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Pragmatische Konfliktlösung

von Janora

Oneshot

Die Tür öffnete sich mit einem Wwoosh! und gab Leonard den Weg in sein Büro der Krankenstation frei. Eine Station, in die eigentlich nur selten Mitglieder der Besatzung kamen, wenn sie wirklich krank waren.

Sicher, Verletzungen wie Schnitte und Brandwunden wurden hier soweit verarztet, dass die Leute wieder diensttauglich waren – allerdings war die Definition von Diensttauglichkeit weitestgehend Auslegungssache.

Aber niemand im Imperium zeigte sich der Öffentlichkeit, wenn er geschwächt und somit leichtes Fressen war.

Unter den Kadetten gab es ein Sprichwort: Habe deinen ersten und deinen letzten Gefallen bei einem Mediziner gut.“

Es machte oft den Unterschied zwischen Leben und Sterben aus, ob man jemanden aus dem Team der Krankenstation hatte, der einem unter der Hand ein zusätzliches Schmerzmittel zu schob oder gar in der Sicherheit des eigenen Quartiers wieder zusammenflickte.

Manchmal waren es Gefallen, manchmal Bündnisse.

Eine Hand wusch schließlich die andere – solange diese Hand überlebte.

Das Sprichwort hatte also durchaus seine Daseinsberechtigung. Auch wenn es mitunter gar nicht so leicht war, es umzusetzen.

Mitglieder des medizinischen Fachpersonals gehörten zu den gefährlichsten Personen an Bord eines Raumschiffes.

Sicher, Leute, die eine Kommando Laufbahn einschlugen, waren ehrgeizig. Und Ehrgeiz war immer gefährlich.

Aber übermäßiger Ehrgeiz konnte tödlich enden. Es war oft das Verhängnis dieser Leute, dass sie zu schnell aufsteigen wollten und vorschnell handelten, anstatt auf eine günstige Gelegenheit zu warten.

Die Blauhemden von der Krankenstation waren auf eine andere Art gefährlich. Denn sie besaßen detailliertes Wissen über den humanoiden Körper und sie saßen an der Quelle zu toxischen Stoffen und scharfen Skalpellen.

Das war keine angenehme Kombination für jemanden, der sich so eine Person zum Feind machte.

Leonard McCoy besaß einen gewissen Ruf als Chefarzt. Und dieser Ruf war gerechtfertigt.

Er trat an die Wand neben seinem Schreibtisch und drückte dort eine versteckte Platte, woraufhin sich ein kleines Fach öffnete. Dort stellte er einige kleine Röhrchen in ein Probenständer, neben bereits vorhandene. Es waren die neuesten Ergebnisse von Testversuchen zu kleinen Spielereien.

Dinge, die, wenn einmal ausgereift, durchaus hilfreich sein könnten, sollte man mal in der Situation sein, eine Zivilisation mit einer bis dato unbekannten Krankheit zu dezimieren.

McCoy galt als führend unter Medizinforschern. Dabei war nicht einmal die Hälfte von dem bekannt, was er entwickelte.

Er schloss das Fach wieder, bemerkte dabei getrocknete Blutflecken auf seinem Ärmel. Es war nicht sein Blut, und obwohl er damit durch ein Desinfektionsfeld gelaufen war, beschloss er sein Oberteil zu wechseln und zog es sich über den Kopf.

In diesem Moment hörte er ein Geräusch.

Reflexartig wirbelte er herum, doch durch das Umziehen war er sowohl in seiner Bewegung als auch in seinem Sichtfeld eingeschränkt. Es lag also mehr am Glück als am Können, dass er der Klinge auswich. Vor einem heftigen Tritt konnte er sich nicht schützen und stolperte zurück, prallte gegen ein Regal, aus dem lautstark Sachen fielen.

Es war ein verdammtes Rothemd, das ihn angriff, mit einem hochmütigen Grinsen auf den Lippen.

Leonard mühte sich ab, das Oberteil über seine Ärmel abzustreifen und gleichzeitig nicht getroffen zu werden.

Eine Porzellandose – ein nutzloses Geschenk, das ihm auf irgendeinem Planeten von einer unwichtigen Rasse überreicht worden war, um sich mit ihm gut zustellen – fiel aus dem Regal und ging zu Bruch. Leonard hatte sie immer hässlich gefunden, dennoch war er sauer darüber.

Es entstand ein Gerangel, bei dem beide Kämpfenden auf dem Boden landeten. Der Arzt war sich sicher, dass er die blauen Flecke, die er unweigerlich hiervon davontragen würde, merken würde. Vorausgesetzt, er überlebte.

Sein Angreifer schaffte es, die Oberhand zu gewinnen und hatte das Messer auf Leonards Kehle gerichtet. Der Arzt hatte ihn am Handgelenk gepackt und hielt dagegen, sodass es ein reines Kräftemessen war.

