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Spot

von Sphere

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Data bewegte sich an der Seite seines Freundes Geordi LaForge durch die Straßen der Kolonie. Die Enterprise befand sich auf dem Weg zum Gador-Cluster und machte hier nur für einige Stunden halt.

Kalan II war eine hauptsächlich von Menschen besiedelte Welt. Bis auf zwei Bolianer hatte Data hier noch keine nicht-menschlichen Lebensformen entdecken können. Der Planet wurde offiziell zu den Randwelten der Föderation gerechnet. Allerdings lag die Grenze noch ganze 53 Lichtjahre entfernt und der dahinter liegende Raum wurde von keinem Volk beansprucht. Entsprechend galt diese Welt primär als abgelegen und nicht etwa als Hafen für Pioniere und Abenteurer.

„Data“, fragte Geordi schließlich, nachdem sie ein Stück des Weges schweigend zurückgelegt hatten, „wieso ausgerechnet eine Katze? Warum nicht“, er zuckte mit den Achseln und hob gestikulierend die Hand, „ein Hund?“

„Die Liste in Frage kommender Tierarten war in der Tat sehr lang“, legte Data den Sachverhalt dar. „Sie umfasste neben den von Ihnen genannten beiden Arten unter anderem auch klingonisches Targ, denobulanischen Lemur, arkturianischen Miniesel...“

„Jaja, schon gut, Data“, unterbrach Geordi ihn sichtlich ungeduldig.

Dies war etwas, das Data bis heute nicht verstand. Einerseits schätzten die Menschen exakte Antworten durchaus. Andererseits schienen sie aber auch ein nicht klar definiertes Bedürfnis nach Ungenauigkeit zu haben.

„Warum die Katze?“ wiederholte Geordi.

„Da ich mich bemühe menschlich zu werden, schien es mir angebracht auch ein menschliches Haustier zu wählen“, erklärte Data. „Katzen gehören zu den häufigsten der gebräuchlichen Spezies. Außerdem scheinen sie über ein großes Maß an Eigenständigkeit zu verfügen. Dies halte ich für vorteilhaft, da mein Dienst es nicht immer gestatten wird, dem Tier meine volle Aufmerksamkeit zu widmen.“

Erwartungsvoll beobachtete Data die Reaktion seines Freundes. Dieser schien mit der Antwort durchaus zufrieden, was Data in seiner Ansicht bestärkte, das Richtige zu tun.

„Wir sind da“, stellte Data fest und deutete auf die Tür eines Wohngebäudes am Straßenrand. Er betätigte den zugehörigen Signalgeber.

„Und Sie sind sicher, dass wir hier richtig sind?“ fragte Geordi skeptisch.

„Durchaus.“ Data kannte den Stadtplan auswendig. „Von den zuständigen Stellen wurde ich an diese Adresse verwiesen.“

Es dauerte nicht lange, bis die Tür zur Seite fuhr. Dahinter stand ein älterer Mann mit dünnem, weißem Haar, welchen Data auf etwa 110 Jahre schätze.

„Was wollen Sie?“ blaffte der Mann sie nicht sonderlich freundlich an.

„Mein Name ist Commander Data. Dies hier ist Commander Geordi LaForge“, stellte Data sie beide vor, dabei im Gegenzug sehr um Freundlichkeit bemüht. „Ich benötige eine Ihrer Katzen, Sir.“

Die Mine des Alten verfinsterte sich weiter. „Benötigen?“ wiederholte er. „Wozu?“

Ehe Data etwas erwidern konnte schob sich Geordi ein Stück weit nach vorn und antwortete an seiner Stelle. „Was mein Kollege damit sagen wollte ist, dass er sich gerne eine Ihrer Katzen als Haustier zulegen würde.“

Mmm... dachte Data. Wozu sollte man sonst eine Katze benötigen?

Der Mann schien sie einer gründlichen optischen Untersuchung zu unterziehen. „Sternenflotte, wie?“ meinte er dann. „Gewöhnlich gebe ich meine Tiere nicht an Außenweltler... Aber ich glaube bei euren Uniformen kann ich eine Ausnahme machen.“ Mit diesen Worten verschwand er im Inneren der Wohnung.

Obwohl er sie nicht ausdrücklich eingeladen hatte, schien es Geordi für angebracht zu halten, ihm zu folgen. Data wiederum folgte Geordi.

