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1.03 The Battle of Cheron

von Markus Brunner

Kapitel 1

Eine behandschuhte Faust fuhr auf ihn herab und traf mitten auf seine Stirn. Dunkel-rotes Blut floss ihm aus einer Wunde herab in die Augen. Er wollte das Blut instinktiv wegwischen, doch er konnte seine Arme nicht bewegen. Das erinnerte ihn wieder daran, dass seine Handgelenke hinter der Rücklehne des Sessels, auf dem er saß, fest zusammengebunden worden waren. Er gab den sinnlosen Versuch, seine Hände zu befreien, auf, die Fesseln saßen zu fest. Er schüttelte stattdessen heftig seinen Kopf und tatsächlich löste sich etwas Blut von seinem Kopf und spritzte zu Seite. Offenbar traf es einen seiner Peiniger, denn dieser trat abrupt und mit einem angewiderten Laut auf den Lippen zurück, noch weiter in die Dunkelheit der kleinen Kammer. Das einzige Licht drang durch ein vergittertes Fenster auf Augenhöhe herein, durch das man nur die Füße vorbeigehender Passanten sehen konnte. Sie hatten es eilig, denn es regnete. Aber selbst wenn sie in aller Ruhe an diesem Kellerfenster vorbeige-schlendert wären, sich Zeit genommen hätten, die hoffnungslos aus der Mode ge-kommene Bekleidung oder die noch elektrisch betriebenen Haushaltsgeräte hinter den schmutzigen Schaufenstern der Geschäfte in dieser Straße zu betrachte, hätten sie nicht reagiert, wenn Lokai um Hilfe geschrien hätte. Immerhin befand er sich in einer der zwielichtigen Gegenden von Celes II.
Aber nicht nur die Nutzlosigkeit eines solchen Hilfeschreis hinderte ihn daran. Es war auch einfach unter seiner Würde. Im Laufe seines schon Tausende Jahre dauern-den Lebens hatte er schon in schlimmeren Situationen gesteckt und sie stets überlebt, weil er sich anpassen konnte, immer wusste, wie er sich aus seiner misslichen Lage herausreden konnte. Er brauchte nur Zeit und vertraute darauf, sie auch diesmal zu erhalten. Sonst hätte man ihn vermutlich gleich hinterrücks erschossen und seine Leiche in einem Müllcontainer entsorgt. Als er aufgegriffen und niedergeschlagen wurde, war er gerade in einer verlassenen Nebenstraße neben einem Müllcontainer gestanden. Doch nach kurzer Bewusstlosigkeit wieder aufgewacht war er nicht darin, sondern stattdessen in diesem Keller, der sich vielleicht unter einem der leer stehen-den Geschäften an der Hauptstraße dieser größeren Siedlung befand. Die Kolonie von Celes II war von den Ratorianern gegründet worden, aber seitdem deren Hei-matwelt von den Romulanern vor über einem Jahr erobert wurde, gab es keinen Gü-terverkehr mehr zwischen Rator und Celes II. Nun hockten die Bewohner von Celes II auf einem enormen Vorrat an Dilithium und anderen Bodenschätzen, fanden dafür aber keine Abnehmer. Und weil man Dilithium, Platin, Pergium und Uran nicht es-sen konnte, war die Kolonie schließlich an den Schwarzmarkt und dessen dunkle Ges-talten die ihn kontrollierten, gefallen. Aber das war immer noch besser, als von den Romulanern unterjocht zu werden, die vermutlich nur noch nicht auf Celes II aufge-taucht waren, weil sie nicht wussten, woher Rator einen großen Teil seiner Boden-schätze genommen hatte. Aber egal, ob hier die Romulaner oder kriminelle Organi-sationen das Sagen hatten: Niemand kam gerne nach Celes II. Und Lokai war so dumm gewesen zu glauben, dass dies auch für seine Verfolger gelten würde.
