TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Pandora

von Martina Bernsdorf

Kapitel 2

Equilon 3 war wie ein kleiner Farbklecks in dem Meer der Dunkelheit des Weltalls, Blau- und Grüntöne waren die beherrschende Farben und kündeten von einem kleinen Paradies am Rande der Badlands.

Kira, Dax und Bashir standen inmitten einer Unmenge von medizinischem Gerät auf dem Marktplatz der Siedlung, auf dem sie sich soeben materialisiert hatten. Die Siedler hatten erstaunlich freundlich auf das Angebot medizinischer Hilfe reagiert, was darauf hindeutete, dass sie entweder keine Sympathisanten des Maquis waren, oder aber, dass die Lage verzweifelt war und man sich inzwischen an jeden Strohhalm klammerte.

Die Straßen waren wie leergefegt, die Siedlung war in die Natur eingefügt worden, wobei sich die Siedler weitgehend der Begebenheiten angepasst hatten, statt zu zerstören und selbst zu formen. Bäume lehnten sich an Häuser, eine Straße führte in geschwungenen Bögen, damit ein kleiner Bach ungehindert seinem Weg folgen konnte.

„Willkommen in der Hölle, mitten im Paradies.“ Die helle, klare Stimme der Frau klang über den Marktplatz, und trotz der demonstrierten Überlegenheit konnte man einen Hauch von Verzweiflung und Müdigkeit jenseits von Schlafmangel darin entdecken.

Aus dem Schatten einer Seitengasse löste sich eine Frau und trat auf die Neuankömmlinge zu, ihr folgte ein kleiner Konvoi von Schwebefahrzeugen.

Die Bajoranerin blieb einige Schritte vor ihnen stehen, und ihr Blick, der zuerst fest auf Bashir geheftet gewesen war, richtete sich auf Kira. Sie verschränkte demonstrativ ablehnend die Arme. „Ich dachte nie, dass ich dich einmal Hand in Hand mit der Föderation arbeiten sehe würde, Nerys.“

Kira musterte die Ärztin kühl. „Ich dachte nie, dass du eines Tages Bajor verlassen würdest, um an einem Ort zu leben, wo der Krieg mit den Cardassianern nie geendet hat, zumindest nicht in den Köpfen der Siedler!“

In den katzengrünen Augen der Ärztin blitzte es, aber Kira hielt den Blick mit ebenso viel trotziger Entschlossenheit stand.

„Wir waren selten einer Meinung, nicht wahr?“ Elysan Jaxo löste ihre verschränkten Arme und trat dichter zu Kira. „Es tut gut, dich zu sehen, Nerys, selbst unter diesen Bedingungen.“ Sie streckte die Hand aus und zog sie überrascht zurück, als sie das kleine Aufflackern von Energie wahrnahm, als sie das Energieschutzschild berührte.

„Interessant, was ist das?“

„Nichts, das uns hindern würde, uns zu umarmen.“ Kira zog die etwas größere Frau in eine feste Umarmung.

Bashir räusperte sich leicht. „Das, was Sie gesehen haben, Doktor, ist ein biologisches Energieschutzschild der Stufe 3, es lässt Körperkontakte ungehindert zu, aber dürfte wohl jedes Virus und Bakterium von uns fernhalten.“

Elysan richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf den dunkelhaarigen Mediziner, etwas, das Bashir nur recht war, er war selten einer Frau begegnet, die ihn auf den ersten Blick schon derart fasziniert hatte. Ihr schwarzes Haar fiel in einem lockeren Zopf über die linke Schulter, bis fast zur Körpermitte, in dem sonnengebräunten Gesicht leuchteten katzengrüne Augen. Ihre feingeschwungene Nase wurde von den typischen bajoranischen Nasenkerben noch geadelt, um ihre vollen Lippen lag ein sinnlicher Zug, auch wenn es nun ein eher mit Bitternis erfülltes Lächeln war, das um ihren Mund spielte.

„Dr. Julian Bashir.“ Er streckte die Hand aus, und die Bajoranerin betrachtete seine Hand für ein paar irritierende Sekundenbruchteile, in denen Bashir all die jungenhafte Unbeholfenheit bewusst wurde, die ihn noch vor wenigen Jahren im Umgang mit Frauen geplagt hatte. Dann fasste sie seine Hand in einem nachdrücklichen, festen Händedruck. „Dr. Elysan Jaxo.“

Bashir fühlte sich unter dem durchdringenden Blick der Ärztin geradezu seziert und fragte sich, ob er vor ihren Augen wohl bestand. Vielleicht sollte er ihr Einblick in seine Akte geben? Anderseits hatte er es nicht mehr nötig, mit seiner Reputation Respekt zu fordern.

