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Sphera

von Kassandra

Kapitel 2

- Kapitel 1 -

Ein Bad. Das war genau das, was sie jetzt brauchte.

Kathryn prüfte mit ihrer Hand die Temperatur des Badewassers - genau richtig - und ließ ein paar Tropfen des nach Lavendel duftenden Badezusatzes hineinfallen.

Neben der Wanne stand ein kleiner Tisch, auf dem sie alles, was zu einem entspannenden Bad gehörte, bereitgestellt hatte: das Badeöl, einen romantischen Roman, ein schönes Glas Rotwein. Der Computer spielte sanfte Gitarrenmusik, und sie fühlte sich schon jetzt besser als in jedem anderen Moment in den letzten zwei Monaten. Sie schickte ein stummes Dankeschön an Chakotay, das er wohl niemals laut von ihr hören würde. Nicht von Kathryn ‘Workaholic’ Janeway. Sie kicherte - und wunderte sich über sich selbst. Sie kicherte! Auch das würde wohl niemand sonst jemals von ihr hören.

Gerade als sie den Gürtel ihres Bademantels löste, ertönte die Alarmsirene, und die roten Warnleuchten blinkten auf.

„Das darf doch nicht wahr sein!“ Frustriert hieb sie auf die Schaltfläche und deaktivierte den Wassereinlauf. Dann stürmte sie aus dem Badezimmer.

Einen Moment später eilte sie mit wehendem Bademantel wieder herein, griff nach dem Rotweinglas und stürzte den Inhalt mit einem Zug hinunter.

Es lebe das Synthehol. Jetzt konnte der Alltag kommen.

Eine absolut korrekt gekleidet und frisierte Kathryn Janeway betrat vier Minuten später die Brücke. Alle Führungsoffiziere befanden sich schon auf ihren Stationen.

„Bericht!“ rief sie knapp und ließ sich in ihrem Sessel nieder.

„Wir sind vom Kurs abgekommen,“ antwortete Chakotay.

„Doch unsere Maschinen und Navigationssysteme arbeiten einwandfrei,“ fügte Fähnrich Kim von der wissenschaftlichen Station hinzu. „Dennoch treiben wir weiter ab; wir beschleunigen jedoch nicht mehr. Wir scheinen in einer Art Gravitationsfeld gefangen zu sein, können aber die Quelle nicht ausmachen.“

Sie wandte sich dem Piloten zu. „Lieutenant Paris, welchen Kurs haben wir eingeschlagen?“

„Wir sind jetzt mit Warp 8,93 in Richtung 436.6 unterwegs. Auf diesem Wege kommen wir mitten ins Nirgendwo. Keine Sternensysteme, Nebel oder Anomalien auf unserer Flugbahn.“

„Wir konnten dort ebenfalls keine feindlichen Schiffe orten,“ schaltete sich Tuvok von der Sicherheitsstation ein. „Obwohl ich einen möglichen Angriff nicht ausschließe, scheinen wir im Augenblick nicht in unmittelbarer Gefahr zu schweben.“

„Haben Sie es mit Umkehrschub versucht?“

Harry nickte. „Haben wir, Captain. Keine Wirkung. Wir konnten nicht einmal unsere Geschwindigkeit verringern. Wir haben die Triebwerke deaktiviert, und bewegen uns trotzdem mit derselben Geschwindigkeit weiter.“

„Warum auch selber fliegen, wenn wir uns ziehen lassen können?!“ bemerkte Tom sarkastisch.

„Hm,“ machte Captain Janeway abwesend und studierte die Daten auf ihrem Terminal.

Commander Chakotay beugte sich zu ihr hinüber. „Tut mir leid um ihren Urlaub, Captain,“ sagte er leise.

