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Fragile

von Emony

Kapitel 2

AUSTRALIEN 2143

STERNENFLOTTEN ÜBERLEBENSTRAINING

Ihm war als stünde er in Flammen. Der Schweiß rann ihm in Rinnsälen am Körper herab, kühlte ihn jedoch kein bisschen. Wie auch, wenn es inmitten dieser trockenen Einöde keinen einzigen Windhauch gegeben hatte, seit sie Archer in Richtung Westen folgten. Diesem Kerl schien nicht heiß zu werden, denn er marschierte seit Stunden, ohne Pause und trank nur gelegentlich einen kleinen Schluck Wasser. Wurde dieser Typ denn niemals müde, erschöpft vom Marschieren durch das glühend heiße Ödland?

Archer war dem Rest der Gruppe immer zwischen fünf und zehn Metern voraus. Er hatte sich ein angefeuchtetes Tuch um den Kopf gewickelt und seine Sonnenbrille aufgesetzt, um die Netzhaut seiner Augen zu schonen. Die Sonne brannte erbarmungslos auf sie nieder, doch er war noch nicht bereit schlapp zu machen.

„Können wir nicht mal eine Pause einlegen?“, fragte Charles Tucker japsend und strauchelte.

Kadett Archer wandte sich zu der Dreiergruppe um, die stehen geblieben war, die Hände auf die Knie stützend und vollkommen außer Atem.

„Ich dachte, dass wir nur nachts wandern sollen und am Tag ausruhen“, fügte der Südstaatler hinzu, noch immer nach Atem ringend und ging ein wenig auf Archer zu. „Sie kennen diese Regeln oder?“

„Ja, ich kenne die Regeln“, erwiderte Archer. „Man hat uns vor drei Stunden hier abgesetzt, da können wir uns doch nicht erst mal hinsetzen und ausruhen, und darauf warten, dass es Nacht wird. Und schon gar nicht hier, wo es absolut keinen Schatten gibt.“ Er hielt inne, musterte Tucker und die anderen beiden, die aussahen, als brächen sie bald zusammen. „Zehn Minuten, dann gehen wir weiter. Und wickeln Sie sich auch ein feuchtes Tuch um den Kopf, das kühlt ein wenig.“

Tucker nickte, ohne dabei auch nur den Hauch von Dankbarkeit zu zeigen und ging wieder zu seinen Leidensgenossen zurück. Sich ein Tuch um den Kopf wickeln und wie ein Idiot aussehen? *Ja, klar*, dachte er sarkastisch.

Archer sah ihm nach und ließ sich dann auf den harten Erdboden sinken. Wie sollte er diesen unmotivierten Haufen bis zum vereinbarten Treffpunkt führen? Diese Kerle machten ja bereits nach wenigen Stunden schlapp. Und sie hatten noch einige Tage vor sich. TAGE, nicht Stunden. Er seufzte, nahm den Wasserbehälter und trank einen ordentlichen Schluck. Wenn er sich nicht völlig täuschte, dann hatten sie eine Wanderung von gut drei Tagen vor sich, bis sie ihre erste Station erreichten, von der nur er in Kenntnis gesetzt worden war. Insgesamt gab es vier dieser Stationen, zu denen sie sich nach und nach durchschlagen mussten.

Keine zehn Minuten später brachen sie erneut auf und wieder übernahm Archer die Spitze des Trupps, während Tucker sich in der Mitte befand und die anderen beiden das Schlusslicht bildeten. Archer wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Tucker versuchte, ihm etwas zu beweisen. Ihm zu zeigen, dass er mithalten konnte und nicht bereit war aufzugeben. Wenigstens schien er einen starken Willen zu haben, was man von den anderen beiden nicht sagen konnte. Sie fielen immer weiter zurück.