Ich verstehe nicht, warum so viel Aufsehen um Ihre Person gemacht wird, Doktor,“ brachte das Rothemd fast schon herablassend hervor, wobei der Zweikampf auch den Mann aus dem Atem gebracht hatte und es mehr wie ein Keuchen klang. „Enttäuschend, was Sie hier abliefern. Ich werde meinen Sieg ausschmücken müssen. Freuen Sie sich, damit stehen Sie immerhin besser da.“

Er schnalzte mit der Zunge.

Das Messer näherte sich Millimeter um Millimeter immer mehr Leonards Hals. Es war sein Nachteil, dass er nur eine Hand benutzte. Mit der anderen versuchte er, eine Tasche an seinem Gürtel zu erreichen, aber durch die Position musste er seinen Arm in einem ungünstigen Winkel halten.

Außerdem schien der Kerl nur aus Muskeln zu bestehen. Leonard musste seine gesamte Kraft aufwenden, um gegenzuhalten.

Er erkannte ihn als einen von Scottys Männern aus dem Maschinenraum.

Ausgerechnet.

Er war sich ziemlich sicher, dass der Schotte eigentlich verrückt war und Leonard war froh, dass er sich die meiste Zeit im Schiffsinneren verkroch. Seine Leute kamen oft genug mit Verbrennungen und Quetschungen in die Krankenstation, die mehr als reguläre Arbeitsunfälle waren. Aber niemand sprach darüber, was im Maschinenraum vor sich ging. Und Leonard hatte nicht das Bedürfnis nachsehen zu gehen.

Wenn Sie mit der letzten Behandlung unzufrieden waren, hätte eine einfache Beschwerde gereicht,“ knurrte er zurück.

Hätte es nicht.

Nicht in dieser Welt. Aber er wollte den Kerl am Reden halten. Dann merkte er vielleicht nicht, dass seine Finger seine Tasche abtasteten und sich schließlich um ein Hypospray legten.

Das Rothemd lachte hohl. „Oh, bilden Sie sich mal nicht zu viel ein, Doktor. Sie sind lediglich eine Nebenfigur. Das hier ist nur eine Sicherheitsmaßnahme, damit Sie nicht auf Dummheiten kom- …“

Die Augen des Mannes weiteten sich, als er plötzlich den Stich in seinem Oberarm spürte, wo Leonard ihm durch sein Oberteil hindurch das Hypospray verabreicht hatte. Ein panisches Gurgeln entwich seiner Kehle, dann ein Fluch. Aber es lenkte ihn lang genug ab, dass Leonard ihn von sich treten konnte.

Das Gift wirkte innerhalb von Sekunden. Das Rothemd hatte keine Zeit zu verstehen, was überhaupt geschehen war, als ihm auch schon Schaum vor den Mund trat und sich seine Augen verdrehten. Dann hörte der Mann auf, sich zu bewegen.

Schnaufend setzte sich der Arzt auf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Was für ein Tag. Seine Stimmung war eindeutig auf einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Langsam hievte er sich auf die Beine und trat zu einem Schrank in der Ecke, aus dem er einen Dekanter holte und sich zwei Finger breit bernsteinfarbene Flüssigkeit in ein Glas goss.

Diesen Drink brauchte er jetzt.

Der Vorfall hatte ihm wieder mal vor Augen geführt, dass man sich nirgends sicher fühlen konnte. Nicht mal in seinem eigenen Büro in der Krankenstation, die eigentlich sein eigenes kleines Reich war. Wo selbst der Captain Vorsicht walten ließ.

Leonard betrachtete den toten Kerl. Was hatte er gesagt? McCoy sei nur eine Nebenfigur?

Ihm kam ein Gedanke und er stellte das Glas mit einem zu lauten Geräusch ab.

Verdammt!“

Mit schnellen Schritten trat er zum Intercom an der Wand und drückte auf den Knopf. „McCoy an Captain.“

Es kam keine Antwort.

Computer, lokalisiere Captain Kirk.“

Captain Kirk befindet sich aktuell auf dem Observationsdeck.“

Der Computer hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da hatte Leonard auch schon sein Büro verlassen. Dass er immer noch nur sein schwarzes Unterhemd trug, scherte ihn nicht. Er eilte den Gang entlang zum nächsten Turbolift, ignorierte dabei die verwunderten und auch neugierigen Blicke der Crewmitglieder, die ihm begegneten.

Der Chefarzt war dafür bekannt, aufbrausend zu sein und dass er jetzt so zielstrebig und mit Wut in seinen Augen unterwegs war, ließ nichts Gutes erahnen. Wer auch immer der Grund dafür war, sollte sich vorsehen.