„Tja, nichts zu machen.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Das geht in die Geschichte ein als der kürzeste Urlaub aller Zeiten.“

„Wahrscheinlich,“ antwortete Commander Chakotay unverbindlich und wechselte das Thema. „Zu unserem Problem - ich schlage vor, kurz die Maximalbeschleunigung zu initiieren und uns so aus dem Feld zu befreien.“

Er bekam keine Antwort. Kathryns Blick war fixiert auf ihren Schirm. Sie scrollte die Sensordaten noch einmal zurück und runzelte die Stirn.

„Das ergibt alles keinen Sinn..,“ murmelte sie mehr zu sich selbst.

Chakotay kannte dieses Kathryn-Phänomen nun schon zu genüge, also fragte er schlicht: „Captain?“

Sie deutete auf den Schirm. „Ein Gravitationsfeld, das die Voyager derart beeinflußt, sollte für unsere Sensoren erkennbar sein, schon in großem Abstand. Es müßte unglaubliche Gravitonfluktuationen verursachen. Aber die Werte liegen alle im normalen Bereich. Und die Quelle, warum können wir sie nicht lokalisieren?“

Chakotay folgte ihrem Finger, wie er auf diese oder jene Stelle in der Sensoranalyse deutete und nickte. „Das heißt, wir haben es hier entweder mit einer unbekannten Art von Raumanomalie oder einer sehr fortschrittlichen Technologie zu tun. Und beides scheint mir nicht sehr vielversprechend zu sein.“

„Wieso das, Chakotay?“ fragte sie stirnrunzelnd.

„Natürlich sind wir hier um zu forschen, Captain. Aber ich finde, wir hatten uns diese kleine Pause hier in der Langeweile-Zone verdient,“ erklärte er. „Es war für die Crew ein bißchen viel in letzter Zeit. Und außerdem... erinnern Sie sich daran, was uns stets zustößt, wenn wir auf eine dieser Anomalien treffen?“ Chakotay verzog das Gesicht. „Ich würde es zum Beispiel für heute vorziehen, wenn mein Geist in meinem Körper verbleiben würde. Vielen Dank.“

Kathryn konnte kaum glauben, was sie da gerade vom gewohnheitsmäßigen Optimismus in Person gehört hatte. „Sie sehen das alles zu negativ,“ beruhigte sie ihn. „Sie stehen unter Streß. Vielleicht sollten Sie lieber frei nehmen, wenn wir diese Krise überwunden haben.“

„Vielleicht sollte ich das. Und apropos Krise,“ lenkte er ab, „ich hatte gerade den Vorschlag gemacht, auf Maximalbeschleunigung zu gehen, um dem Feld zu entkommen.“

„Ich werde das in Betracht ziehen, aber wir brauchen zuerst mehr Informationen. Janeway an Astrometrie.“

„Seven hier,“ erklang ihre Stimme aus dem Interkom.

„Ich nehme an, Sie haben alles mitbekommen, Seven.“

„In der Tat, Captain. Ich habe schon mit eingehenden Scans der Umgebung begonnen und hoffe, den Standort der Quelle bald feststellen zu können.“

„Gut.“ Kathryn nickte, obwohl Seven sie nicht sehen konnte. „Wie lange werden Sie benötigen, bis Ergebnisse vorliegen?“

„Das kann ich noch nicht sagen, Captain.“

„Fähnrich Kim und ich werden Ihnen bei der Suche zur Hand gehen. Wir sind gleich bei Ihnen. Janeway Ende.“

Kathryn erhob sich. „Chakotay, Sie haben die Brücke. Gehen Sie auf gelben Alarm zurück, solange sich unsere Situation nicht ändert. Fähnrich Kim, Sie kommen mit mir!“

Harry ließ sich an der Station ablösen und betrat mit seinem Captain den Turbolift.

„Wir halten Sie auf dem Laufenden Captain,“ sagte Chakotay bevor die Türen des Turbolifts sich schlossen.

***

„Was haben Sie, Seven?“ fragte Captain Janeway in dem Augenblick als sie mit Harry Kim im Schlepptau über die Türschwelle trat.

„Ich werde es Ihnen zeigen.“ Seven aktivierte den großen Wandschirm. Eine schematische Darstellung der Voyager in der Aufsicht erschien.

