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Star Trek: The Depths of Space

von markusroth86

Prolog

Quantenrealität 4742
Das Jahr 2365

Die Fenster des kleinen Hauses standen offen und ließen die milde Luft herein, deren Geruch sich auf unterschwellige Weise von dem der vorhergegangenen Tage unterschied. Es war der erste, einigermaßen warme Tag gewesen. Noch zu kalt um schon gänzlich zum Frühling gezählt zu werden aber bereits angenehm genug, um sich ohne zu frieren im Freien bewegen zu können.

Auch der Sonnenuntergang passte nicht ganz ins Bild eines warmen Frühlingsabends, war aber gewissermaßen ein Vorbote auf die kommenden, wärmeren Tage. Der Geruch vom Ende der kalten Jahreszeit lag in der Luft. Menschen, die schon lange in jener Gegend wohnten, konnten bereits anhand dieses Details sagen, dass der Winter sich wohl kein letztes Mal mehr aufbäumen, sondern bis zu seiner Rückkehr gegen Ende des Jahres warten würde.

Ein Tag wie dieser war für Anfang März ungewöhnlich. Jedoch erinnerte sich Jonathan Hayes, der bereits seit einiger Zeit dieses Haus bewohnte, an einige ähnlich frühe Abschiede des Winters. Er ließ seinen Blick durch die Fenster seines Wohnzimmers gleiten. Draußen verschwand die Sonne gerade hinter einer Bergkette. Die wenigen Wolken schienen im Dämmerlicht mit dem Himmel zu verschmelzen und der Nordstern, der, wie Hayes wusste, eigentlich Alpha Ursae Minoris war, begann bereits heller zu werden.

Admiral Bergstrohm, der den Fenstern am nächsten saß, seufzte und tippte auf eine kleine Tischlampe, die daraufhin zu leuchten begann. Der Mann, der zu seiner Rechten saß, Paolo Curiosa, lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen.

Die Anwesenden wirkten mittlerweile recht erschöpft, was nicht verwunderte, denn das inoffizielle Beratungstreffen, das Admiral Hayes in seinem eigenen Haus anberaumt hatte, dauerte nun schon einige Stunden. Die einzige, die keine wirklichen Ermüdungserscheinungen zeigte, war Viceadmiral Raphaela Elbrey. Sie war die Leiterin von Hayes wissenschaftlichem Stab. Und sie war es vor allem deswegen, weil sie niemals müde zu werden schien. Admiral Hayes fragte sich, woran das liegen mochte. Vielleicht betrieb sie private Forschungen und hatte eine Art Superkoffein erfunden. Oder es lag daran, dass sie gute fünfzehn Jahre jünger war, als er und Admiral Bergstrohm.

Dieser seufzte erneut. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die offene und zwanglose Atmosphäre des Treffens langsam schwand. Admiral Hayes hatte das Treffen hauptsächlich darum in seinem Haus stattfinden lassen, weil er gehofft hatte, einige inoffizielle Meinungen zu hören, die man ihm sonst nicht so bereitwillig offenbart hätte. Der Wein, den er seinen Gästen angeboten hatte, diente demselben Zweck.

Doch trotz aller Bemühungen wurde die Unterredung langsam wirklich zäh. Was zum einen an der bereits verstrichenen Dauer des Treffens lag und zum anderen an den vier unterschiedlichen Meinungen der Anwesenden über ein ganz bestimmtes Thema.

»Wie schon gesagt, John«, ergriff Admiral Bergstrohm endlich wieder das Wort, »ich finde nicht, dass wir ihm dieses Kommando geben sollten. Er hatte weiß Gott genug Chancen.«

Raphaela Elbrey räusperte sich, wie sie es häufig tat, bevor sie etwas sagte. »Eine gewisse Abneigung gegen Autorität kann man ihm durchaus nachsagen – zumindest war es so, als ich seine Klasse auf der Akademie unterrichtet habe.«

Bergstrohm, der gerade einen Schluck aus seinem noch fast vollen Weinglas genommen hatte, warf sofort ein: »Dem kann wohl keiner widersprechen. Mittlerweile weiß ich gar nicht mehr, wieso ich damals dafür gestimmt habe, ihn doch für den Kommandolehrgang zuzulassen.« Ein Moment der Ruhe folgte. Niemand hatte mit einer derart harschen Aussage gerechnet. Darum hatte es den anderen für kurze Zeit die Sprache verschlagen.

