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STAR TREK - ROOSEVELT: THE NIGHTINGALE

von TrekMan

Prolog

New Masada, Föderationskolonie Bellatrix II,  29. Oktober 2246, Ortszeit: 6.45 Uhr

 Ein fröhliches Zwitschern drang aus dem Wald und legte wie ein melodisches Konzert über die Landschaft. Der Planet Bellatrix II hat war reich. In den gemäßigten Zonen des Planeten gab es Tier reiche Wälder, Flüsse und Seen. In den Gebirgen gab es reiche Erzvorkommen. Die Ozeane, die fast die Hälfte der Oberfläche ausmachten, waren voll von wundersamen Tieren, von denen einige außerordentliche Speisefische abgaben. Nur eine intelligente Spezies hatte der Planet nicht hervorgebracht.  Der Klang legte sich wie Balsam über Doktor Zacharias Ebbstein. Der grauhaarige Mediziner, dessen dichter Schnurrbart sich in einem eleganten Bogen nach oben bog, schloss seine Augen und genoss den Klang der vielstimmigen Sänger. Er genoss es, zu dieser frühen Zeit alleine am See zu sein. Seine Angelrute stand neben ihm, genau wie sein Picknickkorb, aus dem es nach frischen Brötchen und Kaffee duftete. Sanft plätscherten die Wellen an Böschung, während seine Beine im kühlen Wasser baumelten. Die Sonne war gerade erst über den Bergen aufgegangen und warf noch immer lange Schatten in die Landschaft. Tau lag auf den Wiesen entlang des südlichen Seeufers. Es lag noch im Schatten des Bergrückens. Eine leichte Brise, die nach Wildblumen duftete, durchzog das Tal in dessen Mitte sich, der riesige Lake Be'er Scheva befand. Der See, an dessen Uferlinien tiefe Wälder begannen, zog sich durch das gesamte Tal und die beiden angrenzenden. Sein Wasser war klar und kalt. Es hatte sogar Trinkwasserqualität. In seiner Mitte war der See fast neunzig Meter tief und dunkelblau bis Schwarz war seine Färbung. Er lag unterhalb eines Bergrückens, auf dessen höchster Erhebung die Siedlung New Masada gegründet worden war. Weithin sichtbar wachte die Ortschaft über die Täler und den Fluss der am Fuße des Berges über einen kleinen Wasserfall in den See stürzte. Seine Quelle lag weit oben im Gebirge, wo die Gipfel auch im Sommer noch Schnee trugen. Noch keiner der Siedler hatte sie je erforscht. So früh am Morgen besann sich sogar die Natur einer gewissen Langsamkeit, was Zacharias Stimmung entsprach, denn der heutige Tag würde für viele Veränderungen bringen.

New Masada war eine von zwei Städten auf dem Planeten, die mit der ersten Besiedelungswelle gegründet worden waren. Vor kaum mehr als fünf Jahren hatte der Mensch den ersten Spatenstich getan und von da an wuchs die Ortschaft zu einer kleinen Stadt. Ihre Einwohner waren überwiegend Juden, jüdische Christen sowie arabische Christen und Moslems, die der Erde den Rücken gekehrt hatten und den Planeten ihrer Ahnen verließen, um sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Sie pflegten die Stadt und ihre Gebäude mit aller Hingabe und jeder Veränderung der Bausubstanz ging ein tagelanger Diskurs im Stadtrat voraus. Irgendjemand hatte in einer der letzten Sitzung vorgeschlagen eine reale Stadtmauer entlang des Perimeters zu bauen, um die ursprüngliche Siedlung von den zu erwartenden Erweiterungen der kommenden Jahre abzugrenzen. Es war friedliches aber streitbares Miteinander. Da Religionsfreiheit herrschte, gab es nicht nur drei große Religionen in der Stadt. Aber die drei größten hatten bereits den Stadtkern geprägt. Von dem Platz in Form einer Ellipse ging jede der Straßen strahlenförmig aus. Aus der Vogelperspektive ergab sich da Bild eines historischen Wagenrades, in dessen Zentrum ein Brunnen sprudelte. Der Marktplatz im Zentrum des Ortes war der Treffpunkt der Gemeinschaften. Eine Moschee stand neben einer Synagoge. Gegenüber befanden sich das Krankenhaus mit angeschlossenem Forschungslabor sowie eine katholische und eine protestantische Kirche und das Bürgermeisteramt. Vor Kurzem hatte auch ein buddhistischer Mönch seinen Tempel eröffnet.

