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Die Suche

von Ena

Kapitel 2

"Mummy!! Daddy!!"
Sie schreckte aus ihrer Meditation auf. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. Sie fühlte eine ungeheure Euphorie in sich aufsteigen.
"Ich bin Fähnrich Coris Janeway vom Föderationsraumschiff Voyager!!", flüsterte sie.
Tränen der Freude und der Erleichterung traten in ihre Augen. "Ich stamme von der Erde, ich bin ein Mensch", ihre Stimme wurde immer lauter und kräftiger. Es tat unglaublich gut die vertrauten Worte zu hören. Denn jetzt waren diese Worte für sie wieder vertraut - sie hatte ihre wahre Identität wiedergefunden!
Sie trat vor den Spiegel und sah zum ersten Mal keine Fremde mehr, sondern erkannte sich selbst in diesem Bild. Sie schluchzte auf, als ihre Hände über das Tattoo, das sie im Alter von 18 Jahren von ihrem Vater übernommen hatte, strichen. Jetzt paßte alles zusammen. Die Meditation hatte ihr Klarheit verschafft. Das Puzzle war fertig.


Sie stand immer noch vor dem Spiegel, als die Tränen langsam zu trocknen begannen und helle Salzspuren auf ihrer Haut hinterließen. Obwohl sie dieses Leben noch nicht zurückhatte, fühlte sie sich nicht mehr einsam. Sie wußte, daß sie zu einer großen Familie gehörte und ein wundervolles Leben hatte. Und sie würde es schaffen dorthin zurückzukehren. Von ihrer Mutter hatte sie gelernt, daß eine Janeway niemals aufgab. Lächelnd erinnerte sie sich an den spielerisch verzweifelten Gesichtsausdruck ihres Vaters, als er meinte, mit zwei so dickköpfigen Frauen zu leben würde er nicht aushalten.
Ihr Lächeln gefror auf ihren Lippen. Ein ungewöhnliches Geräusch hatte sie aufgeschreckt. Jemand war direkt vor ihrem Raum und dieser Jemand machte sich eindeutig an ihrem Türschloß zu schaffen. Mit zwei großen Schritten war sie bei dem Kasten mit den jetzt so wohlbekannten Dingen. Coris ergriff den Phaser und fühlte sich sogleich sicherer. Leise schlich sie sich neben die Tür. Sie konnte jetzt deutlich mehrere Stimmen von draußen hören. Dort waren Leute, die anscheinend versuchten die Verriegelung zu umgehen. Ihre Finger schlossen sich fester um den Phaser. Ihre Augen waren perfekt an das Halbdunkel in dem Raum angepaßt. Jetzt, das Schloß öffnete sich. Ein Kopf schob sich in das Zimmer, langsam kam die ganze Gestalt herein. Sie war bewaffnet. 
Abrupt sprang sie vor und schlug dem Eindringling die Waffe aus der Hand. Der Mann schrie in einer Mischung aus Schreck und Schmerz auf und reagierte nicht rechtzeitig genug, um ihrem Tritt zu entgehen. Er krümmte sich zusammen und gab den Blick auf die offene Tür frei. Coris` Augen weiteten sich. Damit hatte sie nicht gerechnet. Das Licht auf dem Gang beleuchtete mindestens sieben bewaffnete Angreifer. Alle waren sie dicht behaart.
"Das ist sie!", sie erkannte diese Stimme sofort wieder: der Mann aus der Taverne. "Schnappt euch diesen Menschen! Sie soll für all die Taten büßen, die ihr Volk in diesem Quadranten begangen hat!"
Auf sein Kommando stürzten sich seine Begleiter in den kleinen Raum. Coris hechtete hinter das Bett, kam dort blitzschnell wieder auf die Beine und schoß aus der Hocke auf den ersten Angreifer. Jetzt kam ihr das Sternenflottentraining und die Sportprogramme mit ihrem Vater auf dem Holodeck zu nutze. Der Mann sank auf die Knie. Wie ein Blitz kam ihr der Gedanke, daß sie zwar mit drei oder vier von ihnen fertig werden konnte, doch die Angreifer näherten sich ihr jetzt von allen Seiten unaufhaltsam. Sie feuerte wieder, duckte sich dann. Ihr Blick flog durch das Zimmer, was konnte sie tun? Das Fenster! Ihr einziger Ausweg! Aber sie mußte schnell sein. Hastig sprang sie auf, feuerte ohne zu zielen, machte drei Schritte an der Wand entlang, erreichte das Fenster. Glücklicherweise ist das Zimmer nur im ersten Stock! Ich kann es schaffen! Plötzlich fühlte sie sich so, als werde ihr Körper in der Luft zerrissen. Erstaunlich rational machte sie sich klar, daß eine der Waffen sie getroffen hatte. Eine Janeway gibt niemals auf! Es gibt einen Geist, der mir den Weg zeigt! Ihre Beine wollten ihrem Befehl zu springen einfach nicht gehorchen. Mit einer Hand klammerte sie sich am Fenster fest und beschwor ihre Beine, ihr nicht jetzt den Dienst zu versagen. Ihr Kopf wurde schwer, sie hatte Mühe, die Augen offenzuhalten. Sie sah, daß sich die Eindringlinge mit grausamer Langsamkeit näherten.
"Nun, Mensch, bist du bereit zu sterben?", die Stimme des Raubtiers klang triumphierend. Die Beute war am Ende.


