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Die Amazone

von Die Katze mit Krawatte

Kapitel 2

Computerlogbuch der Enterprise, Commander Riker. Nachtrag. Der Zeitpunkt und die Koordinaten für das Treffen mit den Amazonen stehen fest. Captain Picard, Councelor Troi, Lieutenant Yar, Commander Data und La Forge beamen nach unten auf den Planeten, um über das Platin zu verhandeln. Ich verbleibe auf der Brücke.

Die fünf fanden sich nach dem Beamen auf einer Lichtung inmitten einer urwaldähnlichen Umgebung wieder. Es gab keinen Weg aus Holz, oder aus irgendeinem anderen Material, nur rotbraune Erde. Die Luft war stickig, warm, doch es wehte ein leichter Wind. Beinahe sofort fühlten sich alle abgesehen von dem Androiden etwas unwohl; ein solches Klima war nicht einer von ihnen gewohnt. Erst, nachdem Picard ganz tief Luft geholt hatte, konnte er sich ein bisschen besser konzentrieren und bemerkte den Mann, der vor ihnen stand.
Klingen an den Ellbogen, beinahe so dunkle Haut wie La Forge, regenbogenfarbene Augen, schwarzes, lockiges Haar und eine kräftige Statur, mit schlichten Stoffen bedeckt. Er beugte sich vor, die Hände hinter dem Rücken verschränkt und murmelte etwas mit gesenktem Blick. Dann sah er auf.
„Folgggen Zie mrr“, kam es von seinen vollen Lippen, und die Besucher konnten nur durch seinen darauffolgenden Abgang erraten, worum es sich bei dem holprig ausgesprochenen Satz handelte. Es war anzunehmen, dass der Amazone ihn vor kurzer Zeit gelernt haben musste.
Picard, Troi, Yar, Data und La Forge liefen dem zügig voranschreitenden Mann nach, der sie über einen nicht allzu breiten Trampelpfad durch den Dschungel führte. Er schien etwas zu murmeln, leise, mit monotoner Stimme.
„Mr. Data, wissen Sie etwas von dem Gemurmel da vorne?“, raunte Picard seinem zweiten Offizier zu.
„Bedaure, Captain.“
„Councelor?“
„Er wirkt unerfreut. Ich spüre eine gewisse Abneigung dieser Situation gegenüber, auch wenn sie sich nicht direkt gegen uns richtet“, erwiderte Troi leise.
Der Singsang stoppte kurz, der Mann sah zurück, dann wieder nach vorne.
„Äußerst merkwürdig“, sagte Picard mehr zu sich selbst als zu jemand anderem.
Der Wald lichtete sich etwas, und es war bereits das Ende des Weges zu erkennen. Das, was danach kam, machte trotz der Schlichtheit der Umgebung einen immensen Eindruck auf die Besucher des Planeten.
Ein langer Weg, an dessen Seiten zwei riesige, breite Stufen säumten. Sie bestanden aus Stein, waren mit hellen Tüchern verziert, eigenartigen Blumen. Die Amazonen, die auf ihnen saßen, waren teils männlich, teils weiblich. Manche von ihnen redeten, einige beschäftigten sich mit etwas, andere saßen nur da und beobachteten, wie die fremden Wesen beobachtend den Gang entlang schritten. Jeder von ihnen zeigte ähnliche Merkmale wie der Führer, die Königin und die Amazone, die der Enterprise die Koordinaten mitgeteilt hatte. Nur die Hautfarbe, die Haarstruktur und einige Gesichtsmerkmale unterschieden sich. Was dem Captain aber vor allem Sorge bereitete, waren die Klingen.
Hinter den Treppen sah man die hölzernen Dächer primitiv aussehender Häuser, die nicht mehr als zwei Stockwerke hatten. Das Hauptdorf war nicht besonders groß, oder aber es war nur ein Zentrum, in dem sie empfangen wurden. Denn dahinter befand sich nichts weiter als Wald.
Das wohl Wertvollste, das die Leute der Enterprise sahen, war der Thron, auf den sie zugingen; dieser bildete das Ende des Ganges. Im Vergleich mit den Thronen, die Menschenkönige zu ihren Zeiten besessen hatten, war es ein nichts. Doch in der Umgebung war die mit bunten Perlen, knochenartigen Gebilden, Pflanzen und Tüchern verzierte Sitzgelegenheit etwas Glamouröses. Auf seine eigene, etwas skurrile Weise strahlte er Schönheit aus. Und Louesque, die auf ihm saß, ebenfalls.