Commander Curiosa, Admiral Hayes Attaché, machte schon lange den Eindruck, als ob er etwas sagen wollte. Nun lehnte er sich mit den Händen auf die Beine gelegt nach vorne und beendete das Schweigen. »Jedenfalls hat er den Kurs abgeschlossen und seine Abschlussnoten waren ausreichend.«

»Stimmt. Sie waren ausreichend«, konterte Viceadmiral Elbrey sofort. »Und wenn ich ›ausreichend‹ sage, dann meine ich keinesfalls mehr als das.«

Im Gegensatz zu seinem Attaché lehnte sich Admiral Hayes gerne zurück, bevor er etwas sagte. Bevor er jedoch das Wort ergriff, nahm er noch einen Schluck aus seinem Glas. »Ich weiß, was Sie meinen«, beteuerte er. »Ich selbst war auch ziemlich enttäuscht von ihm. Aber er hat auch einige Leistungen vollbracht, die man ihm nicht absprechen kann.«

Admiral Hayes dachte an die vergangenen Jahre, in denen er nichts mehr von jenem bestimmten Kandidaten gehört hatte, den er nun für ein Kommando nominieren wollte.

»Keiner von Ihnen würde ihn heute wiedererkennen«, warf Paolo Curiosa energisch ein. »Es sei denn, man wollte nur sehen, was man sehen will.« Damit erntete er einige überraschte Blicke. Admiral Hayes hingegen lächelte. Er mochte es, wie Curiosa manchmal über die üblichen Benimmregeln hinwegsah, wenn er es für nötig hielt. Er war kein Attaché der Diktate aufnahm oder Termine vereinbarte, sondern konnte auch zur Genüge Kontra geben, wenn er mit etwas nicht einverstanden war.

»Wie Sie wissen, waren wir in der gleichen Klasse«, fuhr Curiosa deutlich ruhiger fort. »Daher habe ich noch gelegentlich Kontakt zu ihm. Und das einzig Negative, das mir einfallen würde, ist, dass er seine Lektion vielleicht ein bisschen zu gut gelernt hat.«

»Eben das sehe ich genauso. Er ist ein guter Mann«, fügte Admiral Hayes an.

Viceadmiral Elbrey räusperte sich erneut. Dieses Mal jedoch ungleich lauter: »Mit Verlaub, Sir. Wir können keinen Posten an jemanden vergeben, bloß weil wir ihn für einen netten Kerl halten.«

Admiral Hayes unterdrückte ein Seufzen. Er hatte schon manche schwere Besprechung hinter sich gebracht, aber dieses würde sich ganz sicher in die Auswahl wirklicher Härtefälle einreihen. Dies lag auch daran, dass seine Gesprächspartner durchaus nicht unrecht hatten, mit dem was sie sagten.

Daher wählte Admiral Hayes seine nächsten Worte genau: »Das letzte Mal haben wir ihn zum Commander befördert, damit wir ihm eine Stelle geben konnten, in der er keinen Ärger mehr verursachen würde. Er hat die Nachricht verstanden und hat sich trotzdem bemüht. Dass seine Anstrengungen nicht ankamen war, meiner Meinung nach, nicht sein Fehler.«

Viceadmiral Elbrey und Commander Curiosa nickten zustimmend. Er etwas überzeugter als sie.

»Er mag vielleicht eine ungewöhnliche Wahl für diesen Posten sein«, fuhr Admiral Hayes fort, »aber der Posten ist ebenfalls nicht alltäglich. Ich finde, er würde gut passen. Sowohl zum Schiff, als auch zur Mannschaft.« Der Admiral ließ seinen Gesprächspartnern etwas Zeit zum Nachdenken, bevor er weitersprach: »Ich will Ihnen nicht Ihre Meinungen vorgeben. Dazu habe ich gar kein Recht. Ich frage Sie nur, ob Sie mich morgen unterstützen werden, wenn ich meine Kandidatennominierung einreiche.«

Raphaela Elbrey begann nach einigen Momenten kopfschüttelnd zu lächeln. Beinahe wie zu sich selbst, sagte sie: »Der gute alte Marticus. Ohne ein bisschen Hilfe schafft er es einfach nicht.«

»Wenn er erst mal das Kommando innehat, muss er jedenfalls ohne Hilfe auskommen«, entgegnete Admiral Bergstrohm und machte dabei keinen Hehl aus seinem Unmut. Schließlich sah er Hayes mit einem Blick in die Augen, der seine Zustimmung ausdrückte und murmelte: »Hoffentlich machen wir da nicht einen Riesenfehler.«

Jonathan Hayes entgegnete nichts aber er empfand es im Grunde genauso.