Chakotay saß auf der Brücke der Voyager. Sein Blick war auf den Hauptschirm gerichtet, auf dem die Sterne stillstanden. Sie warteten an den Rendevouz-Koordinaten auf einen thylenischen Frachter, der einige Dilithiumkristalle verkaufen wollte. Doch er schaffte es einfach nicht, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren. Obwohl es bereits 7 Monate her war, seit Coris mit dem Shuttle zu einer Außenmission aufgebrochen und nicht wieder zu den vereinbarten Koordinaten zurückgekehrt war, wurde es für ihn mit jedem Tag schwerer. Denn jeder weitere Tag vergrößerte die Gewißheit, daß sie auf immer verloren war. 
Der Schreck im ersten Moment hatte keine Zeit zum Nachdenken gelassen. Die Voyager hatte sofort begonnen nach ihr zu suchen, doch es ließen sich einfach keine Spuren des Shuttles finden. Auch die Völker, mit denen sie Kontakt aufgenommen hatten, um eventuell Informationen über ihren Aufenthaltsort zu erhalten, konnten oder wollten ihnen nicht weiterhelfen. Obwohl sie diesen Sektor nur sehr zögerlich durchquert hatten und die Heimreise mit Zustimmung der gesamten Crew um beinahe ein halbes Jahr verzögert hatten, war es einfach nicht mehr länger möglich hierzubleiben. Morgen würden sie wieder Kurs auf den Alphaquadranten setzen. Es war nicht möglich wegen des Verlustes eines einzigen Crewmitgliedes die anderen 140 von ihrer Heimat fernzuhalten. Auch nicht, wenn es sich bei diesem Crewmitglied um die Tochter des Captains und des Commanders des Schiffes handelte. 
Chakotay kämpfte mit den Tränen, als er daran dachte, daß für den nächsten Morgen die Gedenkfeier für Coris angesetzt war. Er konnte es einfach nicht akzeptieren, daß er seine einzige und geliebte Tochter verloren hatte. Eine einzelne Träne rollte über seine Wange. Er wischte sie nicht weg, um nicht die Aufmerksamkeit der Brückencrew auf sich zu ziehen.
Doch die war sowieso auf ihn gerichtet. Als Tom sich verstohlen umdrehte, sah er den abwesenden Gesichtsausdruck des Commanders und das Glitzern von Tränen in seinen Augen. Langsam drehte er sich wieder zu seinen Konsolen um. 
Seitdem sie die fröhliche und intelligente Tochter der beiden höchstrangigen Offiziere verloren hatten, war die Stimmung an Bord äußerst gedrückt. Die junge Frau hatte mit Charme und Witz die Herzen aller Crewmitglieder im Sturm erobert. Sie alle hatten sie heranwachsen sehn, sie war die beste Freundin seiner eigenen Tochter gewesen und er hatte sie wie ein Onkel geliebt. Ihr Tod hatte eine Lücke in diese große Familie gerissen, die niemals wieder ganz geschlossen werden könnte. Noch einmal warf der Pilot der Voyager einen Blick über die Schulter auf den Commander. 
Ihr Verschwinden hatte sie alle aus der Bahn geworfen. Am Anfang hatten sie sie fieberhaft gesucht, doch immer mehr machte sich Resignation breit. Ihr Verlust machte alles so sinnlos. Doch am schwersten hatte ihr Tod natürlich ihre Eltern getroffen.
B`Elanna hob immer wieder die Augen von ihrer Konsole auf der Brücke und blickte zu dem scheinbar völlig versteinerten Chakotay. Sie kannte ihn und durchschaute die mühsam aufgebaute Fassade der Fassung sofort. Eine Träne blitzte auf seiner Wange auf und rollte langsam hinunter. Sie hatte ihn noch nie weinen sehn. In diesen sieben Monaten war er ausgesprochen still und verschlossen geworden. Alle Versuche zu ihm durchzudringen waren gescheitert. Ebenso verhielt sich der Captain. Sie mied die Brückenschichten wenn möglich und zog sich immer weiter aus den Angelegenheiten des Schiffes zurück.
Chakotay erhob sich und ging Richtung Turbolift. "Sie haben die Brücke, Tuvok." Man konnte das Zittern seiner Stimme deutlich hören. Die Turbolifttür schloß sich hinter ihm. B`Elanna fing einen Blick von Tom auf, der ihr sagte, daß er sich genauso elend und hilflos wie sie fühlte. B`Elanna wußte, daß die einzigen, die die den Captain und den Commander trösten konnten, die beiden gegenseitig waren. Ihr war klar, daß Chakotay in ihr gemeinsames Quartier ging, um nach Kathryn zu sehen. Sie ahnte, daß die beiden sich nur gegenseitig ihre Herzen öffnen und über den Verlust von Coris reden konnten.
"Commander Tuvok", durchbrach Fähnrich Kim die Stille. "Ich empfange eine Transmission von den Borantu. Sie kommt von einer ihrer Kolonien, die wir vor einer Woche passiert haben."
"Auf den Schirm, Fähnrich."


