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1.01 Starbase Alpha

von Markus Brunner

Prolog

Prolog

Er wusste nicht, wie lange er schon wach lag. Seine letzte Schicht war vor über zwei Stunden zu Ende gegangen. Danach hatte er noch im Maschinenraum nach dem Rechten gesehen, dann den letzten Missionsbericht aktualisiert und abgeschickt. Er kam zu dem Schluss, dass er seit mindestens 60 Minuten die beige Decke seines Quartiers über seinem Bett anstarrte. Doch nicht das was er sah bereitete ihm eine schlaflose Nacht. Das was er hörte beschäftigte ihn so sehr. Auch wenn die Worte bereits vor zwei Tagen von seinem Ersten Offizier ausgesprochen wurden, musste er doch noch immer daran denken.

„Auf dem auf ihre Schirme projizierten Sektorenausschnitt sehen Sie vor unserer Flugbahn eine Reihe von Erd-Außenstationen. Diese auf Asteroiden erbauten Stationen überwachen die Neutrale Zone, die vor über 100 Jahren nach einem Konflikt zwischen Erde und Romulus vertraglich festgelegt wurde. Wie Sie aus dem Geschichtsunterricht noch wissen, wurde dieser Konflikt im Vergleich zum heutigen Standard von primitiven Schiffen mit primitiven Atomwaffen ausgetragen, was gewaltige Zerstörungen zur Folge hatte und Strahlenverseuchungen. Es hat auch keine visuelle Schiff-zu-Schiff-Kommunikation gegeben. Folglich haben damals weder die Menschen, noch die Romulaner, noch deren jeweilige Verbündete einander sehen können. Die Erdenbürger hielten die Romulaner für angriffslustig, grausam und hinterhältig. Und bis heute wissen nur die Romulaner, was sie von den Irdischen halten.“

