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Schlafende Hunde und verschlossene Türen

von uena

Kapitel 2

Jim war unruhig.

Es war Freitagabend, und er saß allein in seinem Quartier. Es war ein Trend, der sich bereits seit etwa einem Monat abzeichnete. Das allein war natürlich Grund genug, intergalaktischen Notstand ausrufen zu lassen, aber es war nicht wirklich das, was Jim verstörte.

Er wollte es ja nicht anders. Und das, so war Jim sich völlig im Klaren, war das wirklich Erschreckende.

Jim stand ruckartig von seinem Bett auf und fasste einen Entschluss.

Diese Sache würde hier und heute ein Ende finden. Nun, vielleicht nicht hier. Eher dort, wo alles angefangen hatte. In Bones’ Quartier.

Jim nickte sich selbst zu, verbot es sich äußerst streng, noch einmal darüber nachzudenken, und marschierte los.

Fünf Minuten später stand er in Bones’ Quartier, ein wenig außer Atem, aber nach wie vor entschlossen.

Bones, der nach einer viel zu langen Schicht in der Krankenstation geduscht hatte, kam eben mit einem Handtuch um die Hüften aus dem Bad.

Jim atmete tief durch. „Wir müssen reden.“

Bones’ Miene drückte aus, was er von dieser Einleitung hielt: Nicht viel. Auf eine leicht amüsierte Art.

„Machst du Schluss mit mir, Jim?“

Jim beobachtete, wie der Doktor sich ein Glas mit dem Bourbon füllte, den er ihm geschenkt hatte, und die Hitze in seinem Magen wurde unerträglich.

„Eher das Gegenteil.“

Das Glas hielt auf halbem Weg zu Bones’ Lippen inne. „Wie bitte?“

„Wir müssen Sex haben.“

Das Glas wurde zurück auf den Schreibtisch befördert. „Hat dir wieder jemand was in den Drink getan?!“

Jim wünschte beinahe, dass es so wäre. „Nein.“

„Du wirkst nicht betrunken.“

Auch das eine willkommene Alternative. „Nein, bin ich auch nicht.“

Bones musterte ihn streng. „Ich finde das nicht lustig, Jim.“

Jim wich seinem Blick aus. „Glaub mir, mir ist nicht nach Lachen zumute.“

Bones trat an ihn heran, viel zu dicht, und Jim hielt den Atem an.

„Ich weiß nicht, was du glaubst, diesmal bezahlen zu müssen, Jim – aber ich finde, du könntest langsam mal begreifen, dass deine Art der Währung bei mir keinen Wert hat.“

Die Worte ließen Jim beinahe zusammenzucken, und er blickte ein wenig verletzt zu McCoy auf.

„Gar keinen?“

„Nein.“

„Aber ich …“

Jim wartete darauf, unterbrochen zu werden, aber Bones machte keine Anstalten, das zu tun.

„Aber ich muss dir doch etwas dafür geben!“

„Warum?“

Die Frage brachte Jim aus dem Gleichgewicht. „Weil es eben so ist. Nichts ist umsonst!“

Bones griff nach seinem Bourbon und trank das Glas leer.

„Na gut“, sagte er und stellte es zurück auf den Schreibtisch. „Zieh dich aus.“

Jims Kehle zog sich zusammen, während sein Herz den Versuch unternahm, ihm den Brustkorb zu sprengen.

„Was?“

„Du hast mich schon ganz richtig verstanden. Zieh dich aus.“

Diesmal gehorchte Jim sofort, und er konnte nicht sagen, ob es an dem Ausdruck in Bones’ Augen lag, oder ob er noch nach seinem eigenen Willen handelte.

Er spürte Bones’ Blick auf sich, während er sich auszog, und als er schließlich nackt vor ihm stand, war er bereits halb hart.

„Du hältst still, verstanden?“

Jim erschauderte, nickte aber, und Bones trat hinter ihn und schlang einen Arm um seine Mitte.

Jim schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Bones hatte ihm nicht verboten, sich anzulehnen.

Als die Hand sich um seine Erektion legte, stöhnte er unterdrückt auf und biss sich auf die Unterlippe.

Die Hand begann zu pumpen, im selben Moment, als Bones seine Hüften nach vorn stieß, und Jim keuchte überrascht.