Kathryn Janeway hatte den Kopf an der Brust ihres Ersten Offiziers und Ehemanns vergraben. Ihr Gesicht war tränennaß, ihr Haar aufgelöst. Am liebsten würde sie bis in alle Ewigkeit so sitzenbleiben und diesen Raum nie wieder verlassen. Chakotay war der einzige, der ihren Schmerz ein wenig lindern konnte. Beruhigend strich er ihr mit der Hand über die Haare und den Rücken. Sein eigenes Gesicht war ebenfalls völlig aufgelöst. 
"Kathryn, wir werden das hier durchstehen. Gemeinsam, das weißt du doch." Seine Stimme stockte und sie blickte auf zu ihm. Coris hatte seine Augen geerbt, diese wunderbaren dunklen, verständnisvollen Augen. Sie rückte näher an ihn heran und umschlang mit ihren Armen seinen Hals. Dann legte sie ihre Wange an seine.
"Ich hoffe es, Chakotay, aber es ist so schwer. Mein kleiner Liebling. Ich mache mir solche Vorwürfe, Chakotay. Ich hätte sie nie allein gehen lassen sollen. Sie war vielleicht nicht bereit, ich..."
"Shhh, Kathryn. Sie war bereit, glaub mir. Dich trifft keine Schuld, niemanden trifft die Schuld", hauchte er ihr ins Ohr.
"Du verzeihst mir, Chakotay?", fragte sie ihn mit tränenerstickter Stimme.
"Ich brauche dir nichts zu verzeihen, da ich dir nichts vorwerfe, Kathryn. Verzeih dir selbst, bitte."
"Chakotay, ich liebe dich." Sie kuschelte ihren Kopf an seine Schulter, schluchzte, daß sich ihr Körper schüttelte.
"Ich liebe dich doch auch, Kathryn. Ich liebe dich so sehr, daß es beinahe weh tut und ich werde nie aufhören dich zu lieben." Zärtlich küßte er ihre Wange, dann umschloß er sie fest mit seinen Armen und wiegte sie sanft hin und her.
"Tuvok an Janeway und Chakotay." Die Stimme des Vulkaniers durchschnitt die Stille in ihrem Quartier. Am liebsten hätte er den Vulkanier ignoriert, doch Chakotay zwang sich ihm zu antworten.
"Chakotay hier. Was gibt es, Commander?"
"Sie und der Captain sollten auf die Brücke kommen. Es ist sehr wichtig."


Captain Janeway stand blaß und angespannt auf der Brücke. Obwohl sie sonst Beruf und Privatleben strickt voneinander trennten, stand Chakotay jetzt direkt neben ihr und hatte ihre Hand ergriffen. Auch in seinem Gesicht spiegelte sich sein Gemütszustand wider.
"Transport erfolgreich", meldete sich Harry. Chakotay und Kathryn blickten sich an, gaben sich durch ihren Blick Mut und gingen dann ohne ein Wort hervorbringen zu können zum Turbolift.