„Hey“, keuchte Tucker und schloss zu Archer auf. „Wie kommt es, dass du der Sternenflotte so spät beigetreten bist?“

„Was bitte meinst du mit spät?“, fragte Archer entgegen und ignorierte dabei den Umstand, dass Charles ihn ohne Erlaubnis duzte.

„Na ja, wir sind im Alter zwischen zwanzig und vierundzwanzig, wobei ich schon befürchtete zu alt zu sein. Du bist aber nochmals gute fünf Jahre älter als ich – mindestens...“

Archer runzelte die Stirn und sah Tucker eine ganze Weile von der Seite an, während sie weitergingen, bis er ihm schließlich antwortete: „Ich habe mich das zweite Mal bei der Sternenflotte angemeldet“, sagte er. „Kurz vor meinem Abschluss vor nicht ganz acht Jahren starb mein Vater. Das hat mich aus der Bahn geworfen.“

„Das tut mir leid“, erwiderte Tucker und meinte es auch so. „Bist du durch die Prüfung geflogen oder hast du sie gar nicht erst absolviert?“

„Ich habe sie nicht absolviert, entgegen den Ratschlägen einiger Admiräle, die meinten, dass ich das Zeug dazu hätte eine Führungskraft zu werden.“ Jonathan seufzte. „Ich entschied mich also vor einiger Zeit dazu es nochmals zu versuchen, doch ich musste erneut von vorn beginnen.“

„Ist es normal, dass du als Kadett uns anführst?“, fragte Tucker und blickte kurz über die Schulter zu seinen anderen Kameraden nach hinten, um sicher zu gehen, dass sie noch Schritt hielten. Sie folgten ihnen, doch sie fielen zunehmend weiter zurück.

„Nein, in der Regel nicht.“ Dass man ihn bevorzugt behandelte und auf seine Führungsqualitäten hin prüfte, anstatt ihn nochmals die Theorie pauken zu lassen, wollte er an dieser Stelle lieber nicht erwähnen. Er wollte nicht wie ein Angeber vor Tucker stehen, dem er ganz allmählich einen Hauch von Sympathie entgegen brachte.

Sie gingen einige Zeit schweigend nebeneinander her, jeder in seine eigene Gedankenwelt versunken. „Archer...“, sagte Tucker nach einer Weile und Archer sah ihn fragend an.

„Ja?“

„Dein Vater... war Henry Archer“, sprach Tucker seinen Gedanken laut aus.

„Das bemerkst du aber früh“, entgegnete Archer mit einem schiefen Grinsen. „Du bist nicht gerade der schnellste.“

Tucker sah ihn mit funkelnden Augen an. „Deshalb wirst du bevorzugt behandelt“, sagte er scharf und blieb abrupt stehen.

„Nein“, widersprach Archer, stoppte ebenfalls und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe mir das selbst verdient. Mein Vater hat damit nichts zu tun.“

„Selbstverständlich“, kam es geringschätzig von Tucker, der abermals zu seinen Kameraden nach hinten blickte.

*Soviel zur Sympathie...*, schoss es Archer in den Sinn. Dieser Kerl war nicht besser als die anderen bei der Sternenflotte. Er liebte seinen Vater, aber auf dieses Vermächtnis hätte er gut und gerne verzichtet. Er wollte, dass man ihn um seinetwillen zu schätzen wusste, dass man seine Fähigkeiten anerkannte, weil er hart dafür arbeitete und nicht etwa deshalb, weil sein Vater rein zufällig Henry Archer war. Seufzend ging Archer weiter und stellte fest, dass Tucker sich zu den anderen zurückfallen ließ.

2151

AN BORD DER ENTERPRISE

Trip Tucker hatte begonnen in regelmäßigen Abständen den denobulanischen Arzt Phlox aufzusuchen. Zunächst wegen Kopfschmerzen, die ihn tagein tagaus begleiteten, dann um sich all abendlich ein Schlafmittel zu holen. Phlox hatte nämlich herausgefunden, dass Tucker nachts kaum noch drei Stunden schlafen konnte. Den Grund für die Schlaflosigkeit hatte der Chefingenieur jedoch lieber für sich behalten.