„Ich hätte nicht damit gerechnet, dich ausgerechnet hier zu finden, Lokai“, sagte ei-ne der in der Dunkelheit stehenden Personen mit deutlich hörbarem Vergnügen. Lä-chelnd sprach die Person – Lokai erkannte die Stimme als jene von Yedrin Koss – weiter: „Wenn du doch nicht so unbedacht gehandelt hättest. Du hättest dir sehr viele Unannehmlichkeiten – und Schmerz – ersparen können.“
Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit und wurde im hereinfallenden Licht zu einem Gorn, der seine Faust wuchtig in Lokais Brust versenkte. Zum Glück war der Sessel nicht besonders schwer, so fiel dieser mitsamt des an ihm gefesselten Lokai nach hinten und der Schlag des Gorn beschränkte sich darauf, nur ein paar Rippen zu brechen. Kaum hatte Lokai wieder einigermaßen Luft geschnappt, sah er das hässli-che Gesicht eines Nausikaaners über sich, der den Sessel wieder aufstellte. Links und rechts von Lokai standen nun Yedrins Schläger, bereit auf ein Zeichen ihres Herrn, dem Gefesselten noch mehr Leid zuzufügen. Nun trat auch Yedrin ins Licht. Seine runzlige, graue Haut identifizierte ihn sofort als Yridianer und diese waren nirgends gerne gesehen. Aber sie ließen sich gerne sehen, bevorzugt an Orten wie Celes II, wo man Dinge erfuhr, die man sonst nirgends erfahren konnte. Eine späte Erkenntnis von Lokai.
„Warum hast du mir das Schiff gestohlen? Wir hätten doch noch ins Geschäft kom-men können“, sagte der Yridianer und gab sich betont großzügig und streckte Lokai eine Hand entgegen, wissend, dass der gefesselte Mann vor ihm diese nicht ergreifen konnte. Yedrin Koss lächelte breit und schien so Lokai zu einer Erwiderung bringen zu wollen. Dieser tat ihm den Gefallen:
„Wie hätten wir ins Geschäft kommen sollen?“, sagte er und bei jedem ausgespro-chenen Wort schmerzte ihm seine Brust noch mehr. „Ich hatte kein Geld. Und ich habe noch immer keines. Ich musste das Schiff stehlen. Ich hatte das Recht, es zu stehlen!“
„Ja, ja. Ich kenne deine Geschichte schon. Der arme Unterdrückte, der seine Verfol-ger abschütteln muss und verzweifelt von einem Planeten zum anderen flieht. Glaube nicht, dass es mir an Mitleid fehlt, Lokai. Aber ich betreibe keine wohltätige Organi-sation. Ich bin Händler und wenn sich jemand ein Schiff von mir „leiht“, dann will ich etwas als Gegenleistung. Du hast wirklich Glück, dass das Schiff ganz geblieben ist. So ist der Preis nicht besonders hoch.“
„Sie haben mir doch schon auf Olgaria einen Preis genannt“, entgegnete Lokai skep-tisch, doch vage Hoffnung keimte auch in ihm auf. Er sah langsam aber sicher die Möglichkeit kommen, die ihn zu seiner Freilassung verhelfen würde.
Yedrin Koss überlegte kurz, während der Gorn und der Nausikaaner ihre Muskeln anspannten und offenbar darauf warteten, dass ihr Boss ihnen den Befehl gab, noch-mal Gewalt anzuwenden. Doch der Yridianer wandte sich wieder an Lokai:
„Wie du weißt, ist die Vermietung von Raumschiffen nicht gerade mein Kernge-schäft. Du weißt, was du mir liefern könntest, um deine Schulden zu begleichen.“
Lokai unterdrückte ein Lächeln. Es war wirklich nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Yridianer diesen Vorschlag machte. Und dank dessen, dass er sich vor zwei Mona-ten dessen Raumschiff „ausgeliehen“ hatte, konnte Lokai auch darauf eingehen.
„Sie wollen Informationen?“
Yedrin nickte und seine gelben Augen schienen zu strahlen, als er dieses letzte Wort hörte.