Ein Bild von Daheim. Eine Landschaft um den kleinen Ort Whitby im Norden von Wellington. Marticus Riecan sah das Foto schon seit einigen Minuten an. Er hatte es selbst geschossen. Das Wetter war damals nicht besonders schön gewesen. Dunkle Wolken hingen über den Klippen, die von den Wellen einer unruhigen See unbarmherzig gepeinigt wurden. Es war nicht hell genug gewesen, als das der Fotoapparat das saftige grün der Wiesen im angrenzenden Land hätte auffangen können.

Kein schönes Bild, wie der erste Offizier der Lantree fand. Doch gerade weil es keinen sonnigen Tag an einem malerischen Strand mit Palmen zeigte, gefiel es ihm sehr. Es erinnerte ihn daran, dass das Leben selbst nicht immer schön war. Genauso wenig wie man Tage schlechten Wetters verhindern konnte, ließen sich auch manche schlechte Zeiten nicht abwenden.

In solchen sah sich Riecan, seit er vor zwei Jahren zum Commander befördert und zum ersten Offizier der Lantree gemacht worden war. Die meisten Angehörigen der Sternenflotte wurden in einen höheren Rang erhoben, weil sie sich im Dienst auszeichneten und ihre Vorgesetzten mit ihnen zufrieden waren. Beides traf für Marticus Riecan kaum zu. Obwohl er im Verlauf seiner Karriere schon das ein oder andere geleistet hatte, war er seinen Befehlsgebern einmal zu oft ein Dorn im Auge gewesen. Schließlich hatte man ihn im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Weg befördert. Einsprüche gegen die Erhebung in den Rang eines Commanders seinerseits wären als reine Undankbarkeit aufgefasst worden. So hatte er sich nicht dagegen wehren können, auf einen der unbeliebtesten Posten der Sternenflotte versetzt zu werden.

Die Lantree war ein Frachter der Klasse sechs und stellte eine Abwandlung des Miranda-Typs dar, bei der einfach der Aufsatz mit den zusätzlichen Waffensystemen, die auf dem Transportschiff keine große Verwendungen fanden, weggelassen worden war. Sie erreichte maximal Warp sechs, bewegte sich also auf den Sternenkarten der Navigationsabteilung wie eine Schnecke vorwärts.

Wirkliche Unterschiede zu ihrem Basismodell fanden sich jedoch im Inneren des Schiffes. Es hatte kaum Quartiere, und insgesamt gerade genug Platz für die sechsundzwanzig Kopf starke Besatzung des Schiffes. Der Rest des Volumens kam den Laderäumen zu Gute. Die Lantree hatte derer zehn. Und sie waren ständig bis zum Bersten gefüllt.

Auf einem Schiff wie diesem, das seine ganze Lebenszeit nur damit verbrachte, von einem Raumhafen zum nächsten zu fliegen, war ein erster Offizier so gut wie überflüssig. Der Captain kam mit den wenigen administrativen Aufgaben spielend alleine zurecht. Riecan hatte anfangs versucht, ihn mit aller Kraft zu unterstützen und die Arbeitsabläufe auf dem Frachter zu optimieren. Nachdem er einige Monate lang gegen die Seufzer seiner Mannschaftskameraden angekämpft hatte, die bei Offiziersbesprechungen jedem seiner Verbesserungsvorschläge gefolgt waren, hatte er es aufgegeben. Durch seinen Versuch seiner Situation, mit einem Höchstmaß an Ehrgeiz zu begegnen, hatte er sich in der Crew keine Freunde gemacht. Besonders der taktische Offizier, den er insgeheim nur ›Schema F‹ nannte, hatte er sich zum Feind gemacht, nachdem er in einem, sonst recht positiv ausgefallenen, Leistungsbericht die überholten Sicherheitsprotokolle kritisiert hatte.

Marticus Riecan, von seinen Freunden, die er auf der Lantree nicht hatte, mit seinem Zweitnamen Alan angesprochen, erinnerte sich noch gut an diese Besprechung. Der Lieutenant aus der Taktik- und Sicherheitsbereich hatte mit einem fünfminütigen Monolog auf die Kritik des ersten Offiziers geantwortet, indem seine Totschlagargumente »Das haben wir doch noch nie anders gemacht« und »Arbeiten Sie erstmal in unserer Abteilung« gewesen waren. Zunächst hatte Commander Riecan versucht, den Ärger seines Kollegen nachzuvollziehen. Doch schließlich war er zu der Auffassung gelangt, dass es der taktische Offizier einfach nicht fassen konnte, dass er von jemandem kritisiert wurde, der fast zehn Jahre jünger und erst ein paar Monate auf dem Schiff war. Seither hatte er keine Gelegenheit ausgelassen, dem Commander gegenüber seine Erfahrung zu demonstrieren. Es hatte nicht lange gedauert, bis Alan Riecan den Ruf eines jungen Weltverbesserers innehatte, den man nicht ernst zu nehmen brauchte. Unglücklicherweise teilte der Captain diese Auffassung. Isao Telaka hatte nicht um einen ersten Offizier gebeten und machte keinen Hehl daraus, dass er den Neuling als unnötige Belastung empfand.

