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Ich bin eine temporale Paradoxie

von Anke

Tag 1

Ich bin eine temporale Paradoxie

Temporale Paradoxien bereiten Captain Janeway Kopfschmerzen? Ihre Tochter ist eine.

Disclaimer: Alle Rechte an der Fernseh-Serie Star Trek und ihren Charakteren gehören nicht mir, sondern Paramount.

AN: Diese Geschichte spielt in einer imaginären 8. Staffel – Endgame ist ausgefallen und auch Neelix ist noch an Bord.

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„Name, Dienstgrad, aktuelle Position und Kommando, Geburtsdatum und –ort!"

Die beiden Männer sahen so aus, wie man sich temporale Ermittler vorstellte: grau, alt und mit einem Gesichtsausdruck wie eine Kiste Zitronen. Eisig fixierten sie die drei jungen Fähnriche vor ihnen: Die erste war eine mittelgroße, gutgebaute junge Frau mit rotblondem Pferdeschwanz und auffälligem Tattoo über der rechten Braue, die zweite Frau war groß, dunkelhaarig und sowohl ihre Stirnwülste als auch ihr düsterer Gesichtsausdruck wiesen auf klingonische Abstammung hin. Der dritte im Bunde war ein unauffälliger junger Mann mit mausblonden Haaren und einem unsicheren Lächeln. Die Blondzöpfige ergriff als erstes das Wort:

„Fähnrich Julia Janeway, Conn-Offizier, USS Explorer, geboren zu Sternzeit 56087.67 auf der USS Voyager – im Delta-Quadranten."

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Julia Janeway lächelte honigsüß, den Zusatz „Delta-Quadrant" hatte sie sich einfach nicht verkneifen können, schließlich konnte es nie schaden, darauf hinzuweisen, wessen Tochter sie war. Vielleicht war es aber doch ein Fehler gewesen. Der Ermittler, der sich als DiNozzo vorgestellt hatte, grummelte vor sich hin: „Janeway, Captain Kathryn – bisher 47 temporale Zwischenfälle, keine Verwandtschaft auf die ich stolz wäre."

„Fähnrich Miral Paris, Ingenieur, USS Explorer, geboren zu Sternzeit 55046.57 auf der USS Voyager", blaffte Miral derweil ungnädig. Julia musste ein Grinsen unterdrücken. Natürlich hielt Miral es nicht für nötig, auch nur einen Funken Freundlichkeit auszustrahlen, schließlich war sie Klingonin – die dreiviertel Mensch übersah sie meist großzügig.

„Fähnrich Leon Barcley, Wissenschaftsoffizier, ebenfalls USS Explorer, geboren zu Sternzeit 56320.54 in San Francisco, Erde." Du meine Güte, fast schien es so, als würde Leo sich dafür genieren, als einziger im Bunde nicht auf der berühmten Voyager geboren zu sein. Dabei war er als Sohn von Reginald Barcley genauso ein Mitglied der "Voyager-Familie" wie sie selbst oder Miral.

„Setzen Sie sich." DiNozzo wies auf die drei Besucherstühle vor seinem Schreibtisch. „Sie sind hier, um Auskunft zu geben über Ihre Verwicklung in den Zwischenfall, der sich zu Sternzeit 55216.43 am Bellis-Nebel zugetragen hat. Erzählen Sie alles so ausführlich wie möglich, lassen Sie keine Details aus."

Natürlich, damit ihr uns an den höchsten Rahen aufknüpfen könnt, dachte Julia bevor sie mit ihrer Geschichte begann.

„Wie Sie wissen, ist die Aufgabe der USS Explorer unter dem Kommando von Captain Naomi Wildman, die Reise der Voyager nachzuvollziehen, die auf dem Weg zurück in den Alpha-Quadranten gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu vertiefen und erneut Kontakt zu Völkern aufzunehmen, denen die Voyager unterwegs begegnet ist. Zu Sternzeit 79183.56 hatte die Explorer das Klemati-System erreicht. Während der Captain erneut Kontakt zu den Klemati aufnahm, hatten Fähnrich Paris, Fähnrich Barcley und ich die Aufgabe, mit einem Shuttle zum Bellis-Nebel zu fliegen und dort Nachforschungen bezüglich der seltsamen Phänomene vorzunehmen, die von der Voyager beobachtet worden waren."