„Lt. Jadzia Dax.“ Bashir hörte den sanft belustigten Tonfall in Dax´ Stimme, die sich selbst vorstellte. „Wissenschaftsoffizier.“

Elysan ergriff auch Dax´ Hand und musterte sie kurz, aber nicht so eindringlich wie den Arzt.

„Wir sind Ihnen ausgesprochen dankbar, dass Sie uns Hilfe leisten möchten, denn Hilfe haben wir dringend nötig. Inzwischen sind über dreihundert unserer Siedler infiziert, und ich bin einem Heilmittel oder Impfserum noch kein Stück nähergekommen.“

Bashir nickte. „Vorerst können wir zumindest Ihren medizinischen Stab mit biologischen Schutzschilden ausrüsten, zwar weiß ich noch nichts über die Inkubationszeit, aber vielleicht lässt sich dadurch verhindern, dass die Ärzte und Pfleger infiziert werden.“

Elysans Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Es gibt keinen medizinischen Stab mehr, Doktor, außer dem, den ich rekrutiert habe.“ Sie deutete auf eine Halbklingonin, die den anderen behilflich war, die Kisten auf die Schwebewagen zu laden. „Das ist Kyris, sie ist meine rechte Hand, vorher war sie eigentlich Maquis, bevor ich sie zur Krankenschwester machte.“

Elysan blickte die drei Neuankömmlinge scharf an. „Ich habe kein Problem damit, dass sie eine Maquis ist, ich hoffe, das trifft auf Sie ebenso zu. Im Moment ist jeder, der noch gesund ist, jeder, der Wasser reichen kann, jeder, der einem Sterbenden die Hand hält, ein dringend benötigter Helfer.“ Sie blickte zu Kira. „Vielleicht erklärt das auch, warum du hier bist.“

Kira schüttelte leicht den Kopf. „Du hast dich nicht verändert, Jaxo. Du hast mich selten in der Stellung anerkannt, in der ich war. Aber ich bin nicht hier, um humanitäre Hilfe zu leisten, ich bin wegen der Cardassianer hier und wegen der Antworten.“

Elysan ließ ein Lächeln aufblitzen. „Es scheint so, als sei ich nicht die einzige, die sich nicht verändert hat.“


* * *


Es war ein Blick in die Hölle, wie sie ein Arzt nur in seinen schlimmsten Alpträumen erlebte. Julian Bashirs Gesichtsausdruck wirkte leer, aber es war nur die distanzierte Ruhe, die er sich als Arzt auferlegt hatte, nichts, das er in seinem Herzen fühlte.

Das Krankenhaus der Siedlung war längst überfüllt, aber man konnte erkennen, dass es modern und bestens eingerichtet war, nun aber reihte sich überall auf den Gängen Bett an Bett, und in jedem lag ein Mensch, Bajoraner, Klingone in den verschiedensten Stadien der Krankheit. Bashir konnte auf den ersten Blick mindestens drei Kranke zählen, die wohl erst vor kurzem gestorben waren und die man noch nicht entdeckt hatte. Niemand war für diese Kranken dagewesen, um ihren letzten Atemzüge zu lauschen, ihnen die Hand zu halten und sie wenigstens mit dem Gefühl in die andere Welt wechseln zu lassen, dass sie nicht allein waren. Doch sie waren allein gestorben, in einem Saal, auf einem Flur, wo der Tod überall seine Spuren hinterlassen hatte.

„Silar, Makan, Idiara haben es hinter sich, Kyris, sorge bitte dafür, dass man die Betten freiräumt, es gibt genug, die auf einen Platz warten.“ Elysans Stimme offenbarte keine Gefühle, aber Bashir schauderte, wie musste es sein, wenn man jeden, der hier starb, mit Namen kannte? Die Halbklingonin nickte und entfernte sich von der kleinen Gruppe.

„Wir haben hier die meisten Kranken ab dem zweiten Stadium, die, die sich noch im ersten Stadium befinden, sind noch in ihren Häusern, weil der Platz nicht reicht, aber es werden ja immer wieder Betten frei.“ Elysans Stimme offenbarte einen Hauch von bitterem Zynismus, und vielleicht war dies alles, was die Bajoranerin auf den Beinen hielt.

