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Schönheit

von Emony

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Sie stand vor dem Spiegel im Badezimmer und betrachtete sich eingehend. Niemand kannte dieses Gesicht so gut wie sie selbst. Sie hatte Phlox in ihrer Vision, während sie vor ein paar Jahren im Musterpuffer des Transporters gesteckt hatte, darauf hingewiesen, dass eine kleine Narbe, ein Überbleibsel der Albtraumwoche, als sie die Windpocken gehabt hatte, an ihrer Nasenwand, knapp unterhalb des linken Auges einen guten Zentimeter tiefer sitzen würde, als vor ihrem ersten Transport, der sie in ihre Molekühle zerlegt hatte. Ein verdammt großes Puzzle, das die Technik der Sternenflotte wieder hatte zusammensetzen müssen, ehe sie rematerialisieren konnte. Und sie hätte schwören können, dass es dem Transporter nicht vollständig gelungen war jenes Puzzle vollkommen korrekt wieder zusammen zu setzen. Phlox hatte ihr versichert, es sähe nett aus, so wie es jetzt sei, doch Hoshi wollte die kleine Narbe wieder dort haben, wo sie diese gewohnt war zu sehen. Die Narbe gehörte zu ihr, seit ihrem sechsten Lebensjahr. Die Narbe war nicht schön, aber auch nicht hässlich. Es war einfach eine Narbe, die zu ihr gehörte. Sie wollte die Veränderung nicht, ebenso wenig, wie sie eine Änderung der Farbe ihrer Iris oder eine Änderung der Form ihrer Lippen hinnehmen würde. Sie mochte, wie sie aussah. Aus ihrer Sicht war sie genau wie die Narbe, weder schön noch hässlich. Sie war einfach sie – Hoshi Sato. Sie mochte ihr Aussehen, doch das war nicht immer so gewesen. Sie hatte gelernt ihren Körper zu akzeptieren, hatte Redewendungen wie ‚Schönheit liegt im Auge des Betrachters’ und ‚Wahre Schönheit kommt von innen’ früher nicht besonders leiden können, maß ihnen jedoch inzwischen eine andere Bedeutung zu, als in der Vergangenheit.

Früher glaubte sie, dass diese Redewendungen eine Art Schönreden dessen waren, dass man hässlich sei. Inzwischen wusste sie, dass ‚Schönheit liegt im Auge des Betrachters’ nichts anderes bedeutet, als dass jeder Mensch in den Augen eines anderen wunderschön oder fürchterlich hässlich sein konnte. Es kam dabei nur auf den Betrachter an. War sie demnach schön oder hässlich? Sämtliche Männer an Bord der Enterprise schienen ein Auge auf T’Pol geworfen zu haben, die einen üppigen Busen, lange schlanke Beine, sinnliche volle Lippen und eine Wespentaille hatte. Sie wirkte kühl und unnahbar. War es das, was Männer als anziehend empfanden?

T’Pol war so völlig anders als Hoshi. sie selbst hielt sich für einen offenen, warmherzigen Menschen. Sie verstand sich mit jedem gut, hatte noch niemals Probleme gehabt Freundschaften zu schließen. Freundschaften… doch was war mit Liebe?

Sexuell schien sie nicht sehr viel Ausstrahlung zu besitzen. War es wegen ihrer kleinen Brust? Ihre relativ kurzen Beine? Sie hatte eine gute und sportliche Figur, für die sie täglich ein wenig trainierte. Aber Mutter Natur hatte sie eben im Ganzen nicht sehr groß werden lassen, beschlossen ihr keine Brüste mit Körbchengröße C oder gar D zu geben, sondern nur ein kleines B. Sie entsprach eben nicht einem der geltenden ‚Schönheitsideale’, die sich ohnehin alle paar Jahrzehnte änderten.