Seither hat sich viel getan. Captain James T. Kirk hatte sein Schiff in ein Gefecht gegen ein romulanisches Kriegsschiff geführt. Es war das erste Aufeinandertreffen von Menschen und Romulanern seit über 100 Jahren. Es war auch das erste Mal, dass der Vertrag über die Neutrale Zone verletzt wurde. Aber für ihn persönlich am Bedeutendsten war, dass er einem Romulaner ins Antlitz gesehen hatte. Und was er gesehen hatte, das erschreckte ihn. Der Feind aus der Vergangenheit, trug ein vertrautes Gesicht. Die optische Ähnlichkeit der seit einem Jahrhundert verfeindeten Romulaner mit den seit zwei Jahrhunderten verbündeten Vulkanier war … erschreckend. Ein anderes Wort fiel Kirk nicht ein, um seine Gefühle diese Entdeckung betreffend zu beschreiben. In seinem Bericht ans Oberkommando der Sternenflotte hatte er dieses Wort nicht verwendet. Sollen die Admiräle im Hauptquartier doch ihre eigenen Schlüsse ziehen. Was für ihn noch schlimmer war: Er befürchtete, dass seine Aktionen während der letzten beiden Tage einen uralten Konflikt wieder neu entfachen könnte. Einen Konflikt, der von vielen bereits vergessen worden ist und dessen Entstehungsgeschichte nie publik gemacht wurde. Er selbst musste sich eingestehen, sich nie besonders für die Geschichte der Sternenflotte vor der Gründung der Föderation interessiert zu haben. Er wusste, was man wissen musste. Dass es halt einmal einen Krieg gegeben hatte. Aber wie viele Kriege hatte es schon gegeben und von wie wenigen wusste Kirk mehr, als dass es sie gegeben hatte? Krieg war für ihn ein abstrakter Begriff. Zumindest würde es so lange bleiben, bis er selbst Teil eines Krieges geworden war. Und er fragte sich die ganze Zeit über, ob dies vielleicht schon geschehen war. Die Türklingel riss ihn aus seinen Gedanken. Auf sein Kommando öffnete sich die Tür und sein Erster Offizier betrat das Quartier. Kirk setzte sich auf und blickte in das – wie üblich – emotionslose Gesicht eines Vulkaniers.
Das Gesicht des Feindes. So schnell dieser Gedanke gekommen war, wurde er auch wieder von rationalem Denken verdrängt. Er kannte Spock seit – wie lange? Seit 10 Jahren? Und wie viele davon waren sie befreundet? Nein, Spock würde für ihn nie das „Gesicht des Feindes“ tragen. Nicht einmal das Unvorstellbare, dem er auf seinen Reisen durch die unendlichen Weiten des Weltalls ständig begegnete, konnte an seiner Freundschaft zu Spock etwas ändern.
„Ich hatte gehofft, dass Sie noch wach sind, Captain. Wir haben eine Antwort vom Oberkommando erhalten. Für eine Such- und Rettungsmission wurden wir zum Exo-System beordert. Ich habe den Kurs bereits entsprechend ändern lassen.“
Kirk verstand. Es ging um eine Forschungsgruppe, angeführt vom berühmten Archäologen Roger Korby. Die Enterprise war bereits unterwegs nach Exo 3 gewesen, als sie den Notruf der ersten Erd-Außenstation erhielten, die von den Romulanern angegriffen wurde.
„Gut. Wann erreichen wir unser Ziel?“
„In 28,75 Stunden“, antwortete Spock. Präzise wie immer. Kirk dachte darüber nach, ob Spock ihm schon einmal eine ungefähre Zeitangabe genannt hatte. Er konnte sich nicht erinnern, was ihm ein Lächeln entlockte. Spock verstand diese Reaktion seines Captains natürlich nicht, was ihn veranlasste, eine Augenbraue zu heben.
„Spock, ich brauche Ihre Hilfe.“
„Sie können natürlich auf meine Unterstützung zählen. Ich habe Ihnen hoffentlich keinen Grund gegeben, an meiner Loyalität zu zweifeln, Captain?“
Diese Worte berührten etwas in Kirk und das Gesicht des romulanischen Commanders erschien ihm plötzlich vor seinem inneren Auge. Er verstand es selbst nicht, wie dies geschehen konnte. Und es war kein Grund, an Spocks Loyalität zu ihm zu zweifeln. Viel mehr bedrückte ihn, dass er seinem Ersten Offizier nicht dasselbe Ausmaß an Loyalität entgegenbringen konnte.
„Nein, Spock. Darum geht es nicht. Es geht um eine … Recherche. Aus persönlichem Interesse. Ihrer Fähigkeit, Daten zusammenzutragen und auszuwerten, habe ich schon immer höchste Bewunderung entgegengebracht.“
„Vielen Dank. An welches Thema haben Sie gedacht?“
„An den Romulanischen Krieg. Auf der Akademie lernt man nur wenig über diesen Krieg. Nicht viel mehr, als Sie beim Mannschaftsbriefing vor unserer ersten Begegnung mit dem romulanischen Kriegsschiff gesagt haben. Aber ich muss mehr darüber wissen. Wie es aussieht, stehen uns weitere Konfrontationen mit ihnen bevor. Ich muss mehr wissen.“
Spock nickte verständnisvoll. Es war eine logische Bitte. Logik brachte Spock immer Verständnis entgegen.
„Über diesen Konflikt ist tatsächlich wenig bekannt. Viele Daten sind als geheim eingestuft. Jenes Material, auf das ich Zugriff erlangen kann, ist nicht sortiert. Die Zusammenhänge fehlen.“
„Dann bitte ich Sie, diese Zusammenhänge zu finden. Setzen Sie das Puzzle für mich zusammen.“
„Das könnte einige Zeit dauern.“
„Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Die Sternenflotte hat bereits die Patrouillen entlang der Neutralen Zone verstärkt. Dass die Romulaner in Kürze wieder angreifen werden, halte ich für ausgeschlossen. Vielleicht wird die Sternenflotte auch bisher geheime Daten frei geben. Angesichts dieser potenziellen Bedrohung.“
„Das wäre möglich. Wenn Sie einverstanden sind, werde ich entsprechende Anfragen in Ihrem Namen stellen. In Verbindung mit den bereits zur Verfügung stehenden historischen Fakten müsste es möglich sein, die Ereignisse des Romulanischen Krieges zumindest grob zu rekonstruieren. Wenn Sie gestatten, werde ich jetzt auf die Brücke zurückkehren.“
„Natürlich. Vielen Dank, Spock.“
„Auch ich bin gespannt, zu welchen Ergebnissen meine Nachforschungen führen werden. Es gibt einige sehr interessante Abhandlungen von John Gill, demnach …“
„Sie sind gespannt, Mr. Spock?“, unterbrach Kirk seinen Ersten Offizier in gespieltem Entsetzen. „Das würden manche Menschen als Emotion bezeichnen.“
Für einen kurzen Moment erlaubte sich Kirk einen kurzen Augenblick des Triumphes, als er Spock erstmals in seinem Leben sprachlos glaubte. Doch dieses Gefühl dauerte nur kurz.
„Auch Vulkanier können mit mehr oder weniger Interesse einem Ereignis entgegensehen. Es ist nur eine Frage der Abstufung. Besser ausgedrückt: Ich sehe dem Ergebnis meiner Recherche mit sehr großem Interesse entgegen.“
Einmal mehr musste sich Kirk eingestehen, dass sich Spock wunderbar logisch aus einer für ihn unangenehmen Situation herausreden konnte. Kirk nahm dies lächelnd zur Kenntnis und entließ ihn. Der Blick des Captains wanderte zwischen seinem Schreibtisch und seinem Bett hin und her. Sollte er sich um liegengebliebenen Papierkram kümmern oder sollte er nochmal versuchen, vor seiner nächsten Schicht etwas Schlaf zu bekommen. Die Wahl fiel auf einen weiteren Versuch, zur inneren Ruhe zu finden. Erstaunlicherweise dauerte es keine Minute, ehe er in die Welt der Träume entfliehen konnte. Während Spock nun gespannt nach der Vergangenheit suchte, konnte Kirk nun entspannt von der Zukunft träumen.

