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Die Farben des Schmerzes

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Die Suchscheinwerfer der Li Nalas rissen kleine Fetzen Licht in die Dunkelheit und enthüllten Stahlstreben und das vertraut anmutende, anarchische Design einer cardassianischen Station.

Kira beobachtete gebannt den Sichtschirm, den Meeresboden und die zähen Sandablagerungen, die sich wie ein Schleier über die Außenhaut gelegt hatten - so als wollten sie diese Station vor den Augen Bajors für immer verbergen.

Dax bediente geschickt die wissenschaftliche Konsole und fand das Schweigen an Bord des U-Bootes sehr bedenklich. "Es gibt noch Energie und funktionierende Lebenserhaltungssysteme an Bord der Station." Dax hob leicht die Schultern an und blickte zu Kira.

"Keine Spur des vermissten U-Bootes, und das Innere der Station widersteht sämtlichen Sondierungsversuchen. Es scheint, die Cardassianer legten viel Wert auf die Privatsphäre dieser Einrichtung."

Dax Stimme ließ ein wenig Zynismus durchscheinen, sie warf einen Seitenblick zu Dukat und Tukul.

Was immer die Cardassianer hier getan hatten, Dax wusste, dass es ihr nicht gefallen würde, und dazu benötigte sie nicht einmal die Erfahrung aus sieben Leben.

"So viel zu dem angeblichen Irrtum", Kira warf einen finsteren Blick aus dem Sichtfenster, wo matter Lichtschein Umrisse erahnen ließ.

"Wie gehen wir vor, Major?" Dax entging nicht wie Tukul leise und verächtlich schnaubte. Dem Hauptmann schien es nicht sonderlich zu gefallen, dass Kira den Befehl über diese Mission hatte. Offiziell waren die Cardassianer nur als Beobachter an Bord, und Kira wäre geneigt gewesen, sie als Ballast zu bezeichnen, wenn sie Dukat nicht eine Spur zu schätzen gelernt hätte.

Kiras Instinkte warnten sie vor diesem Ort, in den Jahren des Widerstandes hatte sie gelernt, dieser inneren Stimme zu folgen, doch jetzt als Offizier durfte sie es nicht mehr.

Ihre Vorgesetzten würden sich mit einer Ahnung nicht begnügen, sie wollten Fakten und Beweise.

Ohne den Verbleib des U-Bootes samt Besatzung geklärt und die Station erforscht zu haben, konnte sie nicht umkehren, so sehr ihre Intuition ihr auch eindringlich riet, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden.

"Gibt es eine Möglichkeit, an der Station anzudocken?" Kiras Frage an den bajoranischen Steuermann Feran entlockte diesem ein Lächeln. Diese Raumfahrer hatten keine Ahnung von Unterwasserstationen.

"Es gibt den Moonpool, eine Öffnung unterhalb der Station, die ja auf Streben leicht erhöht errichtet ist. Diese Öffnung erlaubt es, mit einem kleineren U-Boot aufzutauchen - anzudocken, wenn sie es so bezeichnen wollen, Major."

Kira klopfte den Steuermann freundschaftlich auf die Schulter. "Dann tun Sie das, Feran, aber schön langsam und sehr vorsichtig."

***

Die Luft in der Station hatte einen seltsamen Geruch, leicht stechend nach Chemikalien und feucht salzig. Kiras rechte Hand, die den Phaser fast krampfhaft festhielt, wurde schnell von einem feuchten Film überzogen.

Mit der Umweltkontrolle schien einiges im Argen zu liegen, es war kühl und die Luftfeuchtigkeit lag viel zu hoch. Kira blickte sich aufmerksam um. Einige Deckenleuchten waren zerschlagen, und das matte Licht ließ unheimliche Schatten über den Pool tanzen.

Zwei kleine Tauchboote lagen an den Metallplanken des Moonpools. Eines davon war halb losgerissen, trieb leicht auf Schlagseite und Schrammen und Kratzer bedeckten seinen Rumpf. Sein Design unterschied sich von dem des unbeschädigt wirkenden zweiten U-Boots.

Kira teilte die Mannschaft auf, um die angrenzenden Räume zu erforschen. Dax und Feran würden versuchen, die Kommandozentrale ausfindig zu machen, während Tukul und Odo nach Informationen über den Zweck dieser Station suchten.