„Passen Sie auf, wo Sie hintreten, unsere freiwilligen Helfer kommen nicht nach, den Boden frei von Blut zu halten, sie wissen ja inzwischen, wie die Krankheit im Endstadium aussieht.“ Elysan blickte zu Bashir, sie hatten bei ihrer Kontaktaufnahme mit Equilon offenbart, woher sie wussten, dass sie gegen eine verheerende Seuche kämpften.

„Wie schnell sind die Leute gestorben, die Sie auf DS9 behandelt haben, Dr. Bashir?“

„Einer war bereits tot, der letzte starb knapp 48 Stunden später. Alle fünf Besatzungsmitglieder waren bereits schwerkrank, und die meisten bluteten aus den Poren.“

Elysan nickte. „Das ist das letzte Stadium, von Eintritt der Blutungen bis zum Tod dauert es selten länger als 5-10 Stunden, je nach Konstitution der Rasse, die Klingonen tun sich am schwersten damit, sofern sie nicht den rituellen Freitod bei Eintritt der ersten Krankheitssymptome begehen.“

Bashir nickte leicht, er konnte den Klingonen keinen Vorwurf machen, wer einen an dieser Krankheit hatte sterben sehen, würde unweigerlich daran denken, ob er sein Leiden nicht selbst verkürzen sollte, wenn er sich angesteckt hatte. Für Klingonen, denen es wichtig war, einen ehrenhaften Tod zu erringen, war die Aussicht, in einem Bett an dieser Seuche zu sterben, sicher unerträglich.

„Was können Sie mir über die Inkubationszeit erzählen, Elysan? Wann ist die Seuche ausgebrochen, und gibt es einen zeitlichen Zusammenhang mit einer außergewöhnlichen Begebenheit? Ein Meteoreinschlag, ein Frachter, der aus unbekanntem Gebiet hier landete, irgend etwas derartiges?“

Inzwischen waren sie im Labor angekommen, wo mehrere Testreihen und Versuchsketten zu laufen schienen.

„Wir haben vor drei Wochen den ersten Fall beobachtet, ab da breitete sich die Seuche sprunghaft aus, am Anfang waren es nur vier oder fünf Fälle. Einen kausalen Zusammenhang haben wir gesucht, aber nicht gefunden, keine Ladung aus dem All, kein Meteor. Der einzige kausale Zusammenhang, den ich mir denken kann, lebt auf der anderen Seite des Kontinents und trägt ein cardassianisches Gesicht.“

Kira hatte auf Worte dieser Art nur gewartet. „Die Cardassianer werden nicht krank?“

Elysan blickte sie an. „Nein, soweit wir wissen, nicht. Das Virus ist derart mutagen, dass man sich kaum vorstellen kann, dass die Natur so etwas hervorgebracht hat. Und wer hätte einen Grund, uns auszurotten? Die cardassianischen Kolonisten beanspruchen diesen Planeten für sich, sie würden von unserem Tod profitieren.“

„Hat man mit ihnen geredet?“ Dax´ Worte brachten ihr einen finsteren Blick von Elysan ein. „Hier redet man nicht miteinander, Lieutenant Dax, wenn wir auf Cardassianer treffen, endet es selten ohne Blutvergießen, und das gilt auf beiden Seiten so. Sie wollen uns hier weg haben, und wir wollen sie weg haben, das fördert nicht gerade die Kommunikation.“

„Aber wir haben hier einen Ansatzpunkt, wenn die Cardassianer wirklich immun sind, dann müssen wir herausfinden, welches ihrer Gene dafür verantwortlich ist, dass sie sich nicht anstecken.“ Bashir bemerkte den Blick, den Elysan ihn auf diese Worte hin zuwarf, abschätzend, mysteriös.

„Dann brauchen wir nur einen cardassianischen Genspender.“

Bashir runzelte die Stirn, Elysans Worte klangen leicht spöttisch. „Wir haben genetisches Material in den Datenbänken, genug, um herauszufinden, welches Gen die Cardassianer vor der Seuche bewahrt. Sobald wir unser medizinisches Equipment aufgebaut haben, können wir mit Testreihen beginnen, Dr. Elysan.“

Die Bajoranerin nickte. „Ich werde Ihnen Zimmer zuweisen lassen, und wenn Sie verzeihen, werde ich die Zeit, die Sie für den Aufbau ihrer Gerätschaften brauchen, dazu nutzen, etwas zu schlafen.“

Bashir nickte, genau das hatte er der Ärztin vorschlagen wollen, denn er kannte diesen übermüdeten Blick nur zu gut von seinem eigenen Spiegelbild, wenn er sich an einem medizinischen Problem festgebissen hatte und vergaß, dass sein Körper gewisse Rechte forderte.

