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Ponu Faru

von Emony

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ZWEI WOCHEN SPÄTER

„Wie fühlen Sie sich, Sub-Commander?“ Dr. Phlox sah von dem medizinischen Scanner in der Hand auf und der Vulkanierin in die Augen.

Sie hob die linke Augenbraue an und dachte einen Moment über die Frage nach, bevor sie antwortete. „Unruhig“, sagte sie schließlich stoisch. In den vergangenen Wochen kam es bei ihr immer häufiger zu unkontrollierbaren Gefühlsregungen, die sie zunehmend beunruhigten. Und inzwischen war sie sich dessen bewusst, dass dies nicht mit ihrem Zusammenleben mit Menschen zu tun hatte, sondern dass die Wurzeln ganz woanders verankert waren. Sie war inzwischen in einem Alter, in dem sie verheiratet sein sollte, doch sie hatte ihren vorgesehenen Lebensgefährten abgelehnt, um an Bord der Enterprise bleiben zu können. Davon, dass die männlichen Vulkanier durch das Pon Farr gingen und in den Stand der Ehe traten, wusste sie. Aber bislang hatte ihr niemand gesagt, dass offensichtlich auch Vulkanierinnen eine vergleichbare Veränderung durchmachten, wenn es an der Zeit war das Bündnis der Ehe einzugehen und einen Lebensgefährten zu wählen.

Eine andere Erklärung gab es nicht für ihre mentale Verwirrung und die immer häufiger auftretenden emotionalen Reaktionen. „Wie ist mein Zustand?“, erkundigte sie sich.

„Nun, Anzeichen für ein Blutfieber, wie Sie es nannten, kann ich keine finden. Aber Ihr Zustand ist dennoch ernst, Sub-Commander.“ Dr. Phlox legte den Scanner beiseite und musterte sein Gegenüber einige Zeit. „Ich konnte in Ihrem Blut eine Erhöhung des Hemoglobinwertes feststellen. Und Ihre Gehirnfunktionen sind stark angestiegen, was den Verlust der Kontrolle über Ihre Emotionen erklären würde. Ebenso sind Ihr Puls und der Herzschlag stark erhöht.“ Normalerweise schlug das Herz eines gesunden Vulkaniers 240 mal in der Minute, bei einem Puls von 80 zu 40. T’Pols Herz schlug jedoch 260 mal in der Minute, bei einem Puls von 100 zu 60. Lange würde ihr Körper dies nicht ertragen und letztlich kollabieren, wenn er nicht bald einen Weg fand um ihr zu helfen. Allerdings hatte er nicht die geringste Ahnung, was diese Veränderungen bei ihr bewirkte, was eine baldige Heilung deutlich erschwerte.

T’Pol rutschte vom Biobett herunter. „Ich werde mich bei meinen Eltern erkundigen, was diese Veränderungen bewirkt und Ihnen gegebenenfalls Bescheid geben, Doktor.“ Mit diesen Worten ließ sie den Denobulaner in der Krankenstation stehen und machte sich auf den Weg in ihr privates Quartier. Sollte ihre Vermutung zutreffen, so würde sie sich wohl oder übel doch zurück nach Vulkan begeben müssen, um in den Stand der Ehe zu treten, auch wenn ihr der Gedanke missfiel einen Mann zu heiraten, den sie nicht kannte. Die einzige Alternative bestand darin eine interspezielle Ehe auf der Enterprise einzugehen, um zu gewährleisten, dass sie ein weiteres Jahr an Bord des Sternenflotten Raumschiffes würde bleiben können. Doch diese Möglichkeit wagte sie kaum in Betracht zu ziehen, da der einzig logische Partner ihr direkter Vorgesetzter war. T’Pol bezweifelte jedoch, trotz des Gesprächs mit Hoshi vor einigen Wochen, dass ihr Jonathan Archer mehr als Respekt und allenfalls Vertrauen entgegenbrachte. Für sie war dies ausreichend, um das Ehebündnis einzugehen, doch sie wusste, dass Menschen aus Liebe einen Lebensgefährten wählten und nicht etwa der Logik wegen.

EINIGE STUNDEN SPÄTER

Sie hatte ihren Dienst angetreten und arbeitete an ihrer Station als der Captain die Brücke nach ihr betrat und ihren Blick für einige Sekunden entgegnete. Erneut fühlte sie dieses befremdliche Kribbeln, dort wo sich ihr Magen befand und das ihr mehr als suspekt erschien. Weshalb empfand sie dieses Gefühl jedes Mal, wenn sie sich in Jonathan Archers Nähe befand? Wozu war dieses Gefühl gut? Und ließ es sich nicht irgendwie vermeiden? Ihre Gedanken rasten, während sie versuchte sich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren. Es gelang ihr jedoch nicht. Ihr Gewissen ließ es nicht zu, dass sie wie gewohnt ihren Dienst verrichtete und sie wusste, dass es an der Zeit war den Captain über ihren Zustand und ihren bevorstehenden Weggang zu informieren.

Sie suchte einige Augenblicke nach den geeigneten Worten und atmete tief durch. „Captain.“ Er wandte sich zu ihr um, noch eher er auf seinem Sesseln Platz nahm. „Hätten Sie einen Augenblick Zeit?“

„Sicher“, nickte er und deutete in Richtung Bereitschaftsraum. Sein Instinkt sagte ihm, dass dies ein Gespräch unter vier Augen sein sollte. Er betrat nur Augenblicke später den Raum und drehte sich zu seinem Wissenschaftsoffizier um, sobald sich die Tür hinter ihr schloss. „Was gibt es, Sub-Commander?“

„Ich möchte Sie darüber informieren, dass ein vulkanisches Schiff hierher unterwegs ist, um mich abzuholen“, erklärte sie und schluckte hart, angesichts von Archers betroffenem Gesichtsausdruck. Ihre Worte setzten ihm schwer zu und verwirrten ihn gleichermaßen.

„Warum?“ Mehr brachte er nach dem Schock erst mal nicht über die Lippen.

„Vor einigen Wochen habe ich erstmals Veränderungen bei mir bemerkt. Etwa zur selben Zeit, als wir Menos gefangen nahmen.“ Sie machte eine Pause und fuhr dann fort, noch ehe der Captain eine weitere Frage stellen konnte. „Die Veränderungen sind sowohl körperlicher als auch geistiger Natur. Ich befinde mich in einem ernstzunehmenden Zustand, wie mir der Doktor heute Vormittag versicherte, und für dessen Heilung ich zurück nach Vulkan muss.“

Nach Halt suchend, um dem Nachgeben der Beine entgegen zu wirken, stützte sich Archer rücklings an seinen Schreibtisch. „Was ist das für eine Krankheit? Und kann Phlox wirklich nichts für Sie tun? Er ist ein fähiger Arzt...“ T’Pol schüttelte den Kopf und er atmete einige Male tief durch, während er dem ernsten Blick seines Wissenschaftsoffiziers standhielt. „Wann werden Sie zurück kommen? Und haben Sie das überhaupt vor?“, fragte er leise und sah die Vulkanierin aus traurigen Augen an. Er konnte es nicht fassen, dass sie nach gut anderthalb Jahren die Enterprise verlassen würde. Besonders gerade jetzt, als sich ihr Verhältnis soweit gefestigt hatte, dass er ihr vollkommenes Vertrauen entgegen brachte. Ein Empfinden von dem er geglaubt hatte es niemals einem Vulkanier entgegen bringen zu können. Sie war mehr als sein Erster Offizier für ihn geworden. Sie war seine Freundin und Vertraute geworden. Und der Gedanke sie in Kürze nicht mehr um sich zu haben kam ihm unvorstellbar vor.

Sie zögerte, bevor sie antwortete: „Ich werde mindestens ein Jahr fort sein. Und im Moment kann ich noch nicht vorhersagen, ob ich tatsächlich zurückkommen werde.“ Sie machte eine kleine Pause, überlegte ob sie ihm alles erzählen sollte. Die Stille im Raum ließ sie nervös werden und Archers Blick schien sie zu durchbohren, als versuche er in ihre Gedanken einzudringen, um ihre Beweggründe zu erfahren. Schließlich entschied sie sich ihn einzuweihen. „Ich muss heiraten.“

„Das klingt wie eine Pflicht und nicht wie ein Wunsch“, entgegnete er und krauste dabei die Stirn. Er wusste um das Arrangement, das Vulkanier für ihre Kinder trafen. Und er war sich dessen bewusst, dass sie vor etwa einem Jahr den für sie vorgesehenen Ehemann abgelehnt hatte. Warum also jetzt? Weshalb glaubte sie ausgerechnet jetzt zurück nach Vulkan zu müssen, um das Versäumnis aufzuholen?

