiges aufgeweckt hatte. Ihm schien, als würde er das Schrammen von Stein hören. Als das Licht schlagartig zurückwich und eine rätselhafte Staubwolke verströmte, endete sein Leben. Sein letzter Gedanke ging an die Maru – die hinreißendste Dame, die er je hatte lieben dürfen. Er konnte nur hoffen, ihre Geschichte würde in Zukunft jemandem erzählt werden.

Die Wolke ließ nicht einmal Fragmente der Anzüge oder Knochen zurück.

– – –

U.S.S. Enterprise, NX–01

Auf der Brücke der Enterprise beugte sich T’Pol angestrengt über die Wissenschaftsstation. „Captain, das sollten Sie sich ansehen.“

Archer schritt auf der Kommandoplattform in ihre Richtung. „Worum geht’s?“

„Die Sensoren fangen gerade massive Konzentrationen von Delta–Emissionen auf.“

„Strahlung?“, übersetzte er, laut denkend. „Woher kommt sie?“

„Eine Lokalisierung fällt schwer, aber sie scheint von einem Ort circa acht Kilometer unter der Hauptstadt des Planeten emittiert zu werden.“

Der Captain biss die Zähne zusammen. „Korrigieren Sie mich, falls ich mich irre, aber das ist Ihnen nicht schon mal begegnet?“

„Nicht bei einem Planeten der Minshara–Klasse, Sir.“, erwiderte die Vulkanierin. „Was immer dort unten die Strahlung aussendet: Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht natürlichen Ursprungs.“

In Archer keimte bereits eine Vorahnung, doch dann sagte Reed: „Nachricht vom andorianischen Kreuzer.“

„Durchstellen.“

Shran erschien auf dem Bildschirm mit erboster Miene. „Wer sagt es denn, Captain? Ihr Geheimnis scheint gerade dabei zu sein, sich der Öffentlichkeit vorzustellen.“

Archer legte einen Arm in die Hüfte. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen.“

„Oh, doch, Captain, die haben Sie.“, widersprach der Andorianer. „Wir werden nun endgültig dieser Verschwörung auf den Grund gehen. Wir werden sie austrocknen.“

„Was haben Sie vor?“

„Was wohl? In Kürze wird ein bewaffneter Erkundungstrupp von meinem Schiff nach Alpha Centauri herunterbeamen.“

Archer war erstaunt, wie scharf seine Stimme klang. Das nicht der Shran, den er schätzen gelernt hatte, sondern schien vielmehr eine Erinnerung an frühere Tage, in denen ausgeprägtes Misstrauen die Atmosphäre zu vergiften drohte. Es waren Tage, in denen Vertrauen erst hatte verdient werden müssen, um zu gegenseitigem Respekt zu finden.

„Das können Sie nicht tun.“

„Glauben Sie es oder glauben Sie es eben nicht. Am Ergebnis wird es nichts ändern.“ Shran verschwand vom Projektionsfeld im vorderen Teil der Kommandozentrale, und es wurde wieder das Bild der Koalitionskreuzer dargeboten.

„Verdammt.“, fluchte Archer, sich ans Geländer lehnend. „Palvanov wird ausrasten.“

T’Pol hatte ihn aufmerksam beobachtet. „Sir, ich hätte da möglicherweise einen Vorschlag.“

„Lassen Sie hören.“

„Sirilliumablagerungen im Steinmassiv jenseits der Oberfläche erzeugen starke Scannerinterferenzen für den Transporterstrahl. Wenn Shran seine Drohung wahr macht, wird er demzufolge sein Team nur in den Eingangsbereich des Höhlensystems beamen können.“

„Wie hilft uns das weiter?“

„Ich könnte versuchen, mit Botschafter Soval zu sprechen.“, trug T’Pol vor. „Ich möchte ihm vorschlagen, dass er Shran von einem Kompromiss überzeugt.“

Er nickte. „Eine Person von jeder Seite beamt ’runter.“

„Das war meine Idee. Es gäbe einen gemeinsamen Startpunkt, und die Souveränität Alpha Centauris würde nicht allzu stark strapaziert. So ließe sich einer weiteren Eskalation der Situation vorbeugen.“

Archer nahm den Vorschlag dankbar an. „Sehr gut, T’Pol. Tun Sie Ihr Bestes.“
Rezensionen