„Nerys, würdest du mich begleiten, ich möchte noch ein paar Worte unter alten Freundinnen mit dir wechseln.“ Sie sagte dies mit einem entschuldigenden Tonfall in Dax´ und Bashirs Richtung, aber es entging Dax nicht, dass Kira leicht die Stirn runzelte, etwas, das die Trill zu dem Schluss kommen ließ, dass die Freundschaft zwischen diesen zwei Frauen nicht so eng war, wie Elysan den Anschein erwecken wollte.


* * *


Elysans Zimmer war klein, und man sah dem Raum an, dass er seit Tagen nicht mehr aufgeräumt worden war, das Bett war ungemacht, und überall lagen Computerausdrucke gestapelt und Kaffeetassen.

„Hübsch, nicht wahr?“ Elysans Tonfall war zynisch.

Kira reagierte nicht darauf, sie wusste, wie Elysan war, wenn sie unter Schlafmangel litt, sie selbst war dann auch nicht gerade ein Musterbeispiel für Freundlichkeit, sie setzte sich unaufgefordert auf das zerwühlte Bett und blickte die Ärztin nachdenklich an.

„Du weißt wirklich nicht, woher die Seuche gekommen ist?“

In Elysans Augen funkelte es wütend. „Du hast meinen Worten noch nie einfach so geglaubt, was, Nerys?“

„Ich glaube nicht, dass wir hier sind, um unsere alten Probleme miteinander auszudiskutieren, Jaxo, oder war das der Grund, warum du mich allein sprechen wolltest?“

Elysan setzte sich auf einen der Stühle, wobei sie achtlos einige Computerausdrucke auf den Boden warf. „Vielleicht wäre das der beste Zeitpunkt, um unsere Probleme miteinander auszudiskutieren, Nerys, wer weiß, ob uns, ob mir die Zeit bleibt, es sonst noch zu tun.“

„Hast du dich infiziert?“ Kira konnte die deutliche Besorgnis nicht aus ihrer Stimme heraushalten, etwas, das sie bereute, als sie Elysans überlegenes Lächeln sah, was sie schon immer so sehr gehasst hatte.

„Nein, zumindest habe ich noch keine Krankheitssymptome. Ich wollte mit dir sprechen, weil ich weiß, dass du die Antworten suchen gehen wirst. Bei den Cardassianern, wir beide wissen, dass nur sie der logische Ausgangspunkt dieser Seuche sind, und wir beide wissen auch, dass sie diese Antworten nicht freiwillig geben werden.“

„Der Krieg ist vorbei, Elysan, falls dir das hier entgangen sein sollte. Ich werde mit den Cardassianern reden und sie nicht umbringen.“

Elysan lachte bitter. „Reden? Dann hast du dich sehr verändert, Nerys, oder färbt die Sternenflotte so sehr ab, du trägst zwar die Uniform eines bajoranischen Major, aber vielleicht stände dir eine Sternenflottenuniform besser?“

Kira ballte die Fäuste und bezwang ihren Zorn, Elysan war schon immer gut darin gewesen, sie die Beherrschung verlieren zu lassen, und damit war sie vor ihren Kampfgefährten immer als das unbeherrschte Kind dagestanden, als das Elysan sie mit Vorliebe bezeichnet hatte.

