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Der Aufpasser

von Harald Latus

Epilog

Epilog

 

Nur noch wenige Stunden trennten das Schiff von seiner Rückkunft auf Sternenbasis eins.

Seit geraumer Zeit hatte das Schiff wieder direkten Kontakt mit dem Flottenkommando und das hatte Captain Sanders genutzt, um ihre Kontakte spielen zu lassen. Ein ehemaliges Crewmitglied war ihr noch einen Gefallen schuldig den sie nun eingefordert hatte.

Der Vorgang lag lange zurück, mehr als fünfundvierzig Jahre. Ihre Freundin musste sehr tief graben und hatte dabei einige unliebsame Informationen ans Licht gebracht. Es ging um einen Flug von Betazet zu einer kleinen Kolonie, auf dem Siedler in eine neue Heimat wechselten. Auf dem Schiff, der ‚Bastinda‘ befanden sich einhundertachtundsiebzig Personen. Es handelte sich im Wesentlichen um Siedler, die auf dem Planeten ein neues Leben beginnen wollten. Mehrere Familien waren ebenfalls darunter. Captain Sanders hielt das Verzeichnis des Fluges in der Hand, welches aus welchen Gründen auch immer, unter falschem Namen abgespeichert war. Es schien so, als wolle jemand sicherstellen, dass diese Informationen nicht gefunden werden sollten. Offiziell hieß es, dass sich bei einer Überlastung der Energiesysteme am Ankunftshafen eine Explosion ereignet hatte, die alle Insassen getötet hatte. Im Ladeverzeichnis, dem Manifest waren alle Personen mit Herkunft und Alter aufgelistet. Lediglich eine Familie reiste mit einem zweijährigen Sohn.

Die Hintergründe blieben bei dieser mysteriösen Sache im Dunkeln und sie fühlte, dass da noch etwas anderes sehr Wichtiges verborgen war, doch Captain Sanders wusste, dass allein diese Information jemandem helfen würde, einen kleinen Teil eines jahrzehntelangen Geheimnises zu lüften. Sie versiegelte die Datei als medizinisch relevant und sendete sie an den leitenden medizinischen Offizier.

Ein weiterer Offizier, mit dem sich auf der Reise Reibungspunkte ergeben hatten, entschied sich dafür das Schiff zu verlassen Batona Randar, der bajoranische Offizier hatte sich dazu entschlossen das Schiff zu verlassen. Captain Sanders bestätigte mit einem Klick auf die Schaltfläche, dass sie den Offizier in seinem ursprünglich erreichten Rang freigab und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Ersatz, der sich hoffentlich besser in die Crew einfügen würde.

 

Die USS MALINCHE flog mit Warp 9,9995 der maximalen Warpgeschwindigkeit zum Ausgangspunkt dieser Reise und Captain Sanders arbeitete an dem Bericht für das Flottenhauptquartier, in dem Sie die Ereignisse auf dem Schiff und die Ergebnisse der Mission zusammenfasste. Einen Großteil des Berichts nahmen die zahlreichen Änderungen der schiffsinternen Abläufe, den Beförderungen und den Umbaumaßnahmen ein, die sie allesamt genau beschrieb und auch die Gründe für deren Umsetzung nannte. Es war etwas, das sie von Admiral van Dyke schon in frühen Jahren ihres Dienstes gelernt hatte. In manchen Situationen waren die Beweggründe wichtiger als die Information selbst und es konnte damit das Verständnis verbessern, wenn der Bericht gelesen wurde.

Sie las noch einmal alles durch und war auf der Suche nach einem passenden Abschlusssatz, als auf ihrem Display ein eingehender Ruf angezeigt wurde.

Toni Sanders aktivierte den Bildschirm und wurde überrascht von der Person, die am anderen Ende vor der Kamera saß. Es war Captain Rhonda Hershel. Sie trug ihre Sternenflottenuniform, die Haare waren nun ordentlich auf dem Kopf zu einem runden Dutt zusammengefasst und sie hatte zum ersten Mal keine schlechte Laune.

„Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen“, sagte sie und in ihrer Stimme lag aufrichtiges Bedauern. „Admiral van Dyke hat mich gerade über meine neue Aufgabe informiert und wenn ich das richtig interpretiere, dann war dies zum großen Teil Ihr Verdienst. Sie wussten es, nicht wahr? Bei Ihrem letzten Kontakt mit mir wussten Sie schon was kommen würde.“ Toni Sanders schüttelte den Kopf, „Nein, ich habe nur den Stein ins Rollen gebracht, was daraus geworden ist, weiß ich allerdings nicht.“, gab Captain Sanders zu verstehen.

„Nun, mein Wunsch eine Sternenbasis zu leiten wird wohl wahr werden und es wurde dazu noch die damals von mir getroffene Wahl berücksichtigt. Ich werde alles tun um mich dieser Aufgabe würdig zu erweisen. Wenn Sie einen Wunsch für ihre weitere Karriere haben, dann warten Sie nicht zu lange. Machen Sie nicht denselben Fehler wie ich.“

Toni Sanders setzte ein Lächeln auf, „Ich hatte Ihnen doch schon beim letzten Mal gesagt, jeder sollte das bekommen, was er verdient! Ich wünsche Ihnen allzeit eine gute Hand bei Ihren Entscheidungen. Der Dienst auf einer Sternenbasis ist sicher genauso anspruchsvoll, wie der auf einem Schiff, wenn nicht noch schwieriger.“ Rhonda Hershel nickte, „Eine Nachricht habe ich bereits an die Premierministerin Syndal abgeschickt. Sie hat es verdient eine Antwort zu erhalten. Ich habe sie eingeladen mich zu besuchen, vielleicht wird Velora ja tatsächlich ein neues Mitglied der Föderation, wer weiß. Wir bleiben in Verbindung, ich werde Sie finden, wo auch immer Sie sich mit einem Schiff herumtreiben. Ich habe Ihnen viel zu verdanken. Hershel, Ende“, damit erlosch der Bildschirm und Captain Sanders fiel gerade eben ein passender Satz ein, um ihren Bericht abzuschließen.

 

*  *  *

 

Toni Sanders ging das letzte Mal über die Brücke der USS MALINCHE. Es war ein gutes Schiff und sie hatte den Eindruck hier etwas bewegt zu haben. Vielleicht war noch nicht alles perfekt. Aber die Crew war auf einem guten Weg. Der einzige Offizier, der hier am Andockplatz auf der Brücke Dienst hatte, war ein Ensign, der vor dem Captainsstuhl stand, die Hände hinter den Armen verschränkt hielt und ein wachsames Auge auf den Captain hatte, der die Stationen der Brücke abschritt und mit einem letzten Gruß die Schaltzentrale des Schiffs verließ.

Während Captain Sanders im Turbolift stand, der Sie zu ihrem Ziel, dem Hangar, bringen sollte rekapitulierte sie, wie die letzten Wochen und damit der erste Auftrag als kommandierender Offizier gelaufen waren.

Der Anfang hatte so seine Tücken gehabt, aber sie hatte nicht nur einmal geliebäugelt mit der Idee, ein eigenes Kommando, oder sogar dieses Schiff dauerhaft befehligen zu können.

Der erste Einsatz als Captain war wohl immer etwas Besonderes und es ging sicher vielen so, dass man dieses Gefühl nicht enden lassen wollte, auch wenn man einen weiteren Auftrag auf einem anderen Schiff annehmen konnte. Der Turbolift hielt an und die Türen öffneten sich. Sie trat aus dem Lift in den Flur und folgte der sanften Biegung bis zum Tor des Hangars, wo sie der erste Offizier bereits erwartete.

Toni Sanders trat vor den hochgewachsenen Mann und blickte zu ihm auf, „Nummer Eins, alles erledigt?“, wollte sie wissen. „Aye Sir, wie befohlen hat die Crew die persönlichen Sachen des Captains aus seinem Quartier zusammengepackt und im Shuttle untergebracht. Es ist alles für Ihren Flug vorbereitet.“

Die Tür zum Hangar öffnete sich und die beiden Offiziere traten durch die Tür. Vor ihnen hatten sich die Führungsoffiziere versammelt, die dem Captain die Ehre erweisen wollten und die ihr jeweils die Hand entgegenstreckten, wohl um sich persönlich zu verabschieden.

Toni Sanders beschlich ein seltsames Gefühl der Melancholie. Mit diesen Personen hatte sie die letzten Wochen geteilt und in gewisser Weise hatte sie diese Crew bereits in ihr Herz geschlossen.

