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Silent Grief

von Emony

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Sie hatte Angst Trip in die Augen zu sehen. Angst davor, dass sie die so mühevoll zurück erlangte Kontrolle über ihre Emotionen wieder verlieren würde. Und so hielt sie nur stumm seine Hand, hielt die Kette ihrer Mutter und trauerte in aller Stille um das verlorene Kind. Es dauerte viele Minuten, bis Trip sich allmählich beruhigte und die Tränen versiegten.

Schließlich sah sie ihn an, wischte ihm die letzten Tränen fort, die dünne Spuren auf seiner Haut hinterlassen hatten. Seine Wangen waren rau, er hatte sich nicht rasiert. Unter anderen Umständen würde sie diese Tatsache stören, doch nicht in diesem Moment.

„Ich würde Elizabeth gerne auf Vulkan bestatten.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.

Nur langsam sickerten ihre Worte in seinen Verstand, dann – nach einem gedehnten Augenblick des Nachdenkens – sah er T’Pol an. „Einverstanden“, war alles, was er dazu sagen konnte. Seine Heimatstadt existierte schließlich nicht mehr. Warum sollte er sein Kind, das er kaum kannte, nicht auf Vulkan bestatten lassen? Immerhin war sie zur Hälfte Vulkanierin gewesen.

„Auf dem Grundstück, das meine Mutter mir vererbte und auf dem auch meine Eltern bestattet liegen, ist noch Platz. Ich würde sie gerne, wenn es dir recht ist, neben meiner Mutter begraben.“

Ein stummes Nicken war die einzige Resonanz, die T’Pol erhielt.

„Das Vok-Van-Kal wird der Tradition zu Folge am Fuße des Berg Seleya durchgeführt.“ Sie machte eine nachdenkliche Pause, erinnerte sich dabei an das kurze Gespräch, das sie vor einer knappen Stunde mit Botschafter Soval geführt hatte. Er hatte ihr gesagt, dass ihrer Tochter als erstgeborene Mensch-Vulkanier Hybridin diese besondere Ehre gebührte, am Fuße des heiligen Seleya verabschiedet zu werden, nachdem er mit dem dafür verantwortlichen Hohen Priester darüber gesprochen hatte. Eine solche Ehre wurde nur wenigen Vulkanier zuteil und T’Pol hatte den Vorschlag dankbar angenommen.

Sie hielt es für unnötig Trip davon zu erzählen. Sie befürchtete, dass er ihr derzeit ohnehin nicht besonders aufmerksam zuhörte. Dieses Mal jedoch hatte sie Verständnis.

„Trip.“ Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und zwang ihn so auf sanfte Weise ihr in die Augen zu sehen. „Wir müssen das jetzt besprechen.“

Nur langsam hob sich sein Kopf und ihre Blicken trafen aufeinander. „Es ist in Ordnung, wenn wir Elizabeth neben deiner Mutter begraben“, sagte er mit brüchiger Stimme. „Was gibt es da noch zu besprechen?“

„Die Zeremonie, Trip.“

„Du willst sie nach vulkanischer Tradition durchführen?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

Diesmal war es an T’Pol zu nicken.

„Auch das ist mir recht.“ Er machte eine kleine Pause, ehe er hinzufügte. „Es hat mich fast umgebracht einen Priester zu suchen, der ein paar Worte an Liz’ offizieller Beerdigung sagte. Ich habe die ganze Zeit auf diesen leeren Sarg gestarrt und mich gefragt, wozu dieser ganze Aufwand gut war. Ich meine…“ Erneut hielt Trip inne. „Dieser verdammte Sarg war leer! Und dieser Mensch kannte meine Schwester nicht! Seine Trauer war nicht echt und ich musste meine zur Schau stellen.“

„Ich weiß, dies war eine schwere Zeit für dich.“ T’Pols Hände wanderten von seinen Schultern zu seinem Gesicht und umschlossen es. „Diesmal musst du nicht allein Abschied nehmen.“

Trip zwang sich zu einem Lächeln, doch es erstarb in derselben Sekunde in der es erschienen war. „Wir hatten ein Kind, T’Pol. Dieses Baby war unser Kind. Wie kannst du nur so ruhig darüber reden?“

„Kennst du mich inzwischen nicht gut genug? Eine Frage wie diese solltest du nicht stellen müssen.“ Die Vulkanierin schluckte ihre Enttäuschung runter und sah ihr Gegenüber mit festem Blick an. „Ich habe Liebe für Elizabeth empfunden seit dem Moment, als Phlox uns von der genetischen Übereinstimmung berichtete. Und meine Liebe zu ihr ist auf eine so rasche Weise ins Unermessliche gewachsen, als ich sie das erste Mal sah, dass ich glaubte es zerreist mich. Ich hielt sie, roch sie, fütterte sie und wiegte sie in den Schlaf. Und diese wenigen Stunden… - haben sich für immer in mein Gedächtnis gebrannt. Für eine kurze Zeit war ich Mutter. Ich trauere nicht weniger als du, Trip. Ich versuche nur es nicht zu zeigen.“ Tränen, die sich nicht verdrängen lassen wollten, quollen in ihre Augen und sie wagte nicht zu blinzeln, da sie sich gelöst hätten.