„Na gut. Ich habe vielleicht etwas, das Sie interessieren könnte. Aber Sie müssen mir schwören, dass Sie mich dann gehen lassen.“
„Das schwöre ich … vorausgesetzt, ich befinde die gelieferten Infos für brauchbar und verkaufbar. Ich höre. Erzähl mir etwas, das ich noch nicht weiß.“
Damit ließ es Lokai gut sein. Mehr Zusicherung würde er von einem Yridianer nicht bekommen. Also begann er zu erzählen:
„Vor einem Monat beschloss ich, heimlich zu meiner Heimatwelt zurückzukehren. Ich wollte dort den Widerstand gegen die Unterdrücker meines Volkes organisieren, während mich alle fernab von zu Hause vermuteten. Doch ich kam nicht einmal in die Nähe meiner Heimatwelt Cheron. Ich musste umkehren.“
„Warum?“, fragte Yedrin aufgeregt wie ein Kind, dem man eine spannende Gute-Nacht-Geschichte erzählte. Doch im Gegensatz dazu war Lokais Geschichte wahr und das erkannte Yedrin sicher auch. Lokai beantwortete seine Frage:
„Die Romulaner waren dort.“

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Captain Erika Hernandez ging fröhlich über den großen Hauptplatz von Deneva Ci-ty. Sie hatte soeben das Gebäude hinter sich verlassen, in dem die Leitung der Dene-va-Werftanlagen ihren Sitz hatte. Dort hatte sie soeben die Erlaubnis erhalten, mit ihrem neuen Raumschiff zu starten. Es war getestet und für einsatzbereit befunden worden. Vier Jahre hatte sie auf diesen Moment gewartet. Vor vier Jahren war das Raumschiff Columbia vernichtet worden, als es sich für Reparaturen im Trockedock von Alpha Centauri befand. Der Angriff der Kzinti war damals ohne Vorwarnung erfolgt. Sämtliche Docks im Orbit wurden vernichtet mitsamt den dort liegenden Schiffen. Rückblickend musste sich Hernandez eingestehen, dass sie noch glimpflich davon gekommen waren, denn ein Großteil ihrer Besatzung – wie sie selbst auch – hatte sich auf dem Planeten befunden.
So konnte sie sich nun glücklich schätzen, wieder einen Großteil ihrer damaligen Crew auf ihrem neuen Schiff zu haben. Einige fehlten natürlich. Denn in der Zwi-schenzeit hatte sie das Kommando über ein kleines Schiff der Neptun-Klasse über-nommen, das für nicht einmal die Hälfte der Besatzung eines Raumschiffs der NX-Klasse – zu der die Columbia gehört hatte – ausgelegt war. Aber in Kriegszeiten konnte man sich nicht aussuchen, welches Schiff man zugeteilt bekam, zumal der Bau von Schiffen der NX-Klasse noch immer länger dauerte als der Bau von zwei halb so großen Schiffen.
Aber nun war das neueste Raumschiff der fortschrittlichsten Schiffsklasse der Ster-nenflotte fertiggestellt und erwartungsgemäß ihrem Kommando unterstellt worden. Wie glücklich sie das machte, zeigte sie wohl offener, als es ihr bewusst war. Als sie das Transporter-Zentrum am anderen Ende des Hauptplatzes erreichte, begrüßte sie der diensthabende Chief mit einem breiten Lächeln und fragte:
„Es gibt wohl gute Neuigkeiten, oder?“
„Da haben Sie recht, Bill“, sagte sie stolz und holte aus einer ihrer Taschen ihres Uniformoveralls ein PADD hervor, das die offiziellen Indienststellungsdokumente enthielt – einschließlich ihrer ersten Mission, Patrouillendienst im Romeo-Sektor.
„Sie starten noch heute?“
„Ja“, antwortete sie, nahm das PADD wieder an sich und stellte sich auf die erstbeste Transporterplattform: „Sobald Sie mich an Bord gebeamt haben. Energie!“
„Aye, Captain.“
Das Transporter-Zentrum von Deneva lag unter einer großen, transparenten Kup-pel, wodurch Hernandez das gesamte Stadtzentrum vom Deneva City sehen konnte. Innerhalb weniger Jahre war hier aus einem kleinen Handelsaußenposten eine große irdische Kolonie geworden. Natürlich auch dadurch begünstigt, dass vor einem Jahr der Planet Draylax an die Romulaner gefallen war und sich Deneva als neuer Um-schlagplatz für den Handel mit den alliierten Völkern etablieren konnte. Obwohl sich auch Deneva nicht sehr weit von der inoffiziellen Grenze des romulanischen Sternen-imperiums befand, war auf den belebten Straßen keine Spur vom im All herrschen-den Krieg zu erkennen.
Während der Transportereffekt sie mit blau-weißem Licht umhüllte, dachte sie dar-an, wie viel sich doch im letzten Jahr getan hatte. Die Romulaner waren bis ins Herz des irdischen Territoriums vorgedrungen, kaum jemand hatte noch Hoffnung, die bevorstehende Niederlage abwenden zu können. Doch es gelang tatsächlich. Es ge-lang tatsächlich, den Romulanern ihren größten taktischen Vorteil zu nehmen: die Tarnvorrichtung. Ab diesem Zeitpunkt waren die Warbirds der Romulaner nicht mehr die gefürchteten Phantome, die aus dem Nichts erschienen. Sie wurden zu normalen Raumschiffen. Sie waren noch immer sehr stark bewaffnet, aber keines-wegs mehr so überlegen wie zuvor. Und mit dem Sieg gegen eine gewaltige romula-nische Angriffsflotte in der Nähe von Alpha Centauri hatte der Krieg eine unerwarte-te Wende genommen.
