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001 - Verwundete Seelen

von CaptainCalvinCat, ChogaRamirez

Optische Täuschung

Es war jetzt mindestens drei Stunden her, seit er sich hierher teleportiert und die Gestalt der Stehlampe angenommen hatte.

Ein Blick auf die fast unscheinbar flackernde Anzeige der Digitaluhr verriet ihm, dass er diese Gestalt seit fast zwei Stunden und fünfzig Minuten wahrte und er fragte sich, warum der Mann, den er sich ausgesucht hatte, zu kopieren, es auf dieser Konferenz, deren Zeitplan er minutiös auswendig gelernt hatte, nicht schaffte, pünktlich zu erscheinen.

Oh nein!

Warum sollte ein Solid auch pünktlich sein?

Die Konferenz war um Schlag dreiundzwanzig Uhr zu Ende gewesen. Und seit genau dieser Zeit schwebte ein getarntes Dominion-Schiff im Orbit von Meezan IV.

Aber dieser Arzt hielt es NICHT für nötig, pünktlich in seinem Quartier zu erscheinen - auf das man ihn kidnappte.

Nein!

Dieser Mann nicht!

Ein Blick nach draußen verriet der Stehlampe - und sie konnte diesen Blick nach draußen werfen, formte sie doch ihren Körper so, dass ein Teil dessen, was die Humanoiden als Körper betrachteten, über den Boden zum Fenster floss und sich mit der Scheibe verband - überzeugte ihn davon, dass das Zielobjekt - also das Objekt der Stehlampe - noch auf der Türschwelle stand und sich mit reger Konversation beschäftigte.

Tse ...

Humanoide waren merkwürdig.

Da hatten sie sich schon fünf Stunden lang über Krankheiten unterhalten - wie schon gesagt, die Stehlampe hatte den Plan auswendig gelernt - und sie palaverten immer noch.

Wobei, soviel konnte sich der Agent in Stehlampenform schon denken, die Konversation sich weniger um Medizin drehte, als sie wahrscheinlich als Vorwand für eines dieser Paarungsrituale gedacht war.

Humanoide!

Sie würden die Losgelöstheit in der Großen Verbindung nie erfahren, nie verstehen und folgten eigentlich sowieso nur primitiven, niederen Instinkten.

Die Person, die dem Agenten zugeteilt worden war, war nicht anders.

Ein Blick in seine Dienstakte verriet, dass dieser Arzt zwar Grenzmedizin betrieb, sich dem Wohle seines Volkes und der Gesundheit einer kompletten Station verschrieben hatte, aber ein Blick über den Tellerrand, über die Akte und vor allem in sein Privatleben verriet ein ziemlich wüstes Durcheinander.

Er war bis vor kurzem noch mit einer jungen, attraktiven Bajoranerin zusammen gewesen, hatte davor eine kurze, heftige Beziehung zum ersten Offizier der Station gehabt - ebenfalls eine Bajoranerin - und hechelte dauernd dieser Trill, die den Posten des Wissenschaftsoffiziers der Station bekleidete, hinterher. Und zwischen drin hatte er mehrere, allem Anschein nach, unbedeutende kurze Beziehungen zu Frauen der unterschiedlichsten Spezies unterhalten.

Und nun versuchte er diese junge Menschenfrau für sich zu begeistern.

Ja, dieser Mann war wirklich, wie es schien, ein Schürzenjäger - aber eben auch einer der fünf besten Ärzte der Sternenflotte. Diesen Mann in die Finger zu bekommen, war definitiv ein lohnendes Ziel. Er hatte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich wichtige Informationen, die man dazu nutzen konnte, die Station auszuschalten. Er war ja schließlich einer der Führungsoffiziere.

Doch seit drei Stunden - seit gefühlten hundert Jahren - stand dieser Mann eben an der Türschwelle und versuchte, die junge Dame von sich zu überzeugen.

Als Solid - als Fester - hätte die Stehlampe sie eventuell auch attraktiv gefunden. Blonde Haare, die ihr in Locken auf die Schultern fielen, ein Körper, drahtig, sehnig, aber auch gleichzeitig verführerisch weich, der offenbar die Macht hatte, Männer um den Verstand zu bringen. Und wäre die Stehlampe männlich gewesen und obendrein ein Solid, sie könnte verstehen, warum ihr Zielobjekt um die junge Frau buhlte.

Wahrscheinlich fragte sich das Zielobjekt der Stehlampe genau in diesem Moment, wie er es anstellte, dass sie mit in sein Quartier käme, auf einen Kaffee und zu anderen Aktivitäten, die nicht unbedingt einen Dresscode erforderten, da dieser durch das Wegfallen des dresses sowieso unnötig wäre.