„Sie sollten versuchen den Grund für Ihre Schlaflosigkeit loszuwerden, Commander. Es ist nicht unbedingt empfehlenswert über Tage und Wochen hinaus ein Sedativum einzunehmen, auch nicht in geringen Dosen.“

Tucker saß, die Beine überm Boden baumeln lassend, auf einem der Betten in der Krankenstation und seufzte hörbar. „Ich wünschte wirklich ich könnte den Grund loswerden, Doc. Aber das ist leichter gesagt als getan.“

Phlox musterte ihn mit professioneller Neugierde. „Liebeskummer kommt auf Denobula so gut wie nie vor, an Bord dieses Schiffes jedoch…“ Er lächelte viel sagend, als Tucker ihn überrascht ansah. „Das Studium der Menschen ist ausgesprochen interessant. Sie wären erstaunt wie viele Erkenntnisse ich inzwischen gewonnen habe. Und ich muss sagen, es wird von Tag zu Tag leichter Symptome und Ursachen in Verbindung zu bringen.“ Phlox scannte den Südstaatler und bedeutete ihm dann an vom Bett aufzustehen. „Bitte ziehen Sie sich bis auf die Unterwäsche aus und steigen Sie auf die Waage.“

„Ich mache eine Diät, Doc.“

„Sie brauchen keine Diät, Commander. Sie sind – oder besser Sie waren – in bester körperlicher Verfassung. Inzwischen sehen Sie mir jedoch entschieden zu dünn aus. Daher möchte ich gerne sehen, wie viel genau Sie inzwischen wiegen.“

„Das ist nicht nötig, wirklich. Ich fühle mich bestens.“

„Sie meinen bis auf den Schlafmangel, die Appetit- und Lustlosigkeit?“, feixte Phlox.

Tucker verzog das Gesicht. „Wunderbar. Dann lasse ich mich eben wiegen. Wenn Sie sich danach besser fühlen.“

„Das hat mit meinem Befinden herzlich wenig zu tun. Meine Sorge gilt allein Ihnen. Und wenn Sie mir nicht entsprechend entgegen kommen, sehe ich mich gezwungen den Captain über Ihren Zustand zu informieren. Er als Ihr Freund hätte längst bemerken müssen, dass etwas nicht in Ordnung mit Ihnen ist. Sie verbringen doch Ihre Freizeit fast ausschließlich mit dem Captain.“

Der Schock über Phlox’ Erkenntnis war in Tuckers Gesicht festgefroren. „Sie… wissen…“

Phlox winkte ab. „Ich habe Sie abends schon ein oder zweimal ins Quartier des Captains gehen sehen. Recht auffällig unauffällig, wenn ich das so sagen darf. Ich hätte mir nichts weiter dabei gedacht, wenn…“

„Was?“, fragte Tucker nervös.

„Denobulaner haben ein ausgezeichnetes Gehör, Commander.“

Tucker spürte, wie seine Wangen begannen zu glühen. „Und Sie haben es nicht gemeldet?“ Der Ingenieur konnte es nicht fassen. Ungläubig stieg er auf die Waage, nachdem er sich seiner Uniform und den Stiefeln entledigt hatte.

