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1.02 The Spring of Fire

von Markus Brunner

Kapitel 1

Captain Archers Augen waren geschlossen. Er musste nicht sehen, um zu wissen, in welchem Zustand sein Schiff war. Es reichte schon, den Gestank verschmorter Energieleitungen zu riechen oder das Zischen des Feuerlöschers zu hören. Er wusste, dass wenn er die Augen wieder öffnete, er auf der Brücke der Enterprise mehr Angehörige von Trip Tuckers Reparaturtrupp erblicken würde, als Offiziere. Er wusste auch, welchen Anblick ihm der Hauptschirm zeigen würde. Er war nicht gerade wild darauf und so blieben seine Augen geschlossen, während er versuchte, die hektischen Stimmen um ihn herum zu ignorieren. Er versuchte sich zu entspannen, versuchte auf andere Gedanken zu kommen. Doch all die angenehmen Dinge – eine Partie Wasserpolo, eine Bergwanderung oder einfach nur mit Erika zusammen zu sein – schienen so weit weg. Sowohl zeitlich als auch räumlich. Was vor allem die Zeit betraf:
„Wie lange schon, T’Pol?“
Er hielt seine Augen weiterhin geschlossen, als er die Frage stellte, blickte nicht zu seiner vulkanischen Wissenschaftsoffizierin. Er hörte, wie sie eine Taste drücke. Dann antwortete sie:
„Zwei Stunden und elf Minuten.“
Das bedeutete, dass die Enterprise vor nicht einmal drei Stunden die Draylax-Kolonie, einen der wichtigsten Handelsaußenposten der Erde, erreicht hatte. Zumindest war sie das früher einmal gewesen. Draylax war einer der Vorreiter bei der Kontaktaufnahme mit fremden Spezies in dieser Region des Alls. Der Planet hatte sich an einer sehr belebten Handelsroute befunden, die von Denobulaner, Benzeniten, Deltanern, Saurianern und vielen anderen Spezies frequentiert wurde, die Archer nur vom Hörensagen kannte. Doch seit drei Jahren war alles anders. Es hatte mit Gerüchten begonnen. Über Draylax erfuhr die Sternenflotte von merkwürdigen Aktivitäten. Schiffe verschwanden oder wurden aus dem Nichts heraus von Unbekannten angegriffen und verjagt. Es dauerte nicht lange, bis man zu dem Schluss kam, dass die Romulaner auf ihre Niederlage bei Galorndon Core reagiert und damit begonnen hatten, ihre Kräfte zu sammeln. Archer hatte schon vor Galorndon Core prophezeit, dass dieser Zwischenfall der Auslöser eines Krieges werden könnte. Er sollte recht behalten. Zuerst brach der Kontakt mit einer Forschungsstation im Syrma-Sekor ab. Das Raumschiff, das zur Aufklärung entsandt worden war, kam nie mehr zurück. Innerhalb weniger Monate waren weitere Einrichtungen der Sternenflotte zerstört worden. Die Außenposten auf Ophiucus 2 und 3, die Lagrange-Werft im Stameris-System und dazu zwei Dutzend Raumschiffe waren verloren gegangen. Niemand hatte überlebt, um Bericht zu erstatten. Und so hatte es über ein Jahr gedauert, ehe es zur ersten offenen Konfrontation mit dem Gegner in der Nähe von Arcturus gekommen war. Captain Archer und die Enterprise waren dabei gewesen, als es zum ersten Aufeinandertreffen einer irdischen Schiffsflotte – unterstützt von den alliierten Vulkaniern, Andorianern und Tellariten – mit einer Flotte des romulanischen Sternenimperiums kam. Dass die Romulaner die Angreifer waren, hatte damals niemanden überrascht. Sie alle waren vorbereitet gewesen. Aber 50 Schiffe waren einfach zu wenige gewesen. Die Romulaner waren mit dreimal so vielen Schiffen gekommen. Sie mussten zwar herbe Verluste hinnehmen, aber dennoch war Captain Archer nichts anderes übrig geblieben, als den Rückzug anzuordnen. Am folgenden Tag kam die Nachricht, dass das Subraum-Teleskop auf Arcturus vernichtet worden war.
Archers Gedanken kehrten wieder ins Hier und Heute zurück. Er öffnete die Augen und sah zum Hauptschirm. Die Enterprise befand ich im Orbit von Draylax. Aber der Planet war nicht zu sehen. Ein großes Trümmerstück versperrte den Blick. Es war zugleich das größte Trümmerstück, das vom vulkanischen Transportschiff Tibor übriggeblieben war.
„Wie ist unser Antriebsstatus?“, fragte Archer und richtete die Frage an T’Pol. Er hätte auch seinen Freund Trip Tucker im Maschinenraum fragen können. Aber der Chefingenieur hatte momentan sicher wichtigeres zu tun, als den Captain über den Schiffsstatus zu informieren, den auch ein Kadett im ersten Jahr von einem Bildschirm ablesen könnte.
„Die Energiekurve steigt konstant. Wir können jederzeit auf Warp 3 gehen.“
Archer nickte. Er war nicht zufrieden, aber zumindest etwas lief nach Plan.
„Gut. Wir haben uns hier lange genug aufgehalten. Signalisieren Sie den anderen Schiffen, dass sie auf unser Signal hin mit Höchstgeschwindigkeit nach Alpha Centauri fliegen sollen.“
Wie erwartet, ließ der Einwand von Lieutenant Reed nicht lange auf sich warten. In gewohnt respektvollem und vernünftigem Tonfall wies er auf einen Aspekt der Situation hin, dessen sich Archer aber natürlich längst bewusst war:
„Sir, die Pathfinder hat damals bei den teneebianischen Monden sogar drei Stunden gewartet und es hat sie trotzdem erwischt.“
„Ich weiß. Aber auf den verbliebenen Rettungsschiffen sind viele Verwundete, die dringend medizinische Versorgung benötigen. Und wenn wir länger warten, wird unsere Energiesignatur ohnehin entdeckt werden. Wir müssen das Risiko eingehen. T’Pol, übermitteln sie allen Schiffen die Kursdaten. Auf mein Kommando sollen alle das Trümmerfeld verlassen und auf Warp gehen.“
Es dauerte noch weitere fünf Minuten, ehe alle Schiffe ihre Bereitschaft zurückgemeldet hatten. Die Kommunikation erfolgte natürlich verschlüsselt. Auf Captain Archers Befehl verließen rund zwanzig kleine Transportschiffe – jedes deutlich kleiner als die Enterprise – das Trümmerfeld, das die Überreste nicht nur der Timbor sondern auch der gesamten Draylax-Verteidigungsflotte darstellten. Ein Schiff nach dem anderen ging auf Warp.
„Soeben ging die Southern Cross auf Warp. Damit sind alle unterwegs.“
Lieutenant Reed stieß einen erleichterten Seufzer aus: „Offenbar haben uns diesmal keine getarnten Warbirds aufgelauert.“
„Wenigstens haben wir auch einmal Glück“, sagte Archer und trat an die Steuerkonsole heran: „Travis …“
Archer unterbrach sich abrupt. Er hatte nicht daran gedacht, dass Travis Mayweather auf der Krankenstation lag und Crewman Fuller ihn vertrat, die nun etwas betreten zu ihm sah.
„Entschuldigung. Bringen Sie uns auf Warp, Diana.“
Archer drehte sich um und gab T’Pol den Befehl einen gesicherten Kanal zur Starbase IV im Orbit von Alpha Centauri herzustellen. Das erinnerte ihn daran, dass neben Mayweather auch Hoshi Sato auf der Krankenstation lag. Er versuchte, nicht zur zerstörten Kommunikationsschalttafel zu blicken und verschwand in seinem Bereitschaftsraum.