Er konnte Bones’ Erregung durch das Handtuch spüren. Es sollte sich nicht so gut anfühlen.

Er sollte nicht so geil sein. Nicht von so einer simplen Berührung, nicht, wenn da noch ein Handtuch im Weg war.

Jim presste sich Bones’ Stößen entgegen, wimmerte leise, als sich der Griff um seine harte Hitze verfestigte, und rollte die Augen hinter geschlossenen Lidern.

Ihm wurden die Knie weich, und er war dankbar für den Arm, der ihn aufrecht hielt, während das Handtuch ihm bald äußerst unsympathisch wurde.

Aber erst, als sich plötzlich warme, weiche Lippen an seinen Hals pressten, kurz bevor eine feuchte Zunge über seine verschwitzte Haut glitt, war Jim bereit, das auch zuzugeben.

„Mehr … Gott, Bones … ich brauche mehr …“

Er hörte Bones leise an seinem Ohr grollen, und Jim hatte das Gefühl, er müsse sterben, wenn er nicht bald mehr bekam.

„Was krieg ich dafür?“ wisperte Bones rau, und Jim musste ein Winseln unterdrücken.

„Alles … alles, was du willst.“

Die Hand verschwand von seiner Erektion, Bones’ Hüften lösten sich von seinen, und Jim fühlte sich, als hätte Bones ihn unter kaltes Wasser gedrückt. Dann spürte er nackte, heiße Haut an seiner, die Hand kehrte zurück, und Jim warf den Kopf in den Nacken.

Er kam, viel zu früh und viel zu hart, und Bones hielt ihn fest, drehte ihn zu sich um, als er alles gegeben hatte, und strich ihm das verschwitzte Haar aus der Stirn.

„Ich nehme an, jetzt möchtest du schlafen?“

Jim blinzelte erschöpft. „Ja, bitte.“

Bones’ Mundwinkel umspielte ein merkwürdiges Lächeln, und erst, als Jim in Bones’ Bett lag und in den Schlaf abglitt, fiel ihm auf, dass er überhaupt nichts für Bones getan hatte. Bones war nicht mal gekommen.

McCoy, der an diesem Abend bereits zum zweiten Mal duschte, brachte das soeben in Ordnung.



~*~



Jim wachte auf, wusste ganz genau, wo er sich befand, und erstarrte am ganzen Körper. Er und seine dämlichen Ideen. Jetzt steckte er noch viel tiefer drin als vorher.

Jim setzte sich langsam auf, und die Bettdecke rutschte von seiner nackten Brust und bauschte sich um seine ebenso nackten Hüften. Jim blickte sich vorsichtig um. Bones war da. Er saß mit dem Rücken zu ihm am Schreibtisch und schien etwas zu lesen.

„Ah, gut, du bist wach.“

Außerdem hatte er Augen am Hinterkopf. Jim zuckte zusammen.

Bones drehte sich samt seines Stuhls zu Jim um, und Jim, der die ein oder andere mehr oder weniger bösartige Bemerkung erwartete, wurde äußerst nervös, als der Doktor stattdessen auffallend still blieb.

Jim leckte sich über die Lippen. „Wegen gestern …“

„Ja?“

„Ich … ähm …“

„Alles, was ich will, wenn ich mich recht erinnere?“

Jim wurde ein wenig blass. „Was?“

Bones zog eine Augenbraue in die Höhe. „Das hast du mir gestern versprochen. Alles, was ich will.“

Jim wurde heiß. „Ja. Das habe ich.“

Er schluckte trocken. „Soll ich … irgendwas machen?“

Bones seufzte. „Nein. Das sollst du nicht. Geh duschen. Ich lad dich zum Frühstück ein.“



~*~



„Bones, ich bin verwirrt.“

„Ich hab dich gefragt, ob du Kaffee oder Kakao möchtest. Wenn ich gewusst hätte, dass dich die Frage in ein schweres moralisches Dilemma stürzen würde, hätte ich dich diesem enormen emotionalen Druck selbstverständlich nicht ausgesetzt.“

Jim plusterte leicht die Wangen auf. „Das meine ich nicht.“

Bones starrte ihn an. „Was machst du da?“

Jim entplusterte seine Wangen. „Nichts.“

„Hast du mich gerade angeschmollt?!“

Jim schob leicht die Unterlippe vor. „Nein.“

„Liebe Güte!“

„Hör auf, mich so anzustarren!“

„Dann zieh die Lippe ein! Du siehst aus, als hättest du Verstopfung!“

Vom Nebentisch ertönte unterdrücktes Gegiggel, und Jim schnaubte empört.