„Warum sollte ich das tun?“ Phlox blickte hinab auf die Anzeige der Waage. Dann gab er ein für ihn so typisches „Mh-hm“ von sich und sagte. „Sie dürfen sich wieder anziehen, Commander. Sie haben innerhalb von nicht ganz zwei Wochen fast zehn Kilogramm Gewicht verloren. Meine Besorgnis ist also nicht unbegründet.“

Trip beschloss auf die Sache mit dem Gewicht nicht einzugehen. „Sie hätten es melden können und…“

„Unsinn“, erwiderte Phlox und schüttelte lächelnd den Kopf. „Wie Sie und der Captain Ihre freie Zeit verbringen geht weder mich, noch ein anderes Besatzungsmitglied oder irgendjemanden sonst etwas an.“ Er machte eine Pause und musterte Tucker ausgiebig. „Der Captain ist der Grund für Ihre Schlaflosigkeit.“ Es war eine Feststellung, keine Frage. Tucker nickte nur stumm. „Ist Ihre Beziehung beendet?“ Erneut nickte der Mensch und zog sich an, ohne den Blick zu erheben und Phlox direkt anzusehen. „Er ist nicht der einzige potentielle Partner auf diesem Schiff. Soweit ich das überblicken kann, gibt es einige Crewmitglieder, die durchaus interessiert an Ihnen sind.“ Er sagte das, als wäre es ganz natürlich eine gescheiterte Beziehung hinter sich zu lassen und zum nächsten Partner zu wechseln.

Tucker hatte jedoch kein Interesse an irgendjemandem außer Jonathan Archer. „Lieben Denobulaner, Doc?“

Phlox zuckte die Schulter. „Selbstverständlich. Allerdings definieren wir Liebe anders, als ich es bei Ihrem Volk beobachten konnte.“

„Gibt es bei Ihnen Homosexualität?“

„Wir leben in der Regel mit drei Ehepartnern und diese jeweils mit drei Ehepartnern. Selbstverständlich kommt es dabei auch vor, dass sich die Männer untereinander Zuneigung und körperliche Nähe entgegenbringen, besonders wenn die Frauen nicht zur Verfügung stehen, aus welchen Gründen auch immer.“

„Bei Ihnen ist Homosexualität demnach nichts Falsches?“

„Bei Ihnen etwa?“ Phlox Augen wurden groß. „Ihr Volk ist extrem gehemmt, versteckt es allerdings besser als ich dachte.“ Der Arzt lud einen Injektor und drückte ihn an die Halsschlagader seines Patienten, wo er das Hypnotika freisetzte. „Monogamie ist ohnehin unnatürlich. Ihr Volk zwingt sich regelmäßig nach Vorstellungen zu leben, die ihrer Ansicht nach ethisch korrekt sind und dabei vollkommen wider der Natur. Zur Fortpflanzung bedarf es auch bei uns Denobulanern immer einen Mann und eine Frau, aber Sex ist schließlich nicht nur ein Prozess zur Fortpflanzung. Er dient mindestens ebenso der Entspannung. Warum sollte man sich geißeln nur einen Partner zur selben Zeit zu befriedigen oder sich befriedigen zu lassen? Und wer behauptet, dass nur ein Mann und eine Frau sich körperliche Entspannung zukommen lassen dürfen?“

Tucker blinzelte ob der Worte des Arztes, welche er mit einer Selbstverständlichkeit von sich gab, dass es dem Offizier die Sprache verschlug. Zuerst wollte er etwas darauf erwidern, sich den philosophischen Überlegungen des Arztes anschließen, doch dann fühlte sich sein Kopf mit einem Mal an, als würde er in Watte verpackt.

„Sie sollten ins Bett gehen, Commander. Wir können dieses Gespräch gerne ein anderes Mal fortsetzen. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nachtruhe.“

Der Offizier konnte nur noch nicken und verließ dann, sich bereits in einem Dämmerzustand befindend – die Krankenstation.