Der Führer der kleinen Gruppe hastete zu seiner Königin, vollführte dieselbe Begrüßung wie bei den Ankömmlingen und kniete sich dann vor den Thron, um der Frau demütig seine Handrücken hinzuhalten. Louesque küsste sie beide, sagte etwas zu ihm, dann stand er auf und ging zur Seite. Sie selbst aber blickte den Captain an und erwartete, dass dieser sie wieder zuerst begrüßte. Nach den Höflichkeitsformen der Amazonen gehörte es sich so, dass der Rangniedere oder derjenige, der etwas von einem anderen erbat, die Begrüßung immer zuerst vollführte. Das zeigte einen gewissen Respekt.
„Wir bedanken uns für Ihre Genehmigung zu landen und Ihre Bereitschaft, mit uns zu handeln, Königin Louesque“, verstand Picard irgendwann.
„Es ist uns eine F-Freude, Sie auf unserem Planeten willkommen zu heißen, Captain“, erwiderte Louesque mit erhabener Stimme.
Sobald die Konversation begonnen hatte, waren alle anwesenden Amazonen aufmerksam geworden. Etwa dreißig Augenpaare musterten die Fremden misstrauisch, hörten den Worten zu, die sie nicht verstanden. Bis auf Omnicen Toares, die vor kurzer Zeit ebenfalls Kontakt mit dem Raumschiff gehabt hatte. Doch von Freude war auch bei ihr wenig zu spüren, wie Deanna Troi feststellen durfte.
„Gibt es… Gefälligkeiten… An-Annehmlichkeiten, die wir Ihnen und Ihrer Besatzung bieten können, Captain?“, fragte die Königin höflich.
„Danke, nein, wir sind in Ordnung.“
„Es stehen Räume für Sie und ihre Begleiter bereit. Für das Fall, dass Sie müde sind von der Reise“, informierte Louesque und erhob sich von ihrem Thron. Bei dieser Gelegenheit bemerkte Picard, dass sie keine Schuhe trug. „Andernfalls können Sie mir nun in mein Z-Zimmer folgen, in dem wir die Verhandlungen führen.“
„Das wäre uns am liebsten, Königin.“
„Ihr Wunsch.“
Sie schnalzte mit der Zunge und rief etwas Unverständliches zu ihrer linken, wo anscheinend unbemerkt eine andere Frau gestanden hatte. Sie nickte, beide vollführten das Abschiedsritual, dann wandte sich die Königin zum Gehen.
Die Gruppe lief ihr nach, folgte der Amazone, die hinter ihren Thron trat und die Granittreppen umging, bis hin zu einer der Hütten. Sie war tatsächlich primitiv, doch sie verfügte über eine Tür und Fenster. Wenigstens etwas. Doch innen war es spärlich eingerichtet, nicht viel mehr als ein Schreibtisch und drei Stühle. Es war zu vermuten, dass die Amazonen nicht besonders viel Zeit drinnen verbrachten.
„Das Zimmer für… Konferenzen steht mir nicht zur Verfügung, nur während der Jiongtschas, und nicht für Fremde“, erklärte Louesque ruhig und nahm hinter dem Schreibtisch Platz, ohne zu explizieren, was dieser Begriff bedeutete.
Picard und Troi setzten sich, die anderen zogen es vor zu stehen.
„Jiongtschas?“, fragte der Captain also nach.
Die Königin dachte kurz darüber nach, wie sie es erklären könnte.
„Eine… ein Treffen von fünfzehn Ältesten, kurz vor Eintritt der dritten…Regenzeit. Niemand hat dann Zugang, nicht ich, niemand“, sagte sie. „Was dabei besprochen wird, tritt nicht an die Öffentlichkeit, sie wird nur von den Auserwählten an Auserwählte weitergegeben. Ein Brechen der Regeln wird bestraft.“
„Womit bestraft?“, wollte Yar wissen.
Louesque sah die Menschenfrau mit aufrichtigem Interesse an.
„Sie helfen“, stellte die Amazone fest.
„Sie werden damit bestraft, dass sie helfen müssen?“, fragte La Forge verdutzt.
„Nein. Sie hilft. Sie… dient. Sie hat keinen hohen Rang“, meinte Louesque, und hier wurde klar, dass sie sich auf Natasha Yar bezog, nicht auf die Auserwählten.
„Lieutenant Yar ist ein geschätztes Mitglied der Enterprise“, berichtigte Picard und zog damit wieder die Aufmerksamkeit der Amazone auf sich.
