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Heritage

von Eilan

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Liebe Mutter,

ja du hast richtig bemerkt, ich nenne dich Mutter. Damals, als wir uns im Streit trennten habe ich dir andere Wörter an den Kopf geworfen. Wörter, die dich sehr verletzt haben müssen. Deswegen habe ich sie damals auch benutzt, ich wollte dich unbedingt verletzen. Ich gab dir die Schuld für alles, was mir passiert war und ich gab dir auch Jahre nachdem ich dich das letztemal gesehen habe alle Schuld. Die Schuld dafür, dass ich als Halbklingonin auf der Akademie verspottet wurde und nur wenige Freunde fand. Und ich gab dir bis jetzt immer die Schuld dafür, dass Vater mich verlassen hat. So habe ich es bis jetzt gesehen, er hat 'mich' verlassen. Erst vor kurzem wurde mir klar, dass er auch dich verlassen hat. Und ihr hattet euch schließlich einmal so sehr geliebt, dass ihr allen bösen Vorraussagungen zum Trotz eine klingonisch-menschliche Ehe eingegangen seid. Sie hat nicht lange gehalten. Und daran habe ich dich wohl immer erinnert. Auch wenn es dir vielleicht nicht bewußt war, aber ich habe das bemerkt. Die Art, wie du mich manchmal angeschaut hast, und wie dann die Erinnerungen wiederkamen. Ich habe das gespürt und das verhinderte mein Mitleid mit dir. Wie sollte ich auch Mitleid mit einer Frau empfinden, die meinen Vater vergrault hatte und das gleiche mit mir tun wollte? So dachte ich damals.

Als du von meinem Entschluss der Sternenflotte beizutreten gehört hast, hast du mich angeschrieen. Und ich habe zurückgeschrieen. Du hast mir vorgeworfen ich würde dich im Stich lassen, dass man mich dort sowieso nicht haben wollte, mich eine Halbklingonin. Und ich habe zurückgeschrieen, dass du mir schon genug angetan hast, indem du mich geboren hast und nicht noch meinen letzten Traum zerstören sollst.

Das war das letzte Mal, dass ich dich gesehen habe.

Auf der Akademie hielt ich es wirklich nicht lange aus. Und deswegen verfluchte ich dich wieder, denn mein klingonisches Temperament und meine Ungeduld machte es für mich unmöglich Sternenflottenoffizierin zu werden. Ich ging zum Maquis und endlich gab es einen Platz für mich auf dieser Welt. Eine Gemeinschaft, zu der ich dazugehörte und in der ich akzeptiert und gebraucht wurde. Wegen meiner Fähigkeiten.

Dann strandeten wir im Deltaquadranten und ich wurde ein Bestandteil der Voyagercrew. Ich hasste es damals. Und wieder machte ich dich dafür verantwortlich, denn wäre ich nicht auf diesem Maquis-Schiff gewesen wäre ich nicht 70000 Lichtjahre von einer Welt entfernt gestrandet, die ich eigentlich nie mein zuhause nannte.

Und jetzt ist dies hier mein zuhause, mehr als irgendein Ort es je gewesen ist.

Du wirst es mir wahrscheinlich nicht glauben, aber ich bin inzwischen verheiratet. Mit Tom Paris, einem Lieutenant der Sternenflotte. Er gehörte einmal dem Maquis an, aber nur kurz. Am Anfang war er deswegen für mich ein absoluter Versager. Aber er hat sich verändert. Er ist nicht mehr der, der er war, als wir hier strandeten, genau wie ich. Wir ergänzen uns ziemlich gut, er ist humorvoll und kann mich oft aufheitern, wenn ich depressiv bin. Und er hat eine Gemeinsamkeit mit mir, er kam hierher, weil er dachte er hätte zuhause niemanden mehr. Sein Vater ist Admiral und hält nicht viel von seinem Vater. Doch Captain Janeway gab ihm genau wie mir eine Chance. Ihn holte sie aus einer Strafkolonie und mir gab sie, wonach ich mich insgeheim immer gesehnt habe - eine Familie. Die Familie, die ich nicht hatte, weil ich mich dagegen gesperrt habe dich an mich heranzulassen und du dich dagegen dich mir zu öffnen.

Doch langsam erkenne ich, dass das klingonische Erbe, wegen dem ich dich gehasst habe, vielleicht doch nicht so schlecht ist, wie ich immer dachte. Manchmal steht es mir im Weg und ich habe mir auch schon oft wegen meines Temperaments Ärger eingehandelt, aber Spontanität und Impulsivität sind nichts Schlechtes. Hätte ich das doch schon vor Jahren begriffen! Ich hätte dir und auch mir vieles erspart. So zum Beispiel, dass ich niemals Kritik annehnmen konnte und allein deswegen die Sternenflotte verließ. Jahre später erzählte mir Captain Janeway dann, dass es wohl auch Ausbilder gegeben hat, die mich mochten und die gerade meine Art zu schätzen wussten. Doch damals sah ich das nicht, ich rannte wie blind durch die Gegend und dachte jeder wäre gegen mich. Und immer war der Hass gegen dich gegenwärtig. Er war damals fast meine einzige Konstante. Vielleicht nicht im positiven Sinne, aber etwas woran ich mich klammern konnte. Oh, es war so einfach dir die Schuld an allem zu geben, was schief lief.

Inzwischen habe ich mehr in meinem Leben, woran ich festhalten kann. Einen Ehemann, den ich liebe und der mich liebt und der mir vor Augen geführt hat, wie sinnlos es ist dich zuhassen, genau wie er früher seinen Vater gehasst hat. Meinen besten Freund, Harry Kim, mit dem ich reden kann, wenn mich etwas bedrückt, genau wie mit Chakotay, meinem früheren Captain und jetzt Erster Offizier der Voyager. Tuvok, der mich mit seinen Meditationssitzungen zum Wahnsinn treibt. Neelix, der zwar nervig ist, es aber meistens schafft mich aufzuheitern. Seven of Nine die Exborg, die so das genaue Gegenteil von mir ist und mit der ich mich deswegen immer wieder streite. Captain Janeway, die in der Not immer da ist. Der Doktor, der mich fast in den Wahnsinn treibt mit seinen Wünschen, was ich an seiner Holomatrix und in seiner Programmierung verändern soll. Mein Team im Maschinenraum, denen ich zwar mit meinen Wutausbrüchen manchmal auf die Nerven gehe, die mir aber wegen meiner Fähigkeiten nie widersprechen.

Ich habe soetwas wie eine innere Ruhe hier gefunden, habe meinen Frieden mit mir und dem Universum gemacht. Deswegen habe ich in letzter Zeit oft an dich gedacht und mir ist klar geworden, dass wenn du nicht gewesen wärst ich gar nicht hierher gekommen wäre und nichts von dem gesehen und erlebt hätte, was mich in den letzten Jahren zu der Person gemacht hat, die ich jetzt bin. Eine Person, die langsam anfängt stolz auf ihre Herkunft zu werden und nicht mehr wütend wird, wenn sie das Wort 'klingonisch' nur hört. Eine Person, die sich freuen würde ihre Mutter wiederzusehen, wenn sie in den Alpha-Quadranten zurückkehrt. Und die darauf hofft, vielleicht auch schon früher etwas von ihr zu hören.

B'Elanna Torres

ENDE
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