Doch offenbar war heute der Seid-nett-zu-Formwandlern-Tag, denn die junge Dame, in deren Augen zwar stille Bewunderung für die Eloquenz des Zielobjektes zu sehen war, aber genau so viel Scheu - sie blickte wie ein verängstigtes Reh drein - tat das, was der Paarhufer nicht tat, wenn er in das Licht eines Scheinwerfers gebadet wurde, sondern etwas anderes.

Freundlich lächelnd verabschiedete sie sich mit für die Stehlampe unhörbaren Worten und wandte sich in Richtung ihrer Unterkunft.

Das Zielobjekt blickte ihr noch eine Weile enttäuscht nach, drehte sich dann um, seufzte und öffnete die Tür.

Der Agent hatte genug Zeit, sein Zielobjekt zu begutachten. Er musste es tun, denn dies war die Form, die er, wenn es nach dem Plan der Gründer ging, die nächsten drei Jahre übernehmen würde. Für ihn war es eine gefühlte Ewigkeit - drei Jahre mindestens, die er nicht im Rausch der Großen Verbindung verbringen konnte, drei Jahre, die er unter Solids verbringen musste und das ging noch - es waren vor allem drei Jahre, die er gezwungen war, Solids zu helfen!

Schließlich dürfte es reichlich auffällig sein, wenn Crewmitglieder der Station irgendwie ausfielen, nachdem sie den guten Doktor besucht hatten. Das spräche sich ja auch herum: "Nein, zu dem Arzt gehe ich nicht mehr, da werden immer wieder welche in einer Zinkwanne raus getragen ..."

Das musste nun wirklich nicht sein - auch wenn ihn der Gedanke Solids hilfreich sein zu müssen, absolut nicht behagte.

Er betrachtete das Zielobjekt und zum ersten Mal fragte er sich: Bei Allem, was den Gründern heilig ist - wieso DIESER Körper?

Nicht, das er für weibliche - vielleicht auch für ein paar männliche, aber hauptsächlich für weibliche Solids - nicht attraktiv aussähe, wenn man auf braune Haare und Knopfaugen stand, aber diesen Mann umgab eine gewisse Aura der Arroganz.

Und genau diese Aura der Arroganz jagte ihm einen Schauer über den Rücken - beziehungsweise über den Ständer, auf den die Glühlampe montiert wäre, wenn sie eine echte Stehlampe wäre.

Nur, wie sah das denn aus? Eine Stehlampe mit Gänsehaut?

Schnell verflüssigte er sich wieder, wurde dann zu dem Modell, das hier normalerweise gestanden hätte, wenn es nicht ausgetauscht worden wäre.

Der Agent in Stehlampengestalt hatte gerade noch Zeit, seinen Anhang, der immer noch am Fenster pappte, mit dem restlichen Körper zu vereinigen, bevor mit einem leisen, pneumatischen Zischen die Tür aufglitt und das Zielobjekt im Raum stand, das Gesicht ein einziger, ungläubiger Ausdruck der Enttäuschung.

Und das konnte die Stehlampe nachvollziehen - schließlich hatte er sich gerade von dieser extrem attraktiven Dame einen sogenannten Korb geholt. Das war nun wirklich unschön.

Der Arzt jedoch sah sich um. Sein Blick traf die Stehlampe, fokussierte sie und die dunkelbraunen Augen funkelten nachdenklich.

Er trat auf sie zu und wenn sie sich nicht so sehr unter Kontrolle gehabt hätte, hätte sie sicherlich gezittert. Aber eine zitternde Stehlampe sähe noch blöder aus, als eine Stehlampe mit Gänsehaut.

Aber in ihr regte sich der Wunsch, etwas zu tun. Sie überlegte. Es war nur ein kurzer Griff zum Hypospray und eigentlich wäre es auch möglich, dem Arzt zunächst ins Gesicht zu springen und ihm dann einfach einen Schlag auf den Kopf zu geben.

Die Hände des Arztes streckten sich nach dem Lampenschirm aus und zogen ihn gerade. "Ich hasse unordentliche Lampenschirme", murmelte er in feinstem Hochbritisch.

Er drehte sich um, ging zum Replikator auf der anderen Seite des Raumes und bestellte mit dieser Stimme einen Raktajino - doppelt stark, doppelt schwarz, doppelt süß; etwas, was der Agent sich merken musste, wenn er ihn glaubhaft verkörpern wollte - und drehte sich zu der breiten dunkelblauen Couch um.

