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Meltdown

von May20

Kapitel 2

- Kapitel 2 -

Das Licht in Sareks Unterkunft war gedämmt, der rauchige Geruch von vulkanischer Steinkiefer erfüllte den Raum. Obwohl das Gewächs, aus dem die Meditationsöle gemacht worden waren nun kaum mehr in der Galaxis zu finden war, wäre es unlogisch, aus emotionalen Gründen sparsam damit umzugehen. Es gab eine DNS-Sammlung aller Gewächse Vulkans in der irdischen Datenbank.

Sarek saß in der Mitte des Raumes, in gerader Haltung auf den Knien. Seine Augen hielt er auf einen unsichtbaren Punkt direkt vor seinem Gesicht gerichtet. Er spürte die Ruhe, die Logik in seinem Inneren. Ausgeglichenheit. Seit der Zerstörung Vulkans war dies der erste Zeitpunkt, der Meditation für ihn. Vor zwei Tagen war die Übersiedlung der überlebenden Vulkanier auf Yuvenus angelaufen und damit waren alle beschäftigt. Seine Arbeit als Botschafter erlaubte ihm kaum Zeit zur Erholung, aber selbst Vulkanier mussten hin und wieder ruhen.
Der alte Vulkanier nahm einen tiefen Atemzug, als er zum ersten Male Reflektion der vergangenen Ereignisse zuließ. Bilder. Vulkanische Tempel, die rote Landschaft. Spock als Kind in der Schule, vor dem Rat, als er sich weigerte zur Akademie der Wissenschaften zu gehen. Amanda… der Zorn in ihren Augen, als er genötigt gewesen war, seinen Sohn zum Vrekasht zu erklären. Ihre Launen. Die menschliche Neigung Trotz zu demonstrieren, wenn ihnen etwas widerstrebte. Ihr Lachen, wenn sie sich über die Torheit der Vulkanier brüskierte. Oder über etwas, das sie seine logische „Macke“ nannte. Die Sanftmut ihres Antlitzes, der Glanz ihrer Augen, wenn sie alleine waren.

Sarek atmete aus und ließ diese Bilder durch seinen Geist wandern. Ein Verlust. Sein Verlust. Spocks.

Spock.

Sein Sohn, das letzte was ihm von Amanda geblieben war. Eine Erinnerung ließ Sarek zögernd zu, da sie ihn irrationaler Weise des Nachts heimsuchte. Das Entsetzen auf dem Gesicht seines Sohnes, in jenem Moment, als er erkannte, dass seine Mutter verloren war. Und die sofortige Unterdrückung aller Emotion, als sie auf der Enterprise rematerialisierten. Wenn er nicht mit ausgestreckter Hand für einen Moment erstarrt gewesen wäre, niemand hätte seinen Schock bemerkt. Dies war der einzige Makel seiner Reaktion gewesen. Erst später war Sarek bewusst geworden, dass der Tod seiner Mutter Spocks menschlichem Empfinden mehr zugesetzt hatte. Hätte er Spock nicht ermahnt, er hätte den Ausgang des Ausbruchs Kirk gegenüber nicht vorhersagen können.

Spock hatte sich gegen die Übersiedlung nach Yuvenus entschieden, was Sarek nicht überrascht hatte. Der Botschafter zog es selbst vor, hier auf der Erde zu verweilen und seiner Pflicht nachzugehen. Er war in dieser schweren Zeit nicht nur Botschafter, sondern auch Berater. Und entgegen seines vulkanischen Kollegen Sagreal, hatte er sich entschieden, dieser Berufung weiterhin nachzukommen.

„Botschafter Sarek, bitte finden Sie sich in der Krankenstation ein“, drang es plötzlich aus dem Lautsprecher.

Fast sofort blies Sarek die Ölkerze auf dem Boden vor sich aus und erhob sich. Die Krankenstation?

