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In der Stille der Nacht

von Emony

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Nachdem er die Tür geöffnet und das Quartier betreten hatte, sah Chakotay sich in dem dunklen Raum um. Alles war still und in ein tiefes Schwarz gehüllt, bis seine Augen sich allmählich an die Dunkelheit gewöhnt hatten.

Es war bereits nach Mitternacht und eigentlich wusste er nicht einmal so recht, was er um diese späte Stunde hier wollte. Seit er vor wenigen Minuten aus seinem Traum erwacht war, hatte er den Drang verspürt hierher zu kommen und er vermochte es nicht, diesem Zwang Widerstand zu leisten. Dem Commander war durchaus bewusst, dass es nicht ohne Folgen sein würde, wenn sein nächtlicher Besuch auffallen würde und so schlich er durch das Zimmer wie ein Dieb, bis er schließlich den Schlafraum erreichte.

Seine Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit angepasst und so gelang es ihm, ohne irgendwo dagegen zu stoßen, das Quartier zu durchwandeln als wäre es sein eigenes.

Ein Lächeln formte sich auf seinen Lippen, als er sie in dem sanft blauen Licht friedlich schlafend vorfand. Sie lag auf dem Bauch in ihrem Bett, einen Arm weit von sich gestreckt, den anderen unter ihrem Kopf. Ihr langes Haar verteilte sich wirr über das Kissen, ihre Schulter und auch über ihrem Rücken. Sie sah so wunderschön aus.

Langsam ging Chakotay noch ein paar Schritte näher zu ihr hinüber und setzte sich letztlich vor ihr Bett, wobei er sie noch eingehender beobachtete.

Sie trug ein seidenes, champagnerfarbenes Nachtkleid, das sich leicht wie eine Feder über ihre Haut legte. Plötzlich keimte der Wunsch in ihm auf, dieses Stück Stoff zu sein, welches ihre Haut berührte. Noch nie zuvor hatte er sich gewünscht etwas Lebloses zu sein, doch dieses Mal war es so.

Dann blickte er in ihr Gesicht. Sie lächelte unmerklich und ihre Augenlider zuckten gelegentlich. Selbst durch das schwache Licht konnte Chakotay deutlich sehen, wie sich ihre Augen unter den Lidern bewegten - sie schien zu träumen. Es musste ein schöner Traum sein. Zumindest deutete er das aus ihrem Lächeln und den leisen Geräuschen, die sie von sich gab. Er lehnte sich ein wenig zu ihr vor, um ihr Gemurmel verstehen zu können, doch es gelang ihm nicht.

Was mochte sie wohl träumen, fragte sich der Commander und wünschte in sie hinein sehen zu können. Er fragte sich, ob er in ihren Träumen vorkam, so wie sie es schon seit Langem bei seinen tat. Doch auf diese Antwort würde er wohl vergeblich warten, solange er keine übernatürlichen Fähigkeiten entwickeln würde.

Seine Gedanken schweiften einen Moment lang ab, als ihm sein letzter Traum wieder ins Gedächtnis kam, der ihn dazu bewogen hatte sich in ihr Quartier zu schleichen. Er hatte mit ihr einen Spaziergang am Pier gemacht, unweit von der Akademie entfernt. Die Sonne hatte gestrahlt und ihr Haar glänzender denn je erscheinen lassen. Sie hatten sich angelächelt und waren Hand in Hand weitergegangen. In seinen Träumen hatte er schon so viele Male den Mut gefunden, ihr seine Gefühle zu gestehen, die er tief in seinem Herzen versteckte. Als er dann plötzlich aufgewacht war und sich allein in seinem Bett, in seinem großen Quartier wiedergefunden hatte, hatte er sich einsamer als jemals zuvor gefühlt. Es war ihm beinahe so, als sei er ganze allein auf dem Schiff. Das Bedürfnis sie zu sehen wuchs dann mit jeder Minute in ihm heran, bis er diesem Gefühl nachgegeben und sie aufgesucht hatte.

Es lag nicht in seiner Absicht mit ihr zu reden, nein, er wollte sie einfach nur ansehen. Er musste sich die Gewissheit holen, dass er nicht allein war, so wie er sich gefühlt hatte. Nein, allein war er bestimmt nicht, das wusste er jetzt. Jedoch war er einsam und dieses Gefühl der Leere war schlimmer als das Alleinsein. Denn alleine sein, bedeutet sich selbst zu finden - einsam sein dagegen, heißt niemanden zu finden. Am Tage, wenn reges Geschehen auf der Voyager herrschte waren ihm diese Gefühle nahezu unbekannt, doch in der Nacht, wenn er allein in seinem Quartier saß und über die vergangen Stunden nachdachte, dann beschlichen sie ihn immer wieder - die Stunden der Einsamkeit.

Ihre Stimme riss ihn aus seinen Gedanken und für einen Augenblick hatte er geglaubt, dass sie seinen Namen gesagt hatte. Doch es war zu leise und undeutlich gewesen, als dass er sich sicher sein konnte. Und wieder war diese Wärme in seinem Innern nach nur einem Augenblick durch die Kälte der Einsamkeit ersetzt worden.

Ein kurzer Augenblick, ein Lächeln, eine zufällige Berührung von dir, lässt für Augenblicke meine Einsamkeit verlöschen, bevor sie nach einem Augenblick wieder empor fackelt, dachte er bei sich. Er sehnte sich danach ihre Hand auf seiner Schulter zu spüren, den sanften Druck den sie ausübte. Er sehnte sich nach einem Lächeln von ihr, das sein Herz mit Freude erfüllte.

Seit mehr als einer Stunde ging er nun schon seinen Gedanken nach als sie sich plötzlich bewegte. Er spürte wie sein Herz schmerzvoll gegen seine Brust hämmerte, aus Angst davor, dass sie aufwachen und ihn bemerken würde. Sie drehte sich jedoch nur auf den Rücken und grummelte wieder etwas Unverständliches vor sich hin. Ihm wurde bewusst, dass er beim nächsten Mal nicht so viel Glück haben könnte und stand langsam auf. Seine Glieder und vor allem sein Hintern schmerzten, da er beinahe regungslos auf dem harten Boden gesessen hatte. Dann ging er leise Schritt um Schritt in Richtung des Wohnraums.

Noch ein letztes Mal drehte er sich zu der schlafenden Frau um. Oh, Kathryn, ich liebe dich so sehr. Deine Nähe veränderte mein Leben, doch meine Sehnsucht bestimmt es. Ich habe schreckliche Angst davor dich eines Tages zu verlieren, aber noch mehr fürchte ich mich davor, dass sich zwischen uns nie etwas ändert und wir für ewig Gefangene der Einsamkeit in unseren Herzen sind. Denn die Liebe ist da, das fühle ich.

Als sich die Tür hinter ihm schloss und Chakotay ihr Quartier verlassen hatte, öffnete Janeway vorsichtig ihre Augen und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Er war wieder fort und mit ihm das Gefühl der Wärme und der Geborgenheit, die sie in den letzten Minuten empfunden hatte. Sie atmete tief ein, um den verbliebenen Duft seines Aftershaves zu inhalieren. Dann drehte sie sich auf die Seite, kuschelte sich wieder in ihre Decke ein und versuchte noch einmal einzuschlafen. Sie wollte die Stunden bis zu ihrem Dienst nicht wachliegen und über seinen unerlaubten Besuch nachdenken müssen. Sie dankte ihm im Stillen, denn er hatte ihr wenigstens für kurze Zeit das Gefühl der Einsamkeit genommen und ihr Herz mit Geborgenheit erfüllt.


ENDE
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