„Ich werde es auf meine Art versuchen, Jaxo, entweder reden sie, oder ich werde eine Möglichkeit finden, Antworten zu bekommen, aber ich bin nicht mehr im Widerstand und du auch nicht, selbst wenn du das scheinbar vergessen oder dir einen Ort gesucht hast, an dem du nie Frieden finden kannst.“

„Vielleicht war es nicht mein Frieden, der auf Bajor geschlossen wurde, Nerys. Ich glaube, du hast deinen Frieden auch nicht an dem Tag gefunden, als die Cardassianer Bajor verließen. Und ich weiß nicht, ob du ihn überhaupt gefunden hast, in deinen Augen blitzt hin und wieder noch das alte Feuer, der Frau, die ich kennengelernt habe. Die Frau, die mit Vorliebe cardassianische Kehlen durchschnitt und nie über das Blut an ihren Fingern nachdachte.“

Kira kniff die Augen zusammen. „Warum versuchst du mich zu reizen? Haben wir unseren persönlichen Frieden nicht schon vor Jahren geschlossen?“

Elysan schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht, Nerys, du hast mir nie verziehen, dass ich die Shakaar verlassen habe, genauso wenig wie du mir je verziehen hast, dass ich in Edons Bett lag statt deiner.“

Kira lachte, aber es klang nicht heiter. „Ach, das ist es also? Wir reden hier über Shakaar?“

„Die Maquis sind sehr gut informiert, von ihnen erfahre ich viel über Bajor und was dort vor sich geht. Ich weiß, dass Shakaar der Erste Minister ist, ich kann mir denken, dass der arme Kerl das nur getan hat, weil du ihm keine andere Wahl gelassen hast. So wie ich ihn kenne, wollte er nur noch den Frieden seiner Farm genießen. Und ich weiß, dass unser blonder Schwerenöter dich schlussendlich doch noch in sein Bett bekommen hat. Aber wir zwei wussten ja schon immer, dass dein Desinteresse an Edon nur ein Spiel war, nur ein Anreiz für einen Mann, der alle Frauen in sein Bett bekam. Du warst dadurch eine Abwechslung, sag mir, Nerys, nützt sich der Faktor, dass er dich endlich bekommen hat, nun nicht schon langsam ab, schweift sein Auge schon wieder hungrig umher? Was ist, wenn du auf diesem monströsen, cardassianischen Terok Nor bist? Entschuldigung, Deep Space Nine heißt es ja jetzt, auch nicht bajoranischer, der Name, was?

Oder macht es dir nichts aus, dass du immer nur eine von vielen, von sehr vielen sein wirst? Und ich kann immerhin behaupten, dass ich damals das Vergnügen hatte, dass ich ihn vor dir hatte und dass mein Bett warm war, während du nur mit der Rache an den Cardassianern im Herzen in dein Feldbett gekrochen bist.“

Kira bezwang ihren Zorn. „Du bist müde, Jaxo, du warst schon immer bösartig, wenn du müde bist. Ich werde jetzt gehen, und wenn du schlau bist, dann kommst du mir nicht in die Quere, belassen wir es dabei, dass wir alte Freunde aus Widerstandstagen sind, und manchmal waren wir ja auch genau das.“

Elysan lächelte leicht. „Du scheinst wirklich erwachsen geworden zu sein, Nerys. Rede mit den Cardassianern, aber sei vorsichtig, sie sind sicher nicht gerade darauf aus, mit einer Bajoranerin zu reden, und noch weniger sind sie darauf aus, uns zu helfen.“


* * *


Das Zimmer, das sich Dax und Kira teilten, war klein und offenbarte seine frühere Existenz als Lagerraum nur allzu deutlich. Bashir hatte sich im Labor häuslich niedergelassen und darauf bestanden, dass man sein Feldbett in einer freien Ecke des Raumes aufschlug, damit er die Versuchsreihen jederzeit überwachen konnte.

„Du bist also wegen der Cardassianer hier, Nerys.“ Dax´ Worte waren mehr eine Feststellung als eine Frage. Kira konnte aber die Spur von Vorwurf darin gut erkennen, sie hatte Sisko nicht die Wahrheit gesagt, und das nahm Dax ihr übel.

„Das Virus ist kein natürliches Produkt, darin sind wir uns ja wohl alle einig, und die Cardassianer sind die logische Wahl.“

„Sagt das Major Kira Nerys oder Kira Nerys, die Widerstandskämpferin?“

Kira ließ einen ihrer Stiefel durch den Raum segeln und schickte den zweiten hinterher, ehe sie unter die Bettdecke kroch.

„Ich habe nicht vor, mich in einen Krieg ziehen zu lassen, der längst Vergangenheit ist. Aber ich will Antworten finden, Dax, und die Cardassianer sind der nächste Ansatzpunkt, den wir haben.“

Dax hob leicht die Augenbraue. „Dann wirst du nichts dagegen haben, dass ich dich morgen begleite, Nerys. Ich gehöre nicht zu einer der Siedlerrassen, man wird mich neutraler sehen, als es bei dir je möglich wäre.“

Kira überlegte sich, ob sie Dax davon überzeugen könnte, sie nicht zu begleiten, andererseits hatte die Trill recht, und sie war nicht hier, um sich auf die Seite von Elysan zu stellen, sondern um Antworten zu suchen.