Die beiden Ermittler nickten. Der zweite, McGee, zog ein Pad hervor und zitierte:

„Aus dem Computerlogbuch der Voyager, Sternzeit 55216.43: ‚Haben heute einen interessanten stellaren Nebel mit Sevens neuem Aktiv-Phlebotenum-Scanner untersucht. Dabei war eine kurze Erschütterung spürbar und kurzzeitig schien ein Shuttle unbekannter Bauart aber mit Sternenflottensignatur aus dem Nebel aufzutauchen. Weitere Scans zeigten bisher keine Spur von dem unbekannten Schiff. Wir werden jedoch bleiben und das Ereignis näher untersuchen.'" McGee sah von seinem Pad auf. „Weitere Einträge berichten, dass diese Untersuchung keine Ergebnisse brachte, es in jedoch zu einigen seltsamen Vorkommnissen an Bord kam. Unautorisierte Türöffnungen, Werkzeug und Ausrüstungsteile verschwanden, ein Teil tauchte in Jeffreysröhre 47 wieder auf.

Ich nehme an, Sie haben damit zu tun."

„Nun ja Sir, es war so..."

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Julia, Miral und Leon hatten ihren Spaß gehabt. Zum ersten Mal hatte Captain Wildman sie alleine auf Außenmission geschickt und die drei genossen es, endlich einmal den strengen Augen der Senior-Offiziere entkommen zu sein. Miral versuchte, den Antrieb des Shuttles zu tunen und Julia testete als Pilotin alle Veränderungen begeistert aus. Leon hingegen genoss vor allem die Gegenwart seiner beiden Freundinnen und vertiefte sich ansonsten auf seine Abhandlung über temporale Fluktuationen bei Transchornoton-Generatoren. Ein bisschen fühlte es sich so an, wie die Picknick-Ausflüge zu alten Zeiten. Als sie nach einem Tag Flugzeit am Bellis-Nebel angekommen waren, hatten sie sich jedoch ernsthaft und vollkonzentriert an die Arbeit gemacht. Schließlich wollten sie das in sie gesetzte Vertrauen auch rechtfertigen. Die bisherigen Tests waren unauffällig verlaufen. Keine Anzeichen für irgendeine Anomalie. Nun blieb Ihnen nur noch ein letzter Test: Die exakte Wiederholung des vor 23 Jahren von der Voyager vorgenommenen Scans.

„Position", kommandierte Miral.

„Stimmt genau mit den angegebenen Koordinaten überein." Julia ließ ihre Finger über die Tasten tanzen. „Ich bin bereit."

„Der Scanner?"

„Ist bereit und genau auf die überlieferten Parameter eingestellt", meldete Leon.

„Energie"

Und dann... ein Knall, Husten, Qualm, roter Alarm. Das kleine Shuttle wurde mit einem gewaltsamen Ruck kurz nach vorne gezogen und kam ebenso abrupt wieder zum Halt.

„Position?", verlangte Miral zu wissen.

„Wir hatten Glück, wir sind nur wenige hundert Kilometer von unserer alten Position entfernt. Diese Anomalie hat uns mitten in den Nebel gezogen," bemerkte Julia nach einem kurzen Blick auf die Conn.

„Oh, oh"

„Was oh, oh, Leon?", herrschte Miral ihren Freund an. Der zeigte auf das Fenster des Shuttles, wo hinter den Schwaden des Bellis-Nebels ein Schiff sichtbar wurde.

„Das sieht aus wie die Voyager…" Miral schluckte hart.

„Tarnvorrichtung aktiviert", meldete Julia. Ha, da konnte sie ihrer Mutter mal erzählen, was schnelle Reaktion war. „Scanne das fremde Schiff... Bestätigt, es handelt sich tatsächlich um die USS Voyager."

„Wann sind wir?" herrschte Miral Leon ein zweites Mal an. Der beschäftigte sich hektisch mit seiner Konsole.

„Aus den Sternbildern und dem Vorhandensein der Voyager zu schließen: Sternzeit 55216.43."

„23 Jahre zurück", flüsterte Julia. „Wenigstens wissen wir jetzt, was es mit dieser seltsamen Shuttle-Sichtung auf sich hatte..."

„... das waren wir", ergänzte Miral leise.

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Wenige Stunden später hatte Leon eine Theorie entwickelt, wie es sie in die Vergangenheit verschlagen hatte.

„Nun," erklärte er. „dass aus unterschiedlichen Zeitfenstern ein Aktiv-Phlebotenum-Strahl auf den Nebel gerichtet wurde, in Kombination mit einigen seltenen Bestandteilen dieses Nebels, hatte den interessanten Effekt, dass sich beide Schiffe quasi wie Magneten anzogen. Da die Voyager eine wesentlich größere Masse hat als unser Schiff, war dort nur eine gewisse Erschütterung bemerkbar, während wir..."

