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Meltdown

von May20

Kapitel 1

Captain James T. Kirk saß in seinem Stuhl auf der Brücke, ein wenig nach rechts geneigt, die Hand das Kinn stützend, um seine Worte etwas abzuschirmen.

„Kennen Sie diesen Kerl?“ fragte er leise seinen Erstern Offizier an der Wissenschaftsstation.

Sie befanden sich im Orbit um die Erde. Schon seit vierzehn Tagen. Vierzehn Tage zu viel, wenn es nach Kirk ging. Eigentlich wollte er nur noch eines: weg hier, endlich aufbrechen. In diesem Moment reckte sich das riesige schwarze Loch auf der Erde seinem Schiff entgegen, wie eine gewaltige Pockennarbe. Ein unverwüstliches Andenken an Neros Versuch die Erde zu zerstören. Eine unverwüstliche Erinnerung an die jüngsten Ereignisse. Im Moment war auf dem Schirm zwar das Gesicht eines alten Vulkaniers zu sehen, aber das lenkte ihre Gedanken nicht gerade in andere Richtungen.
Kirk hatte seinem Oberarzt, Leonard McCoy, den Auftrag erteilt, seinen Erstern Offizier im Auge zu behalten.

„Er ist so kalt wie ein Fisch, Jim“, hatte dieser ihm jedoch gestern erst resignierend erzählt. „Aus dem bekomme ich gar nichts heraus. Ich bin Arzt und kein vulkanischer Psychologe!“

Spocks Gesicht war wie immer ausdruckslos, als er sich den Vulkanier auf dem Schirm betrachtete. Wenn er bereits Bekanntschaft mit dem Älteren gemacht hatte, so ließ er sich nicht anmerken, was er von ihm hielt. Er nickte knapp.

„Botschafter Sagreal.“

Wortlos und etwas überrascht formte Jim das Wort „Botschafter?“.

„Er war auf der Erde, als Vulkan zerstört wurde.“

Jim schauderte es. Er wusste, welch Emotionen unter dieser kalten Fassade brodeln mochten. Schließlich hatte er es am eigenen Leib erfahren und für seine Provokationen Spock gegenüber beinahe mit dem Leben bezahlt. Doch obwohl erst zwei Wochen seit dem Vorfall vergangen waren, mimte Spock nun wieder den perfekten logischen Vulkanier. Jim fragte sich, ob es sich hinter dieser Logik wohl leicht verstecken ließ. Ob sie wirklich eine so gute Deckung ausmachte, oder ob Spock einfach nur gut darin war, seine menschliche Seite zu unterdrücken. Er versuchte ein frustriertes Ausatmen zu unterdrücken und wandte sich wieder dem Mann auf dem Schirm zu.

„Wir haben keinen Befehl, Sie nach Yuvenus zu bringen, Botschafter“, antwortete Jim, als er auch schon wahrnahm, wie Nyota Uhura sich im Hintergrund anspannte.

Er drehte sich um und wartete auf ein Zeichen seiner Kommunikationsoffizierin. Sie nickte.

„Gerade kam ein Befehl von Admiral Pike herein. Die Enterprise wird nach Yuvenus befohlen, um den Botschafter sicher dorthin zu geleiten.“

Von Pike? Jim verharrte einen Moment bewegungslos. Merkwürdig. Warum sollte gerade Pike ein Schiff wie die Enterprise für eine Personenbeförderung abkommandieren? Warum war der Botschafter nicht mit allen anderen zwei Tage zuvor zur neuen Kolonie aufgebrochen?
Dann zuckte er nur leichthin die Schultern und fuhr im Plauderton fort.

„Ich korrigiere. Wir haben den Befehl. Machen Sie sich bereit zum Beamen, Botschafter…“ wie war noch der Name?

„Sagreal“, half Spock ihm weiter.

„Richtig. Ich lasse Sie an Bord beamen.“

Das Bild verschwand ohne einen Dank, ohne einen Gruß und der große blaue Planet Erde strahlte ihnen entgegen, ihr Antlitz entstellt durch einen großen schwarzen Krater. Innerlich fuhr Jim zusammen, ebenso beobachtete er, wie Chekov vor ihm zusammenzuckte. Es sah scheußlich aus. Der Krater prangte am süd-westlichen Rand Chinas. Es war wohl Glück gewesen, dass Nero sich eine der weniger bewohnten Areale der Erde ausgesucht hatte, um seinen Zerstörungsversuch zu unternehmen. Dennoch. So viele Menschen waren ums Leben gekommen. Unwillkürlich fiel ihm der Xindigraben ein, welcher sich wie eine Narbe über den amerikanischen Kontinent erstreckte. Der Planet Erde hatte in seiner jüngsten Zeit einiges ertragen müssen.
Wenn Kirk nicht aufgepasst hätte, sein Blick wäre mitleidig zu Spock gewandert, dessen Spezies vergleichsweise nicht so gut weggekommen war.

„Mr. Scott!“ rief er in einen geöffneten Kanal.

„Aye Captain“, drang es fröhlich und unbekümmert durch den Kommunikator.

Wenigstens einer scheint sich nicht unterkriegen zu lassen, dachte Jim und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er sich seinen Ingenieur im Maschinenraum vorstellte, Hals über Kopf in den Geräten herumbastelnd.

„Erfassen Sie die Koordinaten von Botschafter Sag… Sarga… „

„Sagreal…“ half Spock weiter.

„Genau. Uhura, leiten Sie die Koordinaten bitte weiter. Wir beamen ihn an Bord“, dann drehte er seinen Stuhl nach rechts. „Mr. Spock, nehmen Sie unseren Gast doch bitte in Empfang.“

Kirk hätte nun beinahe mit Protest gerechnet, immerhin bestimmte das Protokoll, dass Würdenträger vom Captain selbst in Empfang genommen werden sollten. Nun… nicht für die Vulkanier. Wenn sie denn überhaupt etwas als ehrerbietig empfanden, dann gewiss nicht die Begrüßung eines Menschen. Aber Jim lag nicht viel an der Art Ansehen. Noch nie. Wieder stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen, als er daran dachte, wie er Spock kennen gelernt hatte. Als respektvoll hätte man sein Verhalten Spock gegenüber auch nicht bezeichnen können.
Aber für Spock war es vielleicht gut, jemanden seiner Spezies zu sehen, überlegte er sich. Zumal dies in Zukunft immer schwieriger werden mochte. Sagreal nach Yuvenus, der Kolonie der Vulkanier, zu bringen, mochte entweder ungeheuer schmerzlich oder erfreulich für Spock sein. Er hoffte, das Letztere würde zutreffen. Ob dies auch einer der Beweggründe Pikes gewesen war?

Spock hatte die Brücke verlassen. Jim war nicht erpicht auf den Botschafter, das musste er sich ebenfalls eingestehen. Nicht nur, dass er die als selbstverständlich erachtete Arroganz hoher Würdenträger verabscheute, gerade Vulkanier erschienen ihm durch ihre Emotionslosigkeit immer als besonders provokant.

„Mr. Sulu, setzen Sie Kurs auf Yuvenus. Wir fliegen, sobald Sagra uns mit seiner Anwesenheit auf der Brücke beehrt.“

„Aye, Sir!“ antwortete Sulu mit einem wissenden Grinsen auf den Lippen.

Womöglich würde Kirks Unvermögen, sich den Namen des Botschafters zu merken noch für einen Lacher sorgen.
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