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„Wir erreichten Draylax wie vorgesehen um bei der Evakuierung des Handelsaußenpostens zu helfen. Alles lief nach Zeitplan. Die Verteidigungsflotte hatte begonnen sich im Orbit zu formieren und die ersten Evakuierungsschiffe waren gerade von der Planetenoberfläche abgehoben. Da enttarnten sich plötzlich zehn romulanische Warbirds.“
Admiral Gardener hatte Archers Bericht bisher kommentarlos gelauscht, doch nun unterbrach er ihn:
„Moment! Bedeutet das, dass diese Warbirds der romulanischen Angriffsflotte vorausgeflogen sind?“
„Ja, Sir. Offenbar handelte es sich um Späher. Sie zerstörten die Tibor und einige weitere Transportschiffe, aber hauptsächlich konzentrierten sie sich auf unsere Verteidigungsflotte. Sämtliche bereits eingetroffenen Schiffe wurden vernichtet. Sie waren völlig überrascht worden.“
Gardener schüttelte ungläubig den Kopf. Zehn Warbrids haben doppelt so viele Sternenflottenschiffe zerstören können. Die Romulaner brauchten nicht einmal mehr ihre zahlenmäßige Überlegenheit, um zu triumphieren.
„Jonathan … wie sind Sie entkommen?“
„Wir haben uns natürlich am Kampf beteiligt, aber auch dafür gesorgt, dass die verbliebenen Rettungsschiffe in den Orbit aufsteigen konnten. Wir haben sie dann ins Trümmerfeld geführt und uns dort versteckt. Zwei Stunden haben wir dort gewartet, ehe wir aufgebrochen sind. Wie es aussieht, haben keine getarnten Warbrids auf uns gewartet. Wir sind nun auf dem Weg nach Alpha Centauri und werden in ungefähr 26 Stunden ankommen. Sie sollten sich darauf vorbereiten, viele Verwundete zu versorgen. Einige Schiffe haben recht schwere Treffer abbekommen. Es ist diesmal auch zu erheblichen Verlusten bei den Zivilisten gekommen.“
„Ich werde alles veranlassen.“
Der Admiral blickte kurz nachdenklich ins Leere. Archer fragte sich kurz, ob Gardener vielleicht vergessen hatte, den Kanal zu schließen. Doch dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Archer:
„Ich werde auch die restlichen Schiffe, die auf dem Weg nach Draylax sind, zurückbeordern. Dort gibt es nichts mehr, für das es zu kämpfen lohnt. Die Romulaner haben uns diesmal wirklich überrumpelt. Noch vor einer Stunde hatten wir bestätigte Informationen von unseren Aufklärern erhalten, dass die romulanische Angriffsflotte ihre Position fünf Lichtjahre von Draylax entfernt hält. Wir hatten gedacht, uns diesmal vorbereiten zu können.“
„Zumindest haben wir viele Leute evakuieren können. Das ist doch schon mal was“, versuchte Archer auch etwas positives an den vergangenen Ereignissen zu finden.
„Ja, aber wer weiß, ob es ihnen nicht besser gegangen wäre, wenn wir sie auf dem Planeten gelassen hätten.“
„Sir?“
„Es ist doch wahr: Die Romulaner habe bisher unsere zivilen Einrichtungen nicht angegriffen. Vielleicht hätten sie den Handelsaußenposten auch verschont.“
„Aber selbst wenn, dann wären die Leute dort von der Erde abgeschnitten gewesen. Wie lange hätten sie dort schon überleben können? Nach dem Zusammenbruch der Handelsroute in diesem Gebiet waren kaum noch Versorgungsgüter auf Draylax gelagert.“
„Vielleicht hätten sie trotzdem länger überlebt als jetzt. Jonathan, das muss auch Ihnen klar sein: Draylax ist verloren. Das nächste logische Angriffsziel ist Alpha Centauri. Und wenn Alpha Centauri fällt, dann nehmen sich die Romulaner als nächstes die Erde vor.“

