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Der Aufpasser

von Harald Latus

Kapitel 14

Kapitel 14

 

Toni Sanders legte ihre Galauniform an. Sie fand, dass dies dem Anlass angemessen war. Sie prüfte ihr Aussehen im Spiegel und befand es für die richtige Wahl. Dann trat sie aus dem Quartier und begab sich zum Turbolift. Drei weitere Crewmitglieder eilten ihr voraus, um rechtzeitig am Ort des Geschehens zu sein. Nachdem der Captain gemeinsam mit Ihnen den Lift betreten hatte, gab sie das gewünschte Ziel ein. „Deck elf!“ Der Lift setzte sich in Bewegung und Captain Sanders zog ihre Uniform zurecht, dann öffnete sich auch schon die Tür und die drei Crewmitglieder liefen in den Flur. So eilig hatte es der Captain nicht. Gemäßigten Schrittes trat sie aus dem Turbolift und ging nach links, bis der Flur eine Abbiegung machte. In dem Moment, in dem sie um die Ecke trat, sah sie den ersten Offizier, der ebenfalls in Galauniform erschienen war Die Crew stand aufgereiht zu beiden Seiten des Flures an der Wand und Captain Sanders schritt durch ein Spalier von Offizieren, Mannschaften und einigen Zivilisten, die sich hier zusammengefunden hatten. Langsam ging sie mit Commander Nyle Rodgers den Gang entlang, bis sie zum Eingang der neuen Mannschaftsmesse vorgedrungen war.

Einen ersten Eindruck hatte sie bereits gestern erhalten, dennoch war sie überrascht, als sich die Türe öffnete. Lieutenant Lewis Almond empfing sie auf der anderen Seite. „Captain, hiermit übergebe ich Ihnen den Schlüssel für ihre neuen Räume.“ Mit einer Geste hielt er ihr einen altertümlichen Schlüssel entgegen, den man früher für Türen verwendet hatte. Der Raum war inzwischen liebevoll dekoriert worden, es standen Pflanzen und andere Einrichtungsgegenstände bereit, die eine heimelige und wohnliche Atmosphäre erzeugten. Eine leise entspannende Musik erklang aus den Lausprechern und Captain Sanders ließ noch einmal ihren Blick schweifen.

Es gab zwei Zugänge zu diesem Raum, zwischen den Türen war vor der Wand eine halbrunde Theke vorhanden, an der Barhocker standen. Zu beiden Seiten des Raumes waren zwei nach oben abgestufte Bereiche zu sehen, an denen Tische und Stühle platziert waren. Auf der gegenüberliegenden Seite der Bar ermöglichten drei breite Fenster den Ausblick in den freien Raum hinter der MALINCHE.

Da das Schiff zu diesem Zweck angehalten hatte, war nur der statische Anblick der Sterne zu sehen. Die Brücke war für diese Zeit automatisiert und über ein kleines Padd konnte man auf alle notwendigen Kontrollen zugreifen. Dieses Padd befand sich in den Händen des ersten Offiziers. So konnten alle an den Feierlichkeiten teilnehmen.

Vor jedem Fenster stand jeweils eine Bank die zum Ausblick auf die Sterne einlud. Der Bereich von der Fensterfront bis zur Bar war geräumig und mit unterschiedlichen Sitzgelegenheiten bestückt, die auch zuließen, dass man sich in kleiner Runde zusammensetzen konnte. Im zentralen Bereich war jedoch ein großer Milchglasboden eingelassen, dessen Bedeutung sich für den Captain nicht erschloss, da der Rest des Raumes mit einem schallschluckenden Teppich versehen war. Aber sie war sich sicher, dass es auch dafür einen guten Grund gab.

Captain Sanders sah zu, wie sich der Raum mit der Crew füllte, Lewis Almond hatte dafür gesorgt, dass drei Zivilisten die Bedienung übernahmen, damit die Sternenflottencrew frei von Aufgaben war.

Der Captain konnte sehen, dass einige Leute begeistert in die Hände klatschten und staunend das neue Innendesign bewunderten. Es war auf alle Fälle etwas ganz anderes als die alte Messe für die Mannschaft.

Nachdem jeder einen Platz gefunden hatte, rutschte Toni Sanders von Ihrem Barhocker und wartete, bis die Gespräche und das Getuschel aufgehört hatten. Ein kleiner Scheinwerfer hatte sie erfasst, während der Rest des Raumes abgedunkelt wurde. und damit war klar, dass nun der offizielle Teil beginnen würde. Dann startete sie mit ihrer Ansprache.