Im Ausgabefach des Replikators erschien das Getränk mitsamt einer silbern glänzenden Tasse, die der Agent schlicht und ergreifend als formlos erachtete. Der Arzt griff danach und trank die Tasse in einem Zug leer. Er stellte die Tasse zurück in den Replikator und sie recycelte sich wie von allein.

Anschließend ging der Arzt zur Couch, ließ sich halb sitzend, halb liegend darauf fallen, fingerte nach einem PADD auf dem davor stehenden niedrigen Tisch und begann, es durchzulesen.

Gerade, als die Stehlampe den Entführungs-Plan in die Tat umsetzen wollte, ließ der Arzt das PADD sinken. Er seufzte, legte den Kopf in den Nacken und starrte die Decke des Quartiers an. "Heute ist wirklich nicht mein Tag ..."

Er setzte sich aufrecht hin, nahm sich den Kommunikator ab und legte ihn auf den Tisch. Dann sah er sich im Raum um und sein Blick fixierte wieder die Stehlampe neben der Couch.

Der Agent hoffte, dass er sich durch nichts verraten hatte, denn irgendwie kam es ihm so vor, als ob der Arzt wusste, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Stehlampe handelte.

Das Zielobjekt stand auf und ging langsam auf die Stehlampe zu. Er blieb einen Schritt davor stehen und musterte die Lampe einen Moment lang. Dann schüttelte er den Kopf. "Ich bilde mir da sicher nur was ein ..."

Innerlich seufzte die Stehlampe erleichtert auf, als sich der Arzt wieder umdrehte, zur Couch zurück kehrte, sich dieses Mal rücklings darauf legte und wieder anfing das PADD zu lesen.

Nun kam Leben in die Stehlampe. Sie formte einen Arm aus, der nach dem Hypospray tastete, das außerhalb seiner Sichtweite lag. Der Agent hatte es im Vorfeld hinter einem Dekorationsgegenstand auf dem Fensterbrett versteckt. Er griff nach dem Hypospray und injizierte ein äußerst wirksames Sedativum in den Körper des Arztes. Dieser keuchte einmal überrascht auf, dann rollten die braunen Augen nach oben und sein Körper erschlaffte.

Die Stehlampe veränderte nun ihre Form. Sie schrumpfte zunächst einmal, formte eine Pfütze, die den ganzen Raum ausfüllte. Dann streckte sie sich einmal kurz und hätte sie ein Gesicht gehabt, hätte sie zufrieden gelächelt. Anschließend zog sie sich zusammen. Aus der Pfütze formte sich eine Gestalt aus. Sie war humanoid, ungefähr einen Meter achtzig groß und besaß zwei Arme und zwei Beine.

Als sich der Formwandler an das Gesicht machte, versuchte er jede Kleinigkeit, die ihm an ihrem Vorbild an der Person, die da gerade auf der Couch schlief, auffiel, nachzuahmen.
Er nahm den Insignienkommunikator vom Tisch und formte aus seiner eigenen Körpermasse die Uniform aus - blaue Schulterpartie auf schwarzem Grund - eine hässliche Kombination, wie er fand. Er formte ebenfalls zwei goldene Rankpins, die ihn als einen Lieutenant der Sternenflotte auswiesen, aus seiner körpereigenen Masse nach und befestigte den Kommunikator auf der linken Seite des Oberkörpers.

Dann sah er, sich komplett verfestigend, in den Spiegel.

Die Person, die ihm da entgegenblickte, glich der Person auf der Couch bis aufs Haar.

"Hallo", versuchte er ein paar Sprechübungen mit dieser neuen, ihm fremden Stimme. "Mein Name ist Doktor Julian Subatoi Bashir."

Zufrieden mit dieser Sprechprobe nickte er. Dann ging er durch den Raum, holte ein ebenfalls zuvor verstecktes Kommunikationsgerät, aktivierte es und nahm Kontakt mit dem getarnten Jem'Hadar-Schiff im Orbit auf.

Dieses Schiff sollte den guten Doktor in ein Gefangenenlager bringen. Genauer gesagt ins Lager 371 im Gamma-Quadranten, in dem schon eine Vielzahl an unterschiedlichen Spezies aus dem Alpha- und Beta-Quadranten untergebracht waren. Und nicht wenige von ihnen wurden ebenfalls durch einen Formwandler ersetzt.

Der Arzt, so wusste der Agent, würde in eine Art künstlichen Schlaf, man nannte es Stasis, versetzt werden, der ihn für die Dauer des Transportes nach 371 außer Gefecht setzen würde. Und dank der cardassianisch-romulanischen Flotte war es kein Problem, durch das Wurmloch zu gelangen, hatten die Gründer die Tarntechnologie nachbauen können. Und der Agent wusste, dass sich die Sternenflotte schon seit einer Weile wunderte, warum sich das Wurmloch scheinbar willkürlich öffnete. Darauf, dass es sich um getarnte Schiffe handelte, dachte natürlich Niemand.