Captain Sanders blieb in der Shuttletür stehen und drehte sich zur Crew um. „Ich danke Ihnen, dass Sie gemeinsam mit mir diese Mission zum Erfolg geführt haben. Es ist nicht zuletzt der Verdienst von jedem Einzelnen auf dem Schiff, dass wir den Auftrag fristgerecht umsetzen konnten. Ich wünsche Ihnen allzeit guten Flug auch unter Ihrem nächsten kommandierenden Offizier. Auf wiedersehen.“ Toni Sonders winkte der Besatzung noch einmal zu, dann verschwand sie im Shuttle und die Türen schlossen sich. Nora Lendris hatte sich zuvor aus dem Spalier der Offiziere gelöst und das Steuer des Shuttles übernommen und Commander Nyle Rodgers hatte den Copilotensitz belegt, während Captain Sanders ein wenig breitbeinig hinter ihnen stand, um besseren Halt zu haben. Dass Shuttle verließ den Hangar, aber anstatt direkt zur Basis zu fliegen drehte es bei, flog langsam an den Steuerbordgondeln vorbei und am Hauptrumpf entlang. Der Flug ging unter dem Diskussegment am Hauptdeflektor vorbei, ging dann in einer aufsteigenden Kurve über die Backbordgondel und zog einen großzügigen Bogen.

So nah hatte Captain Sanders die MALINCHE noch nicht von außen gesehen. Der Flug führte wieder zurück vor das Schiff und nun steuerte Nora Lendris das Shuttle sehr nah über das Diskussegment. In diesem Moment bedauerte Captain Sanders, dass sie nun dieses Schiff wohl für einen anderen Auftrag verlassen würde.

Deutlich konnte man den beleuchteten Namen und die Registriernummer lesen, bevor das Shuttle über die Brücke nach hinten glitt.

Ein klein wenig rührte sich in ihr die Angst. Der Spruch ‚Einmal ein Springer, immer ein Springer‘, hatte sich schon viel zu oft bewahrheitet. So nannte man einen Captain ohne eigenes Schiff, mit immer neuen Kommandoaufgaben.

Der Flug des Shuttles jedoch ging weiter. Anstatt einem Kurs direkt zur Sternenbasis zu folgen, was sie zweifellos erwartet hatte, bog das Shuttle, für Captain Sanders völlig überraschend, wieder zum Hangar ab. Toni Sanders sah, wie ein weiteres Shuttle den Hangar verließ und die Basis ansteuerte. Sie ging davon aus, dass Admiral Van Dyke in diesem Shuttle saß und zur Basis zurückkehrte.

Ihr Shuttle setzte nun wieder zur Landung auf der MALINCHE an und Captain Sanders musste feststellen, dass inzwischen die gesamte Crew im Shuttlehangar anwesend war.

„Commander, was hat das zu bedeuten?“, wollte sie von ihrem ersten Offizier wissen.

„Tut mir leid Captain, ich befolge nur Befehle von höherer Stelle“, erwiderte dieser.

Unter dem Applaus der ganzen Mannschaft öffnete sich die hintere Shuttletür und Toni Sanders trat über die Klappe auf den Boden des Hangars. Durch die Crewangehörigen bahnte sich von hinten eine Person ihren Weg, bis sie aus der Menge hervortreten konnte.

Zu Tonis Überraschung war es kein anderer als Admiral Roger van Dyke, dieses Mal in seiner Admiralsuniform, der nun direkt vor ihr stand. „Was machen Sie denn noch hier, ich dachte, Sie seien mit dem Shuttle abgeflogen. Und wenn nicht, wer saß dann in dem Beiboot?“, wollte Captain Sanders etwas verwirrt von Admiral van Dyke wissen. „Eins nach dem Anderen“, antwortete der Admiral, setzte ein freundliches Gesicht auf und sagte leise: „Es wird alles gut, Sie müssen es nur wollen.“

So langsam hatte Toni das Gefühl, dass man sie hier verschaukeln wollte. Eine solche Tradition bei einem ersten Auftrag war ihr von anderen noch nicht berichtet worden, aber es konnte auch ein Einfall des Admirals sein, weil er ihre Familie so gut kannte.