„Werte Anwesende, ich begrüße sie recht herzlich hier im ‚Odyssey 2001‘, der neuen Messe auf der MALINCHE, zu unserer Feier anlässlich des erfolgreichen Abschlusses unserer Mission.“, allein dafür brandete schon ein erster Applaus auf, den Captain Sanders nur mit Mühe wieder beruhigen konnte. „Ich möchte zunächst meinen Dank an Lieutenant Lewis Almond und sein team richten, der in diese Umgestaltung sehr viel Arbeit gesteckt hat und mir versicherte, dass es weitere Überraschungen geben werde. Wir dürfen also gespannt sein, was uns heute Abend noch erwartet.

Für uns alle liegen ereignisreiche Wochen hinter uns. Ich hatte die Ehre mein erstes Kommando führen zu dürfen. Sie alle mussten sich für diese Zeit an einen neuen Captain gewöhnen, der vieles anderes macht als ihr üblicher kommandierender Offizier. In meiner Zeit auf diesem Schiff habe ich viele neue Dinge erfahren und einiges dazugelernt. Nicht immer kann man sich darauf verlassen, dass wichtige Dinge auch angesprochen werden. Ohne Absicht musste ich von Petty Officer Tora March erfahren, dass die Verhältnisse auf den unteren Decks alles andere als optimal waren. Ich habe dies zum Anlass genommen das zu ändern. Wie ich von Commander Rodgers erfahren konnte, verfügt nun jedes Crewmitglied über seinen eigenen Wohnbereich, was mit einem gewissen Maß an Privatsphäre einhergeht.“ Für diese Äußerung wurde der Captain erneut mit einem spontanen Applaus und zustimmenden Rufen bedacht und sie hatte Mühe die Leute wieder zur Ruhe zu bringen. „Mir ist bewusst, dass ich Ihnen viel abverlangt habe und wir Situationen überstehen mussten, die überraschend und nicht minder gefährlich waren. Doch als Team haben wir unseren Auftrag erfüllt und konnten die Erwartungen der Sternenflotte für diese Mission sogar übertreffen. Ich freue mich Mitglied dieses Teams sein zu können, auch wenn es wie vorher bereits bekannt war, nur ein temporärer Auftrag ist.

Es erfüllt mich mit Stolz, dass sich einige Personen dieser Crew durch ihre Leistungen hervorgehoben haben und ich möchte die Gelegenheit nutzen dies zu honorieren, daher rufe ich Lieutenant Villiana Roskova auf, vorzutreten.“ Die angesprochene war mehr als verwundert, sie stand langsam von ihrem Platz auf und trat nach vorne. Plötzlich begann der ganze Raum zu tuscheln, denn scheinbar war es unüblich, dass der Captain auf diesem Schiff derartige Dinge vornahm.

Lieutenant Roskova trat vor den Captain. Toni Sanders zog eine kleine Schatulle aus ihrer Hosentasche und entnahm einen schwarzen Pin mit einem goldenen Rand.

„Ihrem Dienstalter entsprechend sowie für Ihre Verdienste um das Schiff, im Besonderen in der Situation, bei der wir uns von Piraten verfolgt sahen, erhebe ich Sie in den Rang eines Lieutenant Commanders und übertrage Ihnen offiziell die Führung des Wissenschaftsteams.“ Damit steckte der Captain den Pin an Roskovas Uniform, die sich mit einem Handschlag und einer Verbeugung beim Captain bedankte. Mit Applaus wurde sie zu ihrem Platz begleitet. Es war eine Situation wie sie Toni Sanders noch nicht gesehen hate. Die ganze Crew freute sich mit der Wissenschaftlerin und als sie an ihrem Tisch ankam, wurde sie mit lautem Johlen und Schulterklopfen empfangen.

Nachdem sich der Trubel ein wenig gelegt hatte, stand der Captain wieder im Fokus des Interesses.

„Als ich auf dieses Schiff kam und die vor mir liegende Aufgabe vollends begriff, war es wichtig schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen, die ein Gelingen dieser Mission möglich machen konnten. Ich habe daher einem Crewmitglied ein Versprechen gegeben, welches ich hiermit einlösen möchte. Lieutenant Henry Walker, treten Sie vor.“ Der Chefingenieur hatte wohl inzwischen eine Ahnung was ihm bevorstehen würde. Auch er stand von seinem Platz auf und kam auf den Captain zu. Direkt vor ihr blieb er stehen.