Als er dort eintraf fand er den Oberarzt und Admiral Kabil vor, welche über Admiral Pike gelehnt an einem Krankenbett standen. Kabil war ein Mann von – für Menschen – ungewöhnlichem Kaliber. Sarek schätzte die nüchterne Art des dunkelhäutigen Admirals, mit dem er bereits seit Jahren arbeitete. Des Weiteren standen vier Sicherheitsleute, etwas abseits am Rande der Krankenstation. Als der Doktor ihn bemerkte, winkte er Sarek an sich heran.

„Botschafter“, sagte er angespannt. „Gut, dass Sie da sind. Bitte. Bitte…“ Er bat Sarek an das Bett.

Pikes gezeichneter Oberkörper war frei. Der Admiral war nicht bei Bewusstsein. Beinahe sofort bemerkte Sarek die Konturen eines sich bildenden Hämatoms am Nackenbereich von Pikes rechter Schulter. Es war eindeutig.

„Botschafter…“ Dem Admiral war es anscheinend unangenehm, einen Mann seiner Würde angesichts einer solch heiklen Situation zu belasten.

Sarek nickte.

„Der vulkanische Nervengriff“, bestätigte er die Vermutungen. „Wer ihn angesetzt hat, muss außergewöhnlich hart zugedrückt haben, wenn sich ein Hämatom gebildet hat.“ Sarek wies auf den sich rötenden Fleck. „Unlogisch, da völlig unnötig. Der Griff funktioniert bereits bei konstantem, bestimmten Druck.“

Er beobachtete wie die besorgten Furchen in Kabils Stirn tiefer wurden. Ein Zeichen dafür, dass ein Problem vorlag.

„Wer hat den Griff angewendet?“, wollte Sarek wissen.

„Das wissen wir nicht mit Bestimmtheit. Nur wenige Vulkanier befinden sich derzeit auf der Erde… T’Igrel, Suvir, Botschafter Sagreal, Commander T’Lugir und Sie, Sarek,“ Kabil trat näher an ihn heran. „Ich habe mich an Sie gewendet, weil ich Sie am längsten kenne und Ihre Arbeit schätze. Sarek, das ist eine heikle Angelegenheit. Bis Pike aufwacht wissen wir weder wer ihn so zugerichtet hat, noch warum. Haben Sie eine Erklärung, weshalb jemand einem Admiral, der an den Rollstuhl gefesselt ist, so zusetzen sollte?“

Sarek überlegte kurz, aber er kam zu keinem logischen Schluss, der die Fragen des Admirals beantworten konnte.

„Nein, habe ich nicht. Aber da wir einen begrenzten Kreis an Verdächtigen haben, sollte es nicht schwer sein, den Verantwortlichen zu finden. Vielleicht sogar noch bevor Pike das Bewusstsein erlangt. Überlassen Sie das mir, Admiral.“

An der Erleichterung in Kabils Gesicht erkannte Sarek, dass der Admiral sich diese Reaktion erhofft hatte.

„Die Logik gibt vor, die Vulkanier zuerst zu befragen, welche sich in unmittelbarer Nähe befinden oder über die Technologie verfügen, sich ohne Probleme in die Nähe des Admirals zu beamen.“ Er ging an eine der Konsolen.

Der Admiral beobachtete über Sareks Schulter hinweg, wie dieser einen ersten Namen in den Computer eingab. Spock.

„Was?“, setzte der Admiral an.

„Ich lasse Spock eine Nachricht zukommen, dass er mich kontaktieren soll, anscheinend führt die Enterprise noch Reparaturen durch, ich kann keine direkte Verbindung zu ihr herstellen.“ Er drehte sich zu Kabil um und sah Unverständnis in dessen Augen. „Admiral, mein Sohn und ich sind über den Verdacht nicht erhaben. Dass Sie mich als Ersten haben rufen lassen, um in dieser Angelegenheit nachzuforschen, ist ein Vertrauensbeweis. Nur weil Spock mein Sohn ist, befreit es ihn logischer Weise nicht von dem Verdacht.“

Kabil schnaufte. Anscheinend hatte er an Spock weder gedacht, noch schien er Sareks Aktion zu verstehen, in Anbetracht dessen, dass er ja Spocks Vater war.
Sarek wandte sich ab und gab die Namen Botschafter Sagreals und Commander T’Lugirs ein. Als der Computer Informationen bezüglich ihres Aufenthalts auf dem Schirm präsentierte, fiel ihm sofort die merkwürdige Invarianz auf.