Helles Licht drang durch ihre Augenlider. Sie zögerte einen Moment, dann entschloß sie sich die Augen zu öffnen. Blinzelnd blickte sie in die Helligkeit. Dann schob sich ein Schatten über ihr Gesicht. Sie kniff ihre Augen zusammen, um den lästigen Schleier loszuwerden, der alle Bilder unscharf machte. Dann öffnete sie die Augen wieder. War sie tot? War das hier ein Traum? Eine Vision?
"Daddy?"
Sie blinzelte abermals. Ein weiteres Gesicht war jetzt über ihr und langsam konnte sie wieder klar sehen.
"Mummy?"
Ihr Kinn begann zu zittern. Konnte es wahr sein? Sie fürchtete, daß die Gesichter ihrer Eltern jeden Augenblick wieder verschwinden könnten, doch sie wurden nicht wieder vom Nebel verschluckt, sie waren real.
Das schönste Gefühl, das sie je gespürt hatte, überkam sie. Ihr aufgeregter Atem wurde wieder langsamer, ihr Herzschlag beruhigte sich. Die Suche war endlich vorbei. Sie war zu Hause.


Kurz vor der Tür der Krankenstation hielten sie an. Sie brauchten keine Worte, um den andern zu verstehen. Ein letzter aufmunternder Druck der umklammerten Hände, dann glitten die Türen der Krankenstation auseinander. 
War es ein Traum? Konnte es wahr sein? Chakotay hatte kaum noch gehofft sie jemals wiederzusehen. Und jetzt lag seine kleine Ausreißerin vor ihm auf einem Biobett.
Kathryn konnte es kaum fassen. Sieben Monate voll Verzweiflung und Angst und an dem Tag, als alle sie offiziell aufgeben wollten, dem Tag ihrer Gedenkfeier, kam sie zurück.
Der Doctor trat an sie heran. "Sie hat schwere Verletzungen, aber ich habe sie stabilisiert. Sie können zu ihr, aber bitte nur kurz." Er wußte, daß dieser Besuch wohl alles andere als kurz werden würde und er würde es mit Freuden akzeptieren.
Arm in Arm traten sie an ihre Tochter heran. Sie versenkten ihre Blicke in ihren Gesichtszügen, als würden sie sie das erste Mal sehen. Wie lange sie an dem Biobett standen, wußten sie nicht. Irgendwann schob der Doctor sie mit sanfter Gewalt aus der Krankenstation. Wie in Trance bewegten sie sich ziellos durch die Korridore. Dann blieben sie beide gleichzeitig stehen und sahen sich mit unbeschreiblicher Freude an. Ihr gemeinsamer Freudenschrei hallte durch das Schiff und zauberte ein Lächeln auf die Gesichter von denen, die ihn hörten.


"Sei bitte vorsichtig, Coris, ja? Du solltest dich nicht gleich überanstrengen." Chakotay hatte den einen Arm um seine Tochter und den anderen um Kathryn gelegt und stützte Coris bei ihren ersten Schritten nach ihrer Genesung. Die Heilung war erstaunlich schnell vorangegangen.
"Ja, sicher, Daddy, du kennst mich doch." Grinste Coris ihren Vater an.
Kathryn mischte sich lächelnd ein. "Klar, durch einen Phaserschuß halb bewußtlos gemacht aus dem ersten Stock eines Gebäudes zu springen ist ja auch absolut vernünftig und vorsichtig."
Alle drei brachen in schallendes Gelächter aus. Ihnen allen war klar, wie knapp Coris mehrmals dem Tod entkommen war. Einmal bei Abschuß ihres Shuttles durch die Quert - die fellbedeckte Spezies, die ohne erfindlichen Grund Haß gegen die Menschen hegte - und das andere Mal, als sie mit der letzten Kraft, die sie aufbringen konnte, aus dem Fenster gesprungen war. Sie hatte Glück gehabt, daß freundliche Borantu sie rechtzeitig fanden und in eine medizinische Einrichtung brachten. Und um so mehr genossen sie nun das Glück so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen.
"Ich würde gerne alle begrüßen", meinte Coris, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. "Ich hatte die ganze Crew schon beinahe vergessen!" Wieder schüttelten sich die drei vor Lachen.
"Wie gesagt, immer mit der Ruhe", meinte Kathryn und warf einen verstohlenen Seitenblick zu Chakotay.
Wenig später kamen sie vor dem Kasino an. Als die sich öffnenden Türen den Blick auf den unbeleuchteten Raum freigaben, zog Coris verwundert eine Augenbraue in die Höhe. Normalerweise war um diese Zeit doch viel los im Kasino.
Kaum hatte die glückliche Familie den Raum betreten, ging plötzlich das Licht an und aus den verschiedensten Ecken des Kasinos tauchte beinahe die gesamte Crew auf. Zwischen ihren Eltern stehen, die sich wieder an der Hand ergriffen hatten, fühlte sich Coris inmitten all ihrer Freunde und Kollegen unbeschreiblich wohl. Alle scharten sich um den Captain, den Commander und ihre Tochter und riefen wie aus einem Mund: 
"Willkommen zu Hause, Coris!"

-Ende-

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