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Die Ausdehnung

von Olli

Kapitel 2

Das Angebot

Die Vulkanier meldeten sich schon am nächsten Tag, um zu erfahren warum die ENTERPRISE ihren Kurs geändert hatte. Als Captain Archer dem Vertreter des vulkanischen Oberkommandos erklärte, dass die ENTERPRISE direkt zur Delphischen Ausdehnung fliege, herrschte zunächst einmal etwas, das man bei jedem anderen als verblüfftes Schweigen interpretiert hätte. Natürlich nicht bei einem Vulkanier, denn die lassen sich nicht verblüffen. Der Offizier verlangte daraufhin, mit T’Pol persönlich zu sprechen und als er auch aus ihrem Mund hörte, dass sie sich aus freien Stücken entschlossen habe, sich dem Befehl des Oberkommandos zu widersetzten und an Bord der ENTERPRISE zu bleiben, brach er das Gespräch abrupt ab.

Einen Tag später begann es. Zunächst meldete sich Admiral Forrest, dann Botschafter Soval, schließlich wieder ein Vertreter des vulkanischen Oberkommandos und dann ging es wieder von vorne los. Aber egal ob sie mit dem Captain sprachen, T'Pol oder beiden zusammen, jedes Mal erhielten sie dieselbe Antwort: die ENTERPRISE würde ihren Kurs nicht ändern und T'Pol würde an Bord bleiben! Die Vulkanier schienen über Admiral Forrest genauso verärgert zu sein wie über T'Pol. Forrest erteilte nie den direkten Befehl zur Umkehr, was Archer niemals hätte ignorieren können. Als nach einer guten Woche fruchtloser Kommunikation auch die Vulkanier endlich erkannten, dass sich T'Pol dem Befehl ernsthaft widersetzte, stellten sie den Kontakt plötzlich ein.

Mittlerweile wusste die gesamte Besatzung der ENTERPRISE, was vor sich ging und was T'Pol getan hatte. Die Gerüchteküche an Bord brodelte und es gingen >wahre< Berichte um von einer gewaltigen vulkanischen Flotte, die unterwegs sei, um die ENTERPRISE noch vor der Ausdehnung abzufangen, von nächtlichen Geheimbesprechungen der Führungsoffiziere, die kollektiv den Befehl zu Umkehr verweigern wollten und heftigen diplomatischen Verstimmungen zwischen der Erde und Vulkan und gegenseitigen Kriegsdrohungen. Aber kein noch so wildes Gerücht kam auch nur annähernd dem nahe, was schließlich geschehen sollte.

Nach einer Woche schweigen von Seiten der Vulkanier war es dann soweit.

„Captain, wir empfangen eine Nachricht für Sub-Commander T'Pol vom vulkanischen Oberkommando. Sie ist als dringend und persönlich gegenzeichnet“, meldete sich Ensign Sato von ihrer Kom-Station.

Die Aufmerksamkeit der Brückencrew richtete sich auf die Vulkanierin, nun kam also die alles entscheidende Mitteilung. Was würde mit T'Pol geschehen?

„Sir, ich werde die Nachricht in meinem Quartier entgegennehmen, wenn Sie nichts dagegen haben.“

„Sicher Commander, gehen Sie nur“, erwiderte der Captain.

Nachdem die Vulkanierin im Turbolift verschwunden war, bemühten sich die Brückenoffiziere um den Anschein der begeisterten Pflichterfüllung und starrten angestrengt auf ihre Instrumente. Archer hielt es nicht mehr in seinem Sessel und er begann, ruhelos auf der Brücke hin und her zu wandern.

Nach endlos erscheinenden zwanzig Minuten kehrte T'Pol zurück. Als das Zischen der sich öffnenden Turbolifttür ertönte, richtete sich die Aufmerksamkeit aller auf die Vulkanierin. Ihrem Äußeren war nicht das Geringste anzumerken. T'Pol ging langsam auf den Captain zu, der neben seinem Kommandosessel stand, und nahm Haltung an. Archer bemerkte eine Veränderung an T'Pol, konnte sich aber zunächst nicht erklären, was es war.

„Sir, ich muss Sie davon in Kenntnis, dass das vulkanische Oberkommando bezüglich meiner Situation zu einer Entscheidung gelangt ist.“

Jetzt wurde es Archer klar, das Rangabzeichen am Kragen von T’Pols Uniform war weg! Bevor der Captain etwas sagen konnte, sprach die Vulkanierin weiter.