AUSTRALIEN 2143

STERNENFLOTTEN ÜBERLEBENSTRAINING

„Meine Uniform stinkt!“, beschwerte sich Tucker und schnüffelte angewidert an seiner Kleidung. „Die hätten uns ruhig irgendwann die Möglichkeit lassen können zu duschen. Das ist unmenschlich!“

Archer drehte sich mit einem genervten Kopfschütteln zu ihm um. „Wir sind hier, um ein Überlebenstraining zu absolvieren, nicht um Urlaub zu machen, Charles. Wann geht das in deinen Dickschädel?“

Tucker seufzte theatralisch, wechselte bedeutsame Blicke mit seinen beiden Kameraden, die ihn flankieren und zog seine Wasserflasche hervor. Er trank einen Schluck und als er noch einen nehmen wollte, bemerkte er entsetzt, dass sein Wasser aufgebraucht war. „Ich kann das einfach nicht glauben!“, schimpfte er daher weiter. „Meine Feldflasche ist leer. Zwei solche lächerlichen Behälter für so eine Strecke ist mehr als nur ein Scherz! Die wollen uns umbringen!“

„Keiner will uns umbringen“, sagte Archer nach hinten über seine Schulter und ging weiterhin der Gruppe voraus. „Du bist nur als einziger unfähig dir den Wasservorrat einzuteilen.“

„Das ist kein Vorrat! Nicht bei der trockenen Hitze! Ich brauche eine Pause.“

„Ich auch“, sagten die beiden anderen wie aus einem Mund und ließen sich an Ort und Stelle auf den ausgedorrten Boden fallen, alle Viere von sich gestreckt.

„Wie clever mitten in der sengenden Sonne eine Pause zu machen.“ Archer konnte die Ironie nicht aus seiner Stimme halten. Seit fast einer Woche waren sie jetzt unterwegs und allmählich hatte er es satt, diesem Haufen Möchtegernoffizieren gut zuzureden. „Bleibt doch da sitzen, wenn ihr einen Hitzschlag erleiden und jämmerlich krepieren wollt. Ich hab ein Ziel, das ich bis Sonnenuntergang erreichen will.“ Mit diesen Worten zog er seinen Scanner hervor, um die Koordinaten zu überprüfen.

„Tu doch nicht so, als würde dich dieser Scheiß hier kalt lassen“, rief im Tucker zu, der sich zu den anderen beiden setzte und missmutig seine leere Feldflasche zuschraubte.

„Na fantastisch!“ Archer klopfte gegen das einzige Stück Technik, das er bei sich trug. „Die Energiezelle ist leer. Der verdammte Scanner tut's nicht mehr.“

Tucker sah auf und musterte Archer einen Moment. Und zum ersten Mal sah er, dass ihr Gruppenführer die Fassung verlor. Mit einem Zorn, wie ihn Tucker in den vergangenen sechs Tagen nicht bei dem Kadetten gesehen hatte, warf dieser den Scanner fort.

Triumphal stemmte sich der Südstaatler in die Höhe und ging auf Archer zu. Jedoch blieb er nicht bei ihm stehen, sondern ging zu dem Gerät hinüber, das einige Meter abseits im Dreck gelandet war. Fast schon zärtlich strich er über das metallische Gehäuse des Scanners, um den erdigen Staub fortzuwischen.

„Er könnte überhitzt sein“, mutmaßte er. „Die Energiezelle dürfte noch nicht leer sein.“

„Und du bist das technische Genie unserer Gruppe, oder?“, fragte Archer sarkastisch und stemmte die Hände in die Hüfte.

Tucker begann übers ganze Gesicht zu grinsen und schob den Scanner in die Brusttasche seiner Uniform. „Tatsächlich bin ich in Sachen Technik ein wenig versiert. Jedenfalls hab ich mehr Ahnung als du, was ja nicht schwer ist.“

„Gib mir meinen Scanner wieder“, verlangte Archer und streckte die Hand aus, als Tucker zu ihm herüber kam. Die Sonne brannte ihm ins Genick und sein Hals war staubtrocken. Auf einen Streit hatte er jetzt alles andere als Lust. „Ich seh ihn mir noch mal an.“

„Wer’s findet darf es behalten“, entgegnete ihm Tucker und machte keine Anstalten den Scanner wieder rauszurücken. Ein nonchalantes Grinsen überzog sein Gesicht, als er an Archer vorbeiging.