Der kurze Korridor hinter der Tür mündete in etwas, welches Data als ein so genanntes Wohnzimmer identifizierte. Bereits auf den ersten Blick bemerkte er 17 verschiedene Katzen. Wobei er einräumen musste, dass sich hinter oder unter diversen Möbelstücken durchaus noch mehr befinden konnten.

„Suchen Sie sich aus, was Ihnen gefällt“, grummelte der Mann. „Ich bin da drüben.“ Mit diesen Worten setzte er sich an eine kleine Computerkonsole.

„Was mir gefällt?“ echote Data. Er sah sich um und korrigierte die Zahl der Katzen um zwei nach oben. Hilfe suchend sah er zu Geordi hinüber. „Welche soll ich wählen?“

Geordi seufzte und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht helfen, Data.“

Data zögerte einen Moment. Dann wandte er sich an den Besitzer der Katzen. „Wie alt sind Ihre Tiere, Sir?“ fragte er ihn.

Ein wenig verwirrt wirkend sah der Mann von dem Display auf. „Die beiden da hinten sind die jüngsten.“ Er deutete auf zwei winzige, schwarze Katzen, die dich nebeneinander auf dem Boden schliefen. „Die anderen sind...“ Er gab einen prustenden Laut von sich, den Menschen öfters erzeugten, wenn sie sich leicht überfordert fühlten. „Keine Ahnung. Wenn Sie es von einer Bestimmten wissen wollen, dann kann ich Ihnen das vielleicht sagen.“ Nach dieser wenig befriedigenden Aussage widmete er sich wieder seiner Arbeit.

Data indessen begann nach einem weiteren Kriterium zu suchen.

„Data“, unterbrach Geordi dessen Gedankengang und trat dabei einen Schritt nach vorn. „Data. Sie suchen nach sachlichen Gesichtspunkten, hab ich recht?“

Dieser nickte. „Ist das denn nicht richtig?“

„Nun, ja. Schon...“ Geordi suchte nach den richtigen Worten, um das für ihn Selbstverständliche so zu erklären, dass Data es verstand. „Sehen Sie, man muss sehr wohl sachliche Aspekte berücksichtigen. Und das haben Sie ja auch getan. Sie haben sich entschieden eine Katze zu wählen, weil sie glauben, dass sie weniger Aufmerksamkeit benötigt. Aber es gibt eben auch Entscheidungen, die müssen sie aus dem Bauch heraus treffen! Und dies ist so eine.“

Erneut nickte Data. „Ich verstehe“, bestätigte er. „Aber Sie müssten doch wissen, Geordi, dass mir eine derartige Fähigkeit fehlt. Ich kann nichts aus dem Bauch heraus entscheiden.“

Geordi schnitt eine Grimasse. „Ich weiß. Aber mehr kann ich dazu nicht sagen.“

Etwas wenig ratlos ging Data einige Schritte durch den Raum und musterte einige der Tiere genauer. Er verharrte vor einer orangefarbenen Katze, welche mitten auf dem Fußboden saß, den Schwanz sorgfältig um sich herumgelegt und ihn musterte.

Data blieb wo er war, setzte seine Wanderung nicht fort. Er mochte nichts aus dem Bauch heraus entscheiden können. Aber er wusste, dass von den Menschen noch des Öfteren eine andere Methode benutzt wurde, um Entscheidungen zu treffen. Sie nannte sich das Schicksal entscheiden lassen.

Ein sachlicher Aspekt, welches gegen das Individuum vor seinen Füßen sprach, fiel ihm nicht auf. Im Gegenteil. Es schien sich um ein sehr schönes Tier zu handeln.

„Diese da hätte ich gern“, bekundete Data.

Der alte Mann stand auf und kam zu ihnen herüber. „So?“ fragte er missbilligend.

„Ist an dieser Wahl etwas auszusetzen?“

„Nein. Nein!“ Der Mann hob die Katze hoch. Sie maunzte, ließ es aber ansonsten anstandslos mit sich geschehen. „Passen Sie aber gut auf, dass sie nicht in irgendeiner Luftschleuse Ihres tollen Raumschiffs einschläft und dann von irgendwem aus Versehen nach draußen gepustet wird.“

Data setzte bereits zu der Erwiderung an, dass so etwas an Bord eines modernen Raumschiffs der Galaxy-Klasse völlig ausgeschlossen war. Doch er besann sich eines Besseren. Vermutlich waren die Sorgen des Mannes viel allgemeiner gehalten. „Ich verspreche gut für sie zu sorgen“, versicherte er.

