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Enttäuschung

von cibbi

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Er war nicht erschienen. Wieder einmal.
Wieder einmal ließ er sie beim Abendessen alleine sitzen und hatte sie versetzt.
'Wahrscheinlich ist er wieder bei Seven. Hatte sie das verdient? Diese Behandlung? Oder eher diese Nichtbehandlung...' Captain Kathryn Janeway sah aus dem Fenster ihres Quartiers in den weiten, leeren, unendlich erscheinenden Weltraum des Deltaquadranten und betrachtete traurig die vorbeiziehenden Sterne. In diesem Moment fühlte sie sich allein.

'Das Universum. Das All ... Es bot so viele Wunder: Supernovas, riesige Nebel, den fluiden Raum, fremde Spezies und Planeten, die es zu erkunden galt.' Sie versuchte, sich aufzumuntern, was ihr jedoch nur teilweise gelang, denn ihre Gedanken kreisten weiter um ihn. 'Irgendwo da draußen musste es doch einen Gegenpart zu ihr geben, der in diesem Moment das Gleiche fühlte und ähnlich dachte.' Sie stellte sich die Frage, ob sie dieser Person jemals begegnen würde. Sie wusste es nicht.

Sie wusste auch nicht, wie nah sie dieser Person in Wirklichkeit gerade war. Und dass sie nicht einmal die Voyager hätte verlassen müssen, um dort auf eine Person zu treffen, die genauso deprimiert war wie sie. Eine Person, die sich ebenfalls gerade die Frage nach dem Sinn ihres Daseins stellte.

***

Chakotay saß auf der Lichtung eines Urwalds, hatte den Blick nach unten gesenkt und starrte traurig auf sein Medizinbündel, das ausgebreitet vor ihm lag. Er hatte gehofft, er könnte seinen tierischen Berater und seine Vorfahren um Rat fragen. Die Umgebung seines Heimatplaneten, in der er sich befand, hätte dies unterstützen sollen. Stattdessen wurde er zunehmend melancholischer, als er daran denken musste, wie viele Menschen, die ihm etwas bedeutet hatten, gestorben waren – auf diesem Planeten und auch auf der Voyager. Daran, dass er seine Familie und einige seiner Freunde nie wieder sehen würde. 'Der Maquis existierte nicht mehr.' Er war sonst nicht so pessimistisch eingestellt, aber es schien wirklich nicht sein Tag gewesen sein. Seven hatte ihn verlassen, was ihn noch viel mehr schmerzte.

Die Voyager hatte vor ein paar Tagen eine Nachricht von Axum empfangen, einem ehemaligen Borg, mit dem Seven eine Liebesaffäre in Unimatrix Zero gehabt hatte. Und dieser hatte nun eine Möglichkeit gefunden, um der Voyager näher zu kommen. Irgendwann würde sein Schiff die Voyager einholen und bis dahin bestand zumindest die Möglichkeit, dass Seven mit ihm kommunizieren konnte. Ihre Gefühle für Axum waren stärker als die für Chakotay und somit zog sie die Konsequenzen und trennte sich von ihm. Chakotay wusste von Axum, aber er hatte absolut nicht damit gerechnet, dass diese Situation jemals eintreten könnte. Langsam fragte er sich, ob er schon immer Pech bei den Frauen hatte. 'Vielleicht bin ich noch schlimmer als Harry!', schoss ihm halb ironisch, halb verzweifelt durch den Kopf. Wonach er in weitaus schlimmere Gedanken verfiel.

'Seska war eine cardassianische Verräterin. Kathryn weist mich jedes Mal eiskalt zurück. Seven liebt mich nicht mehr. Und bereits auf der Akademie beendete Talia die Beziehung zu mir, ohne mir je die Gründe zu nennen. Anscheinend vertreibe ich die Frauen in Massen', dachte er an seinem emotionalen Tiefpunkt. Er wusste, dass er sonst eher kaum der Mann war, der sich durch solche Vorkommnisse unterkriegen ließ. Aber zurzeit kam alles auf einmal. Chakotay seufzte lautstark, packte sein Medizinbündel und verließ das Holodeck.