Diese Zeit würde er nutzen, sich mit den entsprechenden Gepflogenheiten des Arztes, und wie diese bei seinen Kollegen ankamen, vertraut zu machen und sie sukzessive so zu ändern, dass sie keine großartigen Schwierigkeiten mehr haben würde, den Arzt glaubwürdig zu verkörpern.

Er wandte sich zum Replikator, bestellte ebenfalls das Getränk, das Bashir zuvor geordert hatte, trank einen Schluck und verzog das Gesicht. Wie konnte ein Mensch so etwas mit Genuss trinken? Die Süße würde die Zähne, so er denn welche hätte, spontan löcherig machen, zumindest befürchtete er genau das. Vielleicht lag es aber auch daran, dass er Raktajino für gewöhnlich nicht trank.

Ein Blick zur Couch verriet ihm, dass der Arzt fortteleportiert worden und dass er nun alleine war.

Der Agent nutzte diese Gelegenheit, um in Ruhe den persönlichen Besitz des Arztes unter die Lupe zu nehmen.

In der Tragetasche, die der Arzt nicht einmal ausgepackt hatte, fand der Agent eine Vielzahl an PADDs zu unterschiedlichen Themen. Die meisten zu medizinischen Problemen oder Theorien.

Als Formwandler hatte er keinerlei Ahnung von humanoider Medizin, aber er lernte schnell. Und so sollte es für ihn auch kein Problem sein, den Arzt glaubhaft zu verkörpern.

=A=


Die nächsten drei Tage - auch ein faszinierendes, aber irgendwie störendes Konzept, die Zeit in sogenannte Tage einzuteilen - waren relativ ereignislos.

Man diskutierte, debattierte und analysierte diverse Probleme, man überprüfte, überlegte und wägte andere Themen ab. Man war rundum in dieser kleinen Welt, die man medizinische Konferenz nannte, beschäftigt, dass die wirklich wichtigen Probleme - die Bedrohung durch das Dominion - komplett außen vor gelassen wurden.

Vielleicht, so dachte sich der Agent, sollte man die Föderation geschlossen zu einer großen Konferenz schicken, dann wäre die Übernahme des Alpha-Quadranten ein Kinderspiel.

Es standen noch andere Themen zur Diskussion, aber es gab nichts, bei dem er sich wirklich einbringen konnte, worüber er auch nicht unbedingt traurig war. Wenn er weniger sagte, würde er weniger auffallen.

Und so begnügte er sich damit, den anderen Ärzten zu lauschen, hier und da zu nicken und ab und zu einen klugen Satz fallen zu lassen.

=A=


Am letzten Abend der Konferenz saß er an der Bar seines Hotels und trank einen Drink. Das hieß, er schüttete die alkoholische Flüssigkeit unbemerkt in die Topfpflanze neben sich und tat so, als trinke er. Es schien glücklicherweise auch niemanden aufzufallen.

In Gedanken ging er zum wiederholten Male den Plan durch, wie er die Raumstation, auf der er zukünftig arbeiten würde, am besten sabotieren könnte und so bemerkte er nur am Rande, wie sich jemanden auf den Barhocker neben ihm setzte.

"Hallo", erklang eine sanfte, wirklich sehr sanfte Stimme neben ihm und er drehte sich zu der Stimme um. Dieses Gesicht, das ihn anblickte, war von katzenartiger Schönheit und sie kam ihm bekannt vor.

Natürlich, ging es ihm durch den Kopf. Es ist genau jene Frau, die das Original am Abend des Austausches versucht hat, ins Bett zu bekommen.

Nun war sie wieder da, und offenbar war sie dieses Mal in der Stimmung, sich erobern zu lassen - oder ihn zu erobern, je nachdem, was zuerst eintraf.

Er ließ es geschehen, zumal er wusste, dass er, wenn er sie jetzt nicht versuchte, zu erobern, auffiele. Schließlich war die Person, die er darstellte, ein Frauenheld. Also sollte er versuchen, sich so zu benehmen, wie es das Original zu tun pflegte.

Mit einem charismatischen Lächeln auf den Lippen, dass er die letzten Tage vor dem Spiegel geübt hatte, und bei dem ihm sich immer der Magen umdrehte, wenn er einen hätte, drehte er sich um, erwiderte das "Hallo" und begann eine Konversation.