„Zunächst befanden wir uns auf dem gesetzten geradlinigen Kurs.“ Eine weiße Gerade zeigte auf dem Schirm den Kurs der Voyager in den Alpha-Quadranten an.

„Dann, bei Zeitindex 1753, wurden wir von diesem Kurs abgebracht.“

Von der weißen Linie spaltete sich eine rote ab und entfernte sich in einem weiten Bogen immer weiter davon. Seven erniedrigte die Vergrößerung und die Kurslinie zeigte sich nahezu halbkreisförmig.

„Wir haben eine hundertachzig-Grad-Wende vollzogen!“ stellte Harry fest. „In der Tat.“ Seven warf ihm einen amüsierten Blick zu und Harry errötete leicht. „Ich und mein Talent das Offensichtliche festzustellen,“ murmelte er.

Captain Janeway mußte sich ein Lächeln verkneifen. Sie gab ihrem Mitleid für Harry nach. „Und jetzt befinden wir uns wieder auf einem geradlinigen Kurs?“ warf sie ein und deutete auf den Schirm.

Seven wandte sich ihr wieder zu. „So erscheint es. Aber in Wirklichkeit ist unser Kurs leicht gekrümmt. In der verkleinerten Darstellung ist dies zu erkennen.“

Die Voyager im Schema wurde noch winziger, und ihre Flugbahn beschrieb tatsächlich einen sehr weiten Bogen dessen Krümmung nachließ, je weiter die Zeit fortschritt.

„Hier erkennen Sie auch, daß die von Fähnrich Kim initiierten Kursänderungen und der Umkehrschub zu den markierten Zeiten keinerlei Auswirkungen hatten.“ Sie wies auf mehrere blinkende Punkte auf der Kurslinie.

Captain Janeway stützte ihre Ellbogen auf einer Konsole auf und legte das Kinn in ihre Hände. „Wie kommt dieser ungewöhnliche Kurs zustande?“ fragte sie.

„Sieht aus, wie eine Annäherung an einen anderen Kurs,“ meldete sich Fähnrich Kim zu Wort. „Natürlich! Die Quelle des Gravitationsfeldes bewegt sich!“

„Wieder korrekt,“ bestätigte Seven, diesmal mit anerkennendem Unterton. „Genauer gesagt bewegt sie sich mit Warpgeschwindigkeit. Warp 4,2.“

„Mit Warpgeschwindigkeit?!“ reifen die beiden anderen überrascht aus.

Fähnrich Kim schüttelte den Kopf. „Wie kann sich etwas mit Warpgeschwindigkeit bewegen und dann noch ein solch starkes Gravitationsfeld aussenden? Das sollte unmöglich sein.“

„Das ist mir bewußt. Aber dennoch verhält es sich so,“ verteidigte sich Seven. Die Meßwerte waren erstaunlich, das Ergebnis unglaublich, aber dennoch war sie sich sicher, daß ihre Berechnungen keinerlei Fehler enthielten.

„Daran zweifelt auch niemand, Seven,“ beschwichtigte sie Kathryn. „Was haben Sie über die Quelle selbst in Erfahrung bringen können?“

„Bedauerlicherweise außer Kurs und Geschwindigkeit nichts,“ erklärte Seven. „Ich empfange nur Interferenzen und Sensorechos, aber wir sind noch mehrere Millionen Kilometer entfernt. Sollten wir uns weiter annähern, werde ich genauer Auskunft geben können.“

„Aber genau das wollen wir ja verhindern,“ sagte Kathryn und seufzte. „Und da beißt sich die Katze in den Schwanz..“

„Die Katze...?“ fragte Seven verwirrt.

„Ein Synonym für den sprichwörtlichen Teufelskreis,“ erklärte Harry schnell.

„Ah,“ machte Seven. „Dieser Begriff ist mir geläufig. Ich verstehe...“

„Wie lange, bis wir das Phänomen erreichen?“ unterbrach Kathryn ungeduldig.