Alan Riecan war oft kurz davor gewesen, seinen Dienst zu quittieren. Er hatte weder Freude dabei, noch hielt er es für unvermeidlich, seine Dreißiger auf einem Frachter zu verbringen, der von einer dunklen Ecke der Föderation in die nächste schlich. Doch er war unwillig seinen Abschied zu nehmen und die Sternenflotte zu verlassen. Obwohl es im vierundzwanzigsten Jahrhundert zahllose Stellen gab, die ein Ex-Offizier mit einer akademischen Ausbildung antreten konnte, von denen einige alles andere als uninteressant waren, gönnte er der Admiralität einfach nicht ihren Triumph.

Er sah ein, in der Vergangenheit Fehler gemacht zu haben, doch im Nachhinein empfand er das Vorgehen des Kommandostabs als fast gehässig. Als man ihn nach seiner letzten großen Verfehlung nicht entlassen, sondern versetzt hatte, war er davon ausgegangen, dass man ihm eine Chance anbot, einiges gutzumachen. Doch er hatte schnell erkannte, dass man ihn einfach nur unauffällig ins Seitenaus befördert hatte.

Auf der Lantree bleiben wollte er dennoch nicht – zumindest nicht auf lange Sicht. In ein paar Jahren, so glaubte er, würde er es satt haben und doch seine Sachen packen. Ein Blick in sein leeres Postfach ließ ihn die Zeitabschätzung auf höchstens eines herab korrigieren.

Marticus hatte Freunde, doch keinen Kontakt zu ihnen. Er verdachte es weder seiner Familie, noch seinen alten Kommilitonen und Schulkameraden, dass sie sich nur sehr sporadisch meldeten. Aus den Augen, aus dem Sinn, fiel ihm dazu ein. Und aus den Augen war er in den Tiefen des Alls tatsächlich.

Der Commander legte das Foto beiseite und stand von seinem leeren Schreibtisch auf. Der Captain hatte um eine außerplanmäßige Besprechung gebeten und diese wie üblich vor Beginn der regulären Schichte angesetzt. Der einzige Trost, der Alan Riecan blieb, war, dass nicht nur er, sondern auch der Kommandant um fünf Uhr Bordzeit aufstehen musste.

Worum es in der Unterredung gehen sollte, hatte Captain Telaka nicht erwähnt, wie er es auch sonst nicht tat. Alan Riecan glaubte, dass der Kommandant ihn absichtlich im Unklaren ließ, damit er sich nicht auf die Besprechung vorbereiten konnte und alle Entscheidungen einfach abnicken musste.

So rückte der Commander seine Uniform zurecht und warf einen Blick in den Spiegel. Seine Reflexion füllte kaum zwei Drittel der Fläche aus, denn er war nicht gerade der größte – ebenfalls ein Problem mit dem er zu kämpfen hatte, wenn es darum ging, als erster Offizier ernst genommen zu werden. Diskriminierung im Allgemeinen und im Besonderen aufgrund von Äußerlichkeiten war in der Föderation fast undenkbar, und doch war ihm klar, dass man naturgemäß nur zu Menschen aufsah, die größer waren als man selbst. Das waren für den Commander die meisten.

Ein Griff zum Kamm, einer zum Rasierer und kurze Zeit später hatte Marticus seinen Seitenscheitel in Ordnung gebracht und seinen Jägerbart gestutzt.

Lustlos verließ sein Quartier, das so schmucklos war, wie der Korridor davor. Bei der Konstruktion der Lantree hatten die Ingenieure wirklich auf alles unnötige verzichtet. Wandverkleidungen oder Teppiche zur optischen Aufwertung gab es genauso wenig, wie einen vernünftigen Gemeinschaftsraum oder ein Holodeck. Alles was das Schiff anzubieten hatte war eine Kantine, die zwar eine Küche beinhaltete aber keinen Koch. Wenigstens gab es dort einen Replikator und somit auch Kaffee, weswegen sich Alan Riecan fast täglich vor Dienstbeginn dorthin begab.

