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Familiäre Fesseln

von Harald Latus

Kapitel 1

Roger van Dyke befand sich gerade in einer sehr unkomfortablen Situation. Drei Jem‘Hadar Schiffe hatten ihn in die Zange genommen und selbst die gute Ausstattung eines Schiffes der Akira Klasse, hatte Schwierigkeiten damit, gleich Drei Gegner aus unterschiedlichen Positionen in Schach zu halten, beziehungsweise sie erfolgreich abzuwehren, ohne erheblichen Schaden zu nehmen.
Doch Captain van Dyke hatte etwas, das den Jem’Hadar das Fürchten lehren konnte. Aus dem Diskussegment traten für die Dominionschiffe völlig unerwartet zwölf Schiffe aus, die nicht nach einem Standardshuttle der Sternenflotte aussahen. Vielmehr erinnerten Sie an alte Luftkampfflugzeuge der Erde, wozu die erfolgsverwöhnten Jem Hadar allerdings keinen Vergleich hatten.
Roger hatte seine Alarmrotte starten lassen, die immer bereit war, wenn es in diesen Zeiten brenzlig wurde. Das war in den letzten Wochen und Monaten sehr häufig gewesen und die Piloten hatten nach der Trainingsphase ausreichend Gelegenheit ihre Kenntnisse mit dem Tyr Fighter zu verbessern und auszubauen.
Kaum waren die Schiffe gestartet und hatten sich formiert, überflogen sie die typischen Käferschiffe und verschwanden aus der taktischen Scannerreichweite für nahe Ziele. Nachdem sie mit einer Wende wieder in den Nahbereich eingetreten waren hatten sie sich auf wundersame Weise versechsfacht und stürmten nun mit dieser kleinen Armada auf die Jem’Hadar zu. Diese waren von dem Angriff und der schieren Überzahl der Schiffe zunächst verwundert, eröffneten aber sofort das Feuer auf die Ziele, deren Energiesignatur auf ihren taktischen Systemen aufleuchtete. Doch obwohl sie mehrfach die Ziele trafen, schienen sie überhaupt keine Wirkung zu erzielen.
Im Gegensatz dazu mussten sie herbe Treffer einstecken und bereits nach wenigen Minuten wurde das erste Schiff energielos.
Inzwischen waren die restlichen beiden Schiffe so mit der Abwehr beschäftigt, dass sie das Hauptziel, die Aviator, aus der Priorität verloren. Wichtiger war ihnen die Abwehr der Jäger, die wie ein Bienenschwarm um die Käferschiffe kreisten und sie nach und nach Mürbe machten.
Damit hatte die Aviator nun eine gute Chance sie auszuschalten. Zwei Reihen von Quantentorpedos besiegelten das Schicksal der Jem’Hadar Jäger und Captain van Dyke ließ seine Alarmrotte wieder in den schützenden Hangar einfliegen.
„Nummer eins, erweitern Sie die ständige Rundumabtastung auf maximale Reichweite. So eine Überraschung möchte ich nicht noch einmal erleben. Wie weit haben wir es noch bis zur Flotte?“
Thomas Catterfield sah den Captain aus müden Augen an. Er hatte seit fast zwanzig Stunden nicht mehr geschlafen und die aufsteigenden Jäger von dem Planeten, den sie vor einer Stunde mit Impulsgeschwindigkeit passiert hatten, waren bei den nach vorne gerichteten Sensoren zu spät erkannt worden. Eine Nachlässigkeit, die das Schiff ernsthaft gefährdet hatte. Doch der Captain wusste, was er dem ersten Offizier abverlangt hatte und letztendlich waren es auch die Wissenschaftler, die dafür sorgen mussten, dass alle Informationen an die Schiffsführung weitergegeben wurden.
„Zwei Tage mit Warp acht, wenn wir den Bereich des Zwillingssterns passiert haben, der uns dazu gezwungen hat, die Geschwindigkeit zu reduzieren, Captain. Ich werde die Crew sofort instruieren.“ Captain Van Dyke schüttelte energisch den Kopf, „Nein, das werden Sie nicht. Sie gehen mit der ganzen Brückencrew jetzt in die Freiwache. Ich sorge dafür, dass die Beta Schicht früher anfängt. Hauen Sie sich als erstes mal aufs Ohr. Sie haben einen langen Tag hinter sich. Gute Nacht.“
Thomas Catterfield nickte und ging mit schweren Schritten zum Turbolift. Nachdem er durch die Tür verschwunden war, wandte sich Roger van Dyke an die OPS. „Miss White, informieren Sie die Beta Schicht über den früheren Dienstbeginn, ich möchte sicherstellen, dass uns dieser Fehler heute kein zweites Mal passiert.“