„Es ist weder meine Pflicht noch mein Wunsch, doch ich habe keine Wahl, Captain. Ich muss auf Grund meiner vulkanischen Natur in den Stand der Ehe treten.“

„Andersfalls geschieht...?“, sagte er und legte den Kopf ein wenig schief, während er sie fragend musterte.

T’Pol holte tief Luft. „Andernfalls ist mein Tod in Kürze wahrscheinlich.“

Die Kühle, mit der sie ihm diese Worte an den Kopf knallte ließ ihn merklich zusammen zucken. Eine Weile starrte er sie sprachlos an und fragte dann abermals: „Warum?“ Was hatte ein Ehebündnis mit ihrem gesundheitlichen Zustand zu tun? „Sagen Sie mir endlich, was wirklich los ist. Vielleicht kann ich Ihnen helfen“, kam es fast schon verzweifelt von ihm. „Möglicherweise kann Phlox doch etwas synthetisieren, dass Ihnen hilft, sodass Sie das Schiff nicht verlassen müssen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Es muss eine Alternative geben.“ Seine Stimme bebte.

„Iri-kaisha ist die einzige Alternative“, erwiderte sie leise und machte auf dem Absatz kehrt. Sie verließ den Bereitschaftsraum, noch ehe er die Gelegenheit bekam zu fragen, was dies bedeutete.

Jonathan Archer brauchte eine Weile, um zu verarbeiten, was eben geschehen war und trat dann entschlossen auf die Brücke hinaus, um sich von T’Pol eine Erklärung für das offensichtlich vulkanische Wort zu holen. Sein Blick schweifte durch den Raum, doch von der Vulkanierin war keine Spur zu sehen. „Wo ist sie hin?“, wandte er sich an Hoshi Sato und trat an die Kommunikationsstation.

„Sie ist ohne ein Wort in den Turbolift gestiegen“, entgegnete sie ihm. „Darf ich fragen, was geschehen ist?“

Archer überlegte einen Augenblick, dann lehnte er sich zu der jungen Asiatin vor und fragte flüsternd. „Was bedeutet iri-kaisha?“

Sie hob erstaunt über die Frage des Captains die Augenbrauen, wodurch kleine Fältchen in ihrer Stirn entstanden. „Das kommt auf den Kontext an“, log sie kurzerhand, um weitere Einzelheiten zu erfahren. Durch das Gespräch mit T’Pol vor einigen Wochen wusste sie um die Gefühle, die die Vulkanierin dem Captain entgegen brachte, doch sie hatte es nicht für möglich gehalten, dass sie ihm tatsächlich davon erzählen würde. Das Wort, das Captain Archer von ihr übersetzt haben wollte bedeutete Mischehe, was Hoshi dazu veranlasste zu glauben, dass T’Pol ihm auf vulkanisch einen Antrag gemacht hatte. Doch weshalb hätte sie das tun sollen? Noch dazu in einer Sprache, die der Captain nicht verstand. Sie begann sich etwas unwohl in ihrer Haut zu fühlen, als Archer sie unverwandt ansah. „Hat sie weitere vulkanische Worte verwendet?“

„Nein, nur dieses.“ Archer stützte sich mit beiden Händen an der Konsole. „Was bedeutet es.“

Ohne den Kontext konnte sie ihm unmöglich das Wort übersetzen. Es könnte ihn erschrecken und verwirren und zudem seine Gefühle verletzen, wenn sie sich mit der Übersetzung irrte. In der vulkanischen Sprache kam es zuweilen vor, dass die Bedeutung eines Wortes je nach Kontext verschieden ausgelegt werden konnte. Es konnte also alles mögliche bedeuten. Ein weiterer Punkt sprach gegen ihre erste Vermutung, denn die Vulkanier hatten eine ganz andere Bezeichnung für einen Heiratsantrag.

Hoshi seufzte und entgegnete dem Blick des Captains: „Ohne weitere Einzelheiten kann dieses Wort verschieden übersetzt beziehungsweise ausgelegt werden, Captain.“ Sie machte eine kleine Pause. „Soll ich Sub-Commander T’Pol suchen und sie fragen, was sie damit aussagen wollte?“ Es ging ihr hierbei zwar in erster Linie darum, dem Captain zu helfen, doch sie war auch selbst neugierig und brannte darauf zu erfahren, was die beiden ranghöchsten Offiziere im Bereitschaftsraum besprochen hatten.

„Nein“, sagte er knapp. Es half ohnehin nichts. Vermutlich war dieses Wort nicht weiter wichtig und bedeutete vielleicht nur so etwas wie Entschuldigung, dachte Archer und richtete sich wieder auf. Er ignorierte Hoshis leicht enttäuschten Blick, zog sich die Uniform glatt und ging zu seinem Sessel hinüber. Die Tatsache, dass ihn alle auf der Brücke ansahen entging ihm, so sehr versank er in Gedanken. Der Schock, dass T’Pol das Schiff schon bald verlassen würde saß tief und er fragte sich, ob er etwas hätte anders machen müssen, um ihr Weggehen zu verhindern?

Selbstverständlich wollte er nicht, dass sie starb. Doch ebenso wenig wollte er sie verlieren. Und das nicht nur, weil sie ein wertvolles Mitglied seiner Crew geworden war, sondern weil er begonnen hatte sich in sie zu verlieben.

AM ABEND

Entgegen seinem üblichen Trainingsprogramm hatte er die Geschwindigkeit des Laufbandes verdoppelt. Ihm war nicht nach gemütlichem Jogging, sondern eher nach einem anstrengenden Lauf, der seine Lebensgeister weckte. Den ganzen Tag, seit T’Pol ihm die Hiobsbotschaft mitgeteilt hatte, fühlte er sich wie in Trance. Und er wünschte sich, dass er jeden Moment aufwachte und sich dieser Tag lediglich als ein Alptraum herausstellte.

„Hey, darf ich dir Gesellschaft leisten?“ Commander Tucker kam in Sportbekleidung auf ihn zu.

Anstatt verbal etwas zu erwidern nickte Archer ihm lediglich zu und erhöhte abermals die Geschwindigkeit des Laufbandes. Schweiß rann ihm von der Stirn und ihm war, als würde sein Körper anfangen zu brennen, so heiß wurde ihm unter der Kleidung. Nichtsdestotrotz hatte er das unbändige Bedürfnis bis zur Ohnmacht weiterzulaufen.

„Du siehst nicht gut aus, Jon. Ist irgendwas passiert von dem ich wissen sollte?“ Der Chefingenieur trat auf das Gerät neben Captain Archers und betätigte es.

„T’Pol wird uns voraussichtlich morgen oder übermorgen verlassen“, entgegnete er schwer atmend. Es hatte ohnehin keinen Zweck es länger zu verheimlichen. Bald würde es jeder auf dem Schiff wissen, da es sich nicht wirklich verheimlichen ließ. Dass Trip ihn fragend ansah bemerkte der Captain nicht. Den Blick weiterhin stur geradeaus gerichtet lief er weiter.

„Weshalb?“

„Sie muss heiraten oder sie stirbt in absehbarer Zeit.“

Commander Tucker stoppte das Laufband und stellte sich direkt vor Archers Gerät, das er ebenfalls deaktivierte. „Hab ich dich eben richtig verstanden? Das muss doch wohl ein schlechter Scherz sein.“

Archer sah seinen Freund mit hängenden Schultern an und stieg von dem Gerät herunter. Er schüttelte den Kopf. „Nein, leider ist es bitterer Ernst.“ Er machte eine kurze Pause und rang nach Atem. „Dr. Phlox hat sie untersucht und ihr gesagt, dass sich ihr körperlicher und geistiger Zustand so stark verändert hat, dass es in wenigen Tagen lebensbedrohlich wird.“

„Haben die Vulkanier nicht ein Wort dafür?“ Trip suchte in seinen Erinnerungen danach, fand die Bezeichnung jedoch nicht.

