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Yellow Pages

von SusanQ

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Am Abend zuvor hatte Kirk hart in der Turnhalle auf einem Laufband trainiert und war, völlig ausgelaugt, viel früher als sonst in die Koje gefallen. Er war so erschöpft, daß er sofort in einen sehr tiefen, erholsamen Schlaf fiel.

Als er am kommenden Morgen, etwa eine Stunde vor dem computergesteuerten Wecksignal aufwachte, fühlte er sich wach und ausgeruht, wie lange nicht. Nur die leichte Zerrung in seinem linken musculus gluteus maximus verdarb ihm die fast jugendliche Ausgelassenheit, die er heute verspürte.

Kirk beschloß schon jetzt, fast zwei Stunden bevor die Tageswache begann, auf die Brücke zu gehen. Für ein Frühstück war es noch zu zeitig und so entschied er, sich lediglich eine Tasse Kaffee aus der Mannschaftsmesse zu besorgen, die auf dem Weg lag.

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Die Korridore der Enterprise waren leer, obwohl die Crew volle Mannschaftsstärke hatte. *Na ja*, dachte Kirk, *auf der Straße treibt sich auch kaum jemand halb fünf Uhr morgens rum.*

Er bog ab und betrat die Mannschaftsmesse.

Der Captain mußte sich erst noch an das neue Design gewöhnen. Das Grau der Wände war einige Nuancen dunkler als das der NCC 1701, aber dennoch war die Enterprise A ein prächtiges Schiff, auch wenn sie noch an einigen Kinderkrankheiten litt, wie Scott es ausdrückte.

Kirk trat an einen der Nahrungsmittelsynthetisierer heran und fragte sich kurz selbst, ob er nicht noch die anderthalb Stunden warten könne, bis in der Krankenstation der erste echte Kaffee aufgebrüht wurde.

McCoy mochte synthetischen Kaffee ebenso wenig wie synthetischen Alkohol. Er meinte dazu immer nur: „Wenn ich mir schon ein Nervengift zuführe, dann soll es auch die gewünschte Wirkung zeigen.“

Nein, er wollte jetzt einen Kaffee. Er brauchte den Duft, um morgens richtig in die Gänge zu kommen.

„Kaffee, schwarz“, gab Kirk nun vernehmlich seine Bestellung an den Automaten auf, doch nichts geschah. – Kein Zischen, kein Blubbern, kein Plätschern, kein Duft. – Ein kleines blaues Lämpchen leuchtete kurz rhythmisch auf und verlosch wieder.

Er wiederholte seine Anforderung, diesmal etwas langsamer und noch deutlicher artikuliert: „Kaffee, schwarz.“

Wieder passierte nichts weiter, als das besagtes Lämpchen blinkte.

„Verdammt!“, sagte Kirk und schlug mit der flachen Hand neben das Fach, in dem jetzt eigentlich eine dampfende Tasse mit einer duftenden schwarzen Flüssigkeit hätte stehen müssen. „Ich denke Scotty’s Leute sind mit den Mängeln auf Deck Fünf fertig.“

Nun führte er eine Notreparatur der Stufe Eins durch, daß heißt, er trat einmal kräftig gegen den Teil der Wand, hinter dem sich die Schaltkreise des Synthetisierers befanden.

Nun wiederholte er zum zweiten Mal seine Bestellung, laut und deutlich: „Kaffee, schwarz.“ Dem fügte er nach kurzem Zögern noch wenig überzeugend, mit leicht hochgezogenen Schultern, die leeren Handflächen dem Ausgabefach offen präsentierend, das magische Wort hinzu: „Bitte.“

Beinahe wie ein Hohnlächeln blinkte, als einzige Reaktion auf seine Anfrage, erneut das blaue Lämpchen, um anzuzeigen, daß mit dem Gerät irgend etwas nicht stimmte.

Jetzt wollte er es genau wissen. Kirk hockte sich kurz vor den Synthetisierer, um die Verkleidung unterhalb des Ausgabefaches zu lösen, doch dabei durchzuckte ein stechender Schmerz seinen linken Oberschenkel, hoch bis zu seinem Allerwertesten. Reflexartig streckte er das Bein, um den Schmerz zu lindern, doch dabei verlor er das Gleichgewicht und landete nun unfreiwillig unelegant auf genau der Stelle, an der es am meisten zog. Offensichtlich hatte er die Zerrung nicht ernst genug genommen.

„Verdammt nochmal!“, entfuhr es ihm automatisch. Er war überaus froh, daß ihn niemand von seiner Crew in dieser peinlichen Lage sah.