Kurz herrschte Stille, es war schwer, auf dem unbewegten Gesicht einen Gedanken abzulesen. Selbst Troi konnte ihre Emotionen nur sehr schwer erkennen, als wären sie in einem Nebel versteckt. Aus diesem Grund verstand sie auch die nächste Handlung der Amazone nicht.
Louesque stand auf, durchwanderte das Zimmer bis zur Tür und richtete ihre geöffneten Hände Richtung Zimmerboden. Dann sprach sie einige Sätze in ihrer Sprache, in einem meditativen Tonfall und in höchster Konzentration. Aus dem Nichts zog sich ein Kraftfeld hoch, geleitet von der Königin der Amazonen. Es sah aus, als würde sie sich und ihre Gäste in dem Zimmer einsperren, und sofort reagierten die anderen: Yar, La Forge und Data zückten ihre Phaser. Picard und Troi erhoben sich von dem unbequemen Holzstuhl, bereit, einem potentiellen Kampf ins Gesicht zu sehen. Louesque aber vollendete das Kraftfeld, drehte sich um- und musterte die Waffen mit ruhiger Gelassenheit und milder Überraschung, ehe sie sich zurück auf ihren Platz begab.
„Captain, Ihre Waffen werden nicht viel ausrichten. Nicht gegen meine Maßnahme, um vor- vor Zuhörern zu schützen, noch gegen irgendjemanden hier auf dem Planeten. Unsere Götter schützen uns“, sagte sie.
Diese simple Behauptung klang in den Ohren der Menschen und des Androiden reichlich lächerlich, doch zumindest waren sie beruhigt. Alle steckten die Phaser weg, und Picard atmete kaum merklich auf.
„Weshalb ist es wichtig, dass niemand lauscht?“, wollte er wissen.
Sie sah ihm direkt ins Gesicht, in ihren bunten Augen erschien ein äußerst ernster Ausdruck.
„Das Volk ist nicht be-begeistert, wenn Fremde zu uns kommen“, meinte Louesque. „Die Traditionen unserer Ahnen… sie hinterlassen uns Rituale und Dinge, in die sich arrogante Fremde oft einzumischen gedenken. Uns ist das, was passiert ist, wichtig. Neue Sachen bringen oft Probleme, und mein Volk weigert sich… Probleme auf sich zu laden. Sämtliche Reisende, die bisher hier waren, wurden abgewiesen, im besten Fall vertrieben. Nach Maßstäben unserer Kultur bin ich viel zu gütig zu Ihnen allen.“ Ihr Blick schweifte zu den anwesenden Personen. „Nach Maßstäben unseres Volkes… war es gütig, dass Sie mit Worten begrüßt wurden, nicht mit Waffen.“
Diese Worte mussten erst mal sacken.
„Und weshalb haben Sie sich bereit erklärt, mit uns zu handeln?“, forschte Picard nach.
Louesque sah ein paar Sekunden hinab auf das Holz.
„Wir sind technisch… technisch nicht bewandert wie Sie. Und ich weiß, dass Kriege herrschen um die Sterne herum. Auf und zwischen Planeten. Unser Volk wird untergehen, wenn wir uns nicht anpassen. Deshalb handele ich, um den Wesen bei den Sternen gute Erinnerungen an uns zu geben. Sie sind die ersten. Und meinem Volk miss… gefällt das das nicht. Sie wollen unter sich sein. Doch ich muss Opfer bringen.“
Sie sprach beherrscht, logisch, trotz ihrem Akzent und ihrer sprachlichen Unsicherheit. Als wäre es nicht wichtig, dass ihr Volk sie womöglich dafür verabscheute, dass sie ihm eine bessere Zukunft verschaffen wollte.
„Sie meinen also, wir könnten hier angegriffen werden?“, fragte Yar nach.
„Nicht, wenn wir so handeln, wie es die Tradition will“, antwortete Louesque.
Captain Picard gefiel das Ganze nicht so recht, er war sich nicht sicher, ob sie sich mit diesem Handel nicht eventuell zu sehr in das Leben der Amazonen einmischten, ob sie nicht gegen die Hauptdirektive verstießen. Andererseits brauchten sie das Platin dringend, und nach seinem derzeitigen Wissensstand war die Produktion dieses Metalls auf Amazonain beinahe schon erschreckend einfach.
„Was… sieht Ihre Tradition für einen Handel vor?“
„Einen Mann“, sagte Louesque ungerührt. „Wir geben Ihnen das Platin im Austausch gegen einen Mann.“
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