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Als sich die Türen des Turbolifts öffneten und Spock die Brücke betrat, beobachtete er eine effizient arbeitende Crew. In seinen ersten Wochen in seiner Position als erster Offizier der Enterprise hatte er beobachtet, dass sich die anderen Offiziere merklich verkrampften, wenn er in die Nähe kam. Der Ruf, das Vulkanier gefühllos, unsensibel und autoritär waren, war ihm vorausgeeilt. Viele der Offiziere kannten ihn zudem noch nicht, als er befördert wurde. Er war bereits unter Captain Pike der Wissenschaftsoffizier der Enterprise gewesen. Als Kirk zum neuen Kommandanten und er selbst zum Ersten Offizier ernannt wurde, wechselte ein Großteil des Offiziersstabs. Es dauerte einige Zeit. Aber inzwischen hatte sich die Einstellung der Crew ihm gegenüber verändert – zum Positiven hin. Lieutenant Sulu, Miss Uhura, Mr. Scott und sogar der oft launische Schiffsarzt McCoy vertrauten ihm. Und das ließen sie ihn auch spüren. Und er gab sein Bestes, um ihnen ebenfalls zu zeigen, wie sehr er ihre Leistungen schätzte. Für andere Vulkanier wäre dies problematisch gewesen. Aber er war in dieser Hinsicht auch etwas Besonderes. Nicht nur, dass seine Mutter von der Erde stammte, so hatte er doch einen großen Teil seines Lebens in Gesellschaft von Menschen verbracht. Er war einer von wenigen Vulkaniern in der Sternenflotte, die an Bord eines hauptsächlich von Menschen besetzten Schiffes diente. Und er würde es auch gar nicht mehr anders wollen.
Als er in Richtung Wissenschaftsstation ging, bemerkte er, dass Lieutenant Uhura noch an der Kommunikationskonsole saß.
„Lieutenant Uhura, Ihre Schicht ist bereits seit zwei Stunden beendet.“
„Ja, Mr. Spock. Aber wir haben neue Verschlüsselungsprotokolle vom Oberkommando erhalten. Ich möchte diese noch installieren, ehe ich an Lieutenant Palmer übergebe. Es dauert nicht mehr lange.“
„Sehr zuvorkommend von Ihnen. Beenden Sie diese Arbeit und genießen Sie dann Ihre Freizeit.“
Spock hatte auch gelernt, dass gelegentliches Plaudern mit seinen Kollegen den Effekte hatte, dass man ihm lockerer begegnete. So unlogisch es auch war, schien seine Würdigung zumindest in gleichem Maße von seiner beruflichen Qualifikation, als auch von seiner Fähigkeit, soziale Kontakte zu pflegen, abzuhängen. Es war ein sonderbares Konzept, das er zwar nur zum Teil verstand, aber das ihm mehr und mehr zur Natur wurde. Er musste sich nicht mehr anstrengen, die richtigen Worte zu finden. So musste er nun auch gar nicht darüber nachdenken, ob er Uhura darum bitten sollte, eine Verbindung zum Hauptquartier, die geheimen Daten betreffend, herzustellen. Diese Aufgabe konnte er auch problemlos an Lieutenant Palmer übertragen. Stattdessen nahm er den Dank Uhuras entgegen und setzte sich an seine eigene Station.
„Computer: Bitte alle historischen Daten den Romulanischen Krieg von 2156 bis 2160 irdischer Zeitrechnung betreffend auflisten. Herangezogen werden soll sowohl die Schiffsdatenbank, als auch das öffentliche Memory-Alpha-Datennetz. Reihung nach Relevanz.“
„In Bearbeitung“, antwortete die mechanisch klingende Stimme des Computers. Auf seinem Bildschirm konnte Spock die immer länger werdende Liste betrachten. Es handelte sich um historische Fakten aus den unterschiedlichsten Quellen. Aber auch spekulative Texte von Historikern, Redakteuren und Autoren fiktionaler Literatur fanden sich darunter. Angesichts dieser Fülle an mehr oder minder interessanter Information beschloss Spock, seine Suche einzugrenzen. Er suchte nach einem Ereignis, das von mehren Quellen als Ausgangspunkt der weiteren Ereignisse genannt wurde. Mit welchem Ereignis hatte der 4 Jahre dauernde Krieg begonnen? Überraschenderweise ergab diese Suche ein eindeutiges Erlebnis. Spock beauftragte den Computer, die erste gefundene Datei – eine visuelle Aufzeichnung – zu öffnen. Der große Bildschirm über seiner Konsole zeigte nun Bilder von Ereignissen, die vor über 110 Jahren für die Nachwelt festgehalten wurden.
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