„Lieutenant Walker, ich hatte Ihnen in Aussicht gestellt, dass ich Ihren Wunsch um Beförderung zum Lieutenant Commander berücksichtigen würde, sofern Sie das Wunder vollbringen, den Slipstreamantrieb in Funktion zu nehmen und die veranschlagte Reisezeit einzuhalten. Sie haben dieses Wunder vollbracht und sich diese Beförderung redlich verdient.“ Auch ihm heftete sie einen schwarzen Pin mit goldenem Rand ans Revers und ließ ihn unter klatschen und pfeifen wieder zu seinem Platz zurückwandern.

Es dauerte wieder eine kleine Weile, bis sich die Menge beruhigt hatte. Dann kam Captain Sanders auf einen weiteren Punkt zu sprechen. „Wir sind noch nicht fertig, denn es gibt noch weitere Personen, die sich auf der vergangenen Mission durch vorbildliche Leistungen im Dienst verdient gemacht haben Lieutenant Junior Grade Ucla Codas und Lieutenant Junior Grade Nora Lendis, bitte treten sie vor.“ Schon als die blauhäutige Frau ihren Namen hörte hatten sich ihre Fühler am Kopf in Richtung des Captains gedreht.

Die Andorianerin und die Steuerfrau lösten sich von Ihrem Tisch, an dem fast die gesamte Brückencrew saß und traten nach vorne. Sie nahmen vor dem Captain Aufstellung und Toni Sanders setzte ein süffisantes Grinsen auf. „Hiermit spreche ich Lieutenant Ucla Codas eine förmliche Belobigung aus, die in den Akten vermerkt wird. Sie hat mit der Idee, die Shuttles per Fernsteuerung zum Planeten zu bringen maßgeblich zur Vermeidung eines Infektionsrisikos und dem Gelingen der Mission beigetragen.

Lieutenant Nora Landis, auch Ihnen spreche ich eine förmliche Belobigung aus, die in den Akten vermerkt wird. Sie haben das Schiff vorbildlich aus einer Gefahrensituation gesteuert und die Gesamtverantwortung für den reibungslosen Ablauf der Versorgungsflüge sichergestellt.“

Die beiden Frauen freuten sich über die anerkennenden Worte des Captains, die ebenfalls vom Jubel der Crew begleitet wurden. Die Freude war ihnen sichtlich anzumerken, denn das breite Grinsen wollte nicht mehr aus ihren Gesichtern weichen. Sie bedankten sich beim Captain und wollten den Rückweg zu ihrem Tisch antreten, als Toni Sanders sie auf halbem Wege stoppte. „Meine Damen Sie haben etwas vergessen, würden Sie noch einmal zu mir kommen?“ Verwundert über die Aussage des Captains, machten sie kehrt und traten mit verwirrter Miene wieder vor den Captain, die Ihnen die rechte Faust entgegenhielt, deren Finger sie nun nach oben öffneten. Das Publikum konnte es nicht sehen, aber auf der offenen Hand lagen zwei goldene Pins was die beiden fast ausrasten ließ. Sie fassten sich an den Schultern und hüpften auf und ab, bis der Captain mit einer Geste andeutete, dass sie weitermachen wollte.

„Hiermit ernenne ich sie beide zum Lieutenant Senior Grade. Ich gratuliere!“ Das Anstecken der Pins gestaltete sich für Captain Sanders etwas schwierig, weil die Frauen so hibbelig waren, dass sie Mühe hatte die Rangabzeichen korrekt anzubringen. Tosender Applaus setzte ein und die beiden Frauen wurden gefeiert wie Königinnen.

„Zum Abschluss möchte ich noch etwas bekannt geben. Lieutenant Akio Watanabe, hiermit bestätige ich Ihren Rang als Lieutenant Junior Grade und werde dies Aktenkundig machen.“ Auch dafür gab es noch einmal einen anerkennenden Applaus.

„Ich bin mir sicher, dass Sie Ihrem Rang alle Ehre machen werden und für das Schiff einen wichtigen Beitrag leisten werden.