Das Kribbeln, das Captain Hernandez am ganzen Körper fühlte, verschwand so schnell, wie es gekommen war, als sich der Vorhang aus Licht vor ihr auflöste und sie im Transporterraum ihres neuen Schiffes stand. Neben dem Techniker, der den Transfer überwacht hatte, stand ihre Erste Offizierin, Commander Morena Boma.
„Ist es das, für das ich es halte?“, fragte sie und deutete auf das PADD in der Hand ihres Captains.
„Allerdings. Wir haben endlich Startfreigabe.“
Die beiden Frauen machten sich auf den Weg zum nächsten Lift, der sie zwei Ebe-nen weiter nach oben auf die Kommandobrücke bringen würde.
„Wir werden vorläufig die Grenze überwachen. Das ist natürlich kein besonders an-spruchsvoller Job, aber er bietet uns die Möglichkeit, uns in aller Ruhe mit dem neu-en Schiff vertraut zu machen“, sagte Hernandez und ließ ihren Blick demonstrativ herumwandern. Obwohl sie bereits ein Schiff dieser Art kommandiert hatte, glichen sich die Schiffe der NX-Klasse nicht völlig. Natürlich waren es nur Details, aber dieses neue Schiff wurde doch neun Jahre vor dem ersten seiner Klasse in Dienst gestellt. Der auffälligste Unterschied war, dass das neue Schiff von Innen heller und gemütli-cher wirkte. Während die Korridorwände früher nur die glänzende Oberfläche kalten Metalls zeigten, waren diese nun mit einem durchschimmernden, samtigen Stoff überzogen, der die Wände beige erscheinen ließ. Hernandez wusste nicht, welchen Vorteil diese Neuerung hatte, nur, dass sie von den Tellariten übernommen worden war. Sollte sie nicht nur dekorativen Zwecken dienen, so musste Hernandez gestehen, dass sie ihr gefiel. Und zwar nicht optisch, sondern einfach deshalb, weil Tellariten, Andorianer, Vulkanier und Menschen damit begannen, ihre Kenntnisse den jeweils anderen zur Verfügung zu stellen. Natürlich waren alle vier Gründungsmitglieder der Allianz zuerst nicht besonders wild darauf gewesen, ihre Errungenschaften wei-terzugeben. Aber angesichts der Bedrohung durch die Romulaner war es ein unver-meidlicher Schritt gewesen, den Alliierten so weit zu vertrauen.
„Gibt es Neuigkeiten von der Grenze?“, fragte Hernandez, als sie zusammen die Liftkabine betraten.
„Nein. Die Romulaner haben ihre Schiffe noch immer im Tango-Sektor. Sie schei-nen diese Position wirklich langfristig halten zu wollen.“
„Gar nicht dumm. Das Bolarus-System liegt in diesem Sektor und es gibt dort roh-stoffreiche Asteroiden, die sie nun leicht erreichen können. Ich bin gespannt, wann die ersten Erzverarbeitungsschiffe dort auftauchen.“
„Spätestens dann sollten wir versuchen, den Sektor zurückzuerobern. Mich wundert es, dass wir noch keine entsprechende Order vom Sternenflottenkommando erhalten haben“, sagte Boma nachdenklich. Doch Hernandez war sicher, dass man dort die Si-tuation bereits analysierte und sich alle Optionen offen hielt. Immerhin war dies der erste Vorstoß feindlicher Schiffe seit einem Jahr. Da war es verständlich, dass man sich mit einer Reaktion Zeit ließ und nichts übereilte. Der Tango-Sektor war abgese-hen von diesen Asteroiden ansonsten relativ unbedeutend. Aber anderseits verstand sie, warum die Romulaner ausgerechnet hier ihre Grenze weiter nach vorne schoben. Immerhin besagten die Gerüchte, dass sich unmittelbar hinter dem Tango-Sektor die romulanische Hauptwelt befinden soll. Um diese weniger angreifbar zu machen, machte es durchaus Sinn, hier einen größeren räumlichen Puffer zu erschaffen.
Der Lift hielt und sie betraten die Kommandobrücke. Im Gegensatz zu den Korrido-ren wirkte diese weniger hell, was aber auch daran lag, dass ein Großteil der Wände von Statusbildschirmen übersät war. Es war wie früher, dachte Hernandez und nahm im Kommandosessel Platz, während Commander Boma ihre Wissenschaftsstation besetzte.
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