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Enttäuschte Hoffnungen

von Eilan

Enttäuschte Hoffnungen

Ich kann einfach nicht mehr. Seit über sechs Jahren bin ich jetzt auf der Voyager und ich spüre, wie meine Kraft mich verlässt. Nach außen bin ich immer noch der freundliche, humorvolle Fähnrich Kim, der Stolz Captain Janeways, ihr Vorzeigeoffizier. In mir drinnen sieht es ganz anders aus.

Jahrelang habe ich mich daran geklammert, dass ich irgendwann nach hause kommen würde, zurück zu meinen Eltern und Libby. Doch jetzt bin ich mir absolut sicher, dass meine Eltern mich für tot halten. Würde das nicht jeder nach so langer Zeit?

Und Libby? Die konnte sich bestimmt nachdem die Voyager verschwunden war vor Dates nicht mehr retten. Ich kann es ihr noch nichtmal übelnehmen, wenn ich zur Erde zurückkehren und herausfinden würde, dass sie verheiratet ist oder so etwas.

Aber die Chance, dass wir zurückkehren ist sowieso kaum vorhanden. Ja, der Harry Kim, der in jedem Wurmloch einen Weg nach Hause sah hat seine Hoffnungen aufgegeben. Am Anfang hat mich dieser Gedanke selbst schockiert, aber ich habe mich damit abgefunden und nur noch nach außen so getan als würde ich noch hoffen. Enttäuschte Hoffnungen sind einfach zu schmerzhaft. Hätte ich weiterhin gedacht, ich würde jemals zurückkehren hätte ich mich schon vor langer Zeit mit einem Phaser umgebracht.

Nicht, dass das hier irgendjemandem etwas ausmachen würde.

Sogar Captain Janeway, die am Anfang für mich wie eine Mutter war, würde wahrscheinlich nicht um mich trauern. Immer erzählt sie mir, dass ich ein sehr verantwortungsbewußter Offizier bin und sowas. Aber bringt mir das irgendetwas? Nein. Ich werde weder befördert, noch traut sie mir zu, das Kommando zu übernehmen. Ich werde wahrscheinlich als der "ewige Fähnrich" in die Geschichte eingehen, während Tom seine Beförderung schon direkt am Anfang förmlich hinterhergeschmissen gekriegt hat.

Natürlich, wenn wir durch langweilige, unbevölkerte Gebiete fliegen darf ich auch mal in den Captain's Chair. Aber das auch nur in der Nachtschicht. Wahrscheinlich bin ich so oft in der Nachtschicht, weil ich so während der Alpha-Schicht wenigstens nicht auf der Brücke bin. Dann sind sie mich alle wenigstens für ein paar Stunden los. Bislang dachte ich auch, ich hätte ja immer noch B'Elanna und Tom, die schließlich meine besten Freunde sind. Jedenfalls äußerlich. Denn sobald wir zusammen im Casino sitzen merke ich, dass ich das fünfte Rad am Wagen bin, wie man so schön sagt. Irgendwie passt dieses alte Sprichwort hier. Sie sind immer nur mit sich selbst beschäftigt und mich beachten sie kaum. Tom ist nur nett zu mir, weil ich bei seinen 'Captain Proton' Holodeckprogrammen mitmache. dafür bin ich wohl gerade noch gut genug.

Schön zu wissen.

Und die beiden glauben auch noch, ich wüsste nicht, was sie hinter meinem Rücken über mich sagen. Ich weiß genau, dass sie sich über mich lustig machen. darüber, dass ich in ihren Augen so naiv bin, dass ich jeden Tag Klarinette spiele, weil ich es meiner Mutter versprochen habe. Darüber, dass ich Captain Janeways 'Lieblingskind' bin. Als ob. Und natürlich lachen sie darüber, dass ich mich immer unglücklich verliebe.

Als wenn ich das absichtlich machen würde. Ich war wirklich in Seven verliebt, doch sie stößt mich in ihrer absolut arroganten Art beiseite. Oh nein, sie verletzt mich nicht absichtlich, sie merkt es nur einfach nicht. was es noch schwerer für mich machte, denn ansonsten könnte ich sie wenigstens aufrichtig hassen.

Von einer anderen Frau, die ich liebte hat mich mein Captain ferngehalten. Nur weil ich mich bevor ich mit ihr schlief nicht mit dem Doktor und ihr in Verbindung setzte. Als wäre ich ein kleines Kind! Doch damals dachte ich noch sie wollten nur das beste für mich. Dabei wäre es das beste für mich gewesen dort geblieben zu sein, wie ich jetzt erkenne, denn dann wäre mir vieles erspart geblieben. Nicht nur diese schreckliche Zeit nach der Trennung, während der ich ganz normal meinen Dienst verrichten musste. Sondern auch dieses konintuierliche Verlieren der Hoffnung.

Es kam nicht schlagartig, sondern schleichend. Zuerst machte es mir keinen Spaß mehr im Sandrine's zu sitzen oder Pool zu spielen. Irgendwann merkte ich, wie ich mir oft den Abend herbeisehnte und keinen Sinn mehr in meinen Aufgaben auf der Brücke sah. Dann erfand ich oft Ausreden um nicht mehr mit Tom Holodecksimulationen zu testen und zu erstellen. Und irgendwann ... ja, irgendwann stand ich das erste Mal in meinem Quartier und hielt einen Phaser in der Hand. Ich überlegte, wie sich der Tod wohl anfühlen würde, ob es wehtun würde, ein Tod durch den Treffer eines Phasers. Oder ob es schnell ginge, zack, bummm, aus. Gibt es ein Leben nach dem Tod?

Auf dieses erste Mal folgten in den nächsten Wochen viele weitere Male und jetzt ... jetzt stehe ich schon wieder hier, in meinem Quartier, den Phaser auf mich selbst gerichtet. Nicht auf meinen Kopf, denn ich weiß ein auf ‚Töten' gestellter Phaser wirkt, egal wo man trifft. Das hat man mir auf der Akademie beigebracht. Paradox, oder? Die Sternenflotte hilft mir dabei mich umzubringen.

Jedes Mal, dass ich an diesem Punkt angelangt war habe ich auf einmal Angst gehabt. Angst davor, dass nach dem Leben nur eine große Leere kommt, oder dass ich in die christliche Hölle komme, wenn es sie denn gibt.

Heute ist es anders.

Da ist nichts, keine Angst, kein Zweifel.

Langsam richte ich den Phaser auf meine Brust.

Heute abend gibt es kein zurück.

Zu viele Rückschläge.

Zu viele enttäuschte Hoffnungen.

Nie wieder.

-Ende-
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