„Na ja, wenn ich schon mal sitze…“, sprach er mehr zu sich selbst und öffnete nun die Abdeckung vor den Schaltkreisen. Um zu testen, wie genau das Gerät auf seine Anfrage reagierte, wiederholte er sie zum dritten mal an diesem Morgen. „Kaffee, schwarz.“

Interessanterweise tat sich hier unten gar nichts, nur das blaue Lämpchen, oben an der Kontrollanzeige neben dem Ausgabefach, blinkte wieder.

Jetzt probierte er etwas anderes. „Milch, kalt.“

Zuerst kam von irgendwoher aus dem Gewirr von Leitungen und Modulen ein geräuschvolles *Ffffffft* und dann kam von oben ein Schwall kalter Milch, der sich ausgiebig über dem Captain und dessen Uniform ergoß.

„VERDAMMT!“ Kirk schüttelte seinen Kopf und tropfte den Boden rund um sich mit dem Rest der Milch voll, welcher noch nicht komplett von seiner Uniformjacke aufgesaugt worden war.

Oben an der Kontrollanzeige hatte sich ebenfalls etwas getan. Ein weiteres Lämpchen leuchtete nun kontinuierlich. Es war grün.

In diesem Moment entschloß sich Kirk, die halbherzigen Fehlersuche an dieser Stelle einzustellen. Er griff nach der Abdeckung, steckte sie in die untere Leiste und wollte sie oben einrasten lassen, aber es funktionierte nicht so leichgängig, wie er sie herausgenommen hatte.

Da er sich nicht ganz sicher war, ob er den Mechanismus richtig verstanden hatte, legte er sich kurzentschlossen auf den Rücken, zog sich am Rand der Verkleidung näher an die Öffnung und steckte den Kopf zwischen die Leitungen, um sich die Sache mal von innen anzusehen. – Nein, alles war so, wie er es sich gedacht hatte.

Beim hinauskriechen, blieb er mit der linken Schulter an einem Bauelement hängen und riß sich daran die Uniform kaputt.

„Das war so klar“, sagte er, nun schon leicht resigniert. „Aber egal, ich hätte die Uniform sowieso wechseln müssen.“

Er stand auf, bückte sich, nahm die Verkleidung wieder zur Hand, steckte sie in die Führungsleiste und drückte oben, etwas kräftiger als zuvor, dagegen. Es gab einen lauten Knacks und die untere Führungsleite war abgebrochen.

Langsam zog dieser blöde Synthethisierer seine gute Stimmung immer weiter runter und das alles ohne frischen Kaffee.

In der wagen Hoffnung, daß es vielleicht keiner merken würde, lehnte Kirk die Abdeckplatte vorsichtig gegen das rechteckige klaffende Loch in der Wand.

Bei näherer Betrachtung wurde ihm klar, daß schon bei der leisesten Erschütterung, dieses Provisorium umfallen würde.

Vielleicht war festkleben ja die Lösung. Er sah sich auf der Suche nach einem passenden Klebstoff in der Messe um – erfolglos.

*Ich kann nicht zu weit von der Messe weg, sonst kommt noch jemand in der Zwischenzeit herein. Womöglich sieht mich jemand hier herauskommen und findet das kaputte Ding*, dachte Kirk und trat vorsichtig gegen die Verkleidung, die nun laut scheppernd umfiel. *Das wird an Bord schnell die Runde machen und sich vermutlich mit Warp 10 in der Föderation verbreiten. – Der heldenhafte Captain Kirk verliert haushoch gegen eine Kaffeemaschine. K.O. in der ersten Runde!* Er sah schon regelrecht die zusammengesteckten Köpfe und hörte das Getuschel und Gekicher.

Da kam ihm eine Idee. Direkt neben der Mannschaftsmesse befand sich einer der Waffenschränke. Mit etwas Glück würde er die Platte mit einem Phaser auf niedriger Stufe anschweißen können.

Die Tür der Mannschaftsmesse öffnete sich automatisch, als Kirk nahe genug an deren Sensor getreten war. Aber er durchschritt sie nicht sofort, sondern lugte erst vorsichtig in den Korridor, um zu überprüfen, daß ihn auch ja niemand sah.

Da die Luft rein war, trat er kurz hinaus, ging an den Waffenschrank auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors und nahm einen Phaser heraus. Ungesehen schlich er wieder in die Messe und versuchte nun, mit der auf Betäubung eingestellten Waffe, damit der schiffsinterne Alarm nicht ausgelöst wurde, die lose Platte mit den anderen Wandpanelen zu verschweißen.

Zuerst zerschmolz der Phaser auch einen Teil des Randes der Abdeckung, jedoch wurde dieser gleich zu flüssig und einige Tropfen des geschmolzenen Kunststoffs leisteten nun der Milch auf dem Boden Gesellschaft.