„... in die Vergangenheit gezogen wurden", vollendete Miral düster.

„Ja, aber darin liegt auch unsere Rettung", strahlte Leon.

„Tatsächlich?"

„Ja, wir benötigen nur einen zweiten Magneten, der uns wieder in die Gegenwart zieht."

„Na, dann ist ja alles ganz einfach", schnaubte Miral. „Dummerweise weiß nur niemand, dass wir hier rausgeholt werden müssen. Ganz davon abgesehen, würde das Shuttle so was kein zweites Mal durchstehen, nicht in seinem jetzigen Zustand."

Nicht umsonst hatten sie und Julia die Zeit, in der Leon seine Theorie entwickelt hatte, damit zugebracht, das Shuttle an den wichtigsten Stellen zu flicken. Der Warpantrieb war indes irreparabel beschädigt. Der Junge war zwar ein brillanter Theoretiker, aber in der Praxis... Manchmal fühlte sich Miral neben ihren Freuden wie die einzige Erwachsene.

„Och, das schaffen wir schon irgendwie", meldete sich Julia, der ewige Sonnenschein.

„Woher willst du denn das wissen?"

„Schließlich ist nirgendwo verzeichnet, dass die Voyager drei gestrandete Humanoide aufgenommen hat." Julia kicherte. „Vor allem niemanden, der den Captain mit einem herzlichen ‚Hi Mom, hier bin ich, 23 Jahre aus der Zukunft' begrüßt hätte."

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„Das hätten Sie nicht wirklich getan?", fragte DiNozzo entsetzt.

„Die oberste temporale Direktive", stammelte McGee.

„Nein, vermutlich hätte ich es ihr etwas schonender beigebracht", grinste Julia und ermahnte sich gleich, ernst bleiben. Diese beiden sahen nicht so aus, als ob sie viel Wert auf Scherze legten. Deshalb fuhr sie ernst fort: „Wir wissen nicht, was wir getan hätten, wenn uns die Rückkehr nicht gelungen wäre. Dennoch war das Nichtvorhandensein eines entsprechenden Ereignisses ein deutliches Indiz für unseren Erfolg. Im Shuttle auf uns alleine gestellt, hätten wir im Deltaquadranten nur schwerlich überleben können."

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Genau das hatte sie auch festgestellt, als sie versucht hatte, ihre Kameraden davon zu überzeugen, dass ihnen nichts anderes übrig blieb, als auf die Voyager zu beamen.

„Wir sind hier im Deltaquadranten, 23 Jahre in der Vergangenheit, mit einem Shuttle, dessen Antrieb komplett hinüber ist und da drüben ist ein Schiff voller Werkzeuge und Ersatzteile. Wir haben gar keine andere Chance..."

„Aber die oberste temporale Direktive", wendete Leon ein.

„Wir haben 23 Jahre technologischen Fortschritt. Außerdem kennen wir das Schiff in- und auswendig, inklusive aller Sicherheitsprotokolle. Überdies hat Miral ihre halbe Kindheit im Maschinenraum verbracht. Was soll da schiefgehen? Und vielleicht finden wir ja eine Möglichkeit, irgendwo eine Nachricht zu platzieren."

„Eine Nachricht, die sich in unserer Zeit aktiviert und die Details für unsere Rettung enthält." Miral legte ihre Stirn in Denkerfalten, was bei ihren klingonischen Gesichtshöckern immer besonders witzig aussah. „Hmm, wo könnte man das verstecken? Es muss ein Code sein, der auch in unserer Zeit sicher noch existiert und es muss sicher vor meiner Mutter sein und wir müssen darauf vertrauen können, dass es nicht übersehen wird. Von der Komplexität her wäre eine Holomatrix gut, da lassen sich zusätzliche Programmschnipsel am besten verstecken..." Ein Strahlen breitete sich über Mirals Gesicht aus. Julia verstand im selben Moment.

„Der Doktor!"

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„Computer: Krankenstation verriegeln", befahl Julia. Sie und Miral waren auf die leere Krankenstation der Voyager gebeamt, 23 Jahre technologischem Fortschritt und ihrer intimen Kenntnis der Voyager sei Dank, ohne von den Sensoren des Schiffes bemerkt zu werden. Nun mussten sie für ein wenig „Privatsphäre" sorgen.

„Befehl nicht ausgeführt, Ihr Stimmmuster wurde nicht erkannt." Die Computerstimme hörte sich leicht höhnisch an.