Dann sah er, dass Bones ihn angrinste, offen und ehrlich, und Jims Unterkiefer wollte spontan nähere Bekanntschaft mit dem Tischzeug schließen.

Jim riss sich zusammen und fand zum Ausgangspunkt des Gespräches zurück.

„Wir müssen reden.“

„Nicht schon wieder.“

Bones schenkte sich Kaffee nach, und Jim versuchte hartnäckig, ruhig zu bleiben.

„Doch, müssen wir. Das gestern war … also … das ist nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hatte.“

Bones grollte leise. „Wieso? Weil du heute körperlich und geistig einigermaßen intakt zu dir gekommen bist?“

Jim atmete tief durch. „Was soll das heißen?“

„Ich bin Arzt, Jim, kein Idiot. Auf der Krankenstation hört man so Einiges.“

Jim wurde bleich. „Was soll das -“

„Das soll heißen, dass du einen gewissen Ruf hast. Nicht, dass mich so was interessieren würde, aber ich kenne deine Krankenakte. Ich hab das Ding ausgefüllt, verdammt noch mal.“

Jim wusste nicht, ob er sich unter dem Tisch verstecken, oder lieber gleich ganz verdampfen sollte.

Er räusperte sich. „Darum geht es nicht.“

„Worum geht es dann?“

„Ich … ich hatte einen Plan.“

Bones trank einen Schluck Kaffee. „Lass hören.“

Jim weitete die Augen. „Den kann ich dir nicht erzählen!“

„Ich dachte, du wolltest reden?“

„Ja, aber doch nicht darüber!“

Bones verdrehte die Augen. Er schenkte Jim Kakao ein.

„Alles andere ist heute Morgen eindeutig zu stark für dich.“



~*~



Jim taumelte ein wenig und versuchte, sich an der Wand festzuhalten. Architektur mit glatten Oberflächen eignete sich von Haus aus eher schlecht für derartige Versuche, und Jim fluchte leise und schaffte es gerade eben so, sich aufrecht zu halten.

Er kniff leicht die Augen zusammen. Er zielte.

Sein Zeigefinger traf die Tasten auf Anhieb in der richtigen Reihenfolge – ein Kunststück, dass ihm bei seinem eigenen Zimmer nie gelungen war – und die Tür zuschte hörbar erfreut auf.

Jim plumpste erleichtert in den Raum hinein.

Ein Grummeln vom Bett her erinnerte Jim daran, wo genau dieses sich befand. Er zog sich aus, wankte durch das Halbdunkel auf das Bett zu und ließ sich mit einem selbstzufriedenen Seufzen hinein fallen.

„Ich fasse es nicht.“

Bones klang einigermaßen empört.

Jim brabbelte etwas entschieden Liebevolles, schlang seine Arme um ihn und drückte sich ran. Er war über der Decke gelandet, und es war ein wenig frisch im Zimmer.

„Haben sie dich in andorianischem Ale gebadet? Du stinkst wie eine ganze Brauerei.“

Bones hielt fassungslos inne. Er klang wie eine frustrierte Ehefrau.

Jim schmuserte noch immer hingebungsvoll an ihm herum.

Bones seufzte. „Na gut. Aber nur ausnahmsweise.“

Er hob die Decke an, ließ Jim drunter krabbeln und hielt sogar still, als Jim sein Gesicht an seiner Halsbeuge verbuddelte und mit kalter Nase an ihm herum schnoberte.

„Ich hätte dich nie füttern dürfen.“



~*~



Jim wachte auf, frei von jeglichen Kopfschmerzen, dafür aber randvoll mit Panik.