„Captain, eine Nachricht vom Planungsstab kommt über Prioritätsleitung herein. Es ist Admiral Carter Wellington.“, erklärte Xelishia und drehte sich zum zentralen Stuhl um, „Seine Stimme klang sehr besorgt.“

Captain van Dyke hatte erst vor einer halben Stunde die Brücke betreten, nachdem er eine unruhige Nacht hinter sich gebracht hatte. Etwas hatte ihn in seinen Träumen verfolgt. Er konnte nicht sagen was es war, er hatte keine Erinnerung daran, wo es hergekommen war, nur dass er versucht hatte diesem Etwas zu entkommen, dass ihn auf Schritt und Tritt verfolgte. Er hatte es versucht abzuschütteln, aber es hatte ihn immer wieder gefunden. Dann ganz plötzlich, als es immer näherkam und er immer noch weiter rannte, um zu entkommen, tauchte wie aus dem Nichts eine unüberwindbare Wand vor ihm auf und in dem Moment als sein Verfolger ihn packte, wachte er plötzlich auf.
Verstört hatte er auf seinen Chronographen gesehen und festgestellt, dass er nur drei Stunden geschlafen hatte. Üblicherweise versuchte er immer eine ausreichende Zeit der Entspannung einzuhalten, aber das war ihm heute nicht gelungen.