„Anscheinend befindet sich Sagreal nicht länger auf Starfleet-Gebiet, Admiral.“

Der Admiral ignorierte nun den protokollierten Höflichkeitsabstand zu Botschafter Sarek und trat neben ihn, um einen besseren Blick auf die Anzeige zu erhalten. Tatsächlich schien es, als hätten die Sensoren Sagreals Kommunikatorsignal vor etwa fünfzehn Minuten verloren.

„Die Enterprise hat keine Reparaturen mehr durchzuführen“, hauchte er, als ihm das Mittagessen mit Pike heute durch den Kopf ging, bei dem dieser ihm berichtet hatte, dass das Schiff bereit sei auszulaufen.

STSTSTST

„Sagen Sie, Commander…“ Sagreal und Spock befanden sich im Turbolift. Der Botschafter unterbrach die neutrale Stille zwischen Ihnen. Seine Statur war ungewöhnlich hoch gewachsen für einen Vulkanier. Trotz seines fortgeschrittenen Alters schien er kräftig und maß sich groß Spock gegenüber aus.

Spock wandte seine Aufmerksamkeit dem Botschafter zu, wodurch er ein wenig aufsehen musste. Eigentlich war er gerade nicht erpicht darauf mit dem Mann zu reden. Sagreal war Verfechter der alten Tradition und hatte sich damals gegen seine Aufnahme zur Akademie der Wissenschaft ausgesprochen und die logische Konsequenz seines Ablehnens als Erster vorgeschlagen. Die Verstoßung. Letztendlich war es Spock gleichgültig gewesen. Es war vorherzusehen gewesen. Er hatte bei seiner Entscheidungsfindung diese Möglichkeit in betracht gezogen.
Das hieß nicht, dass er Botschafter Sagreal mögen musste. Oder nicht mögen. Er war ihm einfach… gleichgültig.

„Als Sie gesehen haben, wie Vulkan von dem schwarzen Loch ausgelöscht wurde… haben Sie da eine emotionale Reaktion verspürt?“, fragte der Botschafter kühl.

Er hätte auch fragen können, ob er damals etwas gefühlt hatte, als er den Verweis wegen der Schlägerei in der Schule bekommen hatte. Diese Frage war entwürdigend und respektlos.

Emotionen sind dem vulkanischen Volk tief verankert. Ich sah mit eigenen Augen, wie Vulkan zerfiel und spurlos verschwand. Was denken Sie ist die logische Reaktion, Botschafter?

„Ich hatte nicht die Möglichkeit, diese Tragödie zu verhindern. Schuldgefühle wären unlogisch“, antwortete Spock stattdessen.

Der Botschafter wandte den Blick von ihm ab und schien die Turbolifttür anzustarren.

„Der eigenen Mutter im Augenblick ihres Todes ins Gesicht zu sehen. Es widerstrebt mir zu glauben, dass diese Erfahrung einen Menschen ohne… Auswirkungen zurücklässt“, sprach der Ältere, ohne einen Hauch von Wärme in der Stimme.

„Womöglich nicht.“

Die Türe öffnete sich und die Brücke breitete sich vor ihnen, hell und ordentlich. Die Männer saßen an ihren Stationen und schienen Berechnungen zum bevorstehenden Warpsprung vorzubereiten.
Spock entspannte sich unwillkürlich, als er aus dem engen Raum trat und Abstand zwischen sich und den Botschafter bringen konnte.

STSTSTST

Im Transporterraum der Enterprise hallte ein lautes Geräusch, Metall auf Metall, wider.