„Bones!“

„Schrei nicht so, ich liege direkt neben dir.“

„Genau das ist ja das Problem! Was machst du in diesem Bett?“

„Gestern Nacht hast du dir diese Frage nicht gestellt. Und mir auch nicht.“

Jim stützte sich vorsichtig auf die Ellenbogen und blickte sich um. „Das ist dein Quartier.“

„Ich wusste ja schon immer, dass du ein ganz Schlauer bist.“

„Wie bin ich hierher gekommen?“

„Weißt du, genau das habe ich mich auch gefragt. Der Alkoholgehalt in deinem Blut hätte dich theoretisch daran hindern müssen, irgendwo hin zu kommen.“

Jim setzte sich auf. „Ich war betrunken?“

„Sehr sogar.“

„Warum habe ich dann keine Kopfschmerzen?“

„Es gibt Hypos für so was.“

Jim kratzte sich am Kopf. Er wirkte ein wenig nervös.

Bones setzte sich ebenfalls auf. „Es ist nichts passiert, Jim.“

Jims blaue Augen weiteten sich kurz, dann nahmen sie einen Ausdruck geradezu schmerzvoller Unschuld an.

„Wieso nicht?“

Bones zog sich etwas zusammen, von dem er stark annahm, dass es sein Herz war.

„Erstens warst du betrunken, und zweitens hatten wir doch schon geklärt, dass ich an so was kein Interesse habe.“

Jim runzelte die Stirn. „Und wieso hast du dann …“

„Weil du das so wolltest.“

„Wie bitte? Ich wollte das nicht!“

„Ach nein? Wenn ich mich recht erinnere, dann bist du mit der Überzeugung über mich hergefallen, wir müssten unbedingt Sex haben.“

„Nennst du das, was wir gemacht haben, etwa Sex?“

Jim war das klassische Abbild entrüsteter Tugend, und Bones kämpfte einen Moment lang mit sich. Er starrte Jims Lippen an.

„Nein. Das würde ich niemals wagen.“

Jim blinzelte, nun endgültig verwirrt. Seine Lippen prickelten auf nahezu unerträgliche Weise.

Er öffnete den Mund. Er schloss ihn wieder.

„Geh duschen“, riet Bones ihm trocken.



~*~



„Jim, ich schwöre dir, wenn du mir nicht erzählst, wer das getan hat, dann kannst du dir die Glassplitter selber aus dem Hintern ziehen.“

Jim, der in nichts als dunkelblauen Shorts auf dem Bauch lag, vergrub seinen Kopf tiefer in Bones’ Kopfkissen.

„Niemand hat das getan“, behauptete er zum wiederholten Male. „Ich bin einfach gefallen.“

„Bist du nicht. Du bist tollpatschig. Nicht ungeschickt.“

„Wo ist der Unterschied?“

Ein scharfer Schmerz im rechten Schulterblatt deutete an, dass Bones einen weiteren Splitter gefunden hatte, und Jim biss die Zähne zusammen.

„Der Unterschied besteht in der Schwere der Verletzungen“, klärte Bones ihn auf und behandelte die winzige Wunde mit Desinfektionsmittel. „Wer war es?“

„Ich weiß nicht, wie sie heißt.“

Jim konnte spüren, wie Bones hinter ihm inne hielt und die Stirn runzelte.

„Eine Frau hat das getan?“

„Überrascht?“

„Nicht im Geringsten. Du kannst zweifellos froh sein, dass du noch lebst.“

Bones’ Stimme klang eisig und so wütend, dass Jim es ratsam fand, ein wenig ins Detail zu gehen.

„Sie war betrunken.“

„Mh-hm …“ Bones fand einen weiteren Splitter, zog ihn heraus und behandelte die Wunde. Jim unterdrückte ein Keuchen.

„Warum hat sie dich mit dem Rücken voran durch eine Glastür geworfen, Jim?“

Bones war mit der Versorgung von Jims Haut oberhalb der Gürtellinie fertig, soweit er das beurteilen konnte. Er ließ seine Hände vorsichtig darüber gleiten, für den Fall, dass sie etwas fanden, das die Augen übersehen hatten.

Jim, der keine Ahnung hatte, was vor sich ging, hielt die Luft an.

„Sie … sie wollte …“, stammelte er unsicher.

„Ja?“ Bones ließ seine Hände zu Jims Nacken hinauf streichen, strich ihm das Haar beiseite und nickte dann zufrieden. Soweit war alles in Ordnung.