Die Religionsgemeinschaften lebten friedlich miteinander und respektierten die Sitten der anderen. Die beiden Kirchen ließen ihre Glocken nur nach der Gebetsstunde des Moazin und vor denen des Kantors erklingen. Das Osterfest beging man gemeinsam und auch Weihnachten, so wenig es in der heutigen Zeit gepflegt wurde respektierten die Gemeinschaften gegenseitig. Selbst während des Ramadan herrschte zur Mittagstunde eine vornehme Zurückhaltung, wenn es darum ging, das Mittagessen auf den eigenen Terrassen oder Balkonen einzunehmen. Besonders schwer war dies im italienischen Viertel, wo sonst zur Mittagszeit der Duft von frischer Pasta, Tomaten, Käse und Basilikum durch die Gassen zog, dass jeder schwachwerden konnte. Eine der Straße verband New Masada mit der Hauptstadt des Planeten die vierhundert Kilometer südlich an der Küste lag. Aber neben den Bauern und einigen gut situierten Siedler verfügte nur die Polizei, die bisher sehr wenig zu tun hatte, über Bodenfahrzeuge.

Domstadt war ein Handelsposten, der zeitgleich mit New Masada durch deutschstämmige Kaufleute gegründet wurde. Die Stadt war groß und modern. Sie verfügte über einen großen See- und Raumhafen sowie über die größte Subraumkommunikationsanlage des Planeten. In Domstadt hatte man vergangenen Herbst eine Universität gegründet und Zacharias war einer ihrer ersten Dozenten. Die Einwohnerzahl belief sich inzwischen auf fünftausend und würde in den kommenden Jahren weiter wachsen, prognostizierte das Amt für interstellare Besiedlung.

New Masada hingegen war eine Kleinstadt mit etwas mehr als eintausend Einwohnern, von denen einige Bauern waren, die im Umland auf isolierten Höfen lebten. Die kleine Stadt verfügte über alles, was die Gemeinschaft benötigte. Es gab Händler, Schulen, ein Heimatmuseum und sogar eine Naturbühne, an der sich eine kleine Schar Laienschauspieler engagierten. Auch ein Rettungs- und ein Polizeishuttle standen zur Verfügung. Auf der Südseite der Stadt hatte man einen Landeplatz in die Berge gehauen. Ein kleiner Hangar und ein Kontrollzentrum, die Tag und Nacht besetzt waren, vollendeten den zivilen Spaceport, auf dem täglich ein Linienshuttle aus der Hauptstadt landete. Lebensmittel, sofern sie nicht von den hier ansässigen Bauern angebaut wurden, brachte ein Transportshuttle aus der Hauptstadt nach New Masada, das dreimal in der Woche die Route flog. Der Planet wurde zwei Mal im Jahr von den Handelsschiffen der Laeiz Reederei angelaufen, mit denen man kurz vor der Vollendung der Kolonie ein interstellares Frachtabkommen unterzeichnete, das den der Bau und Betrieb eines großen orbitalen Docks einschloss.

Für Doktor Zacharias, wie viele ihn die nannten, war dies ein besonderer Tag. Es war Wahltag. Schon seit ihrer Gründung war er Bürgermeister von New Masada und gleichzeitig auch der offizielle Vertreter der Föderation auf diesem Planeten. Seine letzte Aufgabe führte ihn deshalb jede Woche für zwei Tage nach Domstadt, wo er mit anderen Politikern des Planeten an den neuen Besiedlungs- und Infrastrukturprojekten oder einer neuen politischen Ordnung diskutierte, die man sich selbst geben wollte.