Trip sah sie nur stumm an, als warte er auf eine Art Gefühlsausbruch. Und als dieser ausblieb war es an ihm, die unverletzte Hand zu ihrem Gesicht zu führen. Er streichelte ihre Wange. „Entschuldige, T’Pol. Ich schätze, dass ich in solchen Momenten einfach darauf warte, dass deine Kontrolle zusammenbricht.“

„Nach den ersten Monaten, in denen ich mir das Trellium-D injizierte hätte ich bestimmt nicht anders getrauert als du. Ich habe sehr hart daran gearbeitet wieder die Kontrolle über meine Gefühle zu erlangen“, sagte sie und ihre Augen deuteten ein trauriges Lächeln an, „doch es gelingt mir nicht immer.“

„Du scheinst es perfekt unter Kontrolle zu haben, deine Gefühle zu verbergen“, widersprach er und ließ seine Hand wieder sinken.

T’Pol faltete ihre Hände im Schoß, senkte den Blick. „Liebe ist eine Emotion, Trip. Und diese habe ich nicht nur in Hinsicht auf Elizabeth zum Ausdruck gebracht.“

Er starrte auf ihr Haar, bis sie den Blick wieder hob und sich ihre Augen neuerlich trafen. Skeptisch zog er die Brauen zusammen, kräuselte die Stirn ein wenig. „Du meinst doch nicht… Hast du eben… War das…“ Er konnte nicht eine seiner Fragen zu Ende formulieren, dafür war er zu perplex.

Sie nickte, lehnte sich zu ihm hinüber und küsste ihn auf den Mund. Als sie ihn daraufhin ansah, sagte sie: „Ja, ich liebe dich.“

Trip sah völlig überrascht auf den Boden und wieder zu ihr zurück. Nervös befeuchtete er seine Lippen. Er hatte so lange darauf gewartet, dass sie ihm irgendwie zeigen würde, dass sie seine Gefühle erwiderte und nun sprach sie es einfach aus. Ihre Natur versagte es ihr Gefühle zu demonstrieren, nicht jedoch sie in Worte zu fassen.

Wieder traten Tränen in seine Augen und er nahm erneut ihre Hand und drückte sie ein wenig. „Ich liebe dich auch“, sagte er schließlich ihren Handrücken küssend. „Und ich liebe unsere Tochter.“

„Ich auch…“, erwiderte T’Pol mit halberstickter Stimme.

Sie lehnten ihre Köpfe aneinander und saßen eine lange Zeit still trauernd in T’Pols Quartier. Später konnte keiner von ihnen sagen, wie lange genau sie so dagesessen und ihren Gedanken nachgehangen hatten, die Finger miteinander verschlungen, sich gegenseitig Nähe und Trost spendend.

***

Trip trug die vulkanische Tunika, die einst T’Pols Vater gehört hatte und die T’Les ihm damals gab, als T’Pol die Ehe mit Koss einging. Es war seltsam sie jetzt zu tragen, doch er wollte gerne in traditioneller Kleidung bei dieser vulkanischen Zeremonie anwesend sein.

T’Pol trug ebenfalls eine Tunika, die aus schwerem bordeauxfarbenem Samt gefertigt war. Der Saum war mit einer aufwändig, goldfarbenen Stickerei versehen.

Außer ihnen waren noch sämtliche Führungsoffiziere, Dr. Phlox, Botschafter Soval und einige andere Leute anwesend. Und natürlich ein Hoher Priester, der ein kleines, in Leder gebundenes Buch in der linken Hand hielt, während die andere darauf lag.

Der Himmel über ihnen war in ein tiefes Orangerot getaucht und der heilige Berg Seleya, so groß, dass es aussah als berühre er mit der Spitze den Himmel, ragte hinter der Gruppe empor, wirkte majestätisch, gebieterisch. Rings um sie herum war nichts als Wüste.