„Mich.“

„Sie wollte dich?“

Jim nickte. „Aber ich … ähm … ich mach das nicht mehr.“

Bones zog die Augenbraue in die Höhe. „Was machst du nicht mehr?“

„Einfach ja sagen.“

Bones verspürte das dringende Bedürfnis, sich zu setzen.

„Was du sagst, ist also, dass sie mit dir schlafen wollte, du sie abgewiesen hast – und dann hat sie dich durch eine Glastür geworfen?“

Jim bejahte leise.

Doktor McCoy gingen verschiedene Dinge durch den Kopf. Mord. Totschlag. Die Erinnerung daran, wie Jim bei jeder sich bietenden Gelegenheit versucht hatte, ihm sexuell zu Diensten zu sein.

„Wirst du sie anzeigen?“

„Ich würde wirklich lieber darauf verzichten.“

„Warum?“

„Weil es im Prinzip ein Unfall war. Sie hat mich nur ein bisschen geschubst. Und wäre ich nicht so überrascht gewesen, wäre ich auch nicht gefallen. Außerdem hat sie … mich zu dir gebracht, als ich sie darum gebeten habe.“

Bones fand, es sei hohe Zeit, sich weiter um Jims Verletzung zu kümmern. Er atmete tief durch.

„Ganz, wie du meinst.“

Er betrachtete Jims Oberschenkel.

Sie waren größtenteils von Splittern verschont geblieben, wiesen aber ein paar böse Schnittwunden auf. Der wirklich Leidtragende dieses Unfalls war allerdings Jims Hintern. Auf dem war Kadett Kirk nämlich gelandet. In dem Scherbenhaufen der Glastür.

„Du wirst ein paar Nächte auf dem Bauch schlafen müssen“, murmelte Bones düster und wandte sich zunächst den Schnittwunden an Jims Oberschenkeln zu. Den Hintern sparte er sich für zuletzt auf.

Jim kniff die Augen zu. Die Prozedur, die am Rücken schlimm genug gewesen war, war an den Oberschenkeln noch ein wenig fieser.

Bones fand einen Glassplitter, zog ihn mit der Pinzette heraus und desinfizierte die Wunde. Das Schmerzmittel, das Bones ihm aufgezwungen hatte, machte den Vorgang einigermaßen erträglich, und Jim leckte sich über die Lippen, als Bones seine Schenkel leicht auseinander drückte, um besser agieren zu können.

Bones Fingerspitzen strichen über seine nackte Haut, immer und immer wieder, und Jim stellte fest, dass er darauf reagierte. Sicher, sein Körper schmerzte, aber er war auch randvoll mit Adrenalin, und das Schmerzmittel sorgte dafür, dass was eigentlich weh tun sollte, nach und nach zu einer süßen Folter wurde.

„Hast du was dagegen, wenn ich die Shorts kaputt schneide?“ riss Bones’ Stimme ihn irgendwann aus dem wonnevollen Nebel, der sich um seine Gedanken gelegt hatte, und Jim musste sich räuspern.

„Nein, mach ruhig.“

Das Geräusch von reißendem Stoff klang unnatürlich laut in Jims Ohren, und die Vorstellung von sich selbst, nackt, mit den durchlöcherten Fetzen seiner Shorts um die Hüften, Bones auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, reizte ihn derartig, dass er ein Stöhnen unterdrücken musste.

„Mir egal, ob es ein Unfall war, Jim“, hörte er Bones knurren. „Die Frau gehört weggesperrt. Ich gebe dir ein stärkeres Schmerzmittel, bevor ich mich hiermit befasse.“

Jim schüttelte automatisch den Kopf. „Nein. Das geht schon.“

Es musste wehtun. Sonst würde es unerträglich werden.

„Es geht nicht. Hätte ich die Zeit dafür, würde ich dir zwei Spiegel besorgen, damit du dir angucken kannst, wie das hier hinten aussieht. Du kannst froh sein, dass ich ein paar Semester Schönheitschirurgie belegt habe.“

Jim konnte sich nicht helfen, er musste glucksen. „Du willst meinen Arsch liften?“

„Halt die Klappe.“

Das vertraute Stechen im Nacken informierte Jim, dass ihm soeben gegen seinen ausdrücklichen Wunsch ein weiteres Schmerzmittel verabreicht worden war.

