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Der Praktikant

von Shannon

Kapitel 2

Als Jenkins endlich auf Deck 3 angelangt war, empfing ihn ein blondes Mädchen in roter Uniform, stellte sich als Kadett Rand vor und zeigte ihm ein kleines Zimmer mit drei schmalen Betten, eins rechts, eins links und eins gegenüber der Tür. Daneben jeweils ein Spind, in der Mitte des Raumes eine Konsole und drei Drehsessel.

„Hör mal“, sagte er zu Rand, „soll das ein Scherz sein? Ich kriege nicht mal ein eigenes Zimmer?“

Sie sah ihn verständnislos an. „Keiner von uns hat ein eigenes Zimmer. Das gibt es nur für Offiziere, nicht für Kadetten.“

„Ich bin kein Kadett! Ich bin Krankenpfleger. Wieso wohne ich nicht in der Krankenstation?“

Sie zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Mir hat man gesagt, dass du erstens den Rang eines Kadetten und zweitens einen Platz in dieser Kabine bekommst. Wenn du sonst noch was wissen willst, musst du deinen Chef fragen. Aber zieh dir vorher die Uniform an, die liegt auf deinem Bett.“ Sie deutete auf das Bett gegenüber der Tür.

„Ich darf mir nicht mal das Bett aussuchen? Warum?“

„Weil die anderen schon länger an Bord sind“, antwortete sie. „Aber wenn’s dir nicht passt, kannst du das ja mit ihnen ausreden, wenn sie kommen. Abendessen ist um 19:00, und das Klo ist den Gang hinunter links. Sonst noch Fragen?“

Jenkins schüttelte den Kopf und dachte: Scheiße. Ich glaub’s nicht. Das wird echt wieder wie in der Kaserne.

„Dann einen guten Einstand“, sagte Rand und ging. Er brachte kein „Danke“ über die Lippen.

Seine Stubengenossen, die einige Stunden später auftauchten, zeigten sich jedoch recht freundlich und boten ihm Whiskey an. Trinken im Quartier war natürlich verboten, und natürlich hatte jeder irgendwo eine Flasche versteckt.

Jenkins erfuhr noch mehr nützliche Dinge, wie zum Beispiel, wo der nächste Kaffeeautomat stand und wie man von unterwegs Nachrichten nach Hause schicken konnte. Er erfuhr, dass auch die beiden anderen Freundinnen zu Hause hatten, die sie schrecklich vermissten, und dass sie alle drei die gleichen Eishockeyteams mochten, wenn auch nicht die gleichen Videospiele. Als er um 18:00 Uhr wie vorgeschrieben den Besprechungsraum Nr. 1 direkt neben der Brücke erreichte, war er schon deutlich besserer Laune.

Dann kam der Moment, in dem er dem berühmten Captain Kirk gegenübertrat. Der sah in Wirklichkeit kleiner, dicker und unscheinbarer aus als im Fernsehen und hatte auch schon erste graue Haare. Aber er begrüßte Jenkins auf das Herzlichste, schüttelte ihm die Hand und sagte:
„Willkommen an Bord, Mr. Jenkins! Ich hoffe, Sie werden sich bei uns wohlfühlen. Hatten Sie eine angenehme Reise?“

„Ja. Danke, Sir.“

„Wenn ich vorstellen darf... Mein Erster Offizier, Commander Spock,“ sagte Kirk und fuhr augenzwinkernd fort: „Mein unersetzliches alter ego und in Wirklichkeit der wichtigste Mann an Bord. Außer natürlich Dr. McCoy, Leiter der Krankenabteilung und Ihr direkter Vorgesetzter.“

Spock zeigte nicht die Spur eines Lächelns. Er stand so gerade, als hätte er einen Stock verschluckt, hielt seine Hände hinter seinem Rücken, grüßte Jenkins nur mit einem knappen Nicken und sagte: „Wir sind uns bereits begegnet.“ Gesicht und Stimme ohne jede Emotion. Jenkins fand ihn entschieden unsympathisch.