Plötzlich fühlte er eine Hand an seiner Schulter, die ziemlich grob zupackte. „Du-gibst-mir-sofort-den-Scanner“, zischte ihm Archer in den Nacken und er fühlte feine Speicheltröpfchen auf der Haut. Doch er wollte den Scanner nicht wieder hergeben und schon gar nicht wollte er Archer gehorchen.

„Er gehört jetzt mir“, sagte er daher salopp und versuchte Archers Hand von seiner Schulter zu fegen, was ihm jedoch misslang.

Archer riss ihn zu sich herum und packte ihn am Kragen. „Sofort! Das ist ein Befehl!“

„Du hast mir nichts zu sagen“, spuckte ihm Tucker entgegen, nun ebenfalls zornig. Er versuchte sich aus Archers Griff zu winden, doch es gelang ihm nicht. Er sah nur den einen Ausweg, sich frei zu boxen. Also schlug er mit aller Kraft zu.

Er traf Archer direkt unterm linken Auge. Ein stechender Schmerz fuhr ihm in die Hand und er wollte sie instinktiv reiben, doch dann rammte sich Archer mit seinem ganzen Körper gegen ihn und sie begannen sich wie wild zu prügeln, teilten aus und steckten ein. Es dauerte nicht lange und die beiden Streithähne wurden von ihren beiden Kameraden getrennt und sicher festgehalten, bis sie sich allmählich beruhigt hatten.

Nach einer Weile, sie hatten sich mehr oder weniger geeinigt weiterzugehen, schloss Tucker zu Archer auf. „Ich kann mir den Scanner ansehen. Ich bin wirklich gut darin. Vertrau mir…“

„Dir vertrauen? Du machst das Ding womöglich ganz kaputt“, sagte Archer, ohne zu Tucker hinüber zu sehen, der gut mit ihm Schritt hielt. „Ohne den Scanner finden wir wahrscheinlich den nächsten Checkpunkt nicht.“

„Du weißt doch die ungefähre Richtung. Kannst du dich nicht an der Sonne orientieren?“

„Kannst du das denn?“, fragte Archer als Antwort entgegen. Sie erreichten die Spitze eines Hügels und dahinter lag scheinbar das Paradies. Die beiden sahen sich verblüfft an. „Das ist eine Oase!“

„Wir sind gerettet!“, rief Tucker und rannte den Hügel auf der anderen Seite hinab. „Da gibt es Wasser!“

Archer folgte ihm mit großen Schritten, rannte jedoch nicht. Der Abstand zwischen sich selbst und Tucker wurde immer größer und schließlich überholten ihn sogar die anderen beiden, die es dem Südstaatler gleich taten und zu der Oase hinab hetzten.

Lächelnd betrachtete er in aus der Entfernung das Bild vor sich. Mindestens ein Duzend Palmen wuchsen da inmitten einer kleinen Grünfläche. Und wo es Palmen und Wiese gab, da gab es auch Wasser. Sie hatten tatsächlich Glück im Unglück. Er war sich ziemlich sicher, dass dieser Platz nicht auf ihrem Weg gelegen war, hätten sie ihre Marschroute nicht minimal geändert, da sie nur einen ungefähren Richtwert hatten, dem sie nun folgen konnten.

Er wollte es natürlich nicht zugeben, aber er hoffte, dass Tucker nicht übertrieb und den Scanner tatsächlich reparieren konnte. Auf jeden Fall hatten sie für diese Nacht einen perfekten Platz, um sich auszuruhen und Kräfte zu sammeln.

Als Archer schließlich die Oase erreichte, fand er Tucker und die anderen beiden bereits an einem Loch grabend vor. Er setzte sich unter eine der Palmen und leerte seine Feldflasche in einem Zug. Jetzt brauchte er nicht mehr sparsam zu sein.
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