„Bones!“

„Ich bin hier der Arzt. Wenn dir nicht gefällt, was ich tue, dann geh woanders hin.“

Jim biss sich auf die Unterlippe. „Ich will nirgendwo anders hingehen.“

„Na bitte. Ich fang jetzt an.“

Das war alle Vorwarnung, die Jim bekam.

Das, was vorher ein stechender Schmerz gewesen war, tarnte sich jetzt als lächerliches Pieken. Es brannte noch immer leicht, wenn Bones die Wunden desinfizierte, aber das hatte Jim schon immer eher gemocht als gefürchtet. Wirklich schlimm waren eigentlich nur Bones’ Hände. Die Fingerspitzen. Die verdammte Wärme, die sie ausstrahlten. Niemand war jemals sanft mit Jim umgegangen, nicht so.

Jim stöhnte leise und vergrub seinen Kopf im Kissen.

Ihm fiel nicht einmal auf, wie er seine Hüften bewegte, wie er sie wieder und wieder gegen die Matratze presste. Bones sagte eine Weile lang nichts dazu, selbst wenn es ihn bei seiner Arbeit behinderte.

Er sah, wie sich Jims Hände ins Bettlaken krallten, sah wie sich nach und nach Jims ganzer Körper anspannte.

„Darf ich dich was fragen?“

Bones’ Stimme klang betont ruhig, und Jim drehte den Kopf zur Seite.

„Hm?“

„Wann hast du zuletzt ja gesagt?“

Jim brauchte einen Moment, um die Frage zu prozessieren. Dann hielt er die Luft an.

„Bones, ich …“

„Muss lange her sein.“

Ein leichtes Stechen, dann Brennen … dann warme Fingerspitzen, die über seine Haut strichen.

Jims Lippen teilten sich zu einem hilflosen Stöhnen. Bones hatte beide Hände an seine Hüften gelegt.

„Du musst dich entspannen, Jim.“

Jetzt strichen sie über seinen Rücken.

„Ich kann das hier nur in Ordnung bringen, wenn du stillhältst.“

Jim versuchte zu nicken. Stattdessen rieb er sich an der Matratze.

„Jim …“

Die Hände kehrten an seine Hüften zurück, hielten sie fest.

Jim kniff die Augen zu. „Bones, bitte …“

„Ich verspreche, mich auch darum zu kümmern … aber nur, wenn du jetzt still hältst.“

Die plötzliche Hitze, die in jeder einzelnen Zelle seines Körpers aufflammte, brannte wie eine Feuerwalze durch Jim hindurch und ließ ihn völlig bewegungsunfähig zurück.

„So ist es gut …“

Bones’ Stimme war rau und leise, und Jim fragte sich nicht zum ersten Mal, wo der Mann all die Selbstbeherrschung hernahm. Manch anderer hätte die Situation ausgenutzt. Jeder andere hätte die Situation ausgenutzt. Hätte sich mit der Versorgung der Wunden Zeit gelassen. Hätte vielleicht erst auf einen Blowjob bestanden, bevor er überhaupt damit anfing.

Jim schluckte trocken und leckte sich über die Lippen.

Bones hatte nie irgendetwas von ihm verlangt. Bones hatte abgewiesen, was ihm angeboten wurde. Bones hatte nie, nicht ein einziges Mal, die Situation ausgenutzt.

Jim sog die Luft ein und hielt sie in seinen Lungen, bis sie zu schmerzen begannen. Erst dann getraute er es sich wieder, zu atmen.

Bones’ Hände machten ihn wahnsinnig. Jims Erektion presste um Aufmerksamkeit heischend gegen die Matratze, hart und heiß und beinahe schon schmerzhaft. Er bewegte ein weiteres Mal seine Hüften, nur ganz leicht, und die Reibung war gleichzeitig himmlisch und Folter.

„Bones …“

„Ich bin gleich fertig, Jim.“

Ein letztes Mal Stechen und Brennen und die Berührung sanfter Fingerspitzen, dann richtete Bones sich auf.

„Ich muss das verbinden. Warte kurz.“

Jim hörte, wie Bones sich zurückzog. Er rieb sich an der Matratze, langsam und verzweifelt.