***

Janeway wachte auf. Es war 5.30 Uhr und in einer halben Stunde begann ihr Dienst. 'Wie konnte sie es bloß verschlafen? Das war ihr eigentlich noch nie passiert! Sie hatte gestern noch zwei Stunden auf Chakotay gewartet und ein Buch gelesen. Irgendwann war sie wohl dabei eingeschlafen. Es muss ziemlich spät gewesen sein', dachte sie sich. Sie war noch immer enttäuscht, dass Chakotay sie versetzt hatte. 'Vielleicht sollte sie ja in Zukunft immer mit Tuvok zu Abendessen. Auch wenn die Konversationen langweiliger und eintöniger wären, Tuvok käme jedenfalls pünktlich.'

***

Kathryn schaffte es, nur 15 Minuten später als sonst die Brücke zu betreten. Sie nickte Tuvok zu und ging sofort in ihren Bereitschaftsraum, da sie erst einmal einen Kaffee brauchte. Sie spürte, dass sie sofort schlechte Laune bekam, als sie Chakotay in seinem Stuhl auf der Brücke gesehen hatte. Er sah ziemlich missmutig aus, schien genauso schlechte Laune zu haben, was bei ihm selten vorkam – und blickte nicht einmal auf, als sie die Brücke mit einem fröhlichen "Guten Morgen!" (welches allerdings nur aufgesetzt war) betreten hatte. Er machte nicht einmal Anstalten, zu ihr zu gehen, um sich für den gestrigen Abend zu entschuldigen. 'Manchmal konnte er einem wirklich die gute Laune verderben.'

Der Türsummer piepte und Tuvok trat herein, nachdem Janeway ihn mit einem lautem "Herein!" dazu aufgefordert hatte.

"Captain, ich habe den Sicherheitsbericht fertig gestellt. Außerdem möchte sich Lieutnant Torres bei Gelegenheit mit Ihnen unterhalten. Sie glaubt eine Möglichkeit gefunden zu haben, die Effizienz des Warpkerns zu verbessern."

"Interessant, Tuvok! Lassen Sie hören!", antwortete ihm Kathryn und versuchte dabei, die Langeweile in ihrer Stimme zu unterdrücken, da ihre Gedanken weiterhin um andere Dinge kreisten.

"Lieutnant Torres und Seven of Nine denken, dass man mit Borg-Technologie die Warpgeschwindigkeit erheblich steigern könnte. Sie haben bereits Pläne zusammengestellt, die sie Ihnen vorlegen möchten. Allerdings bin ich von dieser Idee nicht sehr überzeugt, da wir die Auswirkungen der Borg-Technik auf unsere Technologie noch nicht präzise untersuchen konnten. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass Umstellungen notwendig sind. Lieutnant Torres denkt, wenn Sie einverstanden wären, dass sie den Warpkern mit Hilfe von Seven und Fähnrich Kim in circa dreieinhalb Stunden aufrüsten könnte."

Janeway musste lächeln. "Schicken Sie Harry hinunter in den Maschinenraum und halten Sie mich über alles auf dem Laufenden. Allerdings würde ich mir auch gern B'Elannas Pläne ansehen. Ich wollte sowieso noch einmal in den Maschinenraum. Sie und Commander Chakotay haben die Brücke!" Kathryn verließ gefolgt von Tuvok den Bereitschaftsraum und betrat sofort den Turbolift.

Verwundert schaute Chakotay ihr nach und fragte sich, seit wann sie auf das Protokoll verzichtete, ihm offiziell das Kommando über die Voyager zu geben.
"Tuvok, ich fühle mich nicht wohl. Ich bin auf der Krankenstation, falls etwas sein sollte. Sie haben die Brücke!", wandte sich Chakotay an den Sicherheitsoffizier. Er betrat ohne eine weitere Erklärung den Turbolift. Er sah nicht mehr, wie Tuvoks Augenbraue irritiert in die Höhe schoss.