„Hoffentlich gibt es nicht wieder Änderungen in den Befehlen oder andere Hiobsbotschaften, Ich nehme es in meinem Raum entgegen.“, erklärte Roger und erhob sich aus seinem Stuhl.
Mit wenigen Schritten hatte er seinen Bereitschaftsraum erreicht und hinter ihm schloss sich die Tür wieder. Er umrundete den Schreibtisch und schaltete den Desktopschirm ein.
Das Logo der Sternenbasis wurde eingeblendet, dann kam die Verbindung zustande.
Carter Wellington saß etwas verkrampft in seinem Stuhl, eine unnatürliche Haltung für ihn, der eigentlich immer durch eine entspannte oder neutrale Haltung glänzte.
„Roger, es hat neue Entwicklungen gegeben. Ich schätze Sie müssen zur Basis zurückkehren.“, wechselte Admiral Wellington schon zu Beginn auf die persönliche Schiene und kam damit sogar ohne Begrüßung zu den harten Fakten.
„Sagen Sie nicht, dass wir erneut einen anderen Auftrag ausführen sollen, wir wissen schon bald nicht mehr, wo uns der Kopf steht. In den letzten acht Wochen wurden unsere Einsatzziele dreimal geändert.“
Carter Wellington schüttelte entmutigt den Kopf. Es schien ihm schwer zu fallen das zu sagen was er nun tun musste, auch wenn er es am liebsten vermieden hätte.
„Nein, der Auftrag bleibt der Gleiche, nur der Captain wird sich ändern.“ Roger van Dyke realisierte sofort, was das zu bedeuten hatte, er würde das Kommando über die Aviator verlieren, er konnte sich nur nicht erklären warum. Sicher in den letzten Monaten war nicht alles so gelaufen, wie man es erhofft hatte, aber zumindest war sein Schiff weder beschädigt worden noch hatte er mit seiner Crew wichtige Aufträge ungelöst zurückgelassen. Es musste also etwas völlig anderes sein, denn an seiner Auftragserfüllung und der Führungsqualität hatte die Admiralität bislang nichts auszusetzen gehabt.
„Die Sternenflotte hat eine Verfügung zur sofortigen Umsetzung erhalten.“, erklärte Carter Wellington und ließ dabei seinen Kopf ein wenig sinken.
„Ich habe natürlich sofort dagegen protestiert, aber Sie kennen die Sternenflotte und ihre soziale Einstellung. Gegen eine solche Verfügung ist in der Regel nicht anzukommen und die Sternenflotte legt größten Wert auf die Einhaltung solcher Verfügungen.“
Captain van Dyke, der sich keiner Schuld bewusst war sinnierte und prüfte erneut in seinen Gedanken, ob es in der letzten Zeit Verfehlungen gegeben hatte, die ihm vielleicht entgangen waren.
„Admiral, es tut mir leid, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum man mich von meinem Kommando abberuft. Bitte sprechen Sie Klartext mit mir.“
Admiral Carter Wellington atmete mehrere Male tief ein und aus. Dann beugte er sich vor und sprach sehr leise. „Diese besondere Verfügung erreichte die Sternenflotte auf ungewöhnlichem Weg. Sie ist verbunden mit einer Anweisung keine internen Informationen weiterzugeben und die Zurückführung Ihrer Person auf die Erde notfalls unter Strafandrohung sicherzustellen.
Ich habe dieses Gespräch mit einer alten Unterhaltung überlagert, so dass ich ihnen ein wenig berichten kann, aber es ändert nichts daran, dass Sie zur Erde zurückkehren müssen. Möglicherweise müssen Sie Ihr Patent abgeben, das liegt nicht mehr in unserer Hand.“
Dem Captain lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Für einen Moment ergriff ihn ein Gefühl, welches er bislang immer erfolgreich niederringen konnte; Angst.
Die Angst versagt zu haben, die Angst sein gewohntes Umfeld verlassen zu müssen, die Angst den Job zu verlieren, der sein Leben ausmachte, die Angst einer ungewissen Zukunft ins Auge sehen zu müssen.
Admiral Wellington sah, dass Roger van Dyke wie erstarrt in seinem Stuhl saß und versuchte die richtigen Worte zu wählen, doch in dieser Situation gab es keine richtigen Worte. Alles was er sagen würde wäre einfach nur destruktiv, es würde den Captain in einem wilden Strudel nach unten reißen, denn genau so reagierten auch erfahrene Kommandanten auf eine solche Botschaft.
„Die Anweisung wurde von einer auf der Erde ansässigen Organisation ausgelöst, es ist eine höchstrichterliche Entscheidung. Normalerweise folgt eine solche Vorgehensweise einem klaren Muster. Eine Anfrage wird gestellt, eine entsprechende Person wird vorgeschlagen, diese kann sich dazu äußern. Kommt diese jedoch ihren Auskunftspflichten nicht nach, kann eine Entscheidung auch in Abwesenheit getroffen werden.
Warum haben Sie auf diese erste Anfrage nicht geantwortet? Das wäre die beste Möglichkeit gewesen dies alles zu vermeiden.“, erklärte es der Admiral dem erstaunten Captain, der mit dieser Information scheinbar zum ersten Mal konfrontiert wurde.
„Man hat mir nie eine Aufforderung zur Stellungnahme zugestellt. Ich habe weder von offiziellen noch aus anderen Quellen entsprechende Informationen erhalten. Vielleicht beginnen Sie erst einmal damit, dass Sie mir erklären, worum es überhaupt geht.“, erklärte Roger und sah den Admiral gespannt an.
„Wie gesagt, in einem laufenden Verfahren darf ich eigentlich keine Informationen weitergeben, aber ich hege die Hoffnung, dass Sie einen Weg finden aus dieser Situation herauszukommen, auch wenn es faktisch unmöglich geworden ist, dies zu bewerkstelligen.
Uns liegt eine durchzuführende Handlungsanweisung eines Gremiums vor, dass einem Gerichtsbeschluss gleicht. Sie werden zurückberufen, um bestenfalls eine neue Aufgabe außerhalb der Flotte zu übernehmen sofern Sie dazu noch in der Lage sind.
Bei dieser Organisation wurde eine Hilfsanfrage gestellt und Sie wurden als ausführender Betreuer genannt. Wie uns aus den Unterlagen bekannt ist, wurden alle notwendigen Schritte eingehalten und Ihnen wurde Gelegenheit gegeben sich zu äußern. Dies ist in der vorgesehenen Frist nicht erfolgt, daher wurde eine Versäumnisentscheidung getroffen. Die Kommission sah es als bewiesen an, dass Sie sich dieser Pflicht entziehen wollen. In einem Eilantrag wurde daher diese harte Maßnahme entschieden.
Indem ich Ihnen dies mitteile, gehe ich ein hohes Risiko ein und kann nur hoffen, dass Sie die richtige Entscheidung treffen. Es bleibt mir derzeit nichts Anderes übrig, als mich den Flottenregeln zu beugen und Sie zur Erde zu schicken. Ich will versuchen eine gangbare Lösung für dieses Problem zu finden, das so wenig Staub wie möglich aufwirbelt, aber Sie müssen vorerst mitziehen.“
Roger van Dyke versank vor Entmutigung immer weiter in seinem Sessel. Es bedrückte ihn, dass er in dieser Situation keine Wahl hatte. Es gab keinen Schachzug, den er aus dieser Position heraus erfolgreich ausführen konnte.
„Soll ich den ersten Offizier mit der Übernahme meiner Pflichten beauftragen und wie soll ich schnellstmöglich zur Erde zurückkehren?“, wollte Roger resigniert wissen.
„Nein, das wird nicht nötig sein, ich habe bereits die notwendigen Schritte eingeleitet, ein neuer Captain wird schon morgen bei Ihnen sein, den Rest werden sie von Ihm in einem persönlichen Gespräch erfahren.
Mehr kann ich momentan nicht für Sie tun. Halten Sie die Ohren steif, besinnen Sie sich auf ihr Training und geben Sie nicht auf. Sie sollten es doch am besten wissen, es gibt immer einen Weg! Wellington, Ende.“
Damit verschwand die Kommunikation und ließ Captain van Dyke ratlos zurück.
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