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„Noch einmal stehe ich an Deck…“

von Conni

Kapitel 1

Kapitel 1

„Bist Du sicher, dass das eine gute Idee war, Jim?“ – Leonard McCoy hing über der Reling der USS Constitution, einer 44-Geschütz-Fregatte des 19. Jahrhunderts, sein Gesicht unnatürlich gelbgrün verfärbt. „Mir ist jetzt schon ganz schlecht.“ Dieser Satz ging in einem erneuten Würgeanfall des Arztes beinahe unter.

James Kirk wandte sich seinem Freund herzhaft lachend zu. „Hab’ Dich nicht so, Pille. Wenn Du Dich erst einmal daran gewöhnt hast, wird es Dir auf dem Meer schon gefallen. Du musst tief durchatmen. Genieß’ die salzige Seeluft.“

„Genießen? Das soll wohl ein Witz sein...“, erneut stöhnte der Arzt auf. „Und was heißt denn hier, wenn ich mich erst einmal daran gewöhnt habe. Wie lange hast Du denn vor uns durch die Gegend zu schippern?“

„Pille, wir schippern nicht nur so durch die Gegend. Ich will das diese Grünschnäbel ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt ein Schiff durch eigene Kraft anzutreiben, angewiesen auf den Wind, die See und...“, Kirk machte eine bedeutungsvolle Pause, in der er die frische Seeluft tief einsog, „... die Sterne.“ Einen Moment lang herrschte Stille.

Dunkelblaue Kniebundhosen über weißen Kniestrümpfen, eine rote Weste mit schmaler Tresse über einem weißen Rüschenhemd, darüber ein dunkelblauer Gehrock mit rotem Revers, angeschlitzten Ärmelaufschlägen und gelben Knöpfen - so gekleidet stand Jim Kirk würdevoll auf dem Achterdeck, wirkte seiner Zeit entrückt.

Die Sonne schien ihm ins Gesicht. Eine leichte Brise zerzauste das hellbraune Haar. Seine Augen glänzten zufrieden, während er den Blick über das Meer schweifen ließ, unter sich die wogenden Bewegungen des Schiffes spürend. „Noch einmal stehe ich an Deck meines eigenen, schnell dahingleitenden Schiffes: setzt die Segel! Leb’ wohl zum Land; der Sturm folgt direkt darüber...“, murmelte Kirk und seufzte zufrieden.

Das leise Fluchen McCoys riss ihn aus seinen Gedanken. „Weißt Du, mit dieser Gesichtsfarbe kannst Du glatt Spock Konkurrenz machen“, versuchte Kirk seinen Freund aufzumuntern.

„Wirklich, wahnsinnig witzig...“, keuchte McCoy, nachdem er sich erneut über der Reling erbrochen hatte.

„Mr. Christian, melden Sie sich nach Ihrem Dienst bei mir“, erklang eine Stimme.

„Wenn man vom Teufel spricht“, sagte McCoy und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, lag doch eine Gewisse Ironie in dieser Metapher, betrachtete man die äußere Erscheinung des Vulkaniers.

Spock, der eine ähnliche Uniform trug wie Kirk, sie war nicht ganz so prächtig verziert, trat hinter den Captain. „Sir, wir sind jetzt auf Kurs.“

„Was hat der arme Teufel denn verbrochen?“

„Sir?“

„Den Sie eben zu sich zitiert haben.“

„Mr. Christian hat versäumt die Stunde zu schlagen und das Glas zu wenden.“

„Wirklich?“, sagte Kirk schmunzelnd. „Lassen Sie ihn deshalb nicht gleich Kiel holen.“

Mit einem schelmischen Glanz in den Augen, aber trockener Stimme entgegnete Spock: „Ein Dutzend Schläge sollten als Züchtigungsmaßnahme ausreichen - die übliche Strafe für leichte Vergehen.“ Dann wandte sich der Vulkanier mit dem vertrauten Zucken der rechten Augenbraue ab. Kirk verzog das Gesicht zu einem ungläubigen Grinsen. *Da sage noch einer Vulkanier hätten keinen Sinn für Humor*, dachte er.

„Pille, bist Du sicher, dass Du nichts essen willst?“, fragte Kirk seinen immer noch bleichen und grimmig dreinblickenden Freund bei ihrem gemeinsamen Abendessen zu dritt in der Offiziersmesse.

Kirk hatte alles klassisch herrichten lassen. Ein mehrarmiger Kandelaber erhellte den kleinen Raum. Alte Seekarten und Bilder vormaliger Commander schmückten die Wände. Auf dem Tisch fanden sich eine Karaffe exquisiten Weines, eine Schüssel Salat, Seezungenfilet in Sahnesoße mit Beilagen für Kirk und McCoy, ein vegetarisches Gericht aus Reis und verschiedenen Gemüsesorten für Spock.