Er hatte dies über fünf Jahre getan, und war zur Auffassung gekommen, dass es für ihn nun an der Zeit war, loszulassen. Denn wenn er einmal nicht in Sachen Politik aktiv war, musste er als Arzt die kleinen Probleme der Bewohner von New Masada zu lösen. Das Angeln war für ihn die Entspannung, die ihm half seine innere Ruhe wieder zu finden. Und für die beiden letzten Dinge hatte er immer weniger Zeit, was ihn sehr belastete. Die heutige Wahl des ersten freien Gouverneurs von Bellatrix II war ein Wendepunkt in der Geschichte der Kolonie. Wenn die nächsten Infrastrukturprojekte und die Gründung weitere Städte auf dem zweiten Kontinent des Planeten gelängen, würde bald die kritische Masse von zehntausend Einwohnern überschritten, was die Kolonie berechtigen würde einen Unabhängigkeitsantrag zu formulieren, um dann als neues Mitglied in die Gemeinschaft der Föderation einzutreten.

Zacharias langte in den Korb und griff nach der Thermoskanne. Der heiße Kaffee würde die morgendliche Kälte aus den Fingern verbannen. Plötzlich frischte der Wind auf. Das Kreischen der Waldtiere verstummte schlagartig. Zacharias wandte den Kopf unruhig in alle Richtungen. Die Wipfel der nahen Bäume wurden hin und her gedrückt. Die Wolken am Himmel stoben unvermittelt in die entgegengesetzte Richtung. Seine Angelrute wurde durch den Windstoß umgeworfen und auch die Picknickdecke, die über dem Korb lag, flog in die nahestehenden Büsche. Ihn selbst blies es fast vom Stuhl, sodass er sich den heißen Kaffee über seine Anglerweste goss und die offene Thermoskanne im See landete. Wenig amüsiert stand Zacharias auf und richtete zuerst die Angelrute wieder auf.

"Schau dir das an …", grollte der grauhaarige Mediziner und griff nach dem Medaillon, das er um den Hals trug, und betrachtete das Bild darin. Er richtete seine Worte häufig an seine bereits verstorbene Frau, die ihn in seinen Gedanken stets begleitete und mit der er, wenn er alleine war, meist einen einseitigen Dialog austrug.

"Weist du Ruth, der Sommer hat noch nicht angefangen und schon gibt es die ersten Herbststürme. Du würdest es nicht mögen. Wobei das hier ein eigenartiger Sturm war", haderte er und holte schließlich seine Decke aus dem Gestrüpp in, dem es sich verfangen hatte. Seine Frau war eine der Ersten gewesen, die auf dem Planeten ihr Leben verloren hatte. Ein Steinschlag hatte sie beim Sammeln von einheimischen Kräutern getroffen. Mit ihr starben eine Nachbarin und deren Mann. Das war vor einem Jahr gewesen und dennoch fühlte er stets ihre Präsenz. Zacharias schüttelte die Decke aus und legte sie auf den Korb zurück. Die Thermoskanne fischte er aus dem seichten, klaren Wasser, in dem sich der Kaffee inzwischen aufgelöst hatte. "Siehst du …", sagte der Arzt mit einem Kopfschütteln, "… du sagtest doch immer ich solle weniger von dem Zeug trinken."

Er lachte leise, stellte die Kanne zurück in den Korb und langte nach einer gelblichen Frucht, die hier heimisch war.

"Nun so, wie es aussieht, werde ich heute Morgen keinen bekommen."

Trotz seines üppigen Frühstücks, konnte er es sich nicht verkneifen eine der wunderbaren Valusha-Beeren zu essen, die er sich mitgebracht hatte. Valusha-Beeren waren mit irdischen Himbeeren zu vergleichen. Sie besaßen einen ähnlichen Geschmack, waren aber kugelförmiger in ihrer Gestalt und besaßen eine orange-gelbe Färbung. Plötzlich gab die Angel einen knirschenden Ton von sich. Ein Blick hinaus auf den See sagte Zacharias, dass wohl etwas an dem Köder angebissen hatte. Der See war voll schmackhafter Süßwasserfische. Es gab einen weiteren Ruck und dann wurde an der Leine kräftig gezogen. Zacharias griff nach der Rute und betätige die Bremse. Der darauffolgende Ruck hätte sie ihm fast aus der Hand gerissen.