„Aufgrund der von mir begangenen Befehlsverweigerung wurde mir mein Offizierspatent aberkannt. Ich wurde aus dem Dienst der vulkanischen Flotte entlassen. Daher bin ich nicht mehr in der Lage die Funktion des Ersten Offiziers an Bord der ENTERPRISE auszuüben, ebenso wenig die Funktion eines Wissenschaftsoffiziers. Da mir allerdings meine akademischen Grade geblieben sind, kann ich meine Aufgaben als Wissenschaftlerin weiterhin ausüben. Ich wurde darüber informiert, dass Sie in Kürze von Admiral Forrest offiziell in Kenntnis gesetzt werden.“

Auf der Brücke herrschte Totenstille. Insgeheim hatten alle mit einer solchen Reaktion der Vulkanier gerechnet aber als T'Pol die Worte laut und deutlich aussprach, äußerlich gefasst und ruhig, war es für alle ein Schock.

Schließlich durchbrach Archer die Stille. „T'Pol! Ich weiß nicht was ich sagen soll.“

„Gestatten Sie mir, an meine Station zurückzukehren?“

„Sicher.“

Die Vulkanierin wandte sich um, ging zu ihrem Platz und ließ sich auf dem Sessel nieder. Sie widmete sich in aller Seelenruhe ihren Instrumenten, während alle auf der Brücke sie nach wie vor anstarrten. Äußerlich gelang es der Vulkanierin die Fassung zu wahren. Innerlich spürte sie… Enttäuschung! Die Art und Weise auf die sie vom Vertreter des Oberkommandos abgekanzelt worden war hatte sie schockiert. Über dreißig Jahre hatte sie ihrem Volk in den unterschiedlichsten Funktionen gedient und das alles bedeutete plötzlich nichts mehr. Man hatte es ihr nicht einmal gestattet sich zu rechtfertigen. Nach nur drei Minuten und achtundzwanzig Sekunden hatte ihr Gesprächspartner die Verbindung beendet, die restlich Zeit hatte T'Pol um ihre Fassung gerungen, bevor sie es wagte ihre Kabine wieder zu verlassen. Erst als Archer sich langsam auf seinem Kommandosessel niederließ, war der Bann gebrochen und die Offiziere wandten sich wieder ihren Konsolen zu.

Bis zum Ende von T’Pols Schicht eine Stunde später um 1800 Uhr Bordzeit, sagte niemand ein privates Wort. Nachdem die Vulkanierin im Turbolift verschwunden war, ergriff Lieutenant Reed das Wort. „Tja, damit war wohl zu rechnen.“

„Was machen wir jetzt mit ihr“, fragte Commander Tucker, der Chefingenieur. „Ohne Rang ist sie im Grunde eine Zivilistin und die Vorschriften sind eindeutig was Befugnisse und Autoritätsgrenzen angeht. Wie soll sich die Crew ihr gegenüber jetzt verhalten?“

Von ihrer Station meldete sich Ensign Sato zu Wort. „Jetzt kann ihr jedes Crewmitglied Weisungen erteilen. T'Pol ist nicht viel mehr als ein Passagier. Rein theoretisch müsste sie sogar ihr Quartier verlassen, das steht nun mal dem Ersten Offizier zu.“

„Aber kann man sie so einfach in ein Mannschaftsquartier stecken?“, gab Mayweather zu bedenken. „Seit Major Hayes und seine Leute an Bord sind, sind alle Quartiere restlos belegt.“

„Jemand muss jetzt den Posten des Ersten Offiziers übernehmen.“ Reed wandte sich Tucker zu. „Das werden wohl Sie sein.“

„Ich weiß. Ich bin jetzt nach dem Captain der ranghöchste Offizier an Bord. Ich könnte mit T'Pol das Quartier tauschen aber es wäre trotzdem demütigend für sie.“

„Und wenn Sie die Quartiere nicht tauschen? T'Pol behält einfach ihr jetziges und…“ Ensign Sato verstummte. Sie konnte den Satz nicht beenden.

Wieder meldete sich Mayweather. „Wäre das nicht genauso demütigend? Sie würde es als Mitleidsgeste ansehen.“

Daraufhin sagte lange niemand ein Wort.

