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1.01 - Erste Eindrücke

von Emony, Ranya

Das 602

Uhura konnte nicht glauben, dass sie sich von ihrer Mitbewohnerin hatte überreden lassen, tatsächlich mit in dieses Lokal zu gehen. Im Grunde war es gemütlich, und die Musik traf sogar ihren Geschmack, aber es wimmelte nur so von Kadetten. Offenbar war das ‚602’ der Lieblingstreff der gesamten Starfleet Academy.

„Da hinten ist noch eine Ecke frei“, rief Gaila über die Musik und die Unterhaltungen der anderen hinweg und gab Uhura ein kleines Handzeichen. Diese nickte und folgte Gaila in den hinteren Bereich.

Sie hatte sich fest vorgenommen, dass dieser Abend eine Ausnahme sein, und sie keineswegs allzu oft ausgehen würde. Durch Starfleet bekam sie endlich die Möglichkeit zahlreiche neue Sprachen zu lernen. Außerirdische Sprachen. Und sie konnte es kaum erwarten, sich mit all ihrer Kraft reinzuhängen und Jahrgangsbeste zu werden, damit ihre Eltern stolz auf sie sein konnten.

„Du hättest dir eins meiner Kleider leihen können“, sagte Gaila und winkte bereits einen Kellner heran.

„Wozu?“ Uhura sah an sich hinab. Sie hatte sich für eine einfache, schwarze Hose und ein nicht allzu gewagtes Oberteil entschieden.

„Du bist zu hübsch, um dich hinter solchen Klamotten zu verstecken“, war Gailas einfache Antwort.

Uhura hob daraufhin eine Augenbraue. „Bist du lesbisch?“

„Nicht direkt“, erwiderte Gaila, verspielt grinsend, „aber kann ich dich nicht dennoch hübsch finden?“

Uhura wusste nichts darauf zu erwidern. Er war nicht so, dass sie etwas gegen Homosexuelle hatte, aber sie selbst war nun mal nicht an Frauen interessiert. Sie hatte nie darauf geachtet, ob ihre Bekannten gutaussehend waren oder nicht. Für sie zählten stets nur die inneren Werte.

„Sieh mal“, fuhr Gaila fort, nachdem Uhura sie nur schweigend musterte, „ich will dich nicht anmachen. Ich finde nur, dass du einen unglaublichen Körper hast, den du ruhig ein bisschen zeigen könntest.“

„Schau mal einer an, wer sich hierher verirrt hat“, erklang plötzlich hinter Uhura eine ihr nur allzu vertraute Männerstimme.

Sie seufzte, verdrehte die Augen und wandte sich mit entschuldigender Miene von Gaila ab. Diese strahlte den Neuankömmling an und musterte ihn sofort eingehend, wenngleich er nur Augen für Uhura zu haben schien.

„Kirk“, grüße Uhura knapp, „war nett mit Ihnen zu plaudern.“ Sie wollte sich bereits aus dem Staub machen, als Gaila sie aufhielt.

„Willst du mich nicht vorstellen?“

„Gaila, das ist Jim Kirk. Kirk, das ist meine Mitbewohnerin Gaila. Viel Spaß euch beiden.“ Sie machte einen fast unmerklichen Knicks und drängte sich rasch an Kirk vorbei. Sie war sich der Tatsache bewusst, dass sie ausgesprochen unhöflich gewesen war, aber sie konnte Kerle wie Kirk einfach nicht ausstehen, und da Gaila offenbar sofort ein Auge auf ihn geworfen hatte – was Uhura letztlich nur recht sein konnte – hatte sie keinen Sinn darin gesehen, falsche Höflichkeiten auszutauschen und länger als nötig zu verweilen.

„Deine Mitbewohnerin ist ganz schön kalt“, bemerkte Kirk und sah Uhura ein wenig wehmütig nach.

Gaila zuckte die Schultern. „Ich glaube, sie tut nur so. Das ist ein Schutzwall, den einfach mal jemand einreißen muss.“

„Hört sich an, als wärst du auch abgeblitzt“, grinste Kirk.

„Immerhin teile ich mein Schlafzimmer mit ihr. Kannst du das auch von dir behaupten?“, fragte sie und grinste ihn herausfordernd an.