Jon nickte und ging zu einem weiteren Trainingsgerät. Er legte sich rücklings auf die schmale Bank und gab Tucker zu verstehen, dass er ihm das Gewicht reichen solle. Der blonde Südstaatler kam der Bitte geistesabwesend nach. „Sie nennen es Pon Farr.“ Archer nahm das Gewicht und begann damit es zu stemmen.

„Fallen nicht nur die Männer in diesen Zustand?“, fragte Trip verwundert und hielt seine Position hinter Jon, um ihm das Gewicht jederzeit wieder abnehmen zu können.

„Normalerweise schon“, keuchte Archer. „Doch es scheint als durchlaufen Frauen einen ähnlichen Prozess, wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben.“

„Das heißt also, dass sie noch keinen Sex hatte.“

Jon hatte ein Lächeln aus Trips Feststellung herausgehört und erwiderte trocken: „Das ist ihre privat Angelegenheit.“

„Schon, gut.“ Tucker hob beschwichtigend die Hände, auch wenn Archer es nicht sehen konnte. „Ich wollte weder dir noch ihr zu nahe treten.“

Das Gewicht demonstrativ hochhaltend, sodass sein Freund es entgegen nehmen musste, richtete Jon sich kurz darauf auf und sah Trip schier fassungslos an. „Was soll das heißen?“, fragte er gereizt.

Der Südstaatler lächelte mild. „Ich bitte dich, Jon. Es mag sein, dass du es jedem an Bord versuchst zu verheimlichen, aber ich kenne dich. Du empfindest etwas für T’Pol. Was ja nicht schlimm ist. Nur wenn du nicht bald etwas unternimmst, dann verlierst du sie.“ Tucker legte seinem Freund beide Hände auf die Schultern. „Vielleicht kannst du ihr helfen, so dass sie nicht von Bord muss.“

Über das offensichtliche Wissen Trips war Archer zunächst wie gebannt und unfähig etwas zu erwidern. Schon das zweite Mal an diesem Tag fehlten ihm aus einer Schockreaktion heraus die Worte. „Schön“, sagte er seufzend. „Schluss mit dem Versteckspiel. Ja, ich empfinde etwas für T’Pol, aber das heißt noch lange nicht, dass das auch auf Gegenseitigkeit beruht. Sie hält mich, wie alle anderen Menschen, für stinkend, lüstern, impulsiv und irrational. Dass sie nichts von mir oder uns im Allgemeinen hält hat sie doch nun oft genug zum Ausdruck gebracht.“

„Das mag am Anfang so gewesen sein“, wiedersprach Trip ihm und ließ die Hände wieder sinken. „Doch inzwischen habe ich den Eindruck, dass ihr das Leben unter Menschen gefällt und sie sich bei uns wohlfühlt.“

Eine Weile sahen sich die Männer schweigend an, bis die Stille unerträglich zu werden schien und Archer das Wort ergriff. „Denkst du das wirklich?“ Trip nickte und erneut umspielte ein Lächeln seinen Mund. „Wie kommst du darauf?“

„Ganz einfach deshalb“, sagte Tucker, „weil sie bisher alles ihr mögliche getan hat, um länger als ursprünglich vorgesehen an Bord bleiben zu können. Bestimmt würde sie es nicht zugeben, aber ich denke, dass sie hier wirklich glücklich ist.“

Nachdenklich fuhr Archer sich durchs schweißfeuchte Haar. „Selbst wenn das so ist, ist mir schleierhaft, wie ich es verhindern kann, dass sie uns verlässt.“ All seine Gefühle nützten nichts, wenn sie ihm gegenüber nichts empfand. Es gab ganz offensichtlich drei Möglichkeiten: Die eine erforderte, dass T’Pol zurück in ihre Heimatwelt ging, um zu heiraten. Die zweite war indiskutabel, denn ihren Tod wollte Archer auf keinen Fall. Und die dritte Möglichkeit war iri-kaischa. Was immer dies auch heißen mochte. Er seufzte und wandte sich zum Gehen. Er würde sie darauf ansprechen. Sie fragen, was dieses Wort zu bedeuten hatte. Vielleicht war es ja eine Option, die sie nicht außer Acht lassen sollten.

„Wo gehst du hin?“, drang Trips Stimme in seine Gedanken und er drehte sich zu seinem Chefingenieur um.

„Vielleicht gibt es wirklich eine Möglichkeit“, sagte Archer grüblerisch. „Ich werde mit T’Pol reden, um es herauszufinden. Drück mir die Daumen.“ Er verzog den Mund zu einem gequälten Lächeln und verließ den Trainingsraum.

„Das mache ich, Jon. Das mache ich...“ Trip sah seinem Freund mitfühlend hinterher. Es war mehr als offensichtlich, dass Jonathan Archer, der wie kaum ein anderer einen Groll gegen die Vulkanier hegte, sich ausgerechnet in Sub-Commander T’Pol verliebt hatte. Kopfschüttelnd ging er zurück zum Laufband und setzte sein Training fort, in Gedanken jedoch war er ständig bei Jon.

KURZE ZEIT SPÄTER

Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, betätigte Captain Archer den Türmelder und ging nervös vor ihrem Quartier auf und ab, wie ein unruhiges Tier. Seine Gedanken rasten mit seinem Herz um die Wette und gerade als sich die Tür öffnete fiel ihm auf, dass er noch hätte duschen sollen.

„Captain“, grüßte sie ihn verwundert über seinen späten Besuch.

Er sah an sich herab. Seine Sportbekleidung war von Schweiß durchtränkt und selbst ihm entging nicht, dass er wirklich eine Dusche nötig hatte. „Entschuldigen Sie, T’Pol“, sagte er und deutete auf sein Outfit. „Ich komme direkt vom Training.“

„Verstehe“, entgegnete sie und machte entgegen seiner Erwartung eine einladende Geste. Sie folgte ihm ins Quartier zurück und schloss die Tür. „Sie sehen aus, als hätten Sie etwas auf dem Herzen.“ T’Pol sah ihn mit leicht erhobenen Brauen an und verschränkte dann, wie so oft, die Hände hinter dem Rücken.

„Was ist diese dritte Alternative?“, fragte er ohne Umschweife. Er wusste, dass er bei ihr nur in Ungnade fiel, würde er lange um den Kern herumreden.

Sie schnappte kurz nach Luft, was ihn ziemlich erstaunte. Zwar war dies nicht das erste Mal, dass sie über seine Worte überrascht schien, doch diesmal erkannte er, dass sie mit eben dieser Frage nicht gerechnet hatte. „Was bedeutet iri-kaisha?“

„Ich hätte es nicht erwähnen sollen, Captain. Diese Alternative steht nicht zur Diskussion.“ T’Pol machte eine kurze Pause. „Es war unklug Sie mit dieser Möglichkeit zu konfrontieren und vollkommen unbedacht.“

„Das beantwortet meine Frage nicht. Also erklären Sie mir sofort, was das Wort bedeutet, Sub-Commander“, verlangte der Captain in ihm. „Das ist ein Befehl.“ Er nutzte seinen Rang nicht gerne aus, wenn es um private Angelegenheiten ging, doch diesmal ließ sie ihm wirklich keine andere Wahl. „Ich bin als Ihr Freund hier, T’Pol, aber ich bin auch Ihr Captain.“ Er hielt einen Moment inne. „Zumindest noch für eine kleine Weile“, schloss er traurig und ließ sich auf ihr Bett sinken.

„Es bedeutet...“ Sie holte einmal tief Luft und antwortete, während sie ausatmete: „Mischehe.“ Augenblicklich wandte sie den Blick von ihm ab. Er sollte nicht sehen, dass sie erneut die Kontrolle über sich verlor und ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie spürte Wut in sich aufkeimen, weil sie außerstande war diese menschlichen Emotionen zu bändigen. Und gleichzeitig empfand sie Angst. Angst vor seiner Reaktion. Erst nach einigen Sekunden suchte sie erneut Blickkontakt zu ihm. Sie beobachtete, wie er sichtlich tief durchatmete. „Ich sagte ja, dass dies nicht in Frage kommt.“

Er hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen und stand wieder auf. Ohne den Blick von ihr zu lösen sagte er leise: „Und mit wem wären Sie bereit eine Mischehe einzugehen?“ Selbst in diesem Augenblick fiel es ihm schwer zu glauben, dass sie ihn dafür in Erwägung zog. „Und sind Mischehen bei Ihrem Volk überhaupt zulässig?“

Sie zögerte und schluckte schwer, während sie bemüht war seinem fragenden Blick standzuhalten. „Ich wäre bereit... mit Ihnen eine Mischehe einzugehen. – Und nein, es gab noch niemals zuvor eine Mischehe innerhalb meines Volkes.“

Ihre Worte verschlugen ihm die Sprache. Herrgott ja, er war dabei sich in sie zu verlieben. Im Grunde war er bereits in sie verliebt. Aber sie deshalb auch gleich zu heiraten war ihm nicht in den Sinn gekommen. Und weshalb wählte sie ihn aus? „Bin ich Ihre logische Wahl?“, fragte er vorsichtig.

