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It’s all coming back

von Emony

Kapitel 1

Es kam mir vor wie ein längst verblasster Traum, dass wir uns das Haus an der Ostküste Nordamerikas gekauft hatten. Ich sehe noch heute ihr rotblondes Haar im spätherbstlichen Sonnenschein glänzen, welches sie wieder länger trug, als zu der Zeit, in der wir unsere lange Reise aus dem Delta-Quadranten beendet hatten und heimgekehrt waren.

Über ein Jahr hatten wir uns nicht gesehen. Uns den Freiraum gegeben, den wir brauchten. Den vor allem ich nach meiner Trennung von Seven brauchte. Kathryn verstand mich besser als jeder andere Mensch, dem ich je begegnet war. Ich brauchte nicht zu sagen, weshalb ich für einige Zeit einfach nur der Captain der Voyager sein wollte. Eine ganz neue Crew durch Regionen des Alls führen wollte, die mir vertraut und doch auch fremd waren.

Sie war Admiral geworden, hatte viele neue Aufgaben, die ihr keine Zeit für Langeweile ließen. Aufgaben, die ihr keine Zeit für irgendetwas neben der Sternenflotte ließen. Sie hatte mir einmal gesagt, dass sie froh darüber war. So hatte sie keine Zeit darüber zu reflektieren, warum aus uns beiden in den Jahren unserer gemeinsamen Dienstzeit nichts geworden war.

Als wir uns wieder trafen, war es als hätte das Schicksal seine Finger im Spiel. Im Gegensatz zu ihr glaubte ich schon seit jeher ans Schicksal. Sie schob es einem schlichten Zufall zu. Durch unsere Gegensätze haben wir und jedoch immer wunderbar ergänzt.

Von jenem Tag an hatten wir begonnen uns regelmäßig zu sehen, fast täglich. Ich fühlte alte Gefühle neu erwachen, die ich schon fast vergessen hatte. Erinnerte mich an die Tage auf ‚New Earth’ zurück, doch auch daran wie ablehnend sie mir gegenüber danach geblieben war. Ganz der Captain. Sie missgönnte sich das Glück Liebe zu erfahren. Und damit auch mir.

Auf der Erde bekam ich endlich die Gelegenheit Kathryn kennen zu lernen, die Frau hinter Captain Janeway. Und ich begann sie von Neuem zu lieben, inniger als je zuvor. Es war der Beginn der besten Zeit meines Lebens und wie ich noch heute hoffe, auch der ihren.

Das Haus, das sie für uns ausgesucht hatte, lag ein ganzes Stück abseits der Stadt. Sie wollte Privatsphäre haben, einen Ort, an dem es nur uns gab. Das Haus am Meer lag oft im Nebel, wirkte dadurch manchmal richtig unheimlich. Im Herbst ganz besonders, doch gerade das gefiel Kathryn noch mehr. Es erinnerte sie an das Haus aus einem ihrer Lieblingsbücher, von dem sie mir hin und wieder erzählte. Sie hat immer so viel gelesen und mir von den Büchern erzählt, dass ich nun, viele Jahre später, nicht mehr auf den Titel oder Autor komme.

Es war jedenfalls ihr Traumhaus. Und was sie glücklich machte, machte auch mich glücklich. Für mich zählte nur, dass wir beide zusammen lebten. Wo war mir relativ egal.

Schon nach wenigen Monaten hatten wir unsere ersten Probleme. Ich war viel auf Reisen, während sie täglich zwischen Heim und der Akademie hin und her pendelte. Sie fühlte sich einsam und unsere Beziehung war gefährdet. Also gab ich meine Stellung als Captain der Voyager auf und wurde Dozent an der Akademie.

An Kinder war für uns nicht mehr zu denken, obgleich wir beide gerne eine Familie zusammen gehabt hätten. Kathryn sah nicht, wie wir Beruf und Familie unter einen Hut bekommen könnten und ich sah sie nie als Vollzeit-Mutter und Hausfrau. Jedoch heirateten wir im engsten Familien- und Freundeskreis.

