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En blanc et noir

von Aurea

Kapitel 2

EPILOG


„... und wickle die Blumen noch aus dem Einschlagpapier, bevor du sie deiner Großmutter überreichst, James.“

Zwei Männer – Vater und Sohn – kamen den hellen Korridor entlang. Sie gingen vorbei an unzähligen Zimmern, deren Türen zum Teil geschlossen, zum Teil geöffnet waren.

Der Gang und der integrierte Warteraum waren in einem dezenten Cremé gehalten. Kein reines Weiß, aber auch kein dreckiges Grau. Es wirkte weder steril, noch schmutzig, sondern auf eine eigene Weise angenehm.

Doch James fühlte sich nicht wohl in dieser Umgebung. Keine Frage, er besuchte seine Großmutter gerne, aber nicht hier im Altersheim. Seinem Vater, der neben ihm den langen Korridor hinunterschritt, schien diese Tatsache nichts auszumachen. Natürlich regten sich in jeder Familie hin und wieder Schuldgefühle, wenn man seine Verwandten aufgrund beruflicher Tätigkeiten nicht selber umsorgen konnte. Allerdings war es bei den Fedastents nicht anders möglich. Die Mutter Diplomatin mit Botschaftssitz auf Vulkan, der Vater Sicherheitschef der U.S.S. Stockholm, die beiden Söhne während ihrer Ausbildung zu Sternenflottenoffizieren auf unterschiedlichen Planeten stationiert. Die Familie kam hierbei leider zu kurz und am meisten musste darunter die allseits geschätzte Großmutter leiden. Doch aufgrund einer in den letzten Jahren immer stärker werdenden Altersdemenz vergingen für sie keine zwei oder drei Monate zwischen den Besuchen ihrer Angehörigen, sondern nur zwei oder drei Tage. Es war ein trauriges Schicksal, doch in dieser Situation wohl besser für die alte Dame.

Julius und James schritten weiter den langen Gang hinunter, folgten einer Abzweigung nach rechts und ließen zu ihrer Linken einen weiteren Aufenthaltsraum liegen. Doch bevor sie das Zimmer von Großmutter Fedastent erreichten, mussten sie noch einige andere Patientenzimmer passieren.

Einige Türen waren auch schon wie im Gang zuvor geschlossen, andere standen weit geöffnet, sodass man beim Vorbeigehen direkten Einblick in den Raum und auf seinen Bewohner hatte.

James konnte in dem einen Zimmer einen älteren Mann erkennen, der gerade seine Blumen goss und dabei mit ihnen redete. Im nächsten Raum lag eine Frau schlafend in ihrem Bett. Sie war wohl nicht mehr fähig aus eigenen Kräften aufzustehen und schon so geschwächt, dass sie die gesamte Tageszeit in einer Art Schlummer verbrachte.

Auf der anderen Seite waren die Türen bis zum Ende des Ganges geschlossen. James folgte seinem Vater in einvernehmlichem Schweigen bis sie am Zimmer seiner Großmutter angelangt waren. Die Tür des gegenüberliegenden Raumes war geöffnet. Gleißendes Sonnenlicht strahlte durch die hohe Glasfront auf eine weißhaarige Frau, die mit dem Rücken zum Ausgang in einem hohen Lehnstuhl saß. Die zierliche Gestalt spiegelte sich verschwommen in der Fensterscheibe wieder und der Blick der älteren Frau schien ins Unendliche zu greifen.

James wollte gerade an dem Zimmer vorbeischreiten und den Türsummer seiner Großmutter betätigen, als er innehielt. Er drehte sich um, schaute zurück in das letzte Zimmer und betrachtete etwas genauer die Reflektion der Frau, die vor dem Fenster saß. Sein Vater folgte seinem Blick.

Als der junge Kadett sein Gesicht fragend in Richtung Julius drehte, ohne dabei jedoch die zerbrechliche Gestalt am Fenster gänzlich aus den Augen zu lassen, nickte sein Vater nur leicht.

„Ja, du hast richtig gesehen. Das dort am Fenster ist die so berühmte und auch so berüchtigte Kathryn Janeway. Ehemals Captain des Föderationsraumschiffes Voyager, Heldin des Delta Quadranten, späterer Admiral für diplomatische Beziehungen und interföderale Sondereinsätze.“

Eine kurze Pause entstand, bis sich Julius aufraffen konnte weiterzusprechen. „Sie schaut so gebrochen aus, nicht wahr?“ James konnte nur mit einer zaghaften Kopfbewegung antworten. Er war sprachlos. Was war mit dieser tapferen, unerschütterlichen Frau passiert, über die jeder hochgradierte Sternenflottenoffizier nur das Beste zu berichten hatte und über die mindestens in jeder zweiten Vorlesung an der Akademie der Sternenflotte referiert wurde? Was war mit ihr geschehen, dass sie hier in diesem Pflegeheim untergebracht war? Er trat einige Schritte in das Zimmer, wartete erst wenige Augenblicke, bis er sich an das gleißende Licht der Sonne gewöhnt hatte und ging dann neben der alten Frau in die Hocke. Auf ihrem Gesicht lag ein verklärtes Lächeln, welches mit dem einfallenden Sonnenschein um die Wette zu strahlen schien.