Zusammen mit Dukat würde sie den Moonpool und das beschädigte U-Boot näher in Augenschein nehmen.

Dukat blickte den zwei Gruppen mit leicht erhobenen Augenwülsten nach. "Hat es einen bestimmten Grund, warum Sie Tukul mit Odo losschicken?"

Kira blickte Dukat nicht an, sondern begutachtete die teilweise geplatzten Rohre über ihnen. Streben und Kabel hingen lose herab und erzeugten bizarre Schatten, wo es keine geben sollte. Es war still - bis auf das hallende Geräusch von tropfendem Wasser, das Kira beunruhigend fand.

"Hätten Sie eine bessere Idee, als einem Mann, dem Sie misstrauen mit einem zusammenzustecken, dem Sie bedingungslos vertrauen?" Dukat nickte langsam, das machte Sinn, und es veranlasste ihn zu der Überlegung, was den Formwandler wohl mit Kira verband, dass sie ihm so vertraute?

"Die Station sieht verlassen aus, vermutlich wurde sie schon vor dem Abzug der cardassianischen Truppen aufgegeben, ich glaube nicht, dass wir hier noch viel finden." Dukat wollte das gerne glauben, nur konnte er es nicht - und das ängstigte ihn.

"Was für einen Sinn macht es, eine Station aufzugeben und die Energieversorgung und Lebenserhaltungssysteme aufrechtzuerhalten?"

Kira erwartete keine Antwort von Dukat, sie schritt über den schmalen, rutschigen Steg zu dem beschädigten U-Boot. Ihre Hände wanderten nachdenklich über die Kratzer auf der Außenhaut, das Metall glänzte hell.

Die Bajoranerin blickte auf den Eisensteg unter ihren Füßen, durch den man auf das schwach erleuchtete Wasser sehen konnte. Der Steg war dunkel, weiße Salzkrusten überzogen das korrodierte Metall.

"Diese Kratzer sind frisch, Dukat!" Der Cardassianer stand auf dem sicherer erscheinenden Deck. Der dünne Metallsteg erschien ihm nicht sonderlich geheuer.

Kira ließ ihre Hand über die verfleckte Oberfläche des Bootes gleiten, die Substanz war zäh und klebrig und blieb an ihren Fingern haften.

Kira starrte auf ihre Fingerspitzen, die Konsistenz erinnerte an altes Öl, doch es war keines. Sie hatte in ihrem Leben oft genug Blut an den Händen gehabt, um zu wissen, auf was sie gestoßen war.

Sie drehte sich rasch auf den Stiefelabsätzen um, wobei sie mit der Schulter an lose Kabel und Streben stieß.

Mit einem Rasseln und Klirren stürzte ein Körper, der verborgen im Schatten der Kabel verborgen geruht hatte, hinab. Das Bein des Mannes war in ein Kabel verfangen, und dieses hielt seinen Leichnam, einem aufgehängten Schlachtvieh gleich, fest.

Kira entwich unwillkürlich ein Schreckensschrei, ihr Verstand nahm im gleichen Moment, in dem sie das Gleichgewicht auf dem rutschigen Steg verlor, wahr, dass der Mann von der Kehle bis zur Leiste aufgeschlitzt war.

Kira versuchte mit einem wilden Rudern der Arme, ihr Gleichgewicht wieder zu finden, rutschte ab und stürzte mit einem dumpfen Platschen ins Wasser.

Ihr Kopf schlug dabei hart gegen den Steg und Dukats Ruf verklang in ihren Ohren, als sie im Wasser versank.

In dieser Meerestiefe war das Wasser eiskalt und lähmte ihren ohnehin benommenen Verstand vollkommen.

***

Das Wesen trieb träge und fast bewegungslos, in einem Zustand zwischen Wachen und Schlaf, bewusster Existenz und hungrigem Instinkt, in einer Nische unter der cardassianischen Station. Es wusste nicht, was es hier zurück hielt, vielleicht der Hauch einer Erinnerung, ein Aufblitzen eines bewussten Gedankens?

Es hatte die Lebensformen gespürt, mit Sinnen, die es nicht verstand. Es war ein sanftes Zupfen in seinem Verstand, fordernd und nicht zu ignorieren.