„Halt still.“

Jim hielt still, seine Kehrseite wurde großflächig verbunden, dann drehten warme, vorsichtige Hände ihn langsam auf die Seite. Jim schloss hastig die Augen. Er wusste nicht, warum, aber die Situation beschämte ihn plötzlich. Bones wollte ihn ja nicht.

Und dann lag Bones plötzlich vor ihm, dicht genug, dass er seine Nähe schmecken konnte, und Jim musste ein Wimmern unterdrücken.

„Nicht …“

„Jim?“

„Nicht … nicht, wenn du nicht willst …“

Lippen berührten seine Wange, nur ganz leicht. Jim öffnete automatisch die Augen.

„Halt dich an mir fest“, sagte Bones leise.

Jim streckte automatisch die Arme aus, legte sie um Bones und presste sein Gesicht an Bones’ Halsbeuge.

Sonne, Hitze … harte, ehrliche Arbeit. Cowboy.

„Soll ich …“

Jim begann, seine Hüften nach vorn zu treiben, noch bevor Bones seine Frage beenden konnte, und Bones legte ihm die Hand in den Nacken und streichelte ihn sanft.

Bones war nackt und er war hart, und Jim keuchte überrascht.

„Du bist … du willst … willst …“

Jim wusste nicht, was er sagte, und als Bones’ Lippen über seinen linken Wangenknochen glitten, wusste er nicht einmal mehr, wie man Worte formte.

Die Nähe war zu viel und sie war nicht genug, und das Schmerzmittel vernebelte ihm die Sinne. Zumindest glaubte Jim, dass es das Schmerzmittel war.

„Mehr …“

Jim brachte nur das eine Wort heraus, und Bones legte eine Hand um sie beide. Er pumpte sie langsam, so als hätte er alle Zeit der Welt, und Jim spürte, wie er gleichzeitig ruhiger und unerträglich erregt wurde. Irgendwas stimmte nicht.

„M-Mehr …“

Jim schloss die Augen und drehte den Kopf auf der Suche nach etwas, von dem er nicht genau wusste, was es war. Er fand Bones’ Lippen, warm und weich, und sie teilten sich, als er seine Zunge dagegen presste.

Jim war in seinem Leben schon oft geküsst worden, aber nie zuvor so. Bones küsste ihn, als meine er es ernst. Als sei das hier mehr als einfach nur ein schneller Fick. Mehr als zwei Kerle, die sich gegenseitig Erleichterung verschafften.

Jim entwich ein Laut, der tief in seiner Kehle entstanden war und sich langsam bis zu seinen Lippen vorgearbeitet hatte. Bones leckte ihn einfach weg, presste seine Lippen fester auf Jims und verschluckte jedes weitere Wimmern, jedes Stöhnen und jedes Keuchen.

Sie kamen gemeinsam, viel weniger hart, als Jim erwartet hatte. Und sie wisperten den Namen des anderen. Jim bekam eine Gänsehaut.

Er war halb eingeschlafen, als Bones das Bett verließ. Er lächelte beinahe, als er spürte, wie Bones das warme Handtuch über seine Brust gleiten ließ. Er schalt sich selbst einen Idioten, als er sich dichter an Bones heran drängte, nachdem dieser sich wieder zu ihm gelegt hatte.

Aber es war ja nur das Schmerzmittel. Ganz bestimmt war es das Schmerzmittel.



~*~



Jim wachte auf, und er fühlte sich geborgen. Es war ein Gefühl, dem er ganz automatisch mit Misstrauen begegnete. Aber als er die Augen aufschlug, lag Bones vor ihm, und er schlief noch und hielt ihn fest, und Jim hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen – und zwar auf die gute Art.

Jim hatte bisher nicht einmal geahnt, dass es eine gute Art gab, keine Luft zu bekommen.

Die Enge in seiner Brust lenkte ihn einen Moment lang von den Schmerzen ab, die seine gesamte Kehrseite in Wellen durchzogen. Die Wirkung des Schmerzmittels hatte sich verflüchtigt, und noch immer fühlte Jim sich merkwürdig leicht und warm. Wurde er jetzt krank?