Kirk biss sich auf die Unterlippe. „Gaila, kann ich dich auf einen Drink einladen?“ Er wollte unbedingt mehr erfahren.

Wie aufs Stichwort kam endlich der Kellner zu ihnen herüber, den Gaila schon vor einigen Minuten zu sich gewunken hatte. Sie ließ sich nur allzu gern von Kirk einladen.

***

„Warum soll ausgerechnet ich ihn fragen?“, wollte die Schwesternschülerin von der Oberschwester wissen. „Er ist den ganzen Tag schon mürrisch und ich …“ Sie traute sich nicht, den Arzt anzusprechen, wenn sie ehrlich war. Das wollte sie ihrer Vorgesetzten gegenüber jedoch nicht zugeben.

„Sie waren letztes Jahr die Neue, Christine, das ist eben Tradition bei uns.“

Die junge blonde Frau schloss einen Moment resignierend die Augen und sah hinüber zu dem Arzt, der gerade seinen letzten Patienten untersucht hatte und schließlich entließ.

„Er wird schon nicht beißen“, feixte die Oberschwester.

„So sicher bin ich mir da gar nicht“, erwiderte Christine und entfernte sich mit zögerlichen Schritten. „Verzeihung, Doktor“, brachte sie mit kaum vernehmbarer Stimme hervor, die keinen Zweifel daran ließ, dass sie bereits jetzt eingeschüchtert war.

Er wandte sich zu ihr herum. „Ja, Schwester … Chapel, richtig?“

Sie schluckte und nickte. „Richtig, Doktor McCoy. Ich … das heißt … wir“, Chapel wandte sich zu der Oberschwester um, „wollten Sie gerne auf einen Drink einladen. Zum besseren Kennenlernen.“

McCoy sah über Chapels Schulter hinüber zur Oberschwester, die scheinbar geschäftig ihren Arbeitsplatz aufräumte, ehe er wieder die Schwesternschülerin betrachtete. „Ich würde es vorziehen, ein rein professionelles Verhältnis zu meinen Kollegen zu halten.“

Chapel drehte sich hilfesuchend zu ihrer Vorgesetzten um, die jedoch viel zu offensichtlich versuchte, nicht zu den beiden rüberzublicken, als dass es echt wirkte. Chapel schluckte schwer und sah wieder zu McCoy auf, der ein ganzes Stück größer war als sie. Chapel durfte von ihr keine Hilfe erwarten. „Es ist Tradition hier, Doktor. Der Neuling wird am ersten Abend eingeladen. Ich war letztes Jahr nicht weniger zurückhaltend als Sie.“

Ihre offene Art fand Anklang bei ihm. McCoy hob eine Augenbraue. „Tradition, hm?“ Eigentlich war er viel zu erschöpft, und wie er schon Kirk erklärt hatte, war er nur hier, um sich eine neue Zukunft aufzubauen. Jedoch war er auch ein Mann, der Traditionen schätzte, und so nickte er der jungen Frau zu. „Einverstanden, ein Drink kann ja nicht schaden.“

Chapels angespannte Züge lockerten sich sofort, und ihr war, als fiele ihr ein Stein vom Herzen. Sie konnte nur hoffen, dass die Angst vor diesem Mann nicht ewig anhalten würde. Andernfalls würden ihr ein paar sehr lange Jahre bevorstehen.

***

Jim genoss die Unterhaltung mit Gaila, auch wenn diese ihm nur allzu gern auswich, sobald er mehr über Uhura in Erfahrung bringen wollte. Allerdings wurde er den Verdacht nicht los, dass Gaila ein zunehmendes Interesse an ihm entwickelte, welches er nicht unbedingt erwiderte. Warum konnte er selbst nicht sagen. Gaila war wunderschön, umwerfend sexy sogar, aber … sie stellte keine Herausforderung dar.