Vorsichtshalber wich man ihm aus, denn niemand wollte zwischen dem Doktor und dem Objekt seiner Wut stehen.

Der Turbolift brachte ihn hinauf, hielt jedoch auf halbem Weg. Genervt und ungeduldig trat Leonard von einem Bein aufs andere. Doch als er sah, wer einstieg, hielt er seinen bissigen Kommentar zurück.

Es war Spock, dessen Äußeres kein so tadelloses Erscheinungsbild abgab wie sonst. Seine Uniform saß unordentlich und er hatte eine Schnittwunde an seiner Wange, aus der grünes Blut quoll.

Ihre Blicke trafen sich.

Es war nicht schwer zu erraten, dass der Halbvulkanier etwas Ähnliches durchgemacht hatte, wie Leonard.

Spock schien zu demselben Schluss zu kommen, denn er stellte sich wortlos neben den Doktor und begleitete ihn auf das Observationsdeck.

Die Fahrt legten sie schweigend zurück. Sie hatten sich nichts zu sagen. Ohne den Captain als Bindeglied hätten sich ihre Wege niemals zusammengefügt. Oder sie wären sich gleich beim ersten Treffen an die Kehlen gesprungen.

Gemeinsame Ziele konnten so etwas verändern. Und jetzt gerade war das Ziel die Unversehrtheit des Captains.

Nicht, weil sie Freunde waren. Leonard vertrat die Meinung, dass er eine Spur wahnsinnig war. Eine Gefahr für die Menschheit und alle anderen. Er hatte es mit eigenen Augen gesehen.

Die Welten wären ohne ihn vermutlich besser dran.

Aber der Arzt hatte Pläne, die James T. Kirk beinhalteten. Für die er ihn vorzugsweise lebend brauchte.

McCoys Blick huschte kurz zu Spock. Der Halbvulkanier war eher auf den Captain angewiesen. Seine Herkunft machte es ihm schwieriger, seine eigene Position zu festigen.

Trotzdem, wer ihn unterschätzte, war ein Narr.

Der Kerl war ein kaltblütiger Bastard.

Der Turbolift hielt an und die Tür öffnete sich mit ihrem typischen Zischen. Die beiden Männer traten auf das Observationsdeck und wurden von alarmierenden Geräuschen begrüßt. Das Gurgeln eines Menschen, der gerade seinen letzten Atemzug tat, bevor sein Körper mit einem dumpfen Knall auf dem Boden aufschlug.

Kirk drehte sich zu den Neuankömmlingen um. Schwer atmend hatte er den Dolch in seiner Hand und Mordlust in seinen Augen. Er war bereit, eventuellen weiteren Meuterern ihrem verdienten Schicksal zuzuführen. Dass er stattdessen vermeintliche Verbündete sah, beruhigte ihn nur insoweit, dass er seine Waffe sinken ließ. Doch er war immer noch auf der Hut.

Leonard steuerte direkt auf ihn zu, wollte sichergehen, dass er keine Verletzungen hatte. Er kam bis auf einen Meter an seinen Captain heran, bis er sich Auge in Auge mit dessen Waffe sah.

Ich hab keine Lust auf weitere Überraschungen, Bones. Teste also nicht meine Geduld.“

Ich will nur sicherstellen, dass du, wenn du deine unausweichliche Rache durchführst, dabei nicht plötzlich aufgrund einer Sepsis umkippst.“

Weder antwortete Kirk darauf, noch entfernte er seine Waffe aus McCoys Gesicht. Letzterer zog die Brauen zusammen. „Dann sag mir einfach, ob du irgendwo erwischt wurdest.“

Ich werd’s überleben.“

Das hieß also ja. Aber Leonard wusste, wann es sinnlos war, mit Kirk zu diskutieren. Er nickte also nur und machte einen Schritt zur Seite.

Einer von Scottys Leuten hat mir in meinem Büro aufgelauert,“ erklärte er. Wie der Kampf ausgegangen war, musste er nicht hinzufügen. Schließlich stand er hier.

Kirk blickte zu Spock, der seinen Kopf ein Stück neigte, als er sachlich erwähnte:, „Ich traf auf jemanden von Kommunikation.“

Der Captain schnaubte und es klang beinahe belustigt. „Ich sollte mich wohl geehrt fühlen.“ Er schaute zu den drei Leichen derjenigen, die versucht hatten, ihn zu überwältigen. „Dafür werden sie bezahlen!“, knurrte er. „Spock, aktiviere die Notabsperrung des Schiffes. Ich will alle Abteilungen isoliert haben, um herauszufinden, wer alles beteiligt war. Wir werden dieses Rattennest ausräuchern!“

Die Mordlust war zurück in seinen Augen.

Was willst du mit ihnen tun?“, fragte McCoy.

Ganz einfach: wir werfen sie von Bord!“

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