Der Mann grummelte etwas Unverständliches und reichte die Katze an ihn weiter. Data nahm sie vorsichtig entgegen. „Ich danke Ihnen, Sir.“

„Jaja, schon gut“, murrte dieser. „Gehen Sie einfach.“

„LaForge an Enterprise“, tippte dieser auf seinen Kommunikator. „Zwei Personen zum beamen.“

„Zwei Personen und eine Katze, Geordi“, korrigierte Data.

Doch der Transporterchef schien auch so schon verstanden zu haben.


~ ~


Humanoide beschrieben die Auswirkungen des Beamens mit Hilfe eines Föderations-Transporters gewöhnlich als kribbelnd. Obwohl Datas Sensorik der menschlichen sehr ähnelte und er auch aus eigener Erfahrung die Bedeutung des Wortes Kribbeln kannte, fühlte er während eines Transports dennoch gar nichts.

Die Katze in seinen Händen reagierte einen Moment unruhig und streckte ihre Beine durch. Ob dies jedoch an genanntem Kribbeln oder der plötzlichen Veränderung der Umgebung lag, erschloss sich Data nicht.

„Zwei Personen und eine Katze, Sir?“ wiederholte O’Brien, anscheinend belustigt.

Gewöhnlich distanzierten sich Transporteroffiziere von dem Geschehen im Transporterraum. In Anbetracht der Tatsache, dass sie oftmals emotionalen Begrüßungen oder Verabschiedungen beiwohnen mussten, erleichterte dieses Verhalten vermutlich sowohl ihnen selbst wie auch den Betroffenen das Dasein ungemein. Miles O’Brien dagegen verbarg seine Meinung nicht. Da Data Ehrlichkeit als eine positive Eigenschaft ansah, hatte er den Chief gerade deswegen zu schätzen gelernt und zählte ihn zu seinen Freunden.

„Ich hatte mal eine lycosaianische Tarantel, wissen Sie..“, erklärte O’Brien scheinbar zusammenhangslos. Er überlegte einen Moment und fügte dem dann hinzu: „Aber ich bin mir sicher, eine Katze ist auch was Tolles!“

„Gerade dies möchte ich herausfinden, Chief“, erwiderte Data.

Gemeinsam mit Geordi verließ er den Transporterraum und machte sich auf den Weg zu seinem Quartier.

„Wie werden Sie die Katze nennen?“ fragte Geordi, während sie dem leicht gebogenen Verlauf des Korridors folgten.

Auf diese Frage war Data vorbereitet. Nach seinem Entschluss sich eine Katze zuzulegen, hatte er eine Liste mit 5879 Einträgen an möglichen Namen erstellt. Durch passendes Filtern war er schnell in der Lage gewesen, dies auf 47 zu reduzieren. Anschließend hatte er sorgfältig die Namen, sofern möglich, mit verschiedenen Attributen assoziiert, welche eine Katze aufweisen konnte. Mit Hilfe eines Zufallsgenerators war es nun nicht weiter schwer, einen zu seinem neuen Haustier passenden Namen zu finden.

„Spot“, ließ Data verlauten. Der Name ließ sich mit Klecks übersetzen und passte für eine bunte, nicht allzu große Katze.

Geordi wiederholte den Namen und lachte dabei leise. Es war ein Lachen, welches auf Freude und Zustimmung schließen ließ. „Ja! Der Name passt.“

Auf ihrem Weg durchs Schiff begegneten sie Crewmitgliedern, welche sie wenn überhaupt, dann nur mit mäßigem Interesse musterten. Nicht so dagegen Lieutenant Worf, der ihnen entgegenkam. Kraftvoll und energisch wie immer marschierte er durch das Schiff. Sein plötzliches Stehenbleiben ließ sich nur mit ruckartig beschreiben.

„Commander Data!“ fragte er entgeistert. „Was – ist – das?“

Spot und Worf starrten sich gegenseitig an.

„Dies ist eine...“ begann Data, unterbrach sich dann aber kurzeitig, um die merkwürdige Interaktion zwischen dem Klingonen und der Katze zu studieren. „Dies ist eine Felis domesticus, auch bekannt als irdische Hauskatze“, setzte er dann fort.