Ihre Mutter hatte ihr gesagt, dass ihre Brüste wachsen würden, bis sie sechzehn Jahre alt wäre. Sie wurde sechzehn und ihre Brüste blieben so klein wie sie es waren, als sie vierzehn gewesen war und als ihre Mutter ihr dies gesagt hatte. Sie hatte geweint an ihrem sechzehnten Geburtstag, weil sich bis dahin nicht ein Junge für sie interessiert hatte, dafür aber für die Mädchen in ihrer Klasse, deren Busen in einem Jahr praktisch explosionsartig gewachsen waren. Wieder hatte ihre Mutter versucht sie zu trösten und ihr gesagt, dass sie noch lange nicht aus der Pubertät sei und weiterhin wachsen würde. Sie wurde älter, doch Jahr für Jahr blieb ihre Figur gleich. Inzwischen war sie sechsundzwanzig Jahre alt und hatte noch immer eine kleine Brust, schmale kindliche Schultern und eine ebenso kindliche Taille. Die Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, sah noch immer aus wie das Mädchen, das an seinem sechzehnten Geburtstag geweint hatte, weil es sich für hässlich hielt.

Inzwischen war sie froh über ihr junges Aussehen. Man würde ihr das Altern sehr lange Zeit nicht ansehen. Und sollte sie jemals Kinder haben – was sie durchaus in Betracht zog - und diese selbst stillen, brauchte sie nicht zu befürchten, dass ihre Brüste jemals an Form verlieren und hängen würden. Ihre Haut war makellos, sie hatte schöne ausdrucksstarke Augen und einen – wie sie selbst fand – sehr schönen Mund, der nur darauf wartete hingebungsvoll geküsst zu werden. Es gab eine Zeit in ihrem Leben, da hatte sie gehofft, dass ein gewisser Chefingenieur auf sie aufmerksam werden würde, doch in dessen Augen war eben wieder einmal nur die Verkörperung des ‚Schönheitsideals’, die in Form von T’Pol an Bord der Enterprise existierte, wirklich schön und attraktiv.

Travis hatte ihr oft gesagt, dass er sie hübsch fände, ebenso Phlox. Doch beide zählte sie zu ihren engsten Freunden. Es war nicht so, dass ihre Meinung Hoshi nichts bedeutete, aber es war eben nicht so, als hätte Trip Tucker ihr gesagt, dass sie schön sei.

Was die Redewendung ‚Wahre Schönheit kommt von innen’ angeht, so hatte sie auch dahingehend im Verlauf der letzten Jahre ihre Meinung erheblich geändert. Dachte sie mit sechzehn noch, dass diese Worte bedeuteten, dass egal wie hässlich sie äußerlich sei, es nur darauf ankam, dass sie einen guten Charakter hätte und dadurch innere Schönheit zum Ausdruck brachte, so wusste sie jetzt, dass damit nichts anderes gemeint war, als dass man lernen musste sich selbst zu akzeptieren und schön zu finden. Sie hatte gelernt ihre innere Schönheit auszustrahlen, ihre Zufriedenheit mit sich selbst. Denn nur wer mit sich selbst im Reinen ist, strahlt wahre Schönheit aus. Sie hatte ihre Schwächen in Stärken verwandelt. Sie lächelte mehr, bewegte sich anders, gab sich anders. Sie wirkte nicht mehr so zurückhaltend und schüchtern, wie das Mädchen, das unzufrieden mit ihrem Körper war und sich am liebsten hinter sich selbst verstecken würde. Sie strahlte Selbstsicherheit aus, ohne dabei arrogant zu wirken.

Und diese Veränderung zeigte Wirkung. Lieutenant Reed hatte sie vor einigen Stunden gefragt, ob sie sich heute Abend zusammen den Film ansehen würden, der gezeigt wurde und sie hatte lächelnd zugesagt. ‚Ein Herz und eine Krone’, hieß der Klassiker, den Phlox diesmal herausgesucht hatte. Und Hoshi freute sich darauf. Mehr auf Malcolm Reed, als auf den Film und sie lächelte die Frau im Spiegel an. Sie war nicht länger unbemerkt.

Ende
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