Lieutenant Almond hat mich noch gebeten darauf hinzuweisen, dass ab sofort auch der neue Regenerationsbereich in der alten Messe zugänglich ist, ebenso wie ein Kraftraum, sowie ein Raum für gerätefreie Turnübungen, Gymnastik und Yoga. Ich bin der Ansicht, dass es zum guten Ton gehört, diese Bereiche allen Crewmitgliedern zugänglich zu machen, das schließt auch das bisherige Kasino mit ein. Das erleichtert sowohl die Arbeit, dient der Entspannung und verkürzt die Wege in den Pausen. Die Einrichtung neuer Räume für einen Kraftraum und Gymnastik entlastet zudem das vielgebuchte Holodeck und die Räume werden dauerhaft zur Verfügung stehen. Das bietet nebenbei auch Gelegenheit sich in allerlei Wettbewerben zu messen. Ein zusätzliches Feature speziell dazu hat mir Lieutenant Almond noch versprochen, es mir aber noch nicht verraten, vielleicht sollten wir nachher einmal nachsehen. Ich wünsche uns allen einen schönen interessanten und entspannenden Abend.“

Damit endete die Ansprache des Captains, die sich nun auf ihren Barhocker zurückzog und sich einen Drink bestellte. Im Raum erhob sich nun für einen Moment ein reges Geplauder dass gelegentlich von „Hoch“ Rufen unterbrochen wurde, weil die Crewkameraden die Beförderten ausgiebig feierten.

Toni Sanders saß auf ihrem Barhocker und schaute in den Raum, links von ihr saß Roger van Dyke wie gewohnt in Freizeitkleidung, recht von ihr hatte sich der erste Offizier niedergelassen.

„Wo ist eigentlich Lieutenant Almond? Hat er überhaupt meine Worte mitbekommen, auch ihm gilt ja ein Dank für seinen Einsatz.“, erklärte Captain Sanders.

„Ich glaube, das hat er noch mitbekommen, aber er bereitet wohl etwas vor, auf das ich mich schon sehr freue.“, bemerkte Roger van Dyke, der ein breites Grinsen aufgesetzt hatte.

„Die Einrichtung ist echt geschmackvoll gelungen, ich kann nur nichts mit dem Glasboden anfangen, da hätten prima noch vier zusätzliche Sitzelemente hingepasst“, wies Toni Sanders auf die freie Fläche hin, der sie so spontan immer noch keinem Nutzen zuordnen konnte.

„Morgen vielleicht, aber heute brauchen wir den Platz für etwas anders“, grinste van Dyke wissend. Im selben Moment wurde es plötzlich stockdunkel bis auf die schmalen Notbeleuchtungsstreifen, die im Boden eingelassen waren und auf die Türen zeigten. Ein Suchscheinwerfer an der Decke irrte im Raum umher und leuchtete in verschiedene Richtungen. Bis plötzlich eine uralte Diskonummer ertönte und ein Mann im weißen Anzug und schwarzem Hemd mit beschwingten Schritten in die Mitte des Raumes trat. Beim ersten Tritt auf den Glasboden wurde auch dessen Bestimmung klar. Farbige Leuchten von unten und diverse bunte Spots an der Decke strahlten im Rhythmus der Musik und tauchten den ganzen Raum in ein buntes Licht, während Lewis Almond mit beschwingten Schritten und heftig wippenden Hüften eine Solotanznummer absolvierte, die von den Zuschauern zunehmend mit Applaus bedacht wurde. Der Titel „Stay’in Alive“ hatte zwar keinen Bezug mehr zur heutigen Zeit aber allein diese beiden Worte waren auf einem Schiff in der lebensfeindlichen Umgebung des Weltraums immer noch aktuell. Schnell, geschickt und mit eleganten Schritten schwebte Lewis Almond über die gesamte Tanzfläche und zeigte seine einzigartigen Tanzmoves, die einer völlig anderen Ära entstammten.

Als der Song zu Ende ging, hatte er sich aus dem inzwischen an die Tanzfläche herangetretenen Publikums eine Frau ausgewählt, mit der er eine Paartanznummer begann, die harmonisch und gut einstudiert war. Captain Sanders erkannte Ming na Wuu, auch wenn sie in einem besonderen Kleid steckte, das wohl zur Nummer gehörte. Der Titel des Tracks hieß passenderweise „More than a Woman.“ Almond zeigte eine Mischung aus verschiedenen Tanzstilen Disko, Lateinamerikanisch und sogar klassische Elemente wechselten sich ab und vermittelten einen Eindruck an die Welt wie sie vor mehreren hundert Jahren einmal real war. Auch Ming na Wuu musste sicherlich lange üben, um diese Schrittfolge mit Perfektion zu beherrschen.

