TrekNation

Das ultimative Archiv deutscher Star Trek Fanfiction!

Schein oder Sein

von Conni

Kapitel 1

„Ist es hier nicht einfach paradiesisch, Nyota?“

Christine sog die frische Luft mit tiefen Zügen ein. Es war das erste Mal seit langem, daß sie nicht nur recycelte Schiffsluft atmete. Ihr letzter Landurlaub schien eine Ewigkeit zurückzuliegen. Wochenlang war sie nur damit beschäftigt gewesen, Krankenblätter zu ordnen, Medikamentenlisten und –lager zu überprüfen. Sie hatte das Gefühl gehabt darin zu ersticken. Auch wenn dies kein Urlaub war, sondern sie zu dem siebenköpfigen Erkundungsteam von Oneiros gehörte, fühlte sie sich geradezu befreit.

Sie sah sich um und genoß die Landschaft. So etwas hatte sie noch nicht gesehen. Kristallartige Felsen glänzten von ferne in einem eisigen Blau. Überhaupt war diese Welt in einen einzigartigen Schimmer der verschiedensten Blautöne getaucht.

„Ich begreife nicht, warum Menschen dazu neigen, jeden vegetationsreichen Planeten mit dem Paradies zu vergleichen, vor allem da dieses nur eine ihrer Wunschvorstellungen ist.“

Christine mußte sich nicht umschauen, um zu wissen, wer diese Worte gesagt hatte. Noch immer fühlte sie ein Kribbeln im Bauch, sobald sie den ruhigen Bariton des Ersten Offiziers vernahm.

Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie noch auf eine gemeinsame Zukunft mit ihm gehofft hatte, doch spätestens seit dem letzten Geburtstag war ihr vollends klargeworden, daß es die NIEMALS geben würde. Sie schüttelte den Kopf als könnte sie die trüben Gedanken damit verscheuchen und setzte ihre Erkundungstour fort.

Während Christine lief, hörte sie Uhuras neckende Antwort auf Spocks indirekte Frage. „Sie haben es doch mehr als einmal selbst festgestellt, Mr. Spock – wir Menschen sind unlogische, irrationale Wesen. Sollten sie sich nicht langsam daran gewöhnt haben?“

Der Angesprochene reagierte, indem er die rechte Augenbraue hob und mit gespielter Verzweiflung ein ‚in der Tat’ seufzte. Uhura gab ein leises Kichern von sich und mit einem letzten Blick in Christines Richtung widmete sie sich wieder ihren Messungen.

Unterdessen war Christine zu einem nahe gelegenem Wäldchen gelangt. Langsam ging sie hinein. Was sie sah, war überwältigend. Bäume, deren Färbung von hell- bis nachtblau reichte. Ihre Stämme schienen aus Porzellan zu bestehen. Moosartige Pflanzen, die an deren Wurzeln wuchsen, schillerten in allen Farben des Regenbogens. Die wenigen Sonnenstrahlen, die ihren Weg durch das Dickicht der Baumkronen bahnten, ließen den Wald wie in Schleier gehüllt erscheinen.

*Alles wirkt so zerbrechlich. Es ist wie ein Märchen.*

Aus den Wipfeln tönten bezaubernde Melodien der einheimischen Vögel. Während Christine hier und da eine Probe sammelte, gelangte sie an einen Teich. Auch hier wucherten Pflanzen in allen möglichen Schattierungen von blau.

Von Müdigkeit übermannt, setzte Christine sich unter einen Baum am Ufer des Wassers, welcher einer irdischen Trauerweide sehr ähnlich war.

* * * * *

Indessen hatten sich die übrigen Mitglieder des Landetrupps ebenfalls getrennt.

Während jeder seiner Arbeit nachging, bemerkte Uhura mit einem Mal, daß Christine noch nicht wieder zurückgekehrt war. Sie schaute sich nach allen Seiten um.