"Sie dir das an, Ruth. Mag sein, dass ich keinen Kaffee haben werde, aber dafür kann ich heute Mittag fürstlich speisen", frohlockte der Arzt, nachdem er einen massiven Widerstand an der Leine verspürt hatte. Er zog mit einem heftigen Ruck an der Leine und spürte über die Leinenspannung, dass der Fisch am Haken hing. Langsam begann er, die Leine einzuholen.

Je mehr er einholte desto schwerer wurde es. Das Tier kämpft mit ihm. Beinahe wäre es dem Tier sogar gelungen, Zacharias aus dem Gleichgewicht zu bringen.

"Sie Ruth, der hier ist ein kapitaler Bursche. Er verteidigt sein Leben mit allen Kräften."

Der Arzt holte die Leine weiter ein. Es waren vielleicht noch zehn Meter, als der Zug auf der Leine ruckartig nachließ. Das Tier kam an die Oberflache und sprang fast einen Meter aus dem Wasser. Zacharias bekam glänzende Augen. Es war einer der hier einheimischen Regenbogenbarsche. Das Tier, so schätzte er, wog vielleicht sechs Kilo und seine Rückenflosse schimmerte in den Farben des Regenbogens. Diese Tiere waren schlau und nur selten wurde eines mit der Rute gefangen. Der Barsch sprang erneut und rollte sich mehrmals um die eigene Achse, so als wolle er den lästigen Haken losschütteln. Sein Manöver, so gut es auch war, wickelte ihn jedoch nur mehr in die Angelschnur ein. Zacharias kurbelte so schnell er konnte. Der Fisch war bereits im seichten Wasser und versuchte sich am Grund ab gegen den Zug zu stützen. Mit einer Hand griff der Arzt nun nach dem Käscher, der er ins Wasser gleiten lies und auf dessen Stange er einen Fuß stellte. Der Fisch wehrte sich und wickelte sich mehrfach auf und ab. Schon war, sein fast weißer Bauch zu sehen, als plötzlich etwas in Zacharias Jackentasche brummte.

"Beim Allmächtigen! Warum gerade jetzt?", fluchte er und hörte mit dem Einholen der Schur auf. Aufgeregt nestelte Zacharias in seiner Tasche nach dem Kommunikator, bevor er merkte, dass es die falsche war. Schließlich bekam er den Kommunikator zu greifen und aktivierte ihn.

"Ebbstein, hier. Wer ist da und was gibt es?"

Der Fisch hatte sich wieder aus der Schnur gewickelt.

"Bürgermeister, wir haben soeben einen Anruf aus Domstadt erhalten. Direkt vor der Küste sind zwei Meteoriten eingeschlagen. Die Druckwelle und die anschließende Flutwelle hatten erhebliche Verwüstungen und Zerstörungen zur Folge. Im Hafen wurden Schiffe versenkt oder aufs Land geworfen. In einigen Bezirken ist die Versorgung aufgrund von Überschwemmungen ausgefallen. Das Krankenhaus wurde auch getroffen."

"Welch ein Schlamassel! Rufen Sie den Katastrophenalarm aus, Mary", antwortete er schließlich. "Geben sie Mustafa bescheid, dass er seine Polizeitruppe zum Abmarsch bereit macht. Ich werde ihn begleiten. Meister Feng soll Feuerwehrleute abstellen und teilen sie Doktor Müller im Krankenhaus mit, dass wir die Rettungspläne in Kraft setzen. Außerdem soll sich jemand mit Professor Slavkowich im Observatorium unterhalten und nachforschen ob noch mehr Einschläge zu erwarten sind. Ich bin am jetzt am See und in zwanzig Minuten am Spaceport."

"Ja, Herr Bürgermeister."

Der Tod ordnet die Welt neu, dachte der Arzt bei sich. Zacharias zögerte nicht und zog sein Taschenmesser aus der Hosentasche in der den Kommunikator gleiten lies. Er lies die kleine Klinge aufschnappen und kappte die Angelschur, an der der Barsch bereits wieder zog. Mit einem Ruck wurden sie getrennt. Der Fisch tauchte sofort in tieferes Gewässer und der Arzt, der ihm keine Blicke hinterher warf, rannte dem Bergrücken und seiner Stadt entgegen.            

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