Montgomery Scott, der Ingenieur des Schiffes stand mit einem Schraubenschlüssel vor der Konsole, welche nun eine kleine, kaum zu sehende Delle aufwies.
Er hatte Starfleet gerade die Ankunft Sagreals bestätigen wollen, als die Kommstation ausgesetzt hatte. Seitdem war das Teil tot. Obwohl die Eigendiagnose einwandfrei funktionierte. Scotty kratzte sich am Kopf.

„Ich Idiot. Unsere Konsole ist vollkommen in Ordnung. Die Erde hat Mist gebaut!“ Reumütig streichelte er über die kleine Delle. „Keine Sorge, das bringen wir gleich wieder in Ordnung, meine Gute“, sprach er liebevoll mit dem Gerät. „Aber zuerst wollen wir den unfähigen Trotteln da unten zu verstehen geben, dass sie Mist gebaut haben.“

Flink huschten seine Finger über die Konsole und veränderten die Trägerwelle. Wenn die normale Kommunikation außer Kraft gesetzt worden war, würde er sich eben der alten Technologie des Langstreckenfunks bedienen. Er wusste, dass einige Empfänger am Boden noch damit funktionierten und Starfleet niemals alle ausgebaut hatten. Nach wenigen Sekunden kontaktierte er die Erde.

STSTSTST

Sie waren gerade auf dem Weg zum Kontrollraum, um herauszufinden, wer ohne ihr Wissen gebeamt hatte und warum die Kommunikation zur Enterprise nicht funktionierte. Als Sarek und Kabil eintrafen, hatte der Kommunikationsoffizier gerade einen jungen Mann auf dem Schirm, der nicht gerade auf die feine Art redete.

„Kriegt ihr Stümper denn gar nichts hin, da unten? Ich bestätige hiermit die Ankunft von Botschafter Sagreal auf der Enterprise. Wir sind bereit, loszufliegen. Leute, wenn ihr uns schon totbürokratisiert und wir euch wegen jedem Furz Rückmeldung geben müssen, dann schaut doch wenigstens zu, dass die Komm funktioniert!“, empörte sich der Mann.

Kabil stürzte nach vorne zu seinem Kollegen Admiral Kinsey, der im Streitgespräch mit dem unverschämten Grünling war und riss die Aufmerksamkeit auf sich.

„Was haben Sie da gerade gesagt? Sagreal ist auf der Enterprise?!“

„Aye, die Enterprise wird unverzüglich starten“, bestätigte der Mann.

„Nein!“, entfuhr es Kabil. „Erlaubnis verweigert!“

Der junge Mann schüttelte verwirrt und ungläubig den Kopf.

„Fliegen, warten, fliegen, warten… könnt Ihr Euch da unten mal entscheiden?“

„Wir haben Sicherheitsbedenken, Mr. …“

„Scott.“

Sarek trat vor und bedeutete dem Admiral auch angesichts der ihnen entgegenschauenden Unverschämtheit Ruhe zu bewahren.

„Admiral. Wir wissen nicht was dort vor sich geht. Womöglich ist Sagreal nicht Urheber, sondern nur weiteres Opfer dieser Situation. Dennoch empfehle ich Ihnen, die Sicherheit zu benachrichtigen. Beamen Sie mich auf die Enterprise, Mr. Scott.“

Der junge Mann namens Scott lachte. Aber als die Erinnerung an den alten Vulkanier zu dämmern begann, erstarb es auf seinen Lippen.

„Ich kenne Sie doch…“

„Ich bin Botschafter Sarek, mein Sohn dient auf Ihrem Schiff. Commander Spock.“

Scott sah sich selbst kurz über die Schulter, als stünde dort noch jemand, aber soweit es der Schirm zeigte, war er allein.

„Commander Spock hat Botschafter Sagreal gerade hier abgeholt“, berichtete er. „Sir, welcher Art sind ihre Sicherheitsbedenken?“ Scotts Gesichtsausdruck war nun nicht mehr erheitert, sondern eher besorgt.

„Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, sollten Sie mich hochbeamen.“

„Admiral?“ Scott wartete auf einen Befehl.

Kabil und auch Kinsey bestätigten.
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