Dr. McCoy, ein in Jenkins‘ Augen uralter Mann, begrüßte ihn wiederum mit einem kräftigen Händedruck und den Worten: „Hallo, Junge! Wie geht’s?“
Er sprach Föderationsstandard wie alle anderen, aber sein Südstaatenakzent war trotzdem nicht zu überhören. Jenkins antwortete höflich: „Danke, gut, Sir.“

„Sie sehen sehr jung aus. Wie weit sind Sie im Studium?“

„Drittes Semester, Sir.“

McCoy runzelte die Stirn. „Ist das nicht ein bisschen früh für ein Praktikum?“

„Das ist so vorgesehen, Sir – zumindest für alle, die vor Beginn des Studiums eine Krankenpflegeausbildung abgeschlossen hatten.“

Der alte Mann strahlte über das ganze Gesicht. „Das heißt, Sie sind ausgebildeter Krankenpfleger? Ausgezeichnet! Haargenau das, was ich brauche! Morgen um sieben sind Sie auf meiner Krankenstation!“

„Selbstverständlich, Sir. Ich freue mich darauf.“

„Na, das ist ja wunderbar!“, sagte Kirk. „Sie dürfen gehen, Mr. Jenkins.“

Er ging zurück ins Quartier und dann mit den anderen zum Abendessen in der Mannschaftsmesse auf Deck 3. Die Küche war längst nicht so schlecht wie in der Kaserne. Die jüngeren Offiziere aßen mit den Kadetten, und einer davon, ein Russe namens Chekov, war Jenkins auf Anhieb sympathisch.

Sie redeten lange miteinander, fanden heraus, dass sie viel gemeinsam hatten, und setzten sich schließlich mit Jenkins‘ Stubengenossen zusammen, um Poker zu spielen. Jenkins trank dabei etwas zu viel Whiskey, verschlief in der Früh und kam zu spät darauf, dass er überhaupt nicht wusste, wo die Krankenstation war. Hätte der Turbolift funktioniert, hätte er einfach nur einsteigen und „Krankenstation“ sagen müssen, um sein Ziel zu erreichen, aber der Defekt war leider noch nicht behoben.

Er rannte die Stiegen hinunter und suchte verzweifelt auf jeder Tür einen Hinweis, aber dort stand immer nur die Nummer des Decks. Als er auf Deck 7 noch immer keinem einzigen Menschen begegnet war, den er hätte fragen können – wahrscheinlich waren alle schon im Dienst – beschloss er, die Stiege zu verlassen und ein Interkom zu suchen, über das er anrufen konnte. Er fand keines und ging schließlich, weil ihm schon alles egal war, einfach durch die erste Tür, die er sah.

Sie führte in eine riesige Halle voller Computerkonsolen und Tischen, auf denen sich allerlei Laborgerät türmte. Am anderen Ende befand sich eine Maschine, die so ähnlich aussah wie ein Radioteleskop. Der Parabolspiegel war an einem etwa zwei Meter hohen Turm montiert, in dessen Inneren durch eine Glasscheibe Kolben sichtbar waren, die sich unter Stampfen und Rattern auf und ab bewegten. Leitersprossen führten hinauf zu einem Sitz, von dem aus man den Spiegel mit kleinen Hebeln drehen konnte.

Auf dem Sitz saß ausgerechnet die Person, der Jenkins am wenigsten zu begegnen gewünscht hatte, offenbar damit beschäftigt, den Spiegel einzustellen, und rief, ohne den Blick von den Hebeln zu wenden: „Wer ist da?“

Jenkins war es schleierhaft, wie Spock bei dem Lärm, den seine Maschine machte, das fast lautlose Zischen der automatischen Tür gehört haben konnte. Er wusste nicht, dass Vulkanier fähig waren, die Präsenz empfindungsfähiger Lebewesen telepathisch wahrzunehmen. Spock fragte noch einmal: „Wer ist da?“, und Jenkins sah ein, dass er sich stellen musste.

„Ich bin’s, Sir. Jenkins. Verzeihen Sie, es tut mir sehr leid, Sie zu stören, es ist nur... Ich habe mich verirrt. Könnten Sie mir bitte helfen, die Krankenstation zu finden?“

„Selbstverständlich“, sagte Spock, kletterte von seinem Turm herunter und kam auf Jenkins zu. „Das hier ist das Bordlaboratorium. Die Krankenstation befindet sich genau unterhalb von uns, zwei Decks tiefer auf Deck 9. Über Treppe B 24 kommen Sie direkt zum Eingang.“

„Und wo ist Treppe B 24?“ fragte Jenkins hilflos.