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Lieutenant Reed trat aus der Liftkabine in einen verwüsteten Korridor auf dem C-Deck. Geschmolzene Wand- und Deckenelemente lagen auf dem Boden, bedeckt von Asche, die einst wichtige technische Elemente gewesen waren und für den korrekten Ablauf der verschiedensten Schiffsfunktionen gesorgt hatten. Offenbar waren in diesem Bereich mehrere Plasmaleitungen explodiert und Reed wunderte sich, dass sich noch keine Reparaturmannschaft hier eingefunden hatte. Er ging weiter und kam zu ersten Korridorkreuzung. Als er nach links blickte, wurde ihm erst bewusst, wie umfangreich die Schäden auf diesem Deck waren. Fast die halbe technische Crew hatte sich hier eingefunden und arbeitete bereits eifrig daran, das Schiff instandzusetzen. Reed bewunderte ihren Fleiß. In den Augen der Leute sah er Konzentration und den Willen, die Dinge wieder in Ordnung zu bringen. Trip konnte wirklich froh sein, solche Leute in seiner Abteilung zu haben. Er dachte an seine eigene Abteilung und einmal mehr wurde ihm schmerzlich bewusst, welch bedrückte Stimmung seit einiger Zeit auf dem Waffendeck herrschte. Irgendwie beneidete Reed die Techniker: Sie konnte Erfolge feiern, indem sie Schäden reparierten. Seine eigenen Leute hingegen konnten nur triumphieren, wenn sie dem Feind Schaden zufügen konnten. Und auf ein solches Erfolgserlebnis warteten sie nun schon seit drei Jahren. Er konnte es ihnen nicht verdenken, dass sie kein großes Vertrauen darauf hatten, dass sich daran in absehbarer Zeit – oder überhaupt – etwas ändern könnte.
Reed wandte sich ab und ging an der Kreuzung nach rechts, in einen weniger beschädigten Teil des Decks in Richtung Krankenstation.
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