Spock, der Leiter dieses Landeteams war, bemerkte Uhuras suchende Blicke. „Ist irgend etwas nicht in Ordnung, Lieutenant?“

Die Kommunikationsoffizierin wandte sich ihm zu. „Nein, Sir. Alles in Ordnung... Es ist nur... Schwester Christine... Ich habe sie vor beinah einer Stunde auf das Wäldchen zugehen sehen...“ sagte sie, indem sie mit dem linken Arm in Richtung des Waldes wies.

„Und?“

„Nun ja, Sir. Mir ist nur aufgefallen, daß sie noch nicht zurückgekehrt ist.“

Spock sah die dunkelhäutige Frau an. Er schien darauf zu warten, daß sie fortfuhr. Nachdem einige, Uhura endlos erscheinende, Sekunden vergangen waren, setzte Spock zu einer Frage an. Doch in diesem Augenblick – „aaaahhhh.“ Ein durchdringender Schrei ertönte aus dem Wäldchen.

„Oh mein Gott – Christine!“ Ohne weitere Worte rannten Uhura und Spock los.

Am Wäldchen angekommen, trafen sie auf die übrigen Mitglieder des Landetrupps, die den Schrei ebenfalls gehört hatten.

„Was war das?“, fragte ein junger Sicherheitsoffizier.

„Die Frage sollte wohl besser lauten: *Wer war das?* Und wenn sie sich in dieser Runde umschauen, dann können sie feststellen, daß ein Mitglied unseres Teams fehlt, was sie nun wiederum zu dem logischen Schluß kommen lassen sollte, daß dieses womöglich in Schwierigkeiten ist“, wies Spock den jungen Mann in ungewöhnlich schroffer Weise zurecht.

„Nun gut“, fuhr er fort, „hier zu debattieren verschwendet nur unnötig Zeit. Wir werden uns in Zweiergruppen trennen und den Wald durchsuchen. - Uhura, sie kommen mit mir.“

Nach nur kurzer Zeit hatte man Christine gefunden. Sie lag unter dem Baum, unter welchen sie sich vor wenigen Minuten gesetzt hatte. Neben ihr knieten jetzt Spock, Uhura und die vier anderen Landetruppmitglieder.

Während Spock mit Hilfe des Tricorders versuchte die Ursache für Christines Bewußtlosigkeit herauszufinden, rief Uhura, über den reglosen Frauenkörper gebeugt, immer wieder deren Namen. Behutsam wischte sie ihr einige Strähnen aus dem Gesicht. Tränen stiegen ihr in die Augen.

„Was ist mit ihr, Mr. Spock?“, wandte sie sich mit erstickter Stimme an den Ersten Offizier. Doch auch in dessen sonst so maskenhaften Gesicht zeigte sich Ratlosigkeit.

„Der Tricorder gibt keine zufriedenstellende Auskunft über die Ursache von Ms. Chapels Zustand. Ich schlage vor, wir benachrichtigen die Enterprise und lassen uns zurück an Bord beamen. Hier unten können wir nichts für Ms. Chapel tun.“ Mit diesen Worten nahm Spock seinen Kommunikator zur Hand. „Enterprise, bitte melden.“

„Hier Scott, Sir“, erklang die Antwort.

„Mr. Scott. Melden sie Doktor McCoy, er möge sich bereithalten. Dann beamen sie den Landetrupp an Bord. Spock Ende.“

Nur wenige Augenblicke später ertönte ein leises Surren, begleitet von einem glitzernden Licht.

* * * * *

Christine hatte das Gefühl zu fallen.

Tiefer und tiefer.

Alles schien sich zu drehen.

Schneller, schneller und immer schneller – wie ein Karussell.

Dann, mit einem Mal, ließ dieses Schwindelgefühl nach. Sie öffnete die Augen.

Nichts schien sich verändert zu haben. Sie saß noch immer unter dem trauerweidenähnlichen Baum.

*Was ist denn bloß passiert? Ich muß wohl eingeschlafen sein.* Sie schaute sich um.