„Nein“, antwortete sie und erntete einen verwirrten Blick. „Dies war keine Entscheidung der Logik.“ Sie hatte selbst schwer damit zu kämpfen es vor sich selbst zuzugeben, dass ihr Herz ihr diese Möglichkeit offeriert hatte. Und noch schwerer fiel es ihr dem Captain mitzuteilen, dass ihre Zuneigung ihm gegenüber zunehmend stärker wurde. Dass sie ihn einem Vulkanier vorzog konnte sie selbst kaum fassen. Wie würde er darauf reagieren? Sie wünschte es sich, dass sie diese wichtige Entscheidung mit Hilfe der Logik hätte treffen können, anstatt Gefühlen zu vertrauen, die noch viel zu neu waren, als dass sie sich wirklich darauf würde verlassen können. Was wenn dieser Zustand nur vorübergehend war, wenn sie zu ihrer Logik zurückfand und sich diese dritte Alternative als ein riesengroßer Fehler erwies? Konnte es überhaupt gut gehen, Mensch und Vulkanier, ein Lebenlang vereint?

Jonathan Archer war in seine eigene Gedankenwelt versunken und musterte T’Pol, während er überlegte, was er ihr antworten sollte. Es war ja nicht nur so, dass er der Captain dieses Schiffes war und deshalb für falsch hielt eine Mischehe einzugehen. Auch lag es nicht an den noch jungen Gefühlen, die er ihr entgegen brachte. Was ihm am stärksten zweifeln ließ, war die Reaktion der beiden involvierten und gänzlich verschiedenen Völker und die Folgen, die sich für die Zukunft daraus ergeben könnten, würde er die Heirat mit T’Pol tatsächlich in Erwägung ziehen. „Bis wann brauchen Sie meine Antwort?“, erkundigte er sich nach einiger Zeit des Schweigens.

„Sie brauchen darüber nicht nachzudenken, Captain. Diese Alternative war ein dummer Vorschlag und steht nicht länger zur Wahl. Ich werde auf Vulkan einen Mann suchen und einfach darauf hoffen, dass ich ihm eines Tages eine gewisse Zuneigung entgegen bringe.“ Mit diesen Worten ging T’Pol zur Tür, öffnete sie und sah Archer mit entschlossenem Blick an. „Ich danke Ihnen dennoch.“

„Wofür?“, fragte er und kam ihrer stillen Aufforderung das Quartier zu verlassen nach.

„Dafür, dass Sie es für einen Sekundenbruchteil in Erwägung zogen mich zur Ehefrau zu nehmen, um meinen Weggang zu vermeiden.“ Sie atmete tief durch, hielt Archers Blick noch einen Augenblick stand und schloss dann die Tür, noch ehe er etwas erwidern konnte.

Vollkommen verblüfft blickte er auf die Tür. Nahm sie tatsächlich an, dass er sie nur deshalb geheiratet hätte, um sie an Bord behalten zu können? Hatte er ihr etwa diesen Eindruck vermittelt? *Verdammt!*, fluchte er in Gedanken, legte beide Hände auf die kühle Metalltür und lehnte den Kopf dagegen.

Er wollte sie nicht verlieren, doch er war der Captain und nicht irgendein Crewmitglied. Zudem war er ein Mensch und kein Vulkanier. Konnte er sie da einfach heiraten, um damit quasi ihre Aufenthaltsgenehmigung an Bord zu verlängern? Um ihr das Leben zu retten? Sollte er diesen wichtigen Schritt in seinem Leben nicht aus nur einem einzigen Grund tun; aus Liebe? Ja, das sollte der Grund sein... Doch empfand er genug für die Vulkanierin, um ihr ein Versprechen fürs ganze Leben zu geben? Er hatte sie ja noch nicht einmal geküsst. Archer seufzte und machte sich auf den Weg zu seinem eigenen Quartier.

AM NÄCHSTEN TAG

Unbehaglich saß Archer auf seinem Sessel und spürte sowohl Hoshis als auch Malcolms Blick auf sich ruhen. Lediglich Travis schien konzentriert seiner Arbeit nachzugehen. Er schielte nach links und rechts, ertappte beide Offiziere dabei wie sie ihn an- und dann schnell wegsahen. Was veranlasste sie dazu ihn anzustarren? Erwarteten sie von ihm, dass er aus dem Nichts eine Lösung fand, so dass T’Pol nicht von Bord würden gehen müssen?

Dass die Vulkanierin an diesem Tag abgeholt und nach Vulkan zurückgebracht werden würde, wusste inzwischen jeder der Brückenoffiziere und es kümmerte ihn herzlich wenig wer diese Neuigkeit verbreitet hatte. Captain Archer rutschte auf seinem Sessel hin und her, überkreuzte die Beine und stand letztendlich auf. Tiefeinatmend wandte er sich zu T’Pol um, die ihn auf eine seltsame Art und Weise mitfühlend ansah. Sie konnte ihm ansehen, wie schrecklich das Warten auf das vulkanische Schiff für ihn war. „Sie haben die Brücke“, sagte er mit rauer Stimme und schritt an ihrer Konsole vorbei zum Turbolift.

Der Captain in ihm wollte auf der Brücke bleiben, die letzten verbleibenden Minuten mit seinem Wissenschaftsoffizier verbringen, doch der Mann Jon Archer ertrug ihre Nähe nicht länger und die drückende Stille im Kommandoraum.

Die ganze Nacht hatte er kaum geschlafen. Seine Gedanken hatten sich im Kreis gedreht und doch kam er auf keinen Nenner. Immer wenn er dachte, dass er die richtige Entscheidung traf widersprach eine andere Stimme in seinem Innern und offerierte ihm eine andere, eine klügere Möglichkeit.

Seine Beine trugen ihn ganz von allein, ohne dass er sich dessen bewusst war, zu seinem besten Freund und Chefingenieur, der einzigen Person an Bord, der er sich anvertrauen konnte. Seufzend öffnete Jon die Tür zum unteren Deck des Maschinenraums und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen.

Für jeden an Bord, ihn ausgenommen, schien das Leben weiterzugehen. Jeder Offizier ging seiner Arbeit nach, alle mit Ausnahme von einem. Und als Trip ihn entdeckte, stieg er die Leiter vom Warpreaktor herunter und kam auf ihn zu.

„Cap’n, du sieht nicht gut aus.“ Der blonde Südstaatler machte eine kurze Pause. „Ist sie etwa schon weg?“

„Nein.“ Archer schüttelte den Kopf. Er erinnerte sich an das letzte Mal, als T’Pol um ein Haar die Enterprise verlassen hatte. An diesem Tag fühlte er sich zwar auch bedrückt, aber längst nicht so wie dieses Mal. Was war so anders? Im Grunde wiederholte sich einfach alles. Nun ja, mit der Ausnahme, dass T’Pol diesmal von Bord ging, um zu heiraten. Um irgendwen, irgendeinen fremden Vulkanier zu heiraten. „Ich habe die Nacht über nicht geschlafen. Und auf der Brücke starren mich alle an, als sei es meine Schuld, dass sie von Bord muss. Also suche ich Zuflucht bei dir.“ Er lächelte gequält.

„Du bist im Maschinenraum sicher“, sagte Trip und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. „Du kannst mir ja helfen die Plasmainjektoren zu überprüfen.“

Der Chefingenieur hatte dies nur als Scherz gemeint, doch Captain Archer nickte. Die Ablenkung würde ihm gut tun und war genau das, was er jetzt brauchte. Tiefdurchatmend folgte er Trip quer durch den Maschinenraum und stellte dabei fest, dass keiner der Anwesenden ihn komisch ansah. Entweder hat sein Freund alles für sich behalten, oder die Leute hier interessierten sich nicht dafür, ob T’Pol die Enterprise verließ oder blieb.