„Was die Crew angeht, die Leute kennen T'Pol mittlerweile gut genug. Sie respektieren sie.“ Reeds Stimme verbreitete nicht gerade Optimismus.

„Ich denke, wir unterschätzen die Crew“, wandte Ensign Sato ein. „T'Pol hat mehr als einmal bewiesen wie sie zur Crew und zum Schiff steht. Die Besatzung wird das anerkennen.“

Tucker sprach den Captain an, der bis jetzt kein Wort gesagt hatte. „Was nun, Captain?“

Archer hatte sich die Diskussion schweigend angehört. Bei Hoshis letzter Bemerkung kam ihm eine Idee, er stand auf. „Ich werde darüber nachdenken. Trip, übernimm!“ Er verließ die Brücke, er musste tatsächlich über etwas nachdenken, insbesondere über seine Idee, die immer konkretere Formen annahm. Warum eigentlich nicht, fragte er sich auf dem Weg zu seiner Kabine. Was würde dagegen sprechen? Die Durchsetzung seiner Idee würde einiges an Überzeugungsarbeit erfordern, nicht nur bei der Sternenflotte, sondern auch bei einem gewissen spitzohrigen weiblichen Sturkopf aber Archer war davon überzeugt, dass es eine gute Idee war. Das gäbe einen Paukenschlag, schmunzelte er, während er an seinem Schreibtisch Platz nahm und sich von Ensign Sato mit der Erde verbinden ließ.

* * * * * *

Inzwischen war die gesamte Brückencrew von der nächsten Wache abgelöst worden. Die Mannschaftsgrade, die auf der Brücke Dienst getan und alles mitbekommen hatten, verbreiteten die Nachricht im ganzen Schiff. Eine Stunde später war Captain Archer auf dem Weg zum Quartier Commander Tuckers. Auf dem Weg dorthin sah er immer wieder kleine Gruppen der Mannschaft zusammenstehen und tuscheln. Sie verstummten zwar, wenn der Captain vorbeikam aber dennoch bekam Archer immer wieder Wortfetzen mit. „…ungerecht…“, „…nicht fair…“, „…war nicht anders zu erwarten…“, „…Schweinerei…“, „…Loyalität…“. Schließlich erreichte Archer das Quartier und betätigte den Melder.

„Herein!“

Der Captain trat durch die Tür, die sich zischend vor ihm geöffnet hatte. „Trip, Lieutenant Reed, Doktor. Ensign Mayweather, wo ist Hoshi?“

„Ich weiß nicht, sie war nicht in ihrem Quartier und in der Messe auch nicht. Ich habe ihr durch den Computer eine dringende Nachricht übermitteln lassen“, erklärte Mayweather.

Der Türmelder summte. Tucker bat herein und die Tür öffnete sich vor Ensign Sato.

„Verzeihung, Sir. Ich wurde… aufgehalten.“

„Ah, da wir jetzt vollzählig sind…“

„John, was gibt’s“, fragte Commander Tucker, der sich wunderte warum der Captain ausgerechnet in seinem Quartier eine Besprechung der Führungsoffiziere abhielt.

„Ich muss mit euch reden.“

* * * * * *

Archer war erleichtert, das Gespräch war besser verlaufen als er gehofft hatte. Jetzt war er auf dem Weg zu T’Pols Quartier, von seiner Idee hatte er zuerst Admiral Forrest überzeugen müssen, was ihm nach einer guten dreiviertel Stunde auch gelungen war. Die Führungsoffiziere zu überzeugen war da schon wesentlich einfacher gewesen. Jetzt hing es in erster Linie von der Vulkanierin ab. Er betätigte den Summer zu T’Pols Quartier und aus dem Inneren ertönte ein sanftes „Herein!“

„Sir!“ T'Pol sprang von ihrem unordentlichen Bett auf. Offenbar hatte sie sich zur Nachtruhe vorbereitet. Sie trug ein ärmelloses Oberteil, eine Pyjamahose und war barfuss. Das Oberteil war etwas kurz und ließ einen Teil ihres Bauchs frei.

„T'Pol, ich möchte mit Ihnen sprechen.“

„Natürlich, Sir. Nehmen Sie Platz.“ Die Frau deutete auf einen Stuhl neben ihrem Schreibtisch und ließ sich selbst graziös auf den Sessel hinter der Tischplatte sinken.