Roger van Dyke drehte sich seitlich ein wenig um, so dass er sowohl Captain Sanders als auch die Crew der USS MALINCHE gut sehen konnte. Allen war klar, dass jetzt eine Ansprache erfolgen würde und die leisen Stimmen der Anwesenden verstummten.

„Werte Anwesende, als der begleitende Offizier dieses Einsatzes möchte ich mich bedanken für die hervorragende Zusammenarbeit in den Diensten der Flotte und dafür, dass im Besonderen die Crew den amtierenden Captain bei der Pflichterfüllung so tatkräftig unterstützt hat.

Während des Rückflugs wurden mir mehrere Bitten vorgetragen, die nur gemeinsam mit dem Flottenkommando umsetzbar waren. Der erste Offizier, Commander Nyle Rodgers hat mir einen dieser Vorschläge unterbreitet und dabei die Zustimmung der gesamten Crew für diese Vorgehensweise nachgewiesen. Es entspricht nicht den Sternenflottenbestimmungen, dass eine Mannschaft diese Entscheidungsgewalt ausüben darf. Es gibt jedoch auch keine Sternenflottenregel, die eine solche Maßnahme verbietet, das habe ich nachgelesen.“

Erste belustigte Stimmen waren zu hören und Admiral van Dyke hob beschwichtigend die Hand. Er drehte sich wieder zu Toni Sanders um.

„Captain Sanders, die gesamte Crew hat sich dafür ausgesprochen, dass Sie als Captain der USS MALINCHE dauerhaft auf dem Schiff stationiert bleiben. Die Sternenflotte hat nach dieser erfolgreichen Mission keinen Zweifel daran, dass Sie gemeinsam mit dieser Crew der Flotte alle Ehre machen werden. Gerne gebe ich daher die Führung dieses Schiffes in Ihre Hände.

Nehmen Sie dieses Kommando an?“, wollte Admiral van Dyke wissen.

Toni Sanders fehlten die Worte. Noch vor wenigen Minuten hatte sie im Turbolift darüber nachgedacht, ob sie sich für dieses Schiff bewerben sollte. Nie im Leben hätte sie mit einer solchen Überraschung gerechnet. Da sie noch immer keinen Ton herausbrachte, nickte sie nur einfach, was alle Anwesenden mit sofortigem Jubel aufnehmen.

Admiral van Dyke gab ihr die Hand, „Toni, meinen Glückwunsch. Ich sehe es gerne, wenn Offiziere aus meiner Ausbildung die verdienten Auszeichnungen erhalten. Ich freue mich mit Ihnen.“

Captain Sanders war noch immer so überwältigt, dass sie nicht viel herausbrachte „Danke, ich freue mich so sehr. Ich glaube mein Vater wird ausrasten.“

Damit begab sich Captain Sanders in einen Pulk von Gratulanten, während der Admiral still und heimlich ein bereitgestelltes Shuttle bestieg und das Schiff verließ.

 

Während Toni Sanders gemeinsam mit dem ersten Offizier den Hangar verließ und den Flur entlanggingen, sah sie ihn missbilligend an. „Sie haben mich belogen Nummer eins. Das war ein abgekartetes Spiel.“ Nyle Rodgers sah zu seinem Captain herab, „Das ist so nicht korrekt. Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass die Sachen des Captains aus seinem Quartier im Shuttle untergebracht wurden, welches bei unserer Rückkunft abgeflogen ist. Ihre Sachen wurden bei dieser Gelegenheit in das Quartier des Captains verbracht in weiser Voraussicht, dass Sie unser Angebot nicht ablehnen würden. Außerdem habe ich Ihnen gesagt, dass das Shuttle für Ihren Flug bereitsteht. Sie haben freundlicherweise nicht nachgefragt, wo es hingeht, und haben aus Ihrer Sicht falsche Schlüsse gezogen, was uns ganz zupasskam.“

Toni Sanders knuffte ihren Kollegen mit dem Ellbogen in die Seite und grinste ihn an. „Tun Sie das nie wieder.“ Nyle Rodgers schüttelte den Kopf, während sie den Turbolift bestiegen. „Das würde mir im Traum nicht einfallen“, entgegnete er. „Brücke!“ war die Anweisung von Captain Sanders zu hören und der Lift setzte sich in Bewegung.

 

 

 

Ende

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