ZUR SELBEN ZEIT

Ensign Sato empfing einen Ruf und just in diesem Augenblick ging Steuerbord von ihrer Position ein vulkanisches Schiff unter Warp. Sie seufzte und sah kurz zu T’Pol hinüber. „Sie sind da, Sub-Commander.“

Die Vulkanierin nickte ihr stumm zu und atmete sichtbar tief durch. Es verstrichen einige lange Sekunden, bis sie sagte: „Öffnen Sie einen Kanal.“

Hoshi kam der Aufforderung nach und legte die audiovisuelle Verbindung auf den Wandschirm. Vor ihnen erschien ein ernst wirkender Vulkanier mit graumeliertem Haar und leicht faltigem Gesicht.

„Wo ist Captain Archer?“, fragte er noch ehe er grüßte.

T’Pol erhob sich aus dem Kommandosessel und trat ein paar Schritte nach vorn, so dass sie unmittelbar hinter Travis Mayweather stand. „Ich grüße dich, Vater.“ Kaum hatte sie ausgesprochen spürte sie deutlich die überraschten Blicke der übrigen Brückenoffiziere auf sich ruhen. „Captain Archer ist gerade unabkömmlich.“ Dass sie seinen momentanen Aufenthaltsort nicht wusste, wollte sie keinem der Vulkanier gegenüber erwähnen. Es würde einen schlechten Eindruck machen. Sie würden denken, dass die Enterprise typisch für Menschen desorganisiert war, was in diesem Moment zutraf, aber keineswegs Regel war.

„Ich werde an Bord kommen“, sagte ihr Vater mit fester Stimme.

„Aus welchem Grund?“ T’Pol verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Sie wollte nicht, dass ihr Vater oder irgendein anderer Vulkanier an Bord kam. Ihrer Ahnung zur Folge würde Salik mit Jonathan Archer sprechen wollen, ihm womöglich vorwerfen, dass sie Kos damals nicht geheiratet hatte, wegen ihm. Und dies wollte sie um jeden Preis vermeiden.

Ihr Vater zögerte, meinte jedoch schließlich: „Ich möchte ihm dafür danken, dass er dich so lange an Bord behielt. Er muss ein toleranter Mann sein, anders als die übrigen Menschen, die ich bislang kennen gelernt habe.“

„Ja, das ist er.“ Sie nickte und atmete erneut tief durch. „Ich werde dich an der Backbordandockschleuse empfangen“, sagte sie und wies Ensign Sato mittels eines Blickes an, die Verbindung zu deaktivieren. Kaum war das Gesicht ihres Vaters vom Wandschirm sackten ihre Schultern zusammen und sie wandte sich um. Mit wenigen Schritten erreichte sie wieder den Kommandosessel und öffnete einen internen Kanal.

„T’Pol an Archer.“ Sie hoffte, dass er den Kommunikator bei sich trug. Es würde einen besseren Eindruck machen, wenn er gemeinsam mit ihr bei der Andockschleuse auf Salik wartete. Sie sah sich nervös auf der Brücke um, während sie auf die Resonanz des Captains wartete und fing sich dabei die mitfühlenden Blicke von Lieutenant Reed, dem Steuermann und Hoshi ein. Sie seufzte und drückte erneut den Knopf an der Interkom. „Captain, bitte antworten Sie mir.“ In ihrer Stimme war deutlich Verzweiflung herauszuhören und sie ging ungeduldig auf den Turbolift zu. „Hoshi, Sie kommen mit.“

Überrascht stand die junge Asiatin auf und kam dem Befehl nach. Dass der Captain nicht antwortete, war kein gutes Zeichen.

Selbst Hoshi wartete angespannt auf eine Reaktion von ihm. „Vielleicht ist er bei Commander Tucker oder in seinem Quartier.“ Allzu viele Möglichkeiten gab es schließlich nicht, wo er sich aufhalten konnte. Und sie selbst würde sich entweder in ihre Räume zurückziehen oder einen Freund aufsuchen, befände sie sich in einer vergleichbaren Situation.

Auch für T’Pol schienen diese beiden Möglichkeiten logisch. „Lieutenant Reed, Sie haben die Brücke.“ Der Brite nickte und verließ seine Station. „Versuchen Sie bitte den Captain zu finden und schicken Sie ihn zur Andockschleuse.“

„In Ordnung“, erwiderte Malcolm und ging zur Kommunikationsstation hinüber. „T’Pol?“

„Ja?“ Sie wandte sich nochmals vom Lift ab und dem Offizier zu.

„Sie werden uns fehlen.“ Reed versuchte zu lächeln, doch es misslang ihm.

Travis sagte nichts, doch sie sah an seinem Blick, dass auch er es bedauerte, dass sie von Bord ging. Nie hatte sie geglaubt, dass die Menschen hier sie derart akzeptieren würden, dass sie sie tatsächlich begonnen hatten, zu mögen.

Sie atmete einige Male tief ein und aus, wusste nicht so recht, was sie erwidern sollte und fühlte wie ihre Augen anfingen zu brennen. Sie zuckte zusammen, als Hoshi ihr eine Hand auf den Arm legte und wandte sich zu ihr in Richtung Turbolift um. Die Worte des Engländers hatten ihr die Sprache verschlagen und so nickte sie den beiden Offizieren lediglich anerkennend zu, bevor sich die Tür des Lifts schloss und sie einer ungewissen Zukunft entgegen fuhr.

„Jon!“ Commander Tucker sah ihn vorwurfsvoll an. „Warum zur Hölle antwortest du ihr nicht?“

„Ich will nicht, dass sie geht“, entgegnete er während des Ausatmens. Archer starrte auf den Kommunikator in seiner Hand. Als er seinem Freund wieder in die Augen sah, entdeckte er dort Mitleid.

„Das möchte ich auch nicht, aber wie willst du es verhindern, Jon?“, erwiderte Trip und verschränkte die Arme vor der Brust.

Eine Welle von Gedanken und Emotionen ließen Jon für einen kurzen Moment schweigen, bevor er den Kommunikator zusammenklappte und seinen Freund entschlossen ansah. „Iri-kaisha!“, sagte er und stürzte übereilt aus dem Maschinenraum.

Tucker blieb für Sekunden wie angewurzelt stehen, folgte seinem Freund schließlich und erwischte ihn im Korridor. „Was heißt das, Jon?“

„Das ist vulkanisch. Und bis eben war ich mir nicht sicher, ob ich es tun soll oder nicht.“

In den Augen des Chefingenieurs sprach Archer in Rätseln, doch seine Euphorie war ansteckend. Beide Offiziere joggten den engen Korridor entlang, wobei sie um ein Haar einen Ensign umrannten, der um die Ecke bog. „Was bedeutet das?“, fragte Tucker erneut, als sie vorm Turbolift ankamen.

„Das wirst du gleich sehen, Trip.“ Er wollte es noch nicht sagen. Nicht solange die Möglichkeit bestand, dass T’Pol diese Alternative doch nicht in Betracht ziehen würde. Sein Instinkt führte ihn zur Andockschleuse und er hoffte, dass er nicht zu spät kommen würde und sie bereits fort war.

Zu Archers und auch Tuckers Überraschung fanden sie T’Pol, zwei weitere Vulkanier und Ensign Sato vor der Schleuse.

„Der Turbolift hatte einen Defekt“, log Commander Tucker atemlos, als er die angespannten Blicke der Vulkanier sah. „Entschuldigen Sie unsere Verspätung.“

„Willkommen an Bord der Enterprise“, grüßte Archer die beiden Fremden und streckte ihnen die Hand entgegen, sich nicht ganz sicher, wem er sie zuerst schütteln sollte. „Ich bin Captain Archer“, stellte er sich vor. „Und das“, er deutete auf Trip, „ist mein Chefingenieur Charles Tucker.“

„Mein Name ist Salik“, entgegnete der ältere Vulkanier und nickte grüßend. „Ich bin T’Pols Vater und dies ist mein Kollege Tarbin.“ Nur flüchtig deutete Salik auf den Vulkanier zu seiner Rechten.

Erstaunt sah Jonathan Archer von Salik zu T’Pol, zu Ensign Sato und dann zu seinem Freund Trip. „Würden Sie mich einen Moment entschuldigen?“, bat der Captain höflich, nahm T’Pol beim Arm und führte sie einige Schritte fort, ohne eine Antwort abzuwarten.