=A=


Nach dem ungefähr siebten Stardrifter war sein Gegenüber so stark angeheitert, das sie über jeden Witz lachte. Ein Konzept, das der Agent nun gar nicht verstand.

Das Konzept des Werbens - in der Verbindung verband man sich einfach, man warb nicht, man tat es einfach – wurde hier jedoch auf eine körperliche Verbindung emotionalisiert, was etwas über das Verständnis des Formwandlers ging.

Die Konversation als solche beschränkte sich auf die – für humanoide - üblichen Themen.

"Wer sind Sie?"

"Wo kommen Sie her?"

"Warum sind Sie auf dieser Konferenz?"

"Was machen Sie in Ihrer Freizeit?"

Und nach ungefähr drei weiteren Stardriftern hatte er genug Informationen aus ihr heraus gekitzelt, um zu wissen, wen er vor sich hatte.

Sie hieß Andrea Parker, war neunzehn Jahre alt – sehr jung für humanoide Verhältnisse und frisch von der Sternenflotten-Akademie - und war Krankenschwesternschülerin. Sie war weiterhin eine begnadete Dom-Jot-Spielerin, auch Pokern lag ihr und sie liebte, nach eigenen Auskünften, lange Nachtspaziergänge.

Was sie allerdings noch mehr liebte, war Raktajino aus Hotelzimmer-Replikatoren - besonders, wenn man nicht mehr trug, als nur eine Bettdecke zwischen sich und der Außenwelt.

Das erfuhr der falsche Julian Bashir jedoch erst im späteren Verlauf des Abends.

=A=


Die Nacht war entsprechend lang geworden, sehr aktiv und vor allem sehr schweißtreibend. Doch nachdem Andrea eingeschlafen war, konnte er sich ein paar Stunden der Erholung gönnen.

Das Hypospray, das er ihr verabreichte, ließ sie tiefer schlafen und vor allem länger. Er hatte die Dosis so kalkuliert, dass er sich regenerieren und wieder menschliche Form annehmen konnte und sie den Schlaf der Gerechten schlief.

Und als sie am nächsten Mittag aufwachte, lächelte ihr Partner der Nacht, Julian Bashir, sie freundlich an.

Bei einem gemeinsamen Raktajino in seinem Quartier versprachen sie sich, Kontakt miteinander zu halten. Allerdings wusste Andrea nicht, dass der Agent nicht im Geringsten vor hatte, dieses Versprechen in die Tat umzusetzen.

=A=


Der Flug nach Deep Space Nine dauerte keine drei Stunden und er konnte sich noch rechtzeitig genug mit den entsprechenden Personalien beschäftigen, bis sein Runabout - die Rio Grande - landete.

Da waren unter anderem Captain Benjamin Sisko, der Abgesandte, der mittlerweile berühmt-berüchtigte Kommandant der Raumstation Deep Space Nine. Sein psychologisches Profil war inzwischen Pflichtlektüre im Dominion.

Auch vor dem Ersten Offizier der Station, Major Kira Nerys, musste er sich in Acht nehmen. Sie hat sich im bajoranischen Widerstand sehr viel Geschick angeeignet und sie war eine der Personen, die ihn am ehesten enttarnen könnte.

Seine freie Zeit würde er wohl mit Miles O'Brien verbringen müssen. Immerhin ging aus den Aufzeichnungen hervor, dass der Ingenieur mit dem Arzt befreundet war. Und wenn er das nicht fortsetzte, würde er auffallen.

Dann war da auch noch Jadzia Dax. Die Trill hatte es Bashir anscheinend angetan, denn er hatte in der Vergangenheit Nichts unversucht gelassen, die Frau für sich gewinnen. Allerdings hatte sie sich bisher nie auf ihn eingelassen. Der Agent kam nicht umher zu glauben, dass das an Bashirs arroganter Art lag.

Dafür war ein Klingone namens Worf in Jadzias Leben getreten. Dieser Krieger und der Arzt mochten sich anscheinend nicht sonderlich und der Agent legte auch keinen Wert darauf, nähere Bekanntschaft mit ihm zu machen. Allerdings könnte er die Fähigkeiten der Klingonen so gut auskundschaften.

Und zuletzt war da Odo, der Formwandler, der die Große Verbindung missachtete. Auf ihn würde der Agent ein spezielles Auge haben müssen. Und mit ein bisschen Glück konnte er ihn sogar für seine Pläne einsetzen.

Langsam erhob er sich, rief sich noch einmal seine Legende ins Bewusstsein und setzte dann das erste Mal seinen Fuß auf die Station.

Der Formwandler war angekommen und er würde hier einiges Chaos verursachen, soviel war klar.
© Choga Ramirez & Calvin Cat
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