Der Himmel war blau. Die Menge jubelte. Heute war der Tag aller Tage. Der Tag, auf den sie seit nunmehr sieben Jahren gewartet hatte. Der Tag ihrer Heimkehr auf die Erde. Sie hatten es geschafft! Sie hatten es wirklich geschafft! Ein Gefühl unbeschreiblichen Glücks breitete sich plötzlich in ihrem ganzen Körper aus. Wärme strömte durch sie und ein Schweben nahm von ihr Besitz. Eine Last wurde von ihren Schultern, von ihrem Leben genommen. Die Bürde, die Verantwortung für über einhundertvierzig Besatzungsmitglieder inne zu haben. Sie war frei! Endlich frei zu tun und zu lassen, was auch immer sie wollte!

James hatte nicht gemerkt, wie sein Vater hinter ihn getreten war.

„Sie schaut so glücklich aus, nicht wahr? So unbeschreiblich glücklich...“ gab der ältere Herr von sich und wiegte dabei leicht seinen Kopf hin und her.

Doch James drängte sich im Moment eine ganz andere Frage auf. „Nimmt sie uns nicht wahr?“

„Nein, das hängt alles mit ihrer Operation zusammen...“

Der junge Kadett blickte zu seinem Vater auf. „Mit welcher Operation? Hatte sie einen Unfall? Davon habe ich noch nie etwas gehört!“

Julius atmete tief aus. Es fiel ihm nicht leicht, darüber zu sprechen. Vor allen Dingen, da er eigentlich Stillschweigen über diese Angelegenheit halten sollte. Allerdings fühlte er sich dazu verpflichtet, es seinem Sohn zu erzählen. Die ganze Geschichte. Sternenflottenrichtlinien hin oder her. Hätte Janeway dies doch eher eingesehen! Hätte sie doch eher sämtliche Protokolle und Richtlinien und Regulationen und sonstige Paragraphen über Bord geworfen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

„Die Admiralität hat beschlossen, die ganze Sache geheim zu halten. Es würde kein gutes Licht auf die Führungsriege der Sternenflotte werfen, wenn diese Geschichte nach außen, an die Öffentlichkeit dringt. Die Menschen waren schon immer leicht empfänglich für dramatische Liebesgeschichten. Doch zum Glück gelangte es nie an die Allgemeinheit, dass es sich eben hierbei um solch eine handelte. Kathryn hätte es auch sicherlich nicht gewollt...“

„Du hast sie privat gekannt?“ James war sofort darauf eingegangen, als sein Vater von der Frau vor ihnen mit dem Vornamen gesprochen hatte. War Julius doch ansonsten immer ein Mann von Förmlichkeit. Solche – für ihn außerordentliche – Vertrautheit jemanden bei seinem Vornamen zu nennen, geschah nur nach sehr langer Bekannt- oder Freundschaft. Verwundert blickte James seinen Vater an.

Der Sicherheitschef der U.S.S. Stockholm schluckte schwer, bevor er antworten konnte. „Ich war zusammen mit ihr im gleichen Jahrgang auf der Akademie und habe später mit ihr auf der U.S.S. Albatany gedient. In unserer Freizeit habe ich ihr das Billardspielen beigebracht. Sie war eine gelehrige Schülerin.“ Es fiel Julius sichtlich schwer, weiterzusprechen. „Aber nicht nur das. Die wenigen Monate, die wir zusammen gearbeitet und unsere ersten Nachtschichten auf der Brücke geschoben haben, waren wohl die lustigsten und tiefsinnigsten Tage und Wochen zugleich. Man konnte mit ihr sowohl stundenlang über Quantenmechanik diskutieren als auch den vorgesetzten Offizieren einen Streich spielen. Ich konnte mit Kathryn Pferde stehlen...“

„Darüber hast du nie gesprochen“, beklagte sich James.

„Es gibt viele Dinge, die du nicht weißt. Sowohl über mich, als auch über sie.“ Stille durchdrang für eine geraume Zeit den kleinen Raum, indem nur wenige Pflanzen und ein Modell der Voyager zur Dekoration standen. James schaute die weißhaarige Frau in dem Lehnstuhl nachdenklich an. „Wir haben uns schließlich aus den Augen verloren. Sie wurde einem anderen Raumschiff zugeteilt, während ich für kurze Zeit auf Vulkan stationiert war, wo ich letztendlich deine Mutter kennen lernte.“ Bedauernd fügte er hinzu: „Wer weiß, was passiert wäre, wenn wir Kontakt gehalten hätten.“ Eine längere Pause folgte, die James nicht zu unterbrechen wagte. Endlich raffte sich Julius auf und sprach weiter. „Die restliche Geschichte kennst du ja. Kathryn Janeway bekam das Kommando über die U.S.S. Voyager. Verfolgung des Maquis-Schiffs. Badlands. Der Fürsorger. Endstation Delta Quadrant. Unzählige Aufeinandertreffen mit feindlichen Rassen. Unzählige Verluste. Endstation Sehnsucht: Erde. Nach sieben langen Jahren hatte sie es dann auch endlich geschafft. Dank ihrer hervorragenden Crew und vor allem ihres Ersten Offiziers, dem ehemaligen Maquis-Captain. Die Boulevardpresse überschlug sich. Schon seit dem ersten Kontakt der Sternenflotte mit der Voyager waren Gerüchte entstanden, dass die beiden eine leidenschaftliche Affäre miteinander hätten. Doch es blieb bei den Gerüchten. Man wusste nichts Genaues...“
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