Nachdem das Paar zum Abschluss des Songs mit reichlich Applaus versehen wurde und der nächste Track „Night Fever“ lief, stürmten die ersten Crewmitglieder die Tanzfläche und begannen in rhythmischen Bewegungen über die Leuchtflächen zu tanzen. Admiral van Dyke erinnerte das an einen alten Auftrag, bei dem eine solche Bewegung als Kommunikation benutzt wurde. Schmunzelnd dachte er an diese Zeit zurück. Zeigte es doch, dass viele Dinge wie Musik, Tanz und Gesang universale Verständigungen waren, die neben der Sprache ebenfalls eine klare und festgelegte Bedeutung haben konnten.

Lewis Almond tauchte aus dem Gewimmel der Tanzenden vor dem Captain auf. Immer noch war sein ganzer Körper in Bewegung und folgte der Musik. „Was halten Sie davon, wenn wir uns jetzt einmal die fertiggestellten neuen Räume ansehen, die meine Crew geschaffen hat.“, schlug er dem Captain vor, was diese begeistert aufnahm. Der erste Offizier und Roger van Dyke schlossen sich an und auch einige andere, die nicht unbedingt die aktuelle Musikauswahl begeistert aufnahmen folgten Ihnen.

Auf dem gleichen Deck ging es zuerst in den Kraftraum, in dem viele Geräte zur Leibesertüchtigung einluden. Vom Laufband über Gewichtstraining, Radfahren, Stepper und sogar Geräteturnen war alles möglich. Dafür hatte Lewis Almond einen entsprechend großen Raum gewählt, der es zuließ, dass viele Crewmitglieder gleichzeitig trainieren konnten.

Ein weiterer Raum gleicher Größe hatte zunächst die Anmutung einer Halle, weil sich darin lediglich eine übergroße Bodenmatte befand. Hier konnten die Crewmitglieder jedwede gymnastische Übung durchführen und Lewis Almond erklärte, dass der Bereich sogar die offiziellen Wettkampfabmessungen hatte. Captain Sanders bezweifelte aber in ihren Überlegungen, ob er das damit gemeint hatte, als er über eine große Überraschung für Wettkämpfe gesprochen hatte. Es war etwas zu speziell und nur für gewisse Crewmitglieder geeignet.

Weiter zog der Tross der Offiziere bis zum neu ausgebildeten Regenerationsraum, der allerdings anders war als sich Captain Sanders vorgestellt hatte. Sie verband Regeneration mit Ruhephasen wie einem Spa oder ähnlichen Annehmlichkeiten die Entspannung boten.

Was sie hier sah, war jedoch nahezu das Gegenteil. In der Mitte des Raumes stand ein großer Billardtisch mit einer tiefhängenden abgeschirmten Leuchte, die lediglich den grünen Belag anstrahlte, der für Spiele verschiedener Art umbaufähig war. Ob nun Pool, Snooker oder Karambolspiel, alle Varianten waren mit wenigen Handgriffen verfügbar. Zwischen den beiden Türen stand eine kleine Bar, in der man mit Selbstbedienung verschiedene Drinks mixen konnte. Auf der linken Seite schlossen sich Abwechselnd Flipper und Arcadeautomaten an, auf der rechten Seite befanden sich mehrere gemütlich angeordnete Sitzgruppen, teilweise mit Gesellschafts- und Brettspeilen, allem voran das mehrdimensionale Schachbrett. Zusätzlich gab es einen mit grünem Tuch bespannten Pokertisch. An der hinteren Wand fanden sich links und rechts zwei sehr bequeme halbrunde Sitzelemente mit Tisch, die jedoch ungewöhnlicherweise auf die Wand zeigten. Dazwischen war ein Sichtschirm angebracht, der aktuell die Sicht voraus zeigte.

Roger van Dyke hatte sich umgehend an einen der Flipperautomaten gestellt. So ein Gerät hatte er schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Die silberne Kugel, die auf dem Tisch umhergestoßen wurde, war unterhaltsam und sorgte für ein bekanntes Gefühl. Schnell löste er sich davon, als Lewis Almond nach vorne vor den Sichtschirm trat.