Kirk justierte die Waffe auf einen noch geringeren Energieausstoß, doch beim zweiten Versuch, schmirgelte nun eine Ecke der Abdeckplatte ab und der Rand der Loches wurde etwas angekohlt.

Kein Zweifel – DAS würde jeder schon von der Tür aus sehen können.

In dieser gnadenlos peinlichen Situation fühlte sich Kirk im Moment hilfloser, als in jedem Gefecht seiner gesamten bisherigen Laufbahn. Und genau wie in einer ausweglosen Gefechtssituation, in der es keine Möglichkeit mehr zum Rückzug gab, trat er nun die Flucht nach fort an.

Er mußte das Risiko eingehen und lief zügig, nicht rennend, immer in Deckung bleibend, damit ihn niemand in der befleckten und zerrissenen Uniform bemerkte, obwohl um diese Zeit sowieso noch kein Crewmitglied der Tagesschicht auf den Beinen war, zurück zu seiner Kabine.

Dort warf er die kaputte und mit kalter Milch durchnäßte Uniformjacke auf sein Bett und zog eine frische an. Dann ging er, ebenso vorsichtig und schnell wie er gekommen war, zurück zur Mannschaftsmesse, die er genauso vorfand, wie er sie verlassen hatte.

Kirk trat an das Intercom heran, konzentrierte sich kurz, atmete tief ein und scharf aus, dann betätigte er den Schalter. „Kirk an Maschinenraum!“

„Mendoza hier!“, erklang es prompt aus dem Lautsprecher.

„Mr. Mendoza, hat sich Mr. Scott schon zum Dienst gemeldet?“

„Nein, Sir. Es ist ja auch erst – oh Moment, ich glaube er kommt gerade.“

„Sagen Sie ihm, daß ich ihn umgehend in der Mannschaftsmesse auf Deck Fünf sehen will“, sagte Kirk nun in einem befehlsmäßigen Ton und Mendoza bestätigte umgehend mit einem: „Aye, Sir.“

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Es dauerte eine kleine Weile, bevor Scott durch die Tür trat und den Captain etwas verwundert ansah. Noch war kein anderes Crewmitglied zum Frühstück erschienen, aber es konnte sich nur noch um Minuten handeln.

Bevor der Chefingenieur auch nur ein Wort sagen konnte, sprach ihn Kirk auch schon herausfordernd und leicht aufgebracht an: „Gucken Sie mal hier. Was is’n das für’ne Sauerei?“ fragte der Captain und deutete dabei mit dem rechten Zeigefinger auf die lose verschmorte Abdeckung unterhalb des Synthetisierers.

„Ich wollte mir auf dem Weg zur Brücke nur einen Kaffee holen und dann entdecke ich hier so was. – Finden Sie das vielleicht in Ordnung?“

Scott sah ihn etwas eigenartig, aber schweigend an, woraufhin Kirk kurz einmal nervös blinzelte.

„Ich erwarte, daß Sie das persönlich wieder in Ordnung bringen!“, forderte Kirk.

„Aye, Sir“, erwiderte Scott, drehte sich um und ging schon Richtung Ausgang, während er in seinem unnachahmlichen schottischen Akzent und mit der Gelassenheit eines Mannes, der schon schlimmeres gesehen hat, sagte: „Ich hole nur mein Werkzeug.“

„Ach, und Scotty…“, hob Kirk nochmals an, „… suchen Sie den Verantwortlichen für dieses Chaos und bringen Sie ihn zu mir.“ Im selben Moment bereute er diese Anweisung. Vielleicht hatte er es damit etwas übertrieben.

„Aye, Sir.“

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Wenig später, als Kirk über einigem Schreibkram in seinem Büro brütete, erstattete Scott persönlich Bericht.

„Sieht alles wieder so aus, als wäre nie was gewesen. Und ich habe den Verursacher ausfindig machen können.“

Kirk blickte flüchtig zur Seite. Irgendwie fühlte er sich ertappt, aber Scott fuhr unbeirrt fort. „Wenn Sie wirklich mit ihm sprechen wollen, gehen Sie nicht zu hart mit ihm ins Gericht. So was kann jedem mal passieren.“

Kirk sah seinen Chefingenieur etwas verdutzt an und nickte nur abwesend.

„Wollen Sie wirklich mit ihm sprechen, Sir?“, erkundigte sich Scott.

Kirk nickte zögernd.

„Dann führen Sie mal ein langes und intensives Selbstgespräch“, riet Scott ihm mit einem leichten Lächeln um die Lippen, als er die Schulterschließe seines Captains auf dessen Schreibtisch legte, und fügte beim hinausgehen hinzu: „Ach und, Sir… beim nächsten Mal rufen Sie besser gleich jemanden, der sich mit so was auskennt – erspart mir und meinen Leuten eine Menge Arbeit.“
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