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Pandora

von Martina Bernsdorf

Prolog

Schweißperlen standen dem Mann auf der Stirn, rannen langsam die Nasenflügel entlang, fingen sich kurz am Mundwinkel und rannen dann weiter, tropften schließlich auf das Kopfkissen und vergrößerten den blassen Fleck darauf noch ein bisschen mehr. In einigen Stunden würde sich dieser Fleck langsam rot färben und damit die Endphase dieses einsamen Kampfes einläuten, an dessen Ende unerbittlich der Tod stand.

Elysan Jaxo ballte die Faust um das Tuch in ihrer Hand, mit dem sie immer wieder den Schweiß von der Stirn des Mannes abgetupft hatte. Das war alles, was ihnen blieb, an ihren ach so hochtechnischen Mitteln, ein Tuch, mit dem man versuchte das Leid zu mindern, das und verschiedene Schmerzmittel, die alle nur eines gemeinsam hatten, sie konnten den schlimmsten Schmerz bannen, aber nicht den Tod.

Elysan hasste den Tod, deshalb war sie Ärztin geworden, vielleicht war dies nicht die richtige Voraussetzung gewesen, als Arzt sollte man den Tod akzeptieren, sie hatte dies nie. In den Jahren des Widerstandes hatte sie versucht, ihn immer wieder ein Schnippchen zu schlagen, auf Bajor, ihrer Heimat. Sie hatte viele Freunde im Widerstand vor dem unerbittlichen Feind gerettet, aber noch mehr verloren, und mit jedem toten Freund, jedem toten Bajoraner war das Gesicht des Todes für sie personifizierter geworden, zu dem Gesicht des Feindes, der Cardassianer.

Man konnte kein über allem stehendes Prinzip hassen, nichts, das so abstrakt und doch so greifbar wie der Tod war, und um ihn wirklich hassen zu können, musste sie ihm das Gesicht des Feindes geben.

Eigentlich hätte dies lange vorbei sein sollen, Elysan stützte die Ellenbogen auf das Notbett des Mannes und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Warum war sie überhaupt hier? Hatte sie nicht zurückfinden können, in ein friedliches Leben, und war deshalb an diesen Ort gelangt? Hier, wo der Krieg niemals vollständig zu enden schien? Hier, wo der Tod noch immer ein cardassianisches Gesicht trug?

„Jaxo?“ Die Stimme der Halbklingonin riss sie aus ihren Gedanken, und sie blickte sich zu ihr um.

„Was willst du, Kyris?“ Elysan rieb sich über die Augen und blickte die junge Frau, in der sich romulanisches und klingonisches Blut mischte, fragend an. Ein wenig kam es ihr immer so vor, als würden diese beiden Blutlinien in Kyris´ Gesicht Krieg führen. Die Stirnknorpel wirkten an ihrem zierlichen Gesicht zu wuchtig, die spitzen Ohren passten nicht zu dem langen, lockigen Haar, das länger und heller war, als bei Romulanern üblich.

„Ich habe den neuesten Bericht.“ Kyris streckte ihr ein Computerpadd entgegen, doch eigentlich musste sie gar nicht mehr darauf sehen, das Ergebnis davon konnte sie in ihrem Gesicht ablesen.

Kyris blickte zu dem sterbenden Mann, seine Muskeln spannten sich im Kampf gegen einen unsichtbaren Feind, Adern traten dick an seinem Hals hervor. „Wie lange haben wir, ehe die ganze Siedlung angesteckt ist?“

Elysan hob erneut das Tuch und tupfte den Schweiß auf der Stirn des Mannes ab.

„Ein paar Wochen, vielleicht auch weniger, bis jetzt haben wir noch keinen Fall unter den Romulanern, vielleicht sind sie immun.“

Sie bemerkte, wie in Kyris´ Augen unwillkürlich ein wenig Hoffnung aufleuchtete. „Aber so mutagen wie das Virus ist, würde ich nicht damit rechnen, dass auch nur einer von uns überlebt, Kyris.“ Elysan biss sich leicht auf die Lippen, ihre Worte waren unnötig grausam gewesen. Sie blickte auf den Bericht.

„Es ist immerhin ein Fortschritt, Kyris, aber wir brauchen mehr als einen Fortschritt, hast du die Liste besorgt, um die ich dich bat?“ Die Halbklingonin reichte ihr ein weiteres Computerpad. „Als ob uns die Föderation helfen würde!“

Elysan lächelte dünn. „Du kennst die Föderation, Kyris, sie würde uns helfen, aber wir werden um nichts bitten, wenn wir es auch so bekommen können.“

Die Daten flirrten vor Elysans Augen, für ein paar Sekunden fragte sie sich voller Schrecken, ob das der Beginn der Seuche war, aber dann wurde ihr bewusst, dass sie seit mehr als 36 Stunden nicht mehr geschlafen hatte und die Reaktionen ihres Körpers mehr mit Schlafentzug und Erschöpfung zu tun hatten, als mit dem Virus.

Die Namen glommen auf dem Display auf und erloschen wieder, bis Elysan auf die Stopptaste drückte und nur noch ein einziger Name auf dem Bildschirm leuchtete.

Kyris blickte über ihre Schulter und hob eine der romulanisch geschwungenen Augenbrauen. „Bist du sicher?“

Statt einer Antwort tupfte Elysan erneut über die geschwungenen Stirnknorpel des klingonischen Mannes und hielt das Tuch Kyris vor die Augen, ein paar purpurrote Flecken zeigten sich darauf, die Halbklingonin nickte, das war mehr Antwort auf ihre Frage.

„Ich werde alles in die Wege leiten“, versprach sie und eilte davon, Elysan sah ihr nach, vorbei an Hunderten von Feldbetten, vorbei an dem Tod, der bereits ein Viertel der Kolonie in seinem Würgegriff hatte.

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