„Und bist du nicht willig, dann brauch ich Gewalt", brummte Julia als sie mit Hilfe ihres Tricorders die Sicherheitseinstellungen der Voyager umging. „Gesichert"

„Conn abgeschaltet", meldete Miral im selben Moment.

„Meinst du wirklich, wir sollen es ihm vorher sagen?", fragte Julia.

„Selbstverständlich. Wir können nicht einfach an seiner Matrix herumbasteln, das wäre unethisch", stellte Miral fest. „Und er würde uns das nie verzeihen. Möchtest du, dass er die nächsten 20 Jahre sauer auf uns ist?"

„Na, die wären dann gerade vorbei, wenn wir nach Hause kommen", kicherte Julia.

„Du weißt, was ich meine", auch Miral musste grinsen. „So, dann machen wir uns mal an die Arbeit. Computer: MHN aktivieren."

„Bitte nennen Sie die Art des medizinischen Notfalls." Der Doktor sah sich um. Als er die beiden fremden Frauen erspähte, schnellte seine Hand zum Kommunikator: „Doktor an Brücke: Eindringlingsalarm."

„Tut mir leid, Doktor, wir haben die Conn ausgeschaltet", sagte Julia lächelnd.

„Wer sind Sie?" Der Doktor musterte die beiden mit zusammengekniffenen Augen.

„Sehen Sie selbst." Miral reichte ihm seinen Tricorder. Der Doktor scannte beide lange und ausführlich, dabei wurde sein Gesichtsaudruck immer verwirrter.

„Sie sind – du bist Miral Paris. Und Sie sind..."

„...Julia Janeway, die Tochter von Captain Janeway und Commander Chakotay", vollendete Julia.

„Das kann nicht sein", begehrte der Arzt auf. „Miral ist gerade mal zwei Monate alt und dass der Captain und der Commander ..." Der Doktor konnte den Satz nicht zu Ende führen.

„Sie haben noch nicht, aber sie werden." Julia legte ihre Hand auf den Arm des Arztes. „Und sie werden das Kind auf die Welt bringen und seine ersten Knochenbrüche heilen, weil sie unbedingt in Toms Shuttlesimulation üben möchte – ohne Sicherheitseinstellungen, versteht sich." Der Gesichtsausdruck des Doktors schwankte zwischen Rührung und Zweifel.

„Ich weiß, es ist schwer zu glauben, aber Miral und ich sind durch einen Unfall 23 Jahre in der Vergangenheit gelandet und Sie sind der Einzige, der uns helfen kann, wieder zurück zu kommen."

„Ist die Voyager nicht nach Hause gekommen?", verlangte der Arzt mit trockener Stimme zu wissen.

„Doch, vor vielen Jahren schon, aber mehr kann ich Ihnen nicht sagen – oberste temporale Direktive."

Der Doktor sah sehr enttäuscht aus, aber sein Gesicht war weich geworden.

„Also, wie kann ich Ihnen helfen?"

Der Plan, den Miral ihm nun erläuterte, ließ seine Züge indes wieder verhärten.

„Warum wollen Sie an meiner Matrix herummanipulieren?", fragte er wehleidig. „Vertrauen Sie meiner Diskretion nicht? Schließlich bin ich Arzt und habe das mir entegegengebrachte Vertrauen immer respektiert..."

„Doktor, es ist doch nicht so, dass wir Ihnen nicht vertrauen", erklärte Julia. „Aber Sie wissen doch, dass jedes Wissen über die Zukunft gefährlich ist – selbst für Sie. Vor allem, wenn die Familie betroffen ist..."

„Die Familie..." Die Züge des Doktors wurden wieder sanft. Julia fand sich ein bisschen gemein, dass sie ihn so manipulierte.

„Aber ja, Doktor auf der Voyager sind wir doch alle eine Familie – ich meine, Sie sind Mirals Patenonkel..."

„Na gut", gab der Doktor nach, „Ich verlasse mich darauf, dass Sie mit äußerster Vorsicht zu Werke gehen."

„Wir werden den Code sorgfältig programmieren und perfekt in Ihr Programm integrieren. Sie werden nichts merken bis zu Sternzeit 79186.30, dann werden Sie die Erinnerungen an unser Treffen wieder erhalten", versprach Miral.

„Und ich hoffe, Sie sind dann auch bereit uns zu retten", zwinkerte Julia.

„Das hängt ganz von der Qualität Ihrer Arbeit ab", sagte der Doktor würdevoll.
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