Die dunklen Augen unter den geschwungenen Brauen sahen ihn durchdringend an. „Über welche Treppe sind Sie denn hier herunter gekommen?“

„A 23. Das ist die einzige, die ich kenne.“

„Oh... Gut, dass Ihnen dabei niemand begegnet ist. Vermeiden Sie bitte in Hinkunft einen solchen Fehler! Offensichtlich hat man Ihnen die Information vorenthalten, dass A-Treppen ausschließlich zum Aufstieg und B-Treppen ausschließlich zum Abstieg benutzt werden dürfen.
Alles andere wäre gefährlich, da die Treppen zu eng sind, als dass man einander ausweichen könnte. Sie sind eigentlich nur für Notfälle gedacht... und einen Totalausfall des Turbolifts, der so lange dauert, habe ich auf diesem Schiff auch noch nicht erlebt. Kommen Sie, ich zeige Ihnen die richtige Treppe.“

Jenkins ließ sich von Spock durch den Gang führen, ziemlich verzweifelt darüber, dass sein erster Tag einen solchen Anfang nahm. Als sie den Eingang zur Treppe B 24 erreicht hatten, murmelte er: „Dr. McCoy wird mir den Kopf abreißen!“

Spock hob seine Augenbrauen. „Sie glauben nicht wirklich, dass er dazu imstande wäre?“

„Nein. Aber er wird sehr zornig werden!“

„Das würde ich an Ihrer Stelle nicht zu ernst nehmen“, sagte Spock. „Wenn Sie wollen, können Sie Ihre Verspätung auch damit erklären, dass Sie durch die Begegnung mit einem höheren Offizier aufgehalten worden sind. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!“

Als Jenkins schließlich um halb acht in der Krankenstation ankam, war McCoy so wütend, dass es tatsächlich ratsam schien, die von Spock vorgeschlagene Ausrede zu benutzen. Aber McCoy wollte natürlich den Namen des höheren Offiziers wissen.

„Wer? Wer macht sich da so verdammt wichtig und glaubt, wir hätten nichts zu tun?“

„Commander Spock“, flüsterte Jenkins beklommen.

„Hätte ich mir denken können!“ McCoy schlug auf den Interkomknopf. „Krankenstation an Brücke!“

Jenkins zitterte für Spock und machte sich Vorwürfe. Der Erste Offizier hatte ihm helfen wollen, und jetzt bekam er dafür Schwierigkeiten...

Von der Brücke meldete sich Lieutenant Uhura. McCoy sagte: „Geben Sie mir Spock!“

„Ist noch nicht hier, Doktor. Sein Brückendienst beginnt erst in einer Stunde.“

„Dann geben Sie mir bitte den Captain!“

Eine kurze Stille. Dann meldete sich Kirk: „Hi, Pille, was ist los?“

„Sag dem verdammten Spitzohr...“

„Halt, Pille“, unterbrach Kirk. „Was immer du Spock sagen willst, sagst du ihm bitte selbst, okay? Um die Zeit erwischst du ihn am ehesten im Labor. Kirk Ende.“

McCoy rief das Bordlaboratorium. Kaum dass Spock sich gemeldet hatte, fing er an, ins Interkom zu brüllen: „Wenn Sie es noch einmal wagen, meine Leute von der Arbeit abzuhalten und hier bei mir den Betrieb durcheinanderzubringen, dann können Sie was erleben! Was glauben Sie eigentlich...“

Er brüllte immer weiter, für Jenkins waren es gefühlte zehn Minuten. Aber irgendwann musste auch McCoy Luft holen, und in diesem Augenblick ließ sich die tiefe, modulationslose Stimme am anderen Ende vernehmen:
„Ich habe Ihr Anliegen zur Kenntnis genommen, Doktor. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich mich jetzt gerne wieder meiner Arbeit zuwenden, ich habe nämlich vor dem Abflug noch einiges zu tun. Spock Ende.“

Jenkins war sich plötzlich sicher, dass Spock es genoss, McCoy zu provozieren, und dachte: In welchem Irrenhaus bin ich da gelandet?
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