Sie lehnte sich ihm gerade lasziv entgegen, um ihm einen sagenhaften Blick in ihren Ausschnitt zu gewähren, als er hinter ihr niemand geringeren als Doktor McCoy und drei weitere Leute aus dem medizinischen Stab hereinkommen sah. Er schenkte Gaila nicht mehr als einen entschuldigenden Blick, ehe er sich erhob. „Ich will eben jemandem hallo sagen. Warte nicht auf mich.“

Als Kirk mit diesen Worten verschwand, sah Gaila ihm gleichermaßen enttäuscht wie frustriert hinterher. Nicht zu fassen, dass er offenbar vollkommen unempfänglich für ihre Avancen war. Das war ihr noch nie passiert. Allerdings war Gaila nicht allzu lang allein. Keine Minute, nachdem Kirk sie hatte sitzen lassen, tauchte eine Gruppe durchaus interessierter Kadetten an ihrem Tisch auf.

„Darf ich dich jetzt auf einen Drink einladen?“, fragte Jim, kaum dass er McCoy erreichte und nickte den übrigen Neuankömmlingen zur Begrüßung zu.

„Ich hab schon eine Einladung bekommen“, erwiderte McCoy ablehnend und sah zu Chapel hinüber, die ihn unsicher anlächelte.

Jim musterte den Arzt einen Moment lang, ehe er der attraktiven Blondine Beachtung schenkte. Der andere Mann, ebenfalls ein Arzt, wie Kirk vermutete und die Oberschwester, die er am Nachmittag flüchtig kennengelernt hatte, suchten nach einem freien Platz für ihre Gruppe. Jims Blick wanderte von der Krankenschwester zu McCoy und wieder zurück. „Schade, vielleicht ein anderes Mal.“

„Wohl kaum“, raunte McCoy.

Kirk seufzte. Er wusste, wann er unwillkommen war. „Bis irgendwann dann“, sagte er schließlich und trottete wie ein getretener Welpe davon.

Chapel sah ihm mitfühlend nach. „Er hätte sich auch zu uns setzen können. Ist er ein Freund von Ihnen, Doktor?“

McCoy lachte freudlos auf. „Nein, sicher nicht. Nur jemand, der im Shuttle hierher zufällig neben mir saß.“

„Da drüben wird gerade ein Tisch frei“, wandte sich die Oberschwester an ihre Kollegen und nickte in die entsprechende Richtung.

***

Der Abend war nicht ganz so verlaufen, wie Jim ihn sich vorgestellt hatte. Daher beschloss er nach ein paar Stunden, den Rückzug anzutreten. Es war eine angenehme Nacht, windstill und kühl. Nach der stickigen Luft im Club eine willkommene Abwechslung. Jim war zu Fuß auf dem Weg zurück zu seinem Wohnheim, als ein Stimmengewirr, ganz in seiner Nähe, seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Und eine der Stimmen kam ihm durchaus bekannt vor. Es war Gailas Stimme und sie klang keineswegs so, wie er sie den Abend über kennen gelernt hatte. Ihre Stimme war nicht sanft und warm, sondern schrill und schon fast ängstlich.

„Komm schon, das wird sicher lustig.“

„Ich hab gesagt, ich will nicht!“

Verschiedene Männerstimmen lachten durcheinander.

„Da hast du uns den ganzen Abend über aber ziemlich verarscht.“

Jim folgte den Stimmen und fand die kleine Gruppe, bestehend aus Gaila und drei Männern, höchstwahrscheinlich ebenfalls Kadetten, im Schutz einer schlecht beleuchteten Gasse.

„Du hast uns sämtliche Drinks zahlen lassen, da dürfen wir doch sicher ein wenig mehr als die kalte Schulter von dir erwarten.“

„Hey!“, rief Jim und zog damit sämtliche Aufmerksamkeit auf sich.

„Verpiss dich!“, blökte einer der Kadetten zurück.

„Gaila, alles okay?“, erkundigte sich Jim und scherte sich einen Dreck darum, ob er willkommen war oder nicht. Er hatte den ganzen Abend nur Ablehnung erfahren. Er war durchaus daran gewohnt.

Die Orionerin schüttelte den Kopf. Kirk konnte sehen, dass sie in ihrer Angst begonnen hatte zu weinen. Er näherte sich der Gruppe weiter.

„Lasst das Mädchen zufrieden, oder ich melde euch“, warnte Jim die drei Kadetten, die Gaila ganz offensichtlich bedrängten. „Gaila, komm her.“ Er streckte seine linke Hand nach ihr aus.