„Was geht eigentlich zwischen Elysan und dir vor, Nerys? Es scheint mir nicht so, als wärt ihr immer nur Freunde gewesen.“

Kira starrte an die Decke, sie wünschte sich, Dax würde einfach das Licht löschen und diese Frage mit in die Dunkelheit nehmen, aber sie kannte die Trill zu gut, sie würde sich nicht damit zufrieden geben, nur Schweigen zu ernten.

„So genau weiß ich das selbst nicht, Jadzia. Elysan kam zur Shakaar, als ich achtzehn war und somit schon einige Jahre Mitglied der Widerstandsgruppe, ich führte damals bereits eigenständige Missionen durch und gehörte zum engsten Kreis um Shakaar. Elysan ist ein paar Jahre älter als ich, und das hat sie mich immer spüren lassen, wir waren sehr froh, dass sie zur Shakaar gestoßen war, eine Ärztin an unserer Seite zu haben hat vielen von uns das Leben gerettet.“

Dax interpretierte das folgende Schweigen richtig. „Du verdankst ihr dein Leben?“

Kira nickte stumm und drängte alte Erinnerungen zurück. „Man rechnet beim Widerstand nicht auf, wer wessen Leben gerettet hat, dennoch hatte ich immer das Gefühl, dass ich in Jaxos Schuld stünde, und sie hat dieses Gefühl in mir auch nie zerstreut. Manchmal waren wir Freunde, manchmal hasste ich sie. Vielleicht hat Jaxo recht, und es ging wirklich um Shakaar.“

Kira konnte förmlich fühlen, wie Dax stutzte und schon zu einer Frage ansetzte, die sie dann aber verwarf, weil sie nicht zu sehr in sie dringen wollte, ohne dass sie ihr die Erlaubnis dazu gab.

„Edon hatte viele Liebschaften in der Widerstandszeit, fast jeder von uns hatte das, ein kleiner Trost in der Gnadenlosigkeit des Krieges, ein wenig Wärme in der alles verschlingenden Kälte. Jaxo ist sehr schön, sie landete sehr schnell in Edons Bett und hielt sich darin länger auf als die meisten anderen Widerstandskämpferinnen, es war kein kleiner Flirt am Abgrund, und vielleicht hatte ich deshalb solche Schwierigkeiten mit Jaxo, weil sie mir Edon wegnahm.“

„Du hast ihn damals schon geliebt?“ Dax´ Frage war leise und sanft, mit den unausgesprochenen Worten darin, dass Kira darauf nicht antworten musste.

„Natürlich, nur nicht so, wie du vielleicht denkst, es gibt viele Arten der Liebe, Shakaar war mein Freund, mein Bruder, mein Beschützer, alles, was einer Familie noch irgendwie nahe kam, er war alles, was mir geblieben war, und dann kam Jaxo und nahm mir das weg, stahl Edons Aufmerksamkeit, die er mir entgegen brachte. Manchmal frage ich mich, ob Edon und ich nicht bei dieser Liebe hätten bleiben sollen, es war alles einfacher, als wir nur Freunde waren und nicht Liebende.“

„Du hast Jaxo also nie wirklich eine Chance gegeben, deine Freundin zu sein?“ Dax´ Worte trafen Kira, ließen kurz Wut in ihr aufflackern, die aber gleich wieder erlosch.

„Vielleicht, Jadzia.“

Dax nickte, löschte das Licht und ließ Kira noch eine Weile schlaflos in ihrem Bett zurück, die sich fragte, ob sie Elysan wirklich nie eine Chance gelassen hatte, oder ob es eher Jaxo gewesen war, die dies mit ihr getan hatte, und ob dies überhaupt noch von Bedeutung war. Doch warum fühlte sie dann so, dass sie alles mögliche versuchen würde, dass sie jeden Kampf fechten wollte, um die Siedlung zu retten? Kira presste den Kiefer zusammen, nein, sie belog sich selbst, sie würde jeden Kampf fechten, um Elysan zu retten, und das erschreckte sie, sie hatte diese Frau nie mögen wollen, nie lieben.


Rezensionen