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En blanc et noir

von Aurea

Kapitel 3

Langsam drehte sie ihren Kopf nach rechts, nur um sich zu vergewissern, dass sein Lächeln neben dem ihrem erstrahlte. Sie konnte sich verlieren in diesem Lachen, in diesen Grübchen, in diesem Strahlen, welches sogar in seinen dunklen Augen glänzte. Ihr stand endlich frei ihm sagen zu könne, was sie für ihn empfand, ihn in ihre Arme zu schließen und dieses Lächeln in jede Faser ihres Körpers aufzunehmen und ihn letztendlich nie mehr loszulassen. Man konnte mit Sicherheit nur von Luft und Liebe leben. Zumindest war es einen Versuch wert.

Sie konnte die Augen nicht von diesem Gesicht abwenden, dessen Linien so graziös verliefen und dessen Anblick ihren Tag rettete. Gerade sein Lächeln hatte ihr in den vergangenen sieben Jahren so manche Arbeitsstunde versüßt und selbst im tiefsten und dunkelsten Teil des Universums die Sonne erstrahlen lassen. Ein Lächeln, das strahlender als tausend Supernoven für sie war.
Wie sie dieses Glitzern seiner Augen, seiner ganzen Mimik liebte. Nun war sie endlich frei selbst hier in der Öffentlichkeit einen Schritt auf ihn zuzutun, seinen Kopf mit ihrer Hand zu sich herunterzuziehen, ihren Körper an den seinen zu schmiegen und ihn zu küssen...

Julius war ins Stocken geraten. Er war gefesselt von Kathryns Anblick. Trotz ihrer nunmehr beinahe hundertzehn Jahren sah sie noch so verlockend wie bei ihrer ersten Begegnung aus. Natürlich hatte sie weiße Haare bekommen und auch die Falten in ihrem Gesicht waren nicht zu verleugnen, doch dieses Strahlen ihrer Augen und Gesichtszüge... Dieses Strahlen überwältigte ihn. Doch genau dieses Glücksgefühl, welches sie ausstrahlte, war nicht für ihn bestimmt. Er wusste jedoch genau für wen, und so fuhr er fort zu erzählen.

„... bis zu dem Tag, an dem die Voyager nach Hause, auf die Erde kam. Sie landete unter tosendem Applaus vor dem Hauptquartier der Sternenflotte in San Francisco. Die Menge jubelte. Sämtliche Offiziere wurden mit ohrenbetäubendem Beifall begrüßt. Zuletzt kamen die Senioroffiziere. Seven of Nine, der Doctor, B´Elanna und Tom Paris mit ihrer neugeborenen Tochter Miral, Tuvok und schließlich die beiden, auf die alle schon seit einer geschlagenen Stunde gewartet hatten. Chakotay und Kathryn. Sie waren die Helden des Delta und nunmehr auch des Alpha Quadranten. Sie strahlte damals genauso wie heute. Doch für sie war es unwichtig, dass die Menge sie bejubelte, dass die Masse sie gedanklich auf Händen trug. Ich kannte diesen Gesichtsausdruck nur zu gut. Sie war nur aus einem einzigen Grund so glücklich: Weil sie nun frei war.“ James blickte seinen Vater fragend an. „Sie war befreit von der Last eines Sternenflottencaptains, der sich 24 Stunden am Tag Sorgen um seine Crew, um den sicheren Weg nach Hause machen musste. Eine Bürde war in dem Moment, in dem sie die Voyager verlassen hatte, von ihren Schulter gefallen. Sie konnte endlich wieder tun und lassen, was sie wollte. Sie musste nicht mehr der Captain sein. Sie konnte wieder Kathryn sein.“

Julius betrachtete Kathryn gedankenvoll. Er wusste nicht, ob er weiterreden sollte. Doch er wollte, musste diese Geschichte endlich loswerden und dann nie wieder davon anfangen.

„Aber was das Wichtigste war: Sie konnte ihren Gefühlen wieder freien Lauf lassen. Ich habe es gesehen. In ihren Augen. Als sie ihren Kopf in seine Richtung gedreht hat. Sie hat diesen Mann, ihren Ersten Offizier geliebt. Die Klatschpresse hatte also doch nicht so unrecht. Sie wollten zwar nur Profit aus einer scheinbar an den Haaren herbeigezogenen Story schlagen, doch diese vorgeblich so surreale Geschichte war Realität geworden. Zumindest in den Herzen zweier Menschen. Zumindest für einen kurzen Augenblick. Den Rest der Geschichte kennst du wieder...“

Immer noch kniend musste James schwer schlucken, bevor er überhaupt imstande war zu antworten. „Ja. Ein fanatischer Romulaner war in der Menge, der noch eine alte Rechnung mit Janeway offen stehen hatte. Er schoss auf sie, traf aber ihren XO. Chakotay stirbt in den Armen von Kathryn. Ende der Geschichte.“ Tief bewegt schloss er seine Augen, um sie gleich darauf wieder zu öffnen.