Seven ließ sich von ihr nicht aus der Ruhe bringen. „Bei weiterhin tangentialem Kurs und gleichbleibender Geschwindigkeit werden wir in etwa zehn Stunden in direkter Transporter- und Sensorenreichweite sein.“

„Wollen wir hoffen, daß wir so weit gar nicht kommen.“ Harry schritt zu einer Seitenkonsole. Er sah die bisher gesammelten Daten durch und initiierte einige Scans.

Kathryn und ging vor dem Schirm auf und ab. „Was können Sie noch sagen?“

„Dieses Phänomen ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht natürlichen Ursprungs,“ sagte Seven. „Es existieren nur wenige natürliche Raumanomalien, die sich mit höherer Geschwindigkeit als der des Lichts bewegen. Und bei jenen ist bisher stets eine Verbindung zum Subraum nachweisbar gewesen.“

„In diesem Fall gibt es keine,“ bestätigte Harry. „Wir empfangen nichts auf dem Subraum-Band außer der gewöhnlichen Hintergrundstrahlung.“

„Exakt. Daher bin ich zu 87 Prozent sicher, daß es sich bei der Quelle des vermeintlichen Gravitationsfeldes um ein künstliches Objekt handelt.“

Captain Janeway nickte. „Klingt plausibel. Warum ‚vermeintliches Gravitationsfeld’?“

„Die Natur dieses Feldes zeigt sich offenbar erst, wenn ein Objekt schon darin gefangen ist. Es ist vorher praktisch nicht zu entdecken,“ erklärte Seven. „Außerdem scheint es gerichtet zu wirken. Sehen Sie...“

Seven löschte die Kursdarstellung und rief eine Videoaufzeichnung auf den Schirm. „Hier sehen Sie Mikroasteroiden in einer Entfernung von rund einhundert Kilometern vom Rumpf der Voyager. Sie bewegen sich auf fast derselben Flugbahn und mit derselben Geschwindigkeit wie wir. Sie sind ebenfalls in diesem Feld gefangen.“

Das Bild wechselte. Die Fels- und Eisstücke auf dem Schirm bewegten sich nun nicht mehr geordnet in dieselbe Richtung sondern drifteten frei durch den Raum.

„Diese Mikroasteroiden befanden sich zum Zeitpunkt der Aufnahme nur etwa fünfhundert Kilometer von uns entfernt.“

Fähnrich Kim blickte von seiner Arbeit auf und schnappte nach Luft. „Wie ist das möglich?“

Captain Janeway blieb vor dem großen Wandschirm wie angewurzelt stehen. „Das Feld beeinflusste sie nicht? In nur fünfhundert Kilometern Entfernung?“ vergewisserte sie sich.

„Das ist in der Tat eine erstaunliche Erkenntnis,“ sagte Seven. „Gravitationsfelder sind von Natur aus radiale Felder, die in alle Richtungen gleichermaßen starke Kräfte freisetzen. Es scheint eine andere Art von Feld auf uns zu wirken.“

„Wahrscheinlich handelt es sich um eine technologisch sehr fortgeschrittene Art von Traktorstrahl, der die Eigenschaften eines Gravitationsfeldes mit gewöhnlichen Kraftfeldern vereinigt. Eine faszinierende Idee.“ Harry zeigte sich beeindruckt. „Und mit einer solchen Reichweite...!“

„Aber eine unglaubliche Energieverschwendung,“ meinte Kathryn kritisch. „Künstliche Gravitationsfelder verschlingen eine enorme Menge an Energie.“

Seven war sich da nicht so sicher. „In unserem gegenwärtigen Stand der Technik mag uns eine solche Methode noch unwirtschaftlich erscheinen, doch die Erbauer dieses Objektes werden sicherlich eine Möglichkeit gefunden haben, das Feld auch unter geringerem Energieaufwand stabil zu halten.“

„Vielleicht,“ überlegte Harry, „aber mir fällt nicht einmal ansatzweise ein Weg ein, auf dem sich so etwas bewerkstelligen ließe...“

Kathryn trat zwischen die beiden und unterbrach sie mit einem Wink.