Jahre zogen an uns vorbei so schnell als wären es nur Tage gewesen. Rasch kam der Tag, an dem wir Kathryns sechzigsten Geburtstag feierten. Ihr rotblondes Haar, von grauen Strähnchen durchzogen, trug sie inzwischen halblang.

Kalte Winternächte verbrachten wir kuschelnd auf der Couch oder im Bett und sie las mir vor. Manchmal machten wir es uns auch vor dem Kamin bequem und riefen gemeinsam unsere tierischen Berater. Wir nutzen unsere freie Zeit meist, um sie gemeinsam zu verbringen, fast so als versuchten wir die Jahre aufzuholen, die wir auf der Voyager nicht wirklich miteinander verbracht hatten.

Im Sommer arbeiteten wir oft bis Sonnenuntergang in unserem Garten vor dem Haus, setzten Stecklinge oder entfernten Unkraut. Sie hatte diese Leidenschaft auf ‚New Earth’ für sich entdeckt und lebte sie schließlich – wenn es die Jahreszeit zuließ – im eigenen Garten aus.
Sie erfüllte mich jeden Tag meines Lebens mit Glück und Liebe. Sie forderte mich stets aufs Neue heraus, sorgte dafür, dass Körper und Geist niemals Langeweile erfuhren.

Noch heute fühle ich ihre Hand auf meiner Wange, ihre Lippen auf meinen, kann ihren Duft riechen, ihr weiches Haar fühlen, das mich sanft kitzelt. Wie kann etwas, das gestern noch real war, schon heute in so große Entfernung rücken, dass es wie ein verblassender Traum wirkt? Ein Traum sollte es sein. Einer von jenen, aus denen man schwer atmend und mit klopfendem Herzen erwacht. Einen jener Träume, die man schnell wieder vergisst, wenn man neben sich greift und den warmen, atmenden Körper des anderen spürt.

Ein Traum ist es jedoch nicht.

Nie zuvor tat die Realität so weh wie heute, da ich an ihrem Grab stehe und mich von meiner einzig wahren Liebe verabschieden muss. Körperliche Schmerzen könnten kaum schlimmer sein als jene, die meine Seele ertragen muss. Heiße Tränen benetzen mein Gesicht. Tausend Dinge, die ich noch sagen wollte, gehen mir durch den Kopf. Drei Worte, die ich ihr zwar täglich gesagt habe, jedoch im Nachhinein gesehen nicht oft genug.

Ich liebe dich!

Ich bin umringt von Menschen, die still meine Trauer teilen, und doch bin ich vollkommen einsam.

Meine Liebe wird für immer ihr gehören. Ich sehne mich schon heute nach dem Tag, an dem sich unsere Seelen wieder finden werden.

Alles kommt zurück. Erinnerungen stürzen wie eine Lawine über mir zusammen und ich sinke unter ihrer Last auf die Knie und weine. Kann es kaum ertragen. Eine Hand legt sich auf meine Schulter und drückt mich sanft. Will mir sagen, dass ich nicht allein bin und dass der Schmerz vergehen wird.

Mit zitternden Fingern lasse ich die Rose, die ich vorhin in unserem Garten geschnitten habe, in das Loch hinab auf ihren Sarg fallen. Die Hand auf meiner Schulter drückt mich erneut, als mein ganzer Körper sich in einem Weinkrampf schüttelt. „Chakotay“, flüstert die Stimme, die zu der Hand auf meiner Schulter gehört und ich erkenne sie. Tom Paris kniet sich neben mich und nimmt mich in den Arm. Nie zuvor habe ich mich so dankbar an einen anderen Menschen gelehnt, der mir die Kraft geben kann, die ich selbst nicht mehr aufzubringen imstande bin.

Selbst als alle anderen Trauernden längst Abschied genommen haben und nach und nach gehen, bleibt er bei mir sitzen. Er verlangt nicht, dass ich etwas sage. Er hört der Stille zu, ist einfach für mich da. Es wird dunkel und kühler Wind zieht auf. Ich weiß, dass ich nicht ewig an ihrem Grab sitzen bleiben kann. Und so lasse ich mir von Tom auf die Beine helfen, um langsam, Schritt für Schritt in das Leben ohne Kathryn zurück zu kehren.


ENDE
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