T’Pol nahm Trips Hand, als der Hohe Priester die Zeremonie einleitete und sprach: „Dor-tor etek nash-gad vokaya t'Elizabeth - ko-kan t'Charles Tucker heh t'T'Pol. Nam-tor ek'etek nelauk k'tevakh hi vesht tvidonik k'pen-ha'kiv t'oko-veh.“

Es folgte eine kurze Pause, ehe der Vulkanier fortfuhr. Hoshi Sato übersetzte die Worte des Hohen Priesters, so dass auch die anwesenden Menschen verstanden, was er sagte: „Heute ehren wir das Gedenken an Elizabeth, Tochter von Charles Tucker und T’Pol. Ihr Tod schmälert die Bereicherung, die uns allen durch ihr kurzes Leben zuteil geworden war.“

„Dor-tor etek nash-gad oko-veh -- doran ko-kan - doran ko-kai – doran ko-bath - doran ko-kan-kan - doran ko-thrah. Noshau pen-ha'kiv t'oko-veh wuhkuh t'dan-fudaya eh t'dan-vam“, fuhr der Hohe Priester fort.

„Wir ehren die Tochter, die Schwester, die Nichte, das Enkelkind…“, übersetzte Hoshi weiter.

Trip starrte wortlos auf seine Hand hinab, die T’Pol festhielt. Für ihn spielten die Worte des Hohen Priesters keine Rolle. Sie würden ihm den Schmerz nicht nehmen können.

Irgendwann realisierte er, dass die Zeremonie fast zu ende war. Der Hohe Priester kam zu ihnen herüber und reichte T’Pol und ihm eine große weiße Kerze und sprach sein Beileid aus. Oder zumindest glaubte Trip, dass er dies tat. Da der Hohe Priester nur vulkanisch sprach, verstand er ihn natürlich nicht.

Anschließend kam Jon Archer langsam auf ihn zu und nahm Trip in den Arm. „Es tut mir schrecklich leid, Trip.“ Ihm folgte auch der Rest der Crew und ganz als letzter sprach Botschafter Soval dem ungleichen ‚Paar’ das Beileid aus. Trip versuchte sich die ganze Zeit über zu beherrschen, doch mit jedem Beileidsgruß fiel es ihm schwerer.

Schließlich standen nur noch Trip und T’Pol vor dem großen Berg. Es dauerte einige Augenblicke, bis T’Pol schließlich sagte: „Lass uns gehen.“

Er räusperte sich. „Okay.“ Mit zitternden Knien hob er die Urne auf und sah T’Pol an. „Können wir noch ein wenig damit warten sie zu begraben?“ Er brachte es nicht fertig schon jetzt die Asche seines Kindes zu vergraben. Am liebsten hätte er die Urne mit auf die Enterprise genommen, aber er war sich dessen bewusst, dass dies unmöglich war und dass es auch nicht T’Pols Wunsch entsprochen hätte. Für sie war es wichtig, dass ihr Kind neben ihrer verstorbenen Mutter zur letzten Ruhe gebracht werden würde.

***

Als sie zurück in dem großen Haus waren, das T’Pols Zuhause war, stellte die Vulkanierin die Kerze in eines der Fenster, das nach hinten in den großen Hof zeigte. Dann kam sie wieder zu Trip, der in der Mitte des Wohnraums stand, die Urne fest in den Händen haltend.

„Es wird Zeit, Trip.“

Er wusste es, doch er war noch nicht bereit.

„Wir müssen sie jetzt bestatten.“

Man brauchte sie beide zurück auf der Enterprise. T’Pol konnte sehen, dass Trip diesen Umstand zu verdrängen versuchte. Aber sie wusste auch, dass wenn sie ihn jetzt nicht zwang sich zu verabschieden, er vermutlich noch Stunden – oder gar Tage lang mit der Urne in der Hand dastehen würde.

„Lass sie gehen, Trip.“ Behutsam nahm T’Pol ihm die Urne aus der Hand und ging voraus in den Hof. Vollkommen wortlos folgte Trip ihr nach einiger Zeit.

T’Pol stand vor dem Loch, das sie schon vor einigen Stunden gegraben hatte. Trip hatte es nicht fertig gebracht, obgleich dies nach vulkanischer Tradition Aufgabe des Mannes war. Sie ging in die Knie und ließ die Urne langsam in das Loch hinab, während sie einige Abschiedsworte auf vulkanisch sagte. Dann, als sie die Augen schloss, sah Trip, was er niemals für möglich gehalten hätte. Eine Träne rann die Wange der Vulkanierin hinab. Er ging zu ihr, kniete neben sie und legte einen Arm um sie. Sofort schmiegte sie sich an ihn und beide ließen ihre Trauer zu, während sie gemeinsam das Loch mit Erde füllten, die Urne ihrer Tochter bedeckten und abschied nahmen.

ENDE
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