„Ich weiß, das ist alles sehr faszinierend, aber es bringt uns bei unserem Problem nicht weiter. Waren das alle Informationen, die Sie uns geben können, Seven?“

„Im Augenblick ja, Captain,“ bestätigte sie.

„Ich habe noch etwas hinzuzufügen.“ warf Fähnrich Kim ein und rief eine neue Darstellung auf den Schirm. „Ich habe unsere Flugbahn genauer berechnet. Danach werden wir in voraussichtlich vier Stunden ein bei maximaler Vergrößerung brauchbares Bild empfangen können. Und die Sensorwerte werden uns dann ebenfalls mehr verraten.“

„So weit, so gut.“ Kathryn atmete durch und sammelte ihre Gedanken, was ihr nicht leicht fiel. In ihrem Kopf schien gerade eine Horde Elefanten auf ihren Nerven herumzutrampeln. Sie schloß die Augen und rieb sich die Stirn. Schließlich befahl sie: „Harry, Sie nehmen alle gesammelten Daten mit und arbeiten mit B’Elanna einen Plan aus, diesem Feld zu entkommen. Lassen sie Lieutenant Paris die Informationen über unseren Kurs zukommen. Er soll weiterhin ständig versuchen, Kurskorrekturen vorzunehmen. Seven, Sie machen hier weiter und informieren Harry über alle neuen Erkenntnisse. Ich bin wieder auf der Brücke. Halten Sie mich auf dem Laufenden.“

„Aye, Captain,“ bestätigte Harry. Seven nickte nur knapp.

Captain Janeway verließ mit schnellem Schritt die Astrometrie.

Kathryn stürmte in die Krankenstation. „Doktor, ich brauche etwas gegen Kopfschmerzen. Und zwar sofort. Ich muß weiter zur Brücke.“ Sie setzte sich auf eines der Biobetten und stütze den Kopf in die Hände.

„Ihnen auch einen guten Abend, Captain!“ grüßte der Doktor übertrieben fröhlich aus seinem Büro. „Wie schön, daß hier einmal jemand erscheint, der mich auf den neuesten Stand bezüglich unserer Situation bringen kann! Schließlich bin ich Arzt und kein Hellseher.“

Nicht explodieren, dachte Kathryn, nur nicht explodieren! und zählte im Geiste langsam bis zehn. „Doktor, ich bin nicht in Stimmung für Ihren Sarkasmus,“ sagte sie betont ruhig. „Kopfschmerzmittel. Jetzt. Das ist ein Befehl.“

Der Doktor trat aus seinem Büro und bedachte sie mit einem prüfenden Blick. „Schon wieder, Captain? Sind Sie etwa überarbeitet?“

Sie bedachte den Doktor mit einem eisigen Blick. „Sparen Sie sich Ihr ‚Ich hab’s Ihnen doch gesagt’. Geben Sie mir einfach etwas gegen die Schmerzen!“

„Aber es stimmt doch - ich hab’s Ihnen doch gesagt...“ stellte der Doktor selbstzufrieden fest.

„Doktor...“ sagte Kathryn warnend. Sie verfolgte mit ihren Augen entnervt den Sensor des medizinischen Trikorders, den der Doktor vor ihrem Gesicht hin und her schwenkte. Ein wenig zu theatralisch, wie sie fand.

Dann entfuhren ihm auch noch - mit völliger Absicht - diese medizinischen ‚Hm’s und ‚Ah’s während er die Daten studierte. Damit hatte er bis jetzt noch jeden Patienten in den Wahnsinn treiben können.

Kathryn seufzte. Jetzt würde sie mindestens bis hundert zählen müssen.

***

Chakotay trommelte gedankenverloren mit den Fingern auf der Lehne des Sessels und beobachtete ohne großes Interesse, wie Lieutenant Paris ständig Kursänderungen vornahm. Änderungen, die bis jetzt noch keinen Unterschied gemacht hatten, und Tom schienen langsam die Tricks auszugehen.