„Das ist unhöflich, Captain.“ Sein Wissenschaftsoffizier verschränkte die Arme hinter dem Rücken.

„Das hier will ich unter vier Augen machen. Und mir läuft die Zeit davon. Ich kann in diesem Fall die Protokolle nicht beachten“, sagte er hastig. Jon Archer legte ihr beide Hände auf die Schulter, ignorierte die erhobene Augenbraue, und sah ihr tief und entschlossen in die Augen. „Ich habe nachgedacht.“ Er hielt einen Augenblick inne und warf einen flüchtigen Blick zu seinen Gästen hinüber, bevor er sich wieder T’Pol zuwandte. „Es ist zwar nicht gerade romantisch und ich habe keine Ahnung, wie man einen Antrag auf vulkanisch macht... deshalb...“ Erneute pausierte der Captain und ging dann vor seinem Wissenschaftsoffizier in die Knie. Sie sah ihn verwirrt an, sagte jedoch nichts. „Möchten Sie meine Frau werden?“ Er hoffte, dass er in diesem Augenblick das Richtige tat. Nicht nur seinetwegen, auch wegen ihr und allen übrigen an Bord.

Salik verschränkte die Arme vor der Brust und trat neben den Chefingenieur, der, wie auch Hoshi Sato, vollkommen erstaunt zu dem ungleichen Paar hinüber blickte, die Augen weit aufgerissen. „Was soll das bedeuteten?“, fragte T’Pols Vater.

„Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagte Tucker mit einem bewundernden Lächeln und sah kurz zu Hoshi, die ebenfalls lächelte. „Er erklärt ihr gerade seine Liebe“, erläuterte der Commander, ohne Salik anzusehen. „Das ist unsere Art einen Heiratsantrag zu machen.“

„Sie ist Vulkanierin, er ein Mensch“, sagte Salik scharf und stieß geräuschvoll die Luft aus seinen Lungen. „Eine Iri-kaisha kommt nicht in Frage!“

„T’Pol...“ Jon blieb vor ihr gekniet und wartete angespannt auf ihre Antwort, während er ihre Hand hielt.

Grenzenlose Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben und sie blicke zu ihrem Vater hinüber. Sollte sie die Tradition ihres Volkes brechen und einen Menschen heiraten? Welche Folgen würde dies für alle Nachkommen ihrer Spezies haben? Noch niemals zuvor war es zwischen Vulkaniern und einer anderen Spezies zu einer Mischehe gekommen und auch die interspezielle Kopulation war unerforschtes Terrain. Passten sie physiologisch überhaupt zusammen? Würde sie jemals Kinder bekommen können, wenn sie diesem ungewöhnlichen Antrag einwilligte?

„Das wird mein Vater sicher nicht so einfach zulassen“, sagte sie schließlich und fing sich daraufhin von Salik einen ernsten Blick ein. Sie kannte ihren Vater, wusste, dass er damit nicht einverstanden sein würde.

„Und ich lasse nicht zu, dass du von Bord gehst“, erwiderte Jon mit sanfter Stimme und stand wieder auf, ohne den Blickkontakt abzubrechen.

Sie sah in seine grünen Augen, versuchte seine Beweggründe logisch nachzuvollziehen, doch es wollte ihr nicht gelingen. Jonathan Archer tat nicht zum ersten Mal etwas, das sie nicht imstande war zu begreifen, was zweifellos darauf zurückzuführen war, dass sie gelernt hatte ihre Gefühle zu kontrollieren, denen er so gerne und so oft folgte. Dieses Mal jedoch überraschte er sie mehr denn je mit seiner Handlung.

Schließlich nickte T’Pol, nahm Jonathan Archer bei der Hand und schloss gemeinsam mit ihm zu der kleinen Gruppe auf, die sie beide fassungslos beobachtet hatten.

„Das Kun-ut so’lik wurde gemäß den menschlichen Traditionen durchgeführt“, sagte T’Pol in gewohnter Ruhe, doch innerlich schlug ihr das Herz aufgeregt gegen die Brust. Was sie im Begriff war zu tun war vollkommen irrational und selbst durch das Pon Farr nicht zu erklären. Sie blickte in das angespannte Gesicht Saliks und bemühte sich gefasst vorzufahren. „Jonathan Archer wird mein Adun.“ Sie wandte den Blick von ihrem Vater ab und sah Jon an. „Mein Lebensgefährte“, übersetzte sie ihm das vulkanische Wort, dann richtete sie sich nach Jons Nicken wieder an ihren Vater. „Ich werde seine Aduna und gelobe t’zaled.“

Hoshi Sato sah den fragenden Blick des Captains, während T’Pol weiterhin mit ihrem Vater sprach. Trip Tucker verfolgte T’Pols Ansprache, obwohl er nicht alles verstand. Sie beeindruckte ihn in diesem Moment mehr, als er es jemals für möglich gehalten hatte und er lächelte sanft.

„T’zaled bedeutet; loyal bis zum Ende zu sein, das Leben dieser Person zu schützen“, übersetzte Hoshi in aller Eile und tauschte einen flüchtigen Blick mit dem Chefingenieur, bevor sie alle wieder der Vulkanierin zuhörten.

„Nein!“, kam es bestimmt von Salik. „Dieser Mann ist ein Mensch. Ich möchte keinen Mensch in unserer Familie.“

Seine harten Worte ließen Archer fast unmerklich zusammenzucken, doch T’Pol trat näher an ihren Vater heran. „Dies ist meine Entscheidung. Ich werde nicht nach Vulkan zurückkehren, um jemand zu heiraten, den ich nicht kenne. Und ich werde mich der Alternative zu sterben nicht beugen. Es ist nur logisch, dass ich Jonathan Archer als meinen Gefährten wähle, den Mann dem ich vertraue, der schon mehr als einmal mein Leben beschützt hat und der mir – was für ihn und alle Menschen entscheidend ist – tiefe Zuneigung entgegen bringt,... die ich erwidere“, fügte sie flüsternd hinzu. Die Intoleranz ihres Vaters machte sie wütend und sie kämpfte mit aller Kraft gegen den Ausbruch dieser Gefühle. Tief durchatmend hielt sie einige lange Sekunden dem Blick ihres Vaters stand.

„Dann erkläre ich das Kun-ut kali-fi“, meinte Salik schließlich, ohne Archer oder einen der anderen Menschen dabei auch nur eines Blickes zu würdigen.

T’Pol nickte, was einer angedeuteten Verbeugung gleichkam und drehte sich zu Jonathan um, der sie fragend ansah. „Du musst dich gemäß dem vulkanischen Ritual einer Herausforderung stellen. Dich im Kampf mit meinem Vater beweisen.“

Captain Archer krauste die Stirn und sah Hilfe suchend zu Trip und Hoshi, die beide nur die Schultern zuckten, weil sie ihm in dieser Sache ohnehin nicht helfen konnten.

E DECK / TRAININGSRAUM

Der Trainingsraum war binnen weniger Minuten zur Kampfarena umfunktioniert worden, in welcher sich Jonathan Archer beweisen musste. Er war dabei seine Muskeln durch einige einfache Übungen aufzuwärmen, während Salik sich lediglich seiner Tunika entledigte und mit unberührtem Blick zu ihm hinüber sah.

"Ist das überhaupt fair?", erkundigte sich Trip, der unruhig von seinem Freund zu T'Pols Vater sah und wieder zurück. "Der Kerl ist immerhin ein Vulkanier."

"Fair oder nicht, ich habe gar keine Wahl." Jon sah ihm, die Schulter zuckend, in die Augen. Er rollte den Kopf ein wenig, bis ein Knacken vernehmbar war, das ihm ein entspanntes Gefühl vermittelte. Immer wieder holte er tief Luft, um seinen Körper mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen.

Was stand ihm wohl bevor? Gab es ein Zeitlimit für den Kampf oder würde einer der beiden Männer das Bewusstsein verlieren müssen, damit der andere als Sieger hervor gehen würde? Jon hoffte nur, dass sie hier nicht bis zum Tod kämpfen würden...

"Schau doch nur, wie er dich ansieht", holte ihn Trip ins Hier und Jetzt zurück und deutete mit einem Kopfnicken in Richtung des Vulkaniers.

