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Die Entscheidung (1)

von Emony

Kapitel 1

Historische Anmerkung 
Die folgende Geschichte spielt im Jahr 2370

“Wenn ein alter Kämpfer wie ich stirbt... tritt immer jemand vorum seinen Platz einzunehmen...”

(Macias / 7.24 Die Rückkehr von Ro Laren)

Irgendwo in der Entmilitarisierten Zone

Tief in ihrem Innern, da hegte sie keinen Zweifel daran, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Dass sie auf der richtigen Seite stand und für eine gute und gerechte Sache kämpfte. Doch ein Teil von ihr – wenn auch nur ein verschwindend geringer – wollte umkehren, zur Enterprise zurückfliegen und Jean-Luc Picard um Verzeihung bitten. Sie war gegen den Maquis, gegen die Methoden. Doch nachdem die Föderation versucht hatte, jedem Konflikt mit den Cardassianern auszuweichen, ja sie sogar zu schützen, da verstand sie, woher die Maquis-Anhänger ihre unbändige Wut hatten. Ihre Wut und die dadurch entstandene Kraft, um zu kämpfen.

Sie war selbst wütend. Wütend auf die Männer, die Macias ermordet hatten. Er hatte sich für die Bajoraner eingesetzt, bis zum Schluss aufrecht stehend gekämpft und war in ihren Armen gestorben. Wie einst ihr Vater, als sie gerade mal sieben Jahre jung gewesen war. Alter und neuer Schmerz vermischte und multiplizierte sich.

Ro seufzte und wischte sich mit dem Handrücken die Nase. Nur flüchtig sah sie nach vorn zu Kalita, die das Shuttle flog, welches sie zurück zur Siedlung brachte. Ebenso schwach nahm sie die Stimme Kalitas und des Piloten wahr, verstand den Inhalt des Gesprächs nicht, so sehr war sie in die eigenen Gedanken vertieft.

Die Cardassianer waren rücksichtslose Mörder, die ganze Kolonien zwangen, ihre Heimat aufzugeben, die Bajoraner und viele andere Völker ihrer Herrschaft unterwarfen. Sie misshandelten, Frauen vergewaltigten, Männer zu Tode schlugen und Kinder versklavten. Wie konnte die Föderation das mit ansehen? Wie konnten sie die Cardassianer schützen und sich selbst danach noch im Spiegel ansehen? Warum war Jean-Luc Picard einer von ihnen? Sie wusste um seine Folter durch die Cardassianer, damals auf Celtris III. Er hatte ihre Brutalität am eigenen Leib erfahren und stand anscheinend dennoch auf ihrer Seite. Die Gründe dafür blieben Ro schleierhaft.

Kalita sprach sie an, doch Ro reagierte nicht darauf. In Gedanken war sie wieder in der Spelunke auf Ronara und saß Picard gegenüber.

Laren, was ist los?“

Sie hatte es ihm nicht sagen können. Ihm in diesem Moment nicht mal in die Augen sehen können. Er hätte es ihr angesehen. Hätte gesehen, dass sie innerlich bereits übergelaufen war. Dass sie bereit war, sein Vertrauen in sie zu verraten und sich dem Maquis anzuschließen.

Die Erinnerung an diesen Augenblick war noch so frisch, dass sie glaubte all dies noch einmal zu erleben.

Als Sie mich dieser Mission zuteilten - dachte ich, dass ich es könnte. Auch wenn dies bedeutete, dass ich Cardassianern helfen würde. Auch wenn dies bedeutete, Leute zu verraten, die gegen sie kämpfen.“ Sie hatte tief durchatmen und ihren ganzen Mut zusammen nehmen müssen, um Picard ansehen zu können. „Aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, wo ich stehe.“

Laren, versuchen Sie mir damit sagen, dass Sie diese Mission aufgeben wollen?“

Sir, ich wollte Sie nicht enttäuschen. Ich schwöre, das wollte ich nicht.“

Ihr Blick hatte irgendwo an der Shuttlewand einen Punkt fixiert auf den sie starrte, völlig versunken in diesen Erinnerungen. Ihr Blickfeld war ganz verschwommen, bis plötzlich Kalita vor sie kniete und Ro heftig blinzelte, um wieder in die Realität zurückzukehren.

„Du siehst nicht gut aus, Laren. Was bedrückt dich?“

„Ich musste an Macias denken“, log sie. Sie konnte ihr ja schlecht erzählen, dass sie über Picard nachdachte, und dabei ihre eigene Entscheidung infrage stellte.

„Du kannst sein Quartier haben.“ Kalita sah sie mit einem schwachen Lächeln an und legte ihre Hände auf die der Bajoranerin. „Er hätte ganz bestimmt gewollt, dass du es bekommst. Er hat sehr viel von dir gehalten.“

Ro nickte schwach und fühlte das Brennen in den Augen, das neue Tränen ankündigte. Reiß dich zusammen! Sie wehrte sich entschlossen dagegen, straffte die Schultern und sah Kalita mit entschlossenem Blick an. „Wir werden ihn rächen.“

„Ja. – Ja, das werden wir. Sobald sich eine Gelegenheit bietet.“ Zuversichtlich lächelte Kalita. Diese war scheinbar bereits abgehärtet, was die Verluste enger Vertrauter anging. Ro war das nicht. Oder besser gesagt, sie war es nicht mehr. Die Sternenflotte hatte sie in dieser Hinsicht verweichlichen lassen und sie in eine vermeintliche Schutzblase gepackt, die mit Macias Tod geplatzt war. So lange Cardassia im Schutz der Föderation agieren konnte, würde es keine Sicherheit für die Völker geben, die in der entmilitarisierten Zone lebten. Der Maquis kämpfte für die Rechte und Freiheiten dieser Völker, damit sie nicht der Herrschaft Cardassias ausgeliefert waren, wie einst Bajor. Ro wusste, sie würde erst lernen müssen diese Verluste als unvermeidlich hinzunehmen. Unvermeidlich, weil der Maquis viel zu klein war, um sich gegen jeden Angriff und jede Infiltration, erfolgreich zu wehren.

Sie wollte für und mit diesen Leuten kämpfen, weil es das einzig Richtige in ihren Augen war. Weil sie sich wünschte, jemand hätte damals den Bajoranern beigestanden und die Freiheit ihres Volkes verteidigt, das jedoch ganz auf sich allein gestellt gewesen war. Sie tat es für ihre Eltern, für Macias und auch für sich selbst. Zu lange hatte sie damit gelebt, nichts zu tun und die augenscheinlich heile Welt und den Luxus der Sternenflotte genossen. Jetzt war ihre Entscheidung gefallen und sie fühlte sich dadurch stark. Stark und bereit so lange zu kämpfen, bis auch sie das Spielfeld für immer verlassen würde. Macias hatte ganz recht mit dem, was er in seinen letzten Augenblicken zu ihr gesagt hatte; für jeden gefallenen Kämpfer, trat ein anderer hervor. Und ihr Kampf hatte gerade erst begonnen.

ENDE

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