Das war nicht gut. Gar nicht gut.

Seit sie in diese Sache hineingeraten waren, hatte er schon so ein komisches Gefühl. Irgend etwas würde passieren, und es würde nicht gut sein.

Er blickte noch einmal auf sein Display, wußte aber gleichzeitig, daß ihn auch diesmal die Lösung ihres Problems nicht plötzlich überfallen würde. Tatsächlich, der Kurs war immer noch derselbe und auch der geniale Geistesblitz stellte sich nicht ein. Das würde er wohl B’Elanna überlassen müssen.

Ein Piepen von Tuvoks Konsole ließ ihn zur Sicherheitsstation aufblicken.

Tuvok berührte dort einige Schaltflächen, studierte die Anzeigen und hob eine Braue.

„Lieutenant?“ fragte Chakotay.

„Unsere Computerdaten werden heruntergeladen. Jemand kopiert sämtliche Dateien im Hauptcomputer. Und das mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit. Wenn sie konstant bleibt, wird der Download in weniger als zwanzig Minuten komplett sein.“

Ich wußte es, dachte Chakotay, und schon geht’s los.

„Captain Janeway auf die Brücke,“ sagte er über Komm, und zu Tuvok gewandt: „Halten Sie es auf! Sichern Sie zuerst das Computerlogbuch.“

„Ich versuche es,“ bestätigte Tuvok und arbeitete einen Moment lang schweigend. Chakotay beobachtete mit sinkendem Optimismus, wie sich Tuvoks Augenbraue in ungeahnte Höhen begab.

„Was ist?“ fragte er schließlich.

„Die von mir errichteten Barrieren werden mühelos wieder durchbrochen,“ antwortete Tuvok. „Der Aggressor scheint über ein außergewöhnliches Decodierungsprogramm zu verfügen.“

„Versuchen Sie es weiter. Fähnrich Delaney, welche Art von Signalübertragung wird hier verwendet? Können wir sie blockieren?“

Megan überprüfte ihre Sensorscans. „Es handelt sich hier um eine Art ‚Huckepack’-Signal das über das Feld verbreitet wird, das uns festhält,“ faßte sie zusammen. „Es basiert auf... auf anscheinend künstlicher Gravitonstrahlung,“ stellte sie überrascht fest. „Bisher völlig unbekannt. Daher können unsere Schilde uns - auch mit Modifikationen - nicht dagegen abschirmen.“

„Also kommt auch das hier von unserer unbekannten Quelle des Feldes,“ überlegte Chakotay laut. „Wie lange noch bis zum kompletten Download?“

„Zwölf Minuten,“ antwortete Tuvok.

Chakotay traf eine schnelle Entscheidung. „Deaktivieren Sie den Hauptcomputerkern und leiten Sie die Steuerung der Lebenserhaltung um.“

Tuvok zeigte sich angesichts dieser drastischen Maßnahme völlig unbeeindruckt, konnte aber den Befehl nicht ausführen.

„Eine Abschaltung ist nicht möglich. Der Computer verweigert eine Annahme des Befehls,“ erklärte er.

„Chakotay an Torres,“ rief der Commander die Ingenieurin über Komm. „Schalten Sie den Hauptcomputerkern manuell ab.“

„Wiederholen Sie!“ erklang die Stimme einer halb überrascht, halb entsetzen B’Elanna aus dem Interkom.

„Keine Fragen, Torres! Hauptcomputer abschalten!“ befahl Chakotay schnell.