Sie nickte und wollte zu ihm flüchten, aber einer der drei Fremden hielt sie grob am Arm fest. „Du schuldest uns noch was.“

Jim ging weiter auf die Gruppe zu. „Lass sie sofort los, oder du kannst was erleben.“

„Du bist nur einer, du Penner! Also mach’, dass du verschwindest, ehe …“

„Ich gehe nirgendwohin, solange ihr das Mädchen nicht zufriedenlasst.“ Jims Stimme war fest, aber leise. Er wollte nicht die Aufmerksamkeit der ganzen Nachbarschaft auf sich ziehen. Das Herz hämmerte ihm wild in der Brust, aber er ließ sich die Aufregung nicht anmerken. Erneut winkte er Gaila zu sich, die vergeblich versuchte, sich aus dem eisernen Griff eines der Männer zu befreien.

Der Größte der Gruppe verlor die Geduld und schnellte auf Kirk zu. Jedoch hatte dieser den Angriff vorhergesehen. Die Drei waren zu betrunken, um klar denken zu können, und nicht mehr unbedingt in der motorischen Verfassung ein wirkliches Problem für Jim darzustellen. Allerdings, und das musste er sich eingestehen, war er ebenfalls nicht mehr nüchtern - und ganz klar in der Minderheit. Er duckte sich jedoch gewandt unter der ersten auf ihn zuschnellenden Faust hindurch, drehte sich flink um und hieb dem Schläger seinerseits die geballte Faust in den Leib.

„Pass auf, Jim!“, gellte Gailas Schrei durch die dunkle Straße, doch es war bereits zu spät.

Im selben Augenblick traf ein harter Schlag sein Genick. Ihm war, als zöge jemand den Boden unter seinen Füßen fort, als er ächzend in die Knie ging.

Jim versuchte sich gegen das Trio zu wehren, so gut es ging, doch immer wieder trafen ihn harte Schläge und Tritte, die er unmöglich aus sämtlichen Richtungen abwehren konnte. Und er selbst konnte nur hin und wieder einen gezielten Treffer landen. Unterbewusst hörte er Gailas verzweifelte Schreie, die jedoch nach einiger Zeit leiser wurden. Es dauerte eine Weile, bis Jim begriff, dass sie davon gerannt war und ihn allein zurück gelassen hatte.

***

„Hilfe!“, schrie Gaila, als die das ‚602’ wieder erreichte. Ein paar der Leute versuchten sie absichtlich zu ignorieren, aber die meisten Besucher wandten sich ihr doch interessiert zu. „Jemand muss die Sicherheit rufen. Bitte, sie prügeln ihn zu dritt.“

McCoy stand sofort von seinem Platz auf und ging zu Gaila hinüber. „Wer wird verprügelt?“

„Jim. Sie schlagen zu dritt auf ihn ein! Er hat nur versucht mir zu helfen und sie … Bitte, ruft doch endlich jemand die Sicherheit!“ Sie zitterte am ganzen Leib und ihre Stimme bebte.

McCoy legte ihr die Hände auf die Schulter und zwang sie, ihn wieder anzusehen. „Wo sind sie?“

„Nicht weit von hier. Ich weiß die Straße nicht und ich hab meinen Kommunikator nicht dabei gehabt, sonst hätte ich gleich dort Hilfe für ihn geholt, ich …“

„Schon gut“, unterbrach McCoy sie barsch, „bringen Sie mich hin.“

„Aber …“ Gaila machte sich nicht unberechtigt Sorgen, dass die drei den Arzt ebenfalls verprügeln würden, sobald er sich einmischte. Was hatte sie nur getan? Sie hatte doch nichts weiter als einen lustigen Abend haben wollen.

„Ich komme mit“, sagte Chapel und nickte McCoy zuversichtlich zu.

Gaila sah verzweifelt in die vielen Gesichter um sie herum. Einige Leute schüttelten den Kopf, als wollten sie sagen, dass es ihre Schuld war. Manche schienen ratlos zu sein, denn sie konnte ja nicht sagen, wohin die Hilfe geschickt werden sollte.

Der Mann vor ihr riss ungeduldig an ihrer Schulter und schüttelte sie einen Augenblick durch. „Los jetzt!“, herrschte er sie zornig an und sie nickte benommen, ehe sie sich auf dem Absatz umdrehte und erneut losrannte.
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