McCoy schaute nur flüchtig auf und einen Blick über den Tisch werfend antwortete er: „Nein Danke, mir ist schon schlecht.“

Kirk konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Wie wäre es, wenn Du eines Deiner Mittelchen, die Du so gern an die Besatzung verteilst, selber nimmst? Es gibt doch etwas gegen Seekrankheit, oder nicht?“

„Danke, Herr Doktor, auf diese brillante Idee wäre ich selbst nie gekommen“, entgegnete McCoy leicht verärgert. „Offensichtlich reicht es nicht, dass ich mich miserabel fühle und diese unbequeme Uniform tragen muss...“, fahrig zupfte McCoy an seinem grünen Gehrock mit schwarzem Samtrevers und den grünen Kniebundhosen herum. Seine rote Weste hatte er geöffnet und versuchte tief durchzuatmen. „...jetzt muss ich mir auch noch alberne Ratschläge von Dir gefallen lassen. Natürlich gibt es eine Medizin gegen Seekrankheit, aber aus unerfindlichen Gründen schlägt dieses Zeug bei mir nicht an. Es ist wirklich immer dasselbe.“

Jim Kirk fühlte sich ein wenig schuldig. Seit sie gestern in See gestochen waren, hatte er McCoy mit dessen Unwohlsein aufgezogen. „Entschuldige, Pille“, und mit leicht besorgter Stimme setzte er hinzu: „Ist es wirklich so schlimm?“

Der Arzt drehte so langsam wie möglich seinen Kopf zum Captain. Um seine Lippen spielte ein sanftes Schmunzeln, in seinen blauen Augen spiegelte sich die Zuneigung jahrzehntelanger Freundschaft wider, als er sagte: „Ich werde es wohl überleben. Und wie Du heute morgen so treffend bemerkt hast, in ein paar Tagen werde ich mich wohl daran gewöhnt haben.“ Und mehr zu sich selbst, fügte er mit einem leisen Seufzen hinzu: „Hoffentlich.“

Kirk nickte kurz und räusperte sich. „Reden wir von etwas Anderem. Sie sind so still, Spock? Sagen Sie, wie ist es ihrem Kadetten ergangen?“

Spock, der bisher nur zugehört hatte, hob sein Gesicht. „Ich habe Mr. Christian eine Strafarbeit aufgegeben“, und auf den fragenden Blick Kirks hin, setzte er hinzu: „Einen Aufsatz über die Aufgaben eines Offiziers im 19. Jahrhundert an Bord eines Segelschiffes.“

„Bestrafen Sie sich damit nicht selbst? Sie müssen dieses Ding schließlich lesen“, neckte McCoy den Vulkanier.

Spock neigte seinen Kopf auf die ihm eigene Weise. „Ich empfinde dies nicht als Bestrafung, sondern als Bereicherung meinerseits. Außerdem ist es meine Pflicht als Ausbilder junger Offiziersanwärter...“

„Ja, ja, schon gut“, fiel McCoy ihm genervt ins Wort, „fangen Sie bloß nicht schon wieder an, mir einen Vortrag zu halten – dazu bin ich nämlich nicht in der geeigneten Stimmung. Es sollte bloß ein Scherz sein.“

„Ich weiß“, entgegnete Spock trocken und schob sich eine Gabel seines Gemüse-Rissottos in den Mund. Bevor der Doktor darauf etwas entgegnen konnte, meldete sich Kirk zu Wort: „Wisst ihr eigentlich, was morgen für ein Tag ist?“

„Freitag, der 19. August, aber das wolltest Du vermutlich nicht hören“, sagte McCoy mürrisch, enttäuscht darüber, um seine Retourkutsche gebracht worden zu sein und wartete nun nur noch auf eine korrekte Antwort Spocks. Doch nichts geschah. Er blickte zu ihm hinüber. Als er das irritierte Gesicht des Vulkaniers sah, entfuhr im ein Lachen. „Das glaube ich ja nicht. Diesen Tag muss ich mir rot im Kalender anstreichen. Mr. Spock, das Genie der Sternenflotte, weiß etwas nicht.“

Kirk sah mit einem leicht strafenden Blick zu seinem Bordarzt, der sich immer noch kichernd den Bauch hielt, als er begann: „Ich hatte nicht erwartet, dass einer von Euch die Antwort kennt“, und sich Spock zuwendend fuhr er fort, „Sie müssen deswegen nicht verlegen sein, Spock. Es ist kein bekannter Feiertag..., eigentlich ist es nicht einmal ein Feiertag.“ Kirk machte eine bedeutsame Pause. „Morgen ist der Tag, an welchen dieses Schiff zu seinem Spitznamen, ‚Old Ironsides’, kam. Ich dachte mir, das wäre eine schöne Gelegenheit den Kadetten mal wieder die Direktiven der Föderation ins Gedächtnis zu rufen. Außerdem gibt es ein sehr schönes Gedicht über dieses Schiff – schließlich sind wir auch dazu verpflichtet ihnen etwas Kultur beizubringen.“

„Beziehen Sie sich auf »Old Ironsides« von Oliver Wendell Holmes, Sir?“, erkundigte sich Spock. Worauf er nun von Kirk gefragt wurde: „Sie kennen das Gedicht?“

McCoy, dem es offensichtlich etwas besser ging und der bis jetzt immer noch leise vor sich hingekichert hatte, war mit einem Mal still. Den Kopf schüttelnd murmelte er: „Es wäre ja auch zu schön gewesen.“

„Ja, Captain. Und ich finde es ziemlich... barbarisch.“

Kirk lachte. „Spock, es stammt aus einer Zeit blutiger Kriege – natürlich ist das barbarisch, aber... es handelt auch von Loyalität und Tapferkeit – Eigenschaften, über die ein guter Offizier auch heute noch verfügen sollte. Und es gehört einfach zur irdischen Literatur dazu.“
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