„Okay, aber das dauert einen Moment.“

„Beeilen Sie sich! Wie lange noch Tuvok?“

„Elf Minuten.“

„Commander, wir können nicht zum Computerkern gelangen,“ meldete sich B’Elanna wieder. „Es haben sich Kraftfelder an der Eingangstür und an den Schotten des Computerraumes errichtet. Wir können sie nicht deaktivieren. Ich nehme nicht an, daß das Ihr Werk gewesen ist?“

„Nein, das war es nicht. Versuchen Sie weiter zum Kern durchzukommen und dann schalten Sie ihn ab, wenn Sie es in den nächsten zehn Minuten schaffen. Chakotay Ende.“

Captain Janeway betrat die Brücke.

„Bericht,“ sagte sie knapp.

„Die Quelle des Feldes hat einen Download gestartet,“ sagte Chakotay und erhob sich von ihrem Sessel. „Und sie wird in etwa...“ Er blickte zu Tuvok.

„Neun Minuten und fünfundvierzig Sekunden im Besitz unserer kompletten Dateien sein,“ vervollständigte der Lieutenant. Captain Janeway sah ihm über die Schulter.

„B’Elanna versucht gerade eine manuelle Abschaltung des Computerkerns,“ berichtete Chakotay weiter.

Kathryn runzelte die Stirn. „Der Download ist anders nicht aufzuhalten?“

„Nein, Captain. Und noch etwas. Es befinden sich Kraftfelder um den Computerkern, die wir weder errichtet haben, noch abschalten können.“

„Kraftfelder? Durch das geheimnisvolle Objekt verursacht?“ Kathryn verarbeitete die neuen Informationen nachdenklich, als sie zu ihrem Sessel schritt und sich setzte.

„Wenn wir noch einen Beweis brauchten, daß die Quelle dieses Feldes künstlichen Ursprungs ist, dann haben wir ihn wohl jetzt,“ murmelte sie.

„Tun Sie weiterhin alles, um den Datentransfer abzubrechen,“ befahl sie dann laut. „Auch wenn ich nicht glaube, daß das etwas nützen wird...“ fügte sie sehr leise hinzu.

Aber Chakotay hatte es gehört, beugte sich zu ihr hinüber und setzte zu einer Bemerkung an.

„Nein, Chakotay,“ wehrte sie mit einer Handbewegung ab. „Ein ‚Ich hab’s Ihnen ja gesagt’ habe ich heute schon gehört, das hat gereicht! Sparen Sie sich das!“

„Aber es stimmt doch. Ich hab’s Ihnen doch gesagt,“ meinte Chakotay mit ernster Miene.

Kathryn bedachte ihn mit dem patentierten bösen Janeway-Blick, gegen den Chakotay schon seit mindestens fünf Jahren immun war. Er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. Kathryn seufzte unhörbar.

„Der Datentransfer ist komplett,“ meldete Tuvok.

Und fast gleichzeitig erfolgte B’Elannas Ruf. „Torres an Brücke. Die Kraftfelder sind deaktiviert, sollen wir den Computerkern abschalten?“

„Negativ,“ antwortete Captain Janeway. „Arbeiten Sie weiter an Ihrem Plan aus diesem Feld zu entkommen. Wie lange werden Sie dazu noch brauchen?“

„Harry und ich haben schon eine vielversprechende Idee, allerdings müssen wir dazu noch ein paar Naturgesetze umschreiben. Wahrscheinlich werden wir in etwa zwei Stunden eine Simulation ausgearbeitet haben. Sie wissen ja, Wunder dauern etwas länger...“

„Exzellent, melden Sie sich dann bei mir. Janeway Ende.“

Nun gab es nichts mehr für sie zu tun, außer zu warten.

Aber Kathryn konnte unmöglich still herumsitzen und nichts tun. Sie würde sich Sevens neueste Erkenntnisse durchsehen und ihr oder B’Elanna mit der einen oder anderen Idee zur Hand gehen können, so hoffte sie.

Allerdings ohne Seven bei ihren Untersuchungen zu stören. Wenn es um Schnelligkeit ging, arbeitete Seven immer noch am besten allein.

„Ich bin in meinem Raum,“ sagte sie, erhob sich und ließ einen unglücklichen Chakotay mit dem Kommando über die außer Kontrolle geratene Voyager zurück.
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