Doch anstatt in jene Richtung zu blicken sah Jon Archer zur anderen Seite des Raums hinüber zu T'Pol, die neben Hoshi in der Hocke saß und einen Scan von Phlox über sich ergehen ließ. Sie bemerkte seinen Blick und erwiderte ihn einige Sekunden, ehe sie sich zu dem Denobulaner umwandte, der ihr offenbar eine Frage gestellt hatte.

Salik sah ihn noch immer 'finster' an. Er wirkte überlegen und wenn Archer es nicht besser wüsste, würde er sogar sagen, dass er ihm eine gewisse Arroganz entgegenbrachte. Er schüttelte den Kopf, als könne er sich somit von diesen Gedanken befreien und konzentrierte sich wieder auf das bevorstehende; den Kampf.

"Er wirkt arrogant und ich habe Angst zu versagen, Trip. Und genau das werde ich zu meinem Vorteil machen. Ich habe gute Chancen dadurch aufmerksamer im Kampf zu sein, als dieser Salik." Seine Stimme hörte sich wie geplant fest und sicher an, obgleich ihm die Knie zitterten und sein Herz drohte jeden Augenblick stehenzubleiben.

Nur gut, dass lediglich Phlox sich der Gruppe angeschlossen hatte. Je weniger Zeugen, desto besser.

"Sind Sie bereit, Captain?", ließ sich Tarbin vernehmen und ging mit einem etwa zwei Meter langen Holzstab auf ihn zu.

Jon nickte. "Ja, es kann losgehen." Nur wozu war dieser Stab da? Er hatte geglaubt, dass dieser Kampf mit den Fäusten ausgetragen wurde und nicht etwa mit Waffen. "Wozu die Waffen?", fragte er und versuchte so belanglos wie möglich zu klingen.

"Dies ist Teil der Tradition und gehört zum Kun-ut kali-fi." Mit diesen Worten überreichte Tarbin ihm den Stab und trat zwei große Schritte zurück.

T'Pol fühlte die zunehmende Unruhe und ihr wurde furchtbar heiß. Phlox hatte ihr gesagt, dass ihre Temperatur um zwei Grad gestiegen wäre und sie wusste, dass das Plak-tau nun doch eingetreten war, das Zeichen dafür, dass es dringend an der Zeit war das Kun-ut kali-fi zu beginnen.

Mühsam stand sie auf, gegen ein Schwindelgefühl ankämpfend. Die Schultern gestrafft ging sie auf Jonathan Archer zu, der in der Mitte des Raums stand und sie mit einem Lächeln empfing.

"Jon, ich bin es."

Er sah sie mit erhobener rechten Braue an. Hinter ihm stand noch immer Tarbin, der ihm etwas zuflüsterte, woraufhin Jon sich räusperte und mit fester Stimme sagte: "T'Pol, getrennt von mir und niemals getrennt. Niemals und immer berührend und berührt. Ich erwarte dich."

Ihre Augen blitzen kurz auf und Jon glaubte darin Erregung zu sehen. Was war an diesen geschwollenen Worten erregend? Nichtsdestotrotz schwieg er und hielt ihren Blick fest.

"Jon, getrennt von mir und niemals getrennt. Niemals und immer berührend und berührt. Ich erwarte dich."

Tarbin hielt ihm eine runde metallene Platte entgegen, die sich leicht nach außen wölbte und einen zierlichen kleinen Stab, an dessen ende eine Art Fell zu einem Bündel geknotet war.

Abermals gab der erfahrene Vulkanier einen Befehl, den Archer ausführte. Er schlug einmal den Gong. T'Pol atmete sichtbar tief durch, doch sie wirkte entschlossen und voller Zuversicht. Zumindest sah es für Jon so aus. Als Tarbin ihn bat ein weiteres Mal den Gong zu schlagen tat er es wieder. Doch mit diesem Gong ging die Tür zum Trainingsraum auf und ein gutes duzend Besatzungsmitglieder, darunter Travis Mayweather, Malcolm Reed, Crewman Cutler und einige weitere, die Jon vor allem aus dem Maschinenraum und der Zweitbesatzung der Brücke kannte.

"Was soll das?", fragte er T'Pol flüsternd und die Verwirrung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

"Meine Familie würde nun kommen und da deine nicht hier ist, wurden einige Crewmitglieder auserwählt, um der Zeremonie als Zeugen beizuwohnen."

*Prima*, dachte er bei sich und atmete hörbar durch. Er konnte förmlich spüren, wie sämtliche Augen auf ihn gerichtet waren.

T'Pol entfernte sich aus dem Zentrum des Raums und ebenso Tarbin. Dafür trat Salik auf Archer zu, der einen identischen Holzstab mit sich führte. Der Vulkanier blieb unmittelbar vor dem Captain der Enterprise stehen und sah ihm fest in die Augen.

Einige lange Sekunden verstrichen, bis der Vulkanier sagte: "Nun haben Sie die Möglichkeit die Geschichte zu verändern, Captain. Dieser Tag wird noch lange in den Erinnerungen unserer beider Völker bestehen bleiben und ich hoffe für meine Tochter, dass Sie diesen Kampf gewinnen."

Völlig verdutzt über die offenen Worte Saliks fühlte sich Jon außerstande etwas zu erwidern. Er nickte lediglich und hoffte, dass dies Anerkennung genug für die kleine Ansprache seines Gegenübers war.

Archer spürte instinktiv, dass Salik nur deshalb wollte, dass er diesen Kampf gewann, weil T'Pols Zustand sich mit jeder Minute verschlechterte. Sie hatte kleine Schweißperlen auf der Stirn, als sie ihm gegenüber gestanden hatte und er wusste aus Erfahrung, dass ein Vulkanier nicht so leicht ins Schwitzen geriet.

Nichtsdestotrotz war ihm auch klar, das Salik dennoch einen harten Kampf fordern würde, der ihm alles abverlangte. Jedoch schätzte Jonathan seine Chancen inzwischen nicht mehr ganz so schlecht ein.

Salik blickte durch die Runde und sah seiner Tochter lange in die Augen. Dann begann er zu sprechen: "Was Sie nun im Begriff sind zu sehen, existiert bereits seit Anbeginn. Dies ist das vulkanische Herz, dies ist die vulkanische Seele, dies ist unsere Tradition." Er hielt einen kleinen Augenblick inne und wandte sich wieder zu Archer um. "Kali farr."

Tarbin hielt Archer demonstrativ den Gong hin und gerade als er ihn nehmen wollte, trat T'Pol dazwischen.

"Kali-fi", sagte sie.

"T'Pol, du hast dich für das Kali-fi entschieden", wandte sich Salik an seine Tochter. "Bist du darauf vorbereitet, des Gewinners Gemahlin zu werden oder dem Tod zu erliegen?"

T'Pol war sich der Zeremonie bewusst, sie kannte diesen Text, war schon einige Mal selbst Zeugin einer vulkanischen Trauung gewesen. Und dadurch wusste sie, dass in der Regel zwei Männer um die Gunst der Frau wetteiferten. Doch sie hatte keine zwei, sondern nur einen Mann, der sie zur Frau wollte. Würde Jon die Herausforderung des Kampfes nicht bestehen, so gab es für sie keine andere Alternative als den Tod.

Sie sah in Jons Augen, dass er Angst hatte. Angst zu versagen, Angst sie zu verlieren, Angst davor, dass sie sterben würde. Die Farbe seiner Augen hatte sich verdunkelt und sie vermochte, darin ihr eigenes Spiegelbild zu sehen.

"Ich bin vorbereitet", führte sie den Ritus weiter.

"Jon, akzeptieren Sie das Kali-fi nach unseren Gesetzen und Bräuchen?" Salik wandte sich wieder an Archer.

Er nickte fest entschlossen. "Ja, ich akzeptiere die Herausforderung."

Abermals trat T'Pol zurück. Und ehe Archer es sich versah, schlug Salik erstmals mit dem Stab zu und zwang ihn in die Knie.

Der Schlag in den Seitenbereich hinterließ zunächst ein stechendes Gefühl, welches innerhalb weniger Sekunden begann zu brennen als stünde er in Flamen.

Soviel dann also zu den Gewohnheiten der Menschen. Es schien als hielten die Vulkanier nichts davon, dass sich die beiden Kämpfenden zunickten, die Hand reichten oder was immer sonst so getan wurde, um den Beginn eines jeden Kampfes einzuläuten.