„Ein Haustier...“, knurrte der Lieutenant. „Soso...“

„Worf, es gibt bestimmt an die 50 Katzen hier an Bord“, platze es aus Geordi heraus. „Sie tun so, als würden Sie so etwas zum ersten Mal sehen!“

Mit einem Hauch von Aggressivität in den Augen löste Worf den Blickkontakt mit der Katze und wandte sich Geordi zu. „Die Besatzung ist angehalten ihre Haustiere in den Quartieren zu halten“, fuhr er ihn an. „Offensichtlich hält sich die Crew an diese Anweisung!“ Dann straffte sich sein muskulöser Leib, als er Haltung annahm und hinzufügte: „Sir!“ Er grummelte einen Gruß in Datas Richtung und wollte sich abwenden. Doch erneut verharrte er in der Bewegung.

Entsetzt blickte er zu Spot hinüber. Mit einem Mal sah der Klingone so aus, als hätte er eine Biene verschluckt. Seine Nasenflügel blähten sich auf, er schnappte zweimal nach Luft.

„Ha-tschi!“ donnerte es durch das Schiff.

Nach einem kurzen Moment der Stille erwiderte Data sanft: „Gesundheit, Lieutenant.“

Worf warf ihm einen finsteren Blick zu. „Danke!“

Nachdenklich blickte Data dem davon marschierenden Sicherheitschef nach. „Wie ist die Reaktion von Lieutenant Worf zu deuten?“

Geordi zuckte die Achseln. „Nun, ich vermute mit einem klingonischen Targ hätten Sie Worf mehr beeindrucken können...“

Nach einem kurzen Aufenthalt in einem Turbolift erreichten sie schließlich Datas Quartier.

„Ich gehe dann mal wieder in den Maschinenraum“, verkündete Geordi und bat ihn dann: „Berichten Sie mir wie’s läuft, okay?“

„Okay“, stimmte Data zu und betrat seine Räume.

Als die Tür hinter ihm zu geglitten war, setzte er Spot auf dem Boden ab. Sie – es handelte sich bei Spot um ein Weibchen, wie er inzwischen verifiziert hatte – schien es nicht eilig zu haben, sich von ihm zu entfernen, begann dann aber doch mit wachsendem Interesse die neue Heimat zu erkunden. Eng strich sie an den diversen Einrichtungsgegenständen entlang. Spot suchte verschiedene Orte mehrfach auf, doch Data konnte, so sehr er sich auch bemühte und verschiedene mathematische Analyseverfahren durchrechnete, in diesem Verhalten keine Systematik erkennen.

Schließlich sprang Spot auf die Computerkonsole und sah ihn aus gelben Augen an. Data hatte sämtliche Literatur und Multimediadateien Katzen betreffend in seine Datenbank überspielt, musste aber zugeben, jetzt doch nicht zu wissen, was Spot wollte.

Vielleicht verspürte sie Hunger.

Data ging hinüber zum Replikator. Spot sprang von der Konsole herab und folgte ihm.

„Katzenfutter“, bestellte Data.

Zu seiner Verwunderung fragte der sonst sehr gesprächige Computer nicht nach weiteren Parametern, sondern materialisierte kommentarlos eine Schüssel. Data zuckte mit den Schultern, wie er es sich angewöhnt hatte, griff nach der Schale und stellte sie vor Spot auf den Boden.

Wie vom Heißhunger gepackt stützte sich Spot auf die Schale, schien dann aber nur daran riechen zu wollen und setzte sich schließlich daneben ohne auch nur einen Bissen gekostet zu haben.

„Miau“, machte Spot.

Möglicherweise erschien ihr die Nahrung nicht als angemessen. In diesem Fall könnte eine Variation des Replikatorprogramms Abhilfe verschaffen. Andererseits lag es auch durchaus im Bereich des Möglichen, dass Spot etwas ganz anderes von ihm erwartete.

Data legte den Kopf schief und dachte nach. Die Menschen schienen die Angewohnheit zu haben mit ihren Haustieren zu sprechen.

„Du bist eine gute Katze“, sagte er also. „Hörst du Spot, du bist eine gute Katze...“

Spot erhob sich und begann um seine Beine herumzustreichen.

Erneut konsultierte Data auf der Suche nach einem adäquaten Vorgehen seine Datenbank. Schließlich ging er in die Hocke und begann das Fell des Tieres vorsichtig zu kraulen.

Aus Spots Körper erklag ein leises, schnurrendes Geräusch. Angeblich zeugte es davon, dass eine Katze sich wohl fühlte.

Befriedigt stellte Data fest, nun offenbar doch die richtige Verhaltensweise gefunden zu haben.

Sicherlich würde es noch vieles geben, was er von Spot lernen konnte.





ENDE
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