So wie vor Tagen, als andere Wesen seinen Schlaf gestört hatten, seinen Traum von Farben und Formen, der immer mehr zu entschwinden schien.

Das Wesen schwamm langsam aus seinem Versteck und dehnte dabei seine Gliedmaßen aus. Es hatte Hunger, aber es war mehr die Erinnerung an dieses Gefühl als das bewusste Verlangen danach. Das Blut der Fremden war warm, seine Existenz war kalt, und der Zorn in ihm wuchs zu Schmerz und darüber hinaus.

Einer der Fremden, der Wesen, die seinen Schlaf störten, und deren Existenz so schmerzte, stürzte in das Wasser und knallte dabei mit einem laut gegen die Metallplatte.

Das Wesen wusste, wie empfindlich die Köpfe dieser Fremden waren, es hatte mehr als einen davon mit seinen Gliedmaßen zerquetscht, und das hatte die Fremden genau wie ihn zu kalten Wesen gemacht, hatte ihr warmes Blut zum Stocken gebracht, und so gefielen sie ihm besser.

Seine Tentakeln strichen fast sanft über den leblosen Körper der Fremde und schmeckten ihre Existenz. Das Wesen hatte Hunger, unstillbares Verlangen danach, dieses warme Leben zu zerfetzen. Das Blut würde es ein wenig wärmen.

Etwas tief in ihm hielt es aber davon ab, diese Fremde war nicht eines jener warmblütigen Wesen, gegen die seinen Zorn gerichtet war. Aber die Wut, seine gequälte Existenz schrien danach, keine Unterschiede zu machen.

Dennoch, hielt etwas tief in dem Wesen, dort, wo noch ein wenig Farben und verschwommene Gedanken vorhanden waren, die Schemen von Erinnerungen, es davon ab, diese Fremde zu töten.

Es spürte die Anwesenheit einer weiteren warmblütigen Lebensform, welche in das Wasser sprang, und glitt wieder tiefer in die Dunkelheit und zurück zu seinen Träumen - es konnte warten.

***

Kira war nur halb bei Bewusstsein, doch auf einer fast unbewussten Ebene spürte sie die Anwesenheit und Berührung des Wesens. Die Berührung war kalt, so kalt wie das Wasser, das ihre ohnehin angeschlagenen Sinne betäubten und ihr Blut in Eiswasser zu verwandeln schien.

In dem nur leicht von den Deckenstrahlern beleuchteten Wasser erhaschte sie einen Blick auf etwas, das nicht sein konnte. Es war kaum mehr als ein Schatten, aber etwas daran war jenseits jeder möglichen Existenz und doch seltsam vertraut.

Eine Hand packte ihren Uniformkragen und zog sie hoch an die Wasseroberfläche.

Dukat fluchte ungehalten auf cardassianisch, er wuchtete sich aus dem eiskalten Wasser und zog Kira auf das Deck. Tropfnass und anscheinend bewusstlos, war dies kein leichtes Unterfangen. Dukat kniete neben Kira und hielt ihr entschlossen die Nase zu und beugte sich herab, um seine Luft in ihre Lungen zu pumpen. Ehe er dazu kam seine Lippen auf die ihren zu legen, öffnete Kira ihre Augen wieder.

"Wenn Sie das tun, sind Sie ein toter Mann, Dukat". Kira keuchte diese Worte zwischen einigen Mundvoll Wasser heraus, die sie versehentlich geschluckt hatte und nun aushustete.

Der Cardassianer hob mit einer halb entschuldigenden, halb trotzigen Geste die Schultern.

"Ich wollte Ihnen nur helfen", verteidigte er sich, obwohl er die Chance zu erfahren, wie ihre Lippen sich wohl an den seinen anfühlten, gerne nachgegangen wäre.

Kira warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu, aber er war halbherzig, ihre Gedanken befassten sich mit ihren wirren Sinneseindrücken unter Wasser.

Entschlossen tippte sie auf dem Kommunikator und rief die Gruppen zurück.

Die Leiche, auf die sie so unsanft gestoßen war, bewies zumindest eines; Jemand war noch an Bord der Station - oder Etwas.

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