***

B'Elanna Torres wunderte sich, als sie Commander Chakotay auf dem Korridor antraf. "Ich dachte, Sie hätten Dienst auf der Brücke?"

"Ich habe mich nicht wohl gefühlt und wollte deshalb zur Krankenstation. Es geht mir mittlerweile aber wieder etwas besser. Ich brauche anscheinend nur etwas Ruhe", antwortete er ihr und wusste, dass er soeben bewusst seine beste Freundin anlog.

Torres runzelte die Stirn, als er weiter ging. 'Was sollte das Ganze? War es etwa wegen Seven? Sie mochte die Ex-Borg ja sowieso nie richtig, aber was sie ihm wegen diesem Axum antat, brachte das Fass wirklich zum Überlaufen.' Chakotay tat ihr leid. Sie wusste, dass es jetzt nur eine Person geben würde, die Chakotay aufmuntern konnte und diese war gerade auf dem Weg zum Maschinenraum, um sich dort mit ihr zu treffen. B'Elanna musste sich beeilen.

***

"Wo waren Sie so lange?", fragte Fähnrich Harry Kim ungeduldig, als B'Elanna endlich den Maschinenraum betrat. "Seven und ich können doch nicht die ganze Arbeit alleine machen", meinte er grinsend. Die Halbklingonin ging nicht auf diese Bemerkung ein und machte sich sofort an die Arbeit.

"War der Captain bereits hier?", wandte sie sich an den jungen Offizier. Seven verneinte für ihn.

"Sie müsste jeden Augenblick hier sein", gab ihr Harry etwas verspätet zur Antwort, da er gerade an einer Konsole beschäftigt war.

Endlich kam Janeway herein und ließ sich von Torres noch einmal alles erklären. B'Elanna wollte sie gerade zur Seite nehmen und ihr alles über Chakotay und Seven erzählen. Als sie merkte, dass Janeway versuchte, ihr selbst eine Frage zu stellen und dabei nach den richtigen Worten zu suchen schien. "Ist etwas, Captain?", fragte B'Elanna stattdessen.

Der Captain versuchte zu lächeln und nicht zu verkrampft zu wirken. Doch es war ziemlich offensichtlich, dass ihr ihre eigene Frage nicht ganz behagte. "B'Elanna, ich möchte nicht indiskret sein und das Privatleben meiner Crewmitglieder geht mich im Grunde nichts an, aber was ist mit Chakotay los? Er ist in letzter Zeit so pessimistisch. Hat es möglicherweise etwas mit seiner Beziehung zu Seven zu tun?", fragte sie die Chefingenieurin mit einem Seitenblick auf die blonde Ex-Borg.

Torres nickte leise und erzählte ihr dann, was vorgefallen war. "Captain. Er ist auf das Holodeck gegangen und sitzt dort nun schon den ganzen Vormittag. Ich mache mir Sorgen, dass er in Selbstmitleid versinken könnte oder sich womöglich etwas antut, da er Seven sehr geliebt hat. Er hat sich bereits gestern fast den ganzen Tag nur auf dem Holodeck aufgehalten. Ich fürchte, dass er den Bezug zur Realität verlieren könnte. Vielleicht können Sie ja mit ihm reden. Ich habe es bereits versucht und er ist mir nur ausgewichen", wandte sich B'Elanna an Janeway.

"Ich?!", fragte Kathryn und schaute die Halbklingonin verwundert an.

"Na ja,…", stammelte Torres nervös, "… Sie sind immerhin der Captain und soweit ich weiß, vertraut er Ihnen."

***

Die Tür von Holodeck 2 öffnete sich und Kathryn Janeway befand sich plötzlich inmitten eines wunderschönen Dschungels. Überall sangen exotische Vögel, Schmetterlinge flogen wild umher. Die verschiedensten Blumenarten in allen Farben und Formen versprühten ihre sinnlichen Düfte in alle Richtungen. Saftiges Gründ erwartete sie überall, wo sich ihr Blick hinwandte. In der Ferne hörte sie einen kleinen Wasserfall plätschern. Kathryn lief weiter, bis sie schließlich zu einer Lichtung gelangte und an deren Rand stehen blieb. Chakotay hockte dort auf dem Boden und schaute melancholisch in den Himmel. Janeway versteckte sich hinter einem Baum, um ihn nicht zu stören. Sie dachte, er wäre gerade mitten in einem indianischen Ritual. Sein Verhalten erschreckte sie.