Jim biss die Zähne zusammen und fluchte unterdrückt, als eine unbedachte Bewegung gleißende Schürhaken auf seinen verlängerten Rücken einstechen ließ.

Es verstand sich von selbst, dass der leise Schmerzenslaut, der Jims Lippen entkam, Bones auf der Stelle weckte.

Er zog seinen Arm von Jim zurück, rutschte aus dem Bett, holte ein Hypo, drückte es an Jims Nacken und löste es aus. Jim gab einen zischenden Laut der Erleichterung von sich. Er klang beinahe selbst wie ein Hypospray.

„Besser?“

Jim nickte und traute sich einen Moment lang nicht, die Augen aufzuschlagen und Bones anzusehen. Er fühlte sich ein wenig, als habe er seinen … seinen Freund in der vergangenen Nacht sexuell belästigt. Und Jim mochte eine nur schwer zu unterdrückende Sexualität besitzen, aber es gab Grenzen, die selbst er nicht übertrat. Das Problem war nur, dass er die Grenzen manchmal schlicht und ergreifend nicht erkennen konnte.

Jim blinzelte vorsichtig, und Bones begegnete seinem Blick offen, direkt und ein wenig besorgt. Jim verstand es nicht. Er begriff überhaupt nichts mehr.

„Warum hast du das gemacht?“

„Weil du es gebraucht hast.“

Die Antwort war ebenso vage und mehrdeutig wie Jims Frage, und Jim spürte etwas in sich auflodern, das er für Zorn hielt.

„Du … das … Was denkst du dir eigentlich?“

Bones grollte leise.

„Was ich mir denke? Ich sehe dich in diesem gottverdammten Shuttle und denke, dass du es keine zwei Wochen an der Akademie aushalten wirst. Ich muss dich wieder und wieder zusammenflicken und denke, dass du eine Gefahr für dich selbst bist. Ich beobachte deinen Alkoholkonsum und deine Bereitwilligkeit, mit allem ins Bett zu steigen, was einen Puls hat, und denke, dass du eine Gefahr für mich bist. Du bietest dich mir an – im Austausch für meine Hilfe, oder weil du betrunken bist, oder als verdammte Entschuldigung, und ich denke, dass ich mich eher umbringe, als eine weitere Kerbe in deinem Brett zu sein.“

Jim schluckte trocken und konnte seinen Blick nicht von Bones’ Augen abwenden. Sie brannten sich in seine, direkt durch die Netzhaut und nahmen den direkten Weg zu etwas, das Jim aus Mangel an Erfahrung mit seiner Libido verwechselte.

„Und dann grinst du mich dämlich an, gibst mir dumme Spitznamen, schenkst mir Bourbon, bleibst einfach nicht weg, egal wie oft ich dich anschnauze, und ich denke, dass Gott einen verdammt merkwürdigen Sinn für Humor hat, weil du auf nahezu perverse Art und Weise der beste Freund bist, den ich je hatte. Das denke ich mir.“

Jim hielt die Luft an, und diese irritierende leichte Wärme, mit der er aufgewacht war, breitete sich kribbelnd in seinem ganzen Körper aus.

„Und wenn du verletzt und blutend in meinem Bett liegst, und aus irgendeinem Grund, über den ich nicht allzu genau nachdenken möchte, einen Ständer bekommst, dann kümmere ich mich darum. Um alles andere habe ich mich schließlich auch gekümmert. Und entschuldige bitte, wenn mein Körper darauf nicht völlig gleichgültig reagiert … ich bin auch nur ein Mensch.“

Bones wirkte mit einem Mal ein wenig erschöpft, und Jim wollte aufstehen, ihn in die Arme nehmen und drücken. Das Bedürfnis war neu und erschreckend und fühlte sich sehr, sehr gut an.

„Ok“, sagte er leise.

Bones knurrte ihn an. „Das will ich jawohl meinen!“

Jim lächelte. Es war ein Lächeln, das seine Augen erreichte, und Bones’ gewitterumwölkte Stirn ein wenig aufklarte.

„Frühstück“, sagte Bones und wandte sich ab.

Jim schloss die Augen und vergrub sein Gesicht im Kopfkissen. Es roch nach Weichspüler und nach Bones: Eine nahezu Zen inspirierende Geruchskombination. Jim schnaufte zufrieden.
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