Der Commander konnte sich noch gut daran erinnern, dass ihn Almond nach einer Erweiterung gefragt hatte, die allerding keinen Ausreichenden Platz für weitere Stuhlreihen geboten hätte.

„Ladies and Gentleman, werte Gäste begrüßen Sie nun die einzigartige Installation dieses Schiffes.

Ich erlaube mir Ihnen folgendes vorzustellen:“ damit drückte er einen kleinen Knopf und die Wand vor den halbrunden Sofaelementen fuhr als Rollmechanik nach oben und gab links und rechts jeweils eine Bowlingbahn frei.

Der Applaus der Anwesenden war ihm gewiss. Mit einer solchen Umsetzung hatte niemand gerechnet und das war sicherlich ein Highlight, das bei der Crew sehr gut ankommen würde.

Neben Captain, erstem Offizier und Admiral van Dyke hatte sich inzwischen auch die frischbeförderten Crewmitglieder der Führung angeschlossen und bewunderten die gelungene Umgestaltung der alten Messe. Während die ersten Crewmitglieder den Raum bevölkerten und die angebotenen Spiele begannen, trat Lieutenant Almond in den Kreis der Brückenoffiziere.

„Eine kleine Überraschung habe ich für Sie noch. Nachdem Sie die öffentliche Nutzung von Casino, Messe und den weiteren Räumen für alle Crewmitglieder freigegeben haben, ist es sicher eine gute Idee, wenn es auch weiterhin einen Rückzugsort für die Offiziere gibt, der nicht so überlaufen ist. Bitte folgen Sie mir“, erklärte Lieutenant Almond und setzte sich in Bewegung. Die Offiziere folgten ihm gespannt, was er Ihnen jetzt noch präsentieren wollte, denn eigentlich waren alle Optionen des Schiffes inzwischen ausgenutzt.

Der Weg ging erneut über den Turbolift und endete auf Deck neun, wo sich Lieutenant Almond im Flur nach links wandte. Die Offiziere folgten bis zu einer Tür, über der in einer Leuchtschrift in geschwungener Schreibschrift der Name „Hyperspeed“ zu lesen war. Die Türe öffnete sich und gab einen Raum frei, der wie in einer Lounge mit großen bequemen und schweren Ledersesseln kleinen Tischen und Pflanzen liebevoll eingerichtet war. Leise unaufdringliche Jazzmusik tönte aus den Lautsprechern. Das Besondere daran war, dass es sich um den bisher kaum genutzten vorderen Ausguck handelte. Man konnte in Flugrichtung aus dem breiten Panoramafenster sehen und somit die ganze Pracht der Sterne genießen, lediglich getrennt durch eine große Scheibe transparenten Aluminiums. Damit wurde auch der Name des Raumes klar. Wenn man mit Warp oder Slipstream unterwegs war, gab es kaum einen Platz im Schiff, an dem eine solche einmalige Aussicht möglich war und man die Geschwindigkeit so hautnah miterleben konnte wie an diesem Ort.

Toni Sanders drehte sich zu Lewis Almond um. „Sie haben wirklich Ihre Berufung verfehlt. Wenn ich daran denke wie viel besser sie dieses Schiff mit Ihren Ideen gemacht haben, dann könnten auch andere davon profitieren.“

Lewis Almond fühlte sich geschmeichelt. „Vielen Dank Captain. Ich bin ganz zufrieden damit, dass ich mein Hobby hier ausleben darf und ich bin auch ein klein wenig stolz, dass es allen so gut gefällt. Wenn Sie wieder einmal Bedarf haben, wissen Sie ja, wo Sie mich finden.“ Damit verabschiedete er sich und ließ die Offiziere allein. Roger van Dyke trat hinter die Bar, die sich an der gegenüberliegenden Seite der Fenster an der Wand befand. „Möchte jemand einen Drink, um diese gelungene Überraschung zu feiern? Ich mixe Ihnen alles, was sie wollen.“

Captain Sanders war die erste die sich etwas bestellte und die anderen folgten schnell. In gemütlicher Runde saßen sie noch lange zusammen, bevor sie den Abend ausklingen ließen.

 

*  *  *

 

Am frühen Morgen, als Captain Sanders wieder im Bereitschaftsraum saß baute sie eine Verbindung zu dem Terminal auf, über welches sie bei Ihrem Dienstbeginn kontaktiert worden war. Eine Dame in den Fünfzigern mit unordentlichen Haaren trat vor den Bildschirm, sie trug eine Sternenflottenuniform im Rang eines Captains. Als sie sah, wer sie kontaktierte reagierte sie abweisend.