Die Sonne stand tief und färbte den Teich in ein dunkles Violett.

*Um Himmels Willen. Die Sonne geht ja gleich unter. Ich sollte mich schleunigst auf den Weg zurück machen.* Christine stand auf, war noch immer etwas benommen.

Plötzlich hörte sie ein Geräusch. Sie sah sich um, doch nichts und niemand war zu sehen.

Es raschelte erneut.

„Ist dort jemand?“

Sie erhielt keine Antwort.

Noch einmal rief sie in den Wald, während sie sich umsah. Womöglich suchte man sie wirklich.

„Hallo? – Ist da wer?“

Wieder erhielt sie keine Antwort.

*Vielleicht nur ein paar kleine Tiere.* Mit den Schultern zuckend drehte sie sich um.

„Hhh!“ Christine erschrak. Vor ihr stand mit einem Mal ein Mann.

„Wer sind sie?“, mehr brachte sie im Moment nicht über die Lippen. Doch der Fremde starrte sie nur an.

Nachdem eine Weile Schweigen geherrscht hatte, antwortete er: „Mein Name ist Nandos. Ich gehöre zum Volk der Learsi. Verzeiht, wenn ich euch ängstigte. Darin bestand nicht meine Absicht. Wer seid ihr, schöne Frau?“

Christine betrachtete den jungen Mann genauer. Er war von großer Gestalt. Seine Haut war schneeweiß, wirkte fast gläsern. Schwarzblaues Haar reichte bis zu den Schultern. Und dann waren da noch seine Augen. Dunkel und unergründlich. Er erinnerte sie an jemanden.

Als sie bemerkte, daß sie ihn anstarrte, lächelte sie verlegen und sagte: „Mein Name ist Christine. – Danke für das Kompliment.“

Nandos lächelte zurück. „Ihr seid nicht von hier?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

Christine schüttelte den Kopf.

„Woher kommt ihr und was wollt ihr hier?“

„Ich komme von sehr weit her. Meine Kollegen und ich sind in friedlicher Absicht hier. Ich bin gerade auf dem Weg zurück zur Lichtung.“

Der Fremde blickte sie eigenartig an, als er sagte: „Tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen, aber es ist niemand anderes hier.“

Diese Worte verwirrten Christine. „Das ist unmöglich. Wir waren eine Gruppe von fünf Männern und zwei Frauen. Sie werden den Planeten doch nicht ohne mich verlassen haben?“

Christine war verzweifelt. Sie konnte und wollte nicht glauben, daß man sie hier so einfach zurückgelassen hatte. „Sie irren sich. Sie müssen sich irren.“ Sie war den Tränen nahe.

Nandos faßte sie bei der Schulter. „Es ist alles in Ordnung. Macht euch keine Sorgen! Kommt mit mir!“

„Ich verstehe nicht. Was meinen sie damit, *es ist alles in Ordnung*? Wie kann denn alles in Ordnung sein, wenn meine Freunde mich hier allein zurücklassen?“ Christine war aufgebracht über die Worte des schönen Fremden.

„Beruhigt euch, mein Engel. Wenn ihr erst eine Weile bei uns seid, dann werdet ihr nichts und niemanden mehr vermissen. In meiner Welt gibt es keine Sehnsucht, keine unerfüllten Wünsche, keine hoffnungslose Liebe. Ihr werdet hier nicht alleine sein. Ihr werdet hier glücklich sein – mit mir.“

*Glücklich sein, keine Sehsucht, keine unerfüllten Wünsche, keine hoffnungslose Liebe – das klingt mehr als nur verführerisch, geradezu traumhaft. Ist es nicht das, was sie sich immer gewünscht hatte? Das, was jeder Mensch sich ersehnte?* Trotzdem. Es war nicht alles in Ordnung, wie Nandos behauptete. Christine hatte im Moment das Gefühl UNENDLICH alleine zu sein.
Rezensionen