Dem Schmerz folgte Zorn und aus Zorn wurde Entschlossenheit. Archer richtete sich auf, straffte die Schultern und ging in Abwehrstellung. Salik zog wie ein wildes Tier Kreise um den Captain der Enterprise und hieb dann wieder auf ihn ein, diesmal jedoch erfolglos. Jon gelang es den Angriff geschickt abzuwenden und schlug dafür seinerseits zu.

Bei einem menschlichen Gegner hätte er die empfindlichen Stellen sofort getroffen, aber bei einem Vulkanier lagen die inneren Organe zum größten Teil an völlig anderen Stellen. Wo jedoch beide Rassen empfindsam waren, war das Gesicht und genau dahin zielte Archer - und traf.

Diesmal war es Salik einige Schritte zurückzutaumeln. Archer registrierte wie durch einen Nebel den Applaus seiner Mannschaft und hörte dabei ganz besonders T'Pols Stimme heraus, die ihn voller Begeisterung anfeuerte, obgleich er dabei war ihren Vater zu verprügeln.

Noch ehe Salik sich wieder gefasst hatte schlug Jon ein weiteres Mal zu, diesmal traf er den Rücken des Vulkaniers. Doch anstatt weiter in die Knie zu gehen holte dieser von unten aus, hieb Archer das Ende des Stabes mit Wucht gegen den Brustkorb und traf in unmittelbar unterhalb des Sternums.

Nach Atem ringend entfernte Archer sich einige Schritte und gab sich beinahe der verlockenden Schwärze hin, die dabei war ihn einzuhüllen. Doch sein eiserner Wille ließ ihn sich ein weiteres Mal aufrappeln, direkt vor Reed, der ihn gleichermaßen besorgt, wie zuversichtlich ansah.

"Auf den Kopf, Captain und dorthin wo bei uns die Leber sitzt." Lieutenant Reed zwinkerte ihm zu.

Was für ein Sicherheitsoffizier. Hatte er doch offensichtlich Dr. Phlox medizinische Datenbank durchstöbert und die Schwachstellen der Vulkanier herausgesucht. Dafür würde er ihn frühzeitig befördern.

Er vernahm von hinten einen Kampfschrei, doch noch ehe der Vulkanier eine Chance erhielt erneut zuzuschlagen wandte sich der Captain blitzschnell um, um festzustellen, wie empfindlich der Vulkanier im mittleren rechten Abdomenbereich war, dort wo bei jedem Menschen die Leber saß.

Mit Ausnahme von T'Pol, Reed und Archer sahen die restlichen Zeugen mit Entsetzen zu, wie sich der Vulkanier mit Schmerz verzerrtem Gesicht an die getroffene Stelle fasste, das Gleichgewicht verlor und stürzte.

*Volltreffer!*, dachte Archer und fragte sich, welches Organ er mit diesem Schlag getroffen hatte. Phlox Augen waren weit aufgerissen - ihm als Arzt fiel es vermutlich am schwersten mit anzusehen, wie sich zwei Männer derart verprügelten.

Von T'Pol bekam er ein anerkennendes Nicken und ... verdammt, sie deutete ihm ein Lächeln an! Sie war wie im Rausch, schien völlig die gewohnte Fassung verloren zu haben. Sie bemerkte seinen besorgten Blick nicht, bevor er sich wieder der Situation und des längst noch nicht gewonnenen Kampfes besann.

Mit zwei schnellen Schritten schloss er zu Salik auf, schlug abermals zu und traf diesmal den Hinterkopf seines Gegners, der daraufhin entgültig zu Boden sank und das Bewusstsein verlor.

Während T'Pol voller vulkanischer Euphorie auf ihn zugerannt kam und geradezu ansprang, rief Jon nach Phlox, der sich dem geschlagenen Vulkanier annahm, während Archer von allen Seiten beglückwünscht wurde.

Er schien der einzige neben Phlox und Tarbin zu sein, der sich um Salik sorgte.

"Wie geht es ihm?", rief er, um den Geräuschpegel der jubelnden Besatzungsmitglieder zu übertönen und ignorierte alle anderen - selbst T'Pol.

"Er hat eine mittelschwere Gehirnerschütterung und sein Herz schlägt sehr unregelmäßig, durch Ihre letzten beiden Hiebe, aber er wird durchkommen", antwortet der Denobulaner nicht weniger laut.

Tarbin trat auf den Gewinner und T'Pol zu. "T'Pol, wähle deinen Sieger."

Sie achtete überhaupt nicht auf ihren Vater, schien nur noch Augen für Jon zu haben. Das Blutfieber kontrollierte sie vollkommen und Jon sah nichts als unkontrollierte Emotionen in ihrem Blick. "Wie es bei der Dämmerung unserer Tage war, wie es heute ist, wie es in allen Morgen sein wird, treffe ich meine Wahl. Ich wähle diesen hier." Eine reine Formsache; sie wusste das, Jon wusste es und Tarbin war sich darüber im Klaren. Dennoch wurde das Kali-fi gemäß der vulkanischen Tradition zuende gebracht.

***

MANNSCHAFTSMESSE

Zwölf Stunden hatte er nun weder T'Pol noch Jon zu Gesicht bekommen. Nach dem zeremoniellen Kun-ut Kali-fi hatte Tarbin ihn und alle übrigen aus dem Trainingsraum gebeten, um das Paar allein zu lassen.

Trip war nicht dumm, er wusste, was die beiden darin taten, doch er fragte sich, weshalb dies ausgerechnet im Trainingsraum sein musste und nicht in Jons oder T'Pols Quartier hatte verlegt werden können?

"Darf ich mich zu Ihnen setzen?"

Verwundert sah der Chefingenieur auf und Salik in die Augen. "Selbstverständlich."

Der Vulkanier nickte. "Ich werde heute abreisen", sagte er und ließ sich auf den gegenüberliegenden Stuhl nieder. "Ihr Captain und meine Tochter haben noch einiges vor sich und ich bezweifle, dass er geeignet ist, ihr ein guter Gefährte zu sein."

Trip hörte heraus, dass ein 'Aber' folgen würde. Und tatsächlich, Salik fuhr fort.

"Jedoch hat er mich im Kampf geschlagen und viel Mut bewiesen. Ihm gehört nun meine Anerkennung." Trip nickte ein wenig. "Richten Sie ihm bitte meinen Gratulation aus."

Mit diesen Worten erhob sich der Vulkanier auch schon wieder.

"Wollen Sie sich denn nicht von Ihrer Tochter verabschieden?", fragte Trip und stand ebenfalls auf.

Salik schien zu überlegen, was er antworten sollte und sagte dann: "Soviel Zeit habe ich nicht. Ich wurde zurück nach Vulkan beordert."

Wie lange konnten T'Pol und Jon noch in dem Trainingsraum bleiben? Trip kratzte sich verwundert am Kopf.

Salik schien mit Absicht nicht auf den fragenden Blick des Südstaatlers einzugehen und so ließ dieser den Vulkanier gehen.

***

E DECK / TRAININGSRAUM

Zärtlich sah er auf die Frau an seiner Seite hinab. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und sie atmete noch immer etwas unregelmäßig. Er lächelte.

Sie hatte sich in den vergangenen Tagen stark verändert, mehr als er es jemals für möglich gehalten hätte. Sie war emotionaler geworden, nicht zuletzt durch den Zyklus, doch das Pon Farr schien sich dem Ende entgegen zu neigen und nach gut drei Tagen voller Leidenschaft schien sie dennoch bei ihm bleiben zu wollen.

Innerlich musste er ein bisschen lachen, als er sich an seine erste Begegnung mit T'Pol erinnerte. Sie hatte die Nase gerümpft, ob des Geruchs der Menschen und nun schien sie - obgleich sie zuletzt vor mehr als 48 Stunden ihren Blocker genommen hatte - kein Problem damit zu haben, auf seiner feuchten Brust zu liegen und seinen Geruch einzuatmen.

Sie bewegte sich langsam und sah zu ihm auf, ihre Blicke trafen sich und eine tiefe unendliche Zuneigung lag darin. Etwas, was beide noch nie zuvor in ihrem Leben empfunden hatten. Tiefer noch als Liebe. Und nicht die Hochzeit änderte alles, es war dieser Blick, dieses Gefühl... das Gefühl, dass sie das Richtige getan hatten.

Und es veränderte das Leben der Vulkanier und Menschen von Grund auf...

ENDE
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