"Was hab ich davon? Was bringt ihr mir denn?", schrie Chakotay plötzlich in den Himmel und schien damit seine Vorfahren zu meinen. So hatte sie ihn noch nie erlebt.

"Habt ihr mich beschützt? - Ja, oft sogar. Aber nicht davor, mich immer in die falsche Frau zu verlieben! Reicht es euch denn noch nicht, dass Kathryn meine Gefühle nicht erwidert und mich jedes Mal eiskalt abweist. Dass sie mir bei jedem Mal einen Schlag ins Gesicht versetzt? Dass sie mir auf New Earth falsche Hoffnungen machte, nur um diese bitter zu enttäuschen? Jetzt auch noch Seven? – Ich bin nicht der starke und mutige Krieger, für den mich immer alle halten. Ich bin doch auch nur ein Mensch. Gibt es denn keine einzige Frau in diesem Universum, die mich so sehr liebt wie ich sie und die mich später nicht verrät?", brüllte Chakotay wütend seine ganze Enttäuschung hinaus. Er war emotional so am Boden zerstört, dass er leise aufschluchzte. Kathryn bemerkte er daher immer noch nicht.

***

Chakotay war total verzweifelt. In so einer schlechten Verfassung hatte Kathryn ihn noch nie gesehen. Sie konnte nicht mehr.
Kathryn stürzte hinter ihrer Deckung hervor auf die Lichtung und nahm den völlig verblüfften, leicht überrumpelten Chakotay wie ein kleines Kind in den Arm. Wie ein Ertrinkender klammerte er sich an ihr fest und ließ seinen Gefühlen freien Lauf.

Nach einer Weile hatte er sich wieder etwas beruhigt.
Kathryn sah ihn an und strich vorsichtig mit einer Hand die Tränen von seinen Wangen.
"Ich wusste nicht, dass ich dir damit so wehgetan habe. Ich glaubte, es wäre besser für uns und die Voyager, wenn wir keine tiefere Beziehung miteinander hätten. Vielleicht hätte diese die Crew aber noch viel mehr zusammengeschweißt als unsere Freundschaft es jemals geschafft hätte. – Chakotay, es tut mir leid, dass ich mir meine wahren Gefühle für dich nie eingestehen wollte. Ich hatte nur Angst, dich wie Justin und Mark ebenfalls zu verlieren. Wie dumm ich gewesen bin!", sprudelte es aus Kathryn heraus.
Chakotay sah sie völlig perplex an. Damit hatte er nicht gerechnet.

Noch perplexer war er, als Kathryn ihm zuerst einen Kuss auf die Wange gab, gefolgt von einem plötzlichen, aber ebenso sanften Kuss auf die Lippen. Nur um ihm anschließend leise "Ich liebe dich, Chakotay!" ins Ohr zu hauchen.

'War dies alles nur ein Traum?'

***

"Kathryn, meinst du das ernst?", fragte er irritiert. "Sind dir wirklich die vollen Konsequenzen klar? – Es würde alles verändern", fragte er vorsichtig und immer noch etwas irritiert.

"Ja, das ist mein völliger Ernst! - Ich hoffe, du kannst mir vergeben, dass ich unsere gemeinsame Zeit so verschwendet habe", flüsterte sie sanft. Kathryn gab ihm erneut einen Kuss, den er immer noch leicht durcheinander erwiderte. Dennoch hatte sich in diesem einen Moment alles verändert.

Kathryn lächelte Chakotay an und er lächelte zurück. Endlich hatte er seinen Lebensmut zurückgewonnen, denn für beide begann eine neue Zukunft.
Eine Zukunft ohne Einsamkeit.

ENDE
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