„Sie schon wieder, was machen Sie denn immer noch auf meinem Schiff?“, wollte sie wissen. In ihrem Tonfall schwangen Ärger, Frustration und ein wenig Wut mit. Wahrscheinlich hatte sie erkannt, dass man sie absichtlich aus dem Verkehr gezogen hatte.

„Mein Auftrag ist annähernd abgeschlossen, ich habe eine Medikamentenlieferung nach Velora Prime geflogen und werde das Schiff in Kürze wieder verlassen. Ich war nur der Ersatz für Ihre Krankenzeit.“, erklärte Captain Sanders.

„Erzählen Sie mir keinen Unfug Kind, auf meinem letzten Flug habe ich mehr als zweieinhalb Jahre für den Rückflug verbracht, kein Schiff ist so schnell, dass es den Hin- und Rückflug in annähernd zehn Wochen schafft. Zählt es jetzt schon zur gängigen Praxis der Sternenflotte, dass man von Neulingen veralbert wird?“, ließ Rhonda Hershel Ihrem Unmut mit schriller Stimme freien Lauf.

„Sie vergessen vielleicht, dass Ihr Schiff eine neue funktionierende Antriebstechnologie hat, die dies in den Bereich des Möglichen versetzt. Ich soll Ihnen schöne Grüße von Syndal ausrichten, sie vermisst die anregenden Gespräche mit Ihnen und ist enttäuscht, dass Sie sich nicht wieder gemeldet haben.“, gab Tomi Sanders zurück

„Sie fühlen sich wohl ganz groß, nachdem Sie einen einzelnen Auftrag geschafft haben, aber lassen Sie es sich gesagt sein von jemandem, der schon länger in diesem Stuhl gesessen hat wie Sie, es läuft nicht immer so wie man sich das in seinem stillen Kämmerlein vorgestellt hat.“

Toni Sanders musste an sich halten, diese Frau war wirklich sehr verbittert und sie konnte die Enttäuschung nachvollziehen, die sie mitgemacht hatte.

„Ich bin dafür, dass jeder das erhält, was er verdient“, versuchte Toni das Gespräch in eine positive Richtung zu lenken, was jedoch von Rhonda Hershel komplett anders aufgefasst und sofort gekontert wurde. „Oh, und da haben Sie direkt an mich gedacht, na vielen Dank auch. Sie sind ja noch grüner hinter den Ohren, als ich gedacht habe“, ließ Rhonda Hershel vernehmen.

„Sie schätzen das völlig falsch ein.“, erwiderte Captain Sanders, „Sie werden sicherlich nicht auf die USS MALINCHE zurückkehren. Mein begleitender Admiral hat mich bereits darüber informiert“, Rhonda Hershel musste lachen, es war ein gehässiges, abwertendes Lachen aber Toni Sanders war klar, dass der Captain am anderen Ende der Leitung noch nichts von dem wusste, was Admiral van Dyke ihr bereits mitgeteilt hatte.

„Ach, auch noch so ein Ersteinsatz mit Aufpasser, na da hat man sich ja bei der Sternenflotte wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Ich habe wichtigere Dinge zu tun als mir Ihre Tiraden anzuhören, lassen Sie mich in Ruhe.“ Damit verschwand das Bild von Captain Hershel vom Schirm und wurde durch das Sternenflottenlogo ersetzt.

Das war ja alles andere als gut gelaufen. Toni schalt sich einen Narren, diesen Versuch unternommen zu haben. Dabei wollte sie nur leise anklingen lassen, dass Admiral van Dyke durch die Sternenflotte grünes Licht für die Umbesetzung erhalten hatte und sich Rhonda Hershel bald auf die Aufgabe der Leitung einer Sternenbasis freuen konnte. Da sie aber weiterhin so abweisend war, konnte ihr Toni diese gute Nachricht gar nicht überbringen, dass sich etwas positives in ihrem Leben ändern würde. Freilich wollte sie dem Admiral nicht vorgreifen, aber ein kleiner Hinweis wäre zumindest möglich gewesen.

So blieb ihr nur die Ankunft auf der Raumbasis abzuwarten. Für sie würde es dann mit einem neuen Auftrag weitergehen.

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