„Nein, nicht Ende der Geschichte.“ Sein Vater hatte sich mittlerweile von der Szenerie abgewandt und blickte nun auf die dunkle Landschaftsszenerie, die sich draußen vor dem Fenster erstreckte. Wolken waren aufgezogen, die peitschend über den Himmel fegten. „Wie gesagt, wussten von den Emotionen, die Kathryn beim Tod ihres Ersten Offiziers bewegten, nur wenige etwas. Sogar die Boulevardpresse schwieg. Man ahnte es zwar, nahm aber humanerweise Rücksicht. Kathryn trat nach zwei Wochen Urlaub ihren Dienst bei der Sternenflotte wieder an. Nach unzähligen Anhörungen und dem Fallenlassen der Anklage gegen die ehemaligen Maquis wurde sie zum Admiral befördert. Sie erfüllte ihre Aufgaben pflichtversessen, schottete sich allerdings von der Außenwelt ab.“ Langsam verschränkte der hochgewachsene Sicherheitsoffizier seine Arme vor der Brust. „Ich habe einige Male versucht Kontakt mit ihr aufzunehmen, doch sie wies alles ab. Ich dachte immer, sie würde mir indirekter Weise die Schuld am Tod Chakotays geben, da ich damals für die Sicherheitsvorkehrungen mitverantwortlich war. Doch mir gab sie nicht die Schuld. Ich hätte es eigentlich wissen müssen. Sie gab sich die Schuld.“ Es fiel Julius sichtlich immer schwerer weiterzusprechen. James konnte und wollte ihn jedoch nicht stoppen. „Jahre später hörte ich wieder etwas von ihr. Nein, nicht direkt von ihr persönlich, sondern ich hörte etwas über sie bei einer Vollversammlung der Admiralität und des Sicherheitsgremiums der Sternenflotte, dem ja auch ich angehöre. Sie hatte sich Mindwork angeschlossen.“

Bei der Erwähnung des Firmennamens sprang James auf.
„Du meinst...?“

„Ja. Sie hatte sich für das Löschen einiger Gedächtnisengramme bei Mindwork angemeldet, um eine gewisse Erinnerung wieder klarer und deutlicher in ihrem Gedächtnis abrufen zu können. Allerdings hat sie sich ihren Status als Admiral a.D. von Nutzen gemacht, um einem jungen Mitarbeiter Angst einzujagen. Mit einer Janeway ist eben nicht zu spaßen. Besonders nicht mit Kathryn Janeway. Auf jeden Fall, hat sie den Mitarbeiter von Mindwork mehr oder weniger freiwillig dazu gebracht, nicht nur einige unwichtige Gedächtnisengramme zu löschen, sondern sämtliche Erinnerungsdaten. Bis auf diese eine, an die sich Kathryn unbedingt erinnern wollte und für die sie – pauschal gesagt – ihr ganzes Leben geopfert hat. Für einen Augenblick des Glücks nahm sie ewige Dunkelheit in Kauf...“

„Sie erlebt also diese eine Erinnerung immer und immer wieder?“

Julius nickte bedauernd. „Ja, immer und immer wieder.“

Der junge Kadett blickte die ältere Frau wieder an. „Aber zumindest erlebt sie eine schöne Erinnerung...“

Julius schüttelte sachte seinen Kopf. Eine Träne kullerte über seine Wange und leise flüsterte er: „Eben nicht. Eben nicht...“

Ein Sturm zog über die ansonsten so herrliche Landschaft Kaliforniens auf. Zuerst langsam, dann immer schneller fielen dicke Regentropfen vom Himmel. Ein rhythmisches Trommeln manifestierte sich auf den dicken Glasscheiben.

Doch gerade als ihre Lippen die seinen streiften, hörte sie einen Schrei in der Menge. Sein Körper spannte sich an. Seine Augen suchten die ihren. Gerade noch erfüllt von Liebe, wurde dieser Ausdruck von den dunklen Schatten der Angst zur Seite gedrängt. Sein Körper erschlaffte. Er griff mit letzter Kraft nach ihren Händen, drückte sie, sodass Kathryn stark die Luft einziehen musste, um dem Druck standzuhalten und drückte ihr noch einen letzten, innigen Kuss auf die Lippen. Einen Kuss, der den Beigeschmack des Todes schon mit sich trug. Kurz darauf verließen ihn auch seine letzten Kräfte.

Die Menge um die beiden Offiziere herum verblasste. Sie schien ins Nichts zu verschwinden, schien einfach aufzuhören zu existieren. Kathryn und Chakotay merkten weder, in welche Panik die Menschen und anderen Spezies um sie herum versetzt wurden, noch, dass der Attentäter gefasst wurde. Sie hatten nur Augen füreinander und für einen kurzen Moment, aber nur für einen winzigen Augenblick, schien die Zeit stillzustehen.

Er sackte zusammen, sie wurde mit ihm auf den Boden gerissen. Verzweifelt versuchte sie den nunmehr beinahe leblosen Körper aufzurichten, ihn in ihren Armen zu halten, doch sie war zu schwach, hatte zu wenig Kraft. Sie drohte ihm, redete ihm gut zu, schrie ihn an, er müsse doch, möge doch, solle doch am Leben bleiben, doch man konnte nichts für ihn tun. Der Phaserstrahl, der eigentlich für sie bestimmt war und der im entscheidenden Moment durch die unerwartete Bewegung der Zielperson auf den stattlichen Indianer abgelenkt wurde, war tödlich. Kathryn zitterte, krampfte, klammerte. Sie wollte ihn nicht loslassen, wollte ihn nicht in eine andere Welt gehen lassen, jetzt, gerade jetzt, als sie ihn für sich greifbar gemacht zu haben schien. Ihr Gesicht war tränenüberströmt. Ihre Augen waren vor Schmerz fest zusammengekniffen. Ihr Mund verzog sich zu einer Fratze und ein Schrei durchdrang die imaginäre Stille ihrer Gedanken...

Ein lauter Schrei durchdrang die Stille des Altersheims und Julius ließ die automatische Tür leise hinter sich schließen.

Draußen klärte der Himmel wieder auf und alles begann wieder von vorne...
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