„Wie fühlen Sie sich?“

„Sir?“

„T'Pol, Sie wissen was ich meine!“

„Ich… habe nicht mit einer so schnellen Entscheidung gerechnet. Ich ging davon aus, dass ich zumindest die Gelegenheit erhalten würde, mich in einer Anhörung zu rechtfertigen.“ T'Pol zögerte, sie schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich… Ich bin etwas frustriert.“

„Das scheint mir eine adäquate vulkanische Umschreibung dafür zu sein, dass Sie sich mies fühlen.“

„Sir, ich…“

„Kein Grund beleidigt zu sein, T'Pol.“ Archer hob abwehrend die Hände, ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. Er freute sich diebisch darauf, die Reaktion der Vulkanierin auf seinen Vorschlag zu sehen.

T'Pol war nicht beleidigt. Sie nahm etwas wahr, das man als Enttäuschung umschreiben könnte. Sie wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte aber der Captain schien sehr leicht darüber hinwegzugehen, dass sie tatsächlich fast alles verloren hatte, wofür sie in den letzten Jahren so hart gearbeitet hatte.

Archer hatte die Hände wieder runter genommen und spielte mit einem Stift auf dem Schreibtisch, während er die Frau musterte.

„Sir?“

„Ähm, wie dem auch sei, ich hatte vorhin eine Unterredung mit Admiral Forrest. Er hat die Entscheidung des vulkanischen Oberkommandos bestätigt und mir die entsprechenden Dokumente übermittelt.“

„Ich verstehe, Sir.“

„Ich hatte außerdem eine Besprechung mit Trip und den Führungsoffizieren.“

„Ich verstehe, Sir.“

„Nein, das denke ich nicht.“

T’Pols Augenbraue schoss nach oben, ihren Gesichtsausdruck hätte man bei einem Menschen ohne Zweifel als Empörung interpretieren können. Bei der Vulkanierin war das natürlich nicht der Fall. Was sollte den an der Situation nicht zu verstehen sein, fragte sie sich. Wollte der Captain aus ihrer Entlassung vielleicht ein Schauspiel machen? Obwohl… Das konnte sie sich eigentlich nicht vorstellen, schließlich schien der Captain sie… zu mögen.

Wieder hob Archer abwehrend die Hände. „Ich habe dem Admiral und dann später den Führungsoffizieren einen Vorschlag unterbreitet, der eine elegante Lösung für unser Problem wäre. Die Entscheidung liegt aber zunächst einmal bei Ihnen.“

„Sir?“ T’Pols Verwirrung war deutlich. Worin im Namen der Logik sollte die Lösung für ihr Problem liegen?

Archer griff in eine Tasche seines Overalls und zog etwas hervor. Die Vulkanierin konnte nicht erkennen was es war, es schien ein Stück Stoff zu sein. Erst als Archer es vor T’Pol auf dem Schreibtisch platziert hatte und seine Hand zurückzog, erkannte sie es. Es war ein Aufnäher, wie ihn die Menschen an ihren Uniformen trugen. Er zeigte das Symbol der Sternenflotte.

T'Pol starrte darauf, dann hob sie langsam ihren Blick und sah Archer an. Ihre Mine war undurchdringlich. Kein Muskel regte sich.

Archer blickte die Vulkanierin fest an. „Denken Sie darüber nach. Es wäre ein gewaltiger Schritt. Die Reaktion der Vulkanier wird bestimmt kein Freudenausbruch sein und was auf der Erde los sein wird, falls Sie zustimmen, dass… Nun ja... Sie wären der erste nichtmenschliche Offizier der Sternenflotte. Wenn Sie sich für diesen Schritt entscheiden, würden wir bestimmt einiges Aufsehen erregen. Aber ich denke, es wäre ein Schritt, der den Ärger wert ist.“

Damit stand Archer auf und verließ das Quartier. T'Pol blieb sitzen wo sie war und blickte wieder auf den Aufnäher. Das kann doch nicht sein Ernst sein, dachte sich die Vulkanierin. Doch, natürlich ist es sein Ernst. Er hatte ihr dieses Angebot wirklich gemacht und er hat schon mit dem Admiral und den Führungsoffizieren darüber gesprochen. Das wäre ein Lösung für ihr >Problem
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