Auf dem Weg zum einzigen Turbolift des Schiffes passierten ihn zwei Offiziere, ohne zu grüßen. Commander Riecan hatte es aufgegeben sich darüber zu ärgern, geschweige denn jemanden deswegen zu ermahnen. Seine Stimmung erhellte sich ein wenig, als er die kleine Kantine des Schiffes erreichte, die sich zu seiner Erleichterung auf demselben Deck befand, wie sein Quartier. Eine Tasse voller heißem, synthetischem Wasser und synthestischem Koffein erwartete ihn.

Dort angekommen hielt er kurz an und sah aus dem Fenster. Die Hände hielt er, wie meistens wenn er etwas beobachtete, hinter seinem Rücken verschränkt. Er musste kurz schmunzeln, als er die Sterne besah, die sich langsam an dem Schiff vorbeizuschieben schienen. Er dachte dabei an die vielen Romantiker, die sich an den ›wunderschönen‹ Sternen erfreuten. Er fragte sich ob einer von ihnen jemals einen roten Riesen aus der Nähe gesehen hatten. Aus wenigen Millionen Kilometer Entfernung machten diese eher den Eindruck einer brodelnden Giftbrühe.

»Guten Morgen, Commander!«, sprach es von einem Barhocker aus.

Eher die Plötzlichkeit als die Lautstärke ließen Riecan herumwirbeln. Er erkannte die Person an der Stimme, noch ehe er sich vollständig herumgedreht hatte. Es war der taktische Offizier des Schiffes. Wieso der Mann bereits so früh auf war, war Marticus unerklärlich. Wenn es eine Position gab, die auf der Lantree noch weniger gebraucht wurde, als die des ersten Offiziers, dann war es sicher die seine, denn der Frachter war nicht bewaffnet.

Der taktische Offizier las sich wie jeden Morgen seinen Dienstplan durch. Warum er dies nicht wie alle anderen in seinem Quartier tat, war dem Commander ebenfalls unklar. Er glaubte, dass er vielleicht einen gewissen Eifer vorgeben wollte.

Alan Riecan erwiderte den Gruß und schritt zum Replikator. »Kaffee, schwarz, fünfzig Grad Celsius«, gab er auf dem Weg dem Computer zu verstehen. Das Gerät begann zu zirpen und ein bläulicher Lichtschimmer begann langsam eine Tasse zu formen. Insgeheim staunte er über die Möglichkeit, Materie direkt aus Energie zu erschaffen, die vor wenigen hundert Jahren von jedem als unrealistische Zukunftsmusik abgetan worden war, der nur halbwegs etwas von Naturwissenschaft verstand. Heisenbergsche Unschärferelation und Welle-Teilchen-Dualismus waren Stichwörter die Marticus aus Akademietagen in den Sinn kamen, die er aber nicht wirklich verstand. Physik war nicht sein bestes Fach gewesen.

»Kaffee ist ungesund«, merkte der taktische Offizier an. Alan Riecan machte bereits seit eineinhalb Jahren nicht mehr den Fehler, sich auf eine Diskussion über das Für und Wider von koffeinhaltigen Getränken einzulassen, obwohl ihn sein Arbeitskollege jedes mal in eine zu verwickeln versuchte.

»Ich bin müde und ich möchte wach werden, Lieutenant«, sagte er schlicht, worauf der taktische Offizier sofort einwarf: »Dafür nimmt man Schwarztee. Der wirkt sowieso viel besser.«

Nach einem Seufzer entgegnete Alan Riecan »Wenn Sie meinen, Lieutenant« und setzte sich an einen der vier Tische. Er nahm den ersten Schluck seines Kaffees, den er meistens nicht zu heiß bestellte, und genoss es, wie ihm das Aroma in die Nase stieg, als er seine Tasse wieder abstellte. Ganz zu entspannen gelang ihm nicht, denn er spürte die Blicke des taktischen Offiziers auf sich liegen.

Es war schwer zu überhören, dass dieser nicht gerne links liegen gelassen wurde, als er laut sagte: »Ich verstehe nicht, wie man einen Kaffee lauwarm trinken kann.«

»Dann lassen Sie es, Lieutenant«, antwortete der Commander, wissend, dass der taktische Offizier nun ein paar Tagen lang nicht mehr außerdienstlich mit ihm reden würde. Schnell nahm er den letzten Schluck und erhob sich zum Gehen.

Erst als er bereits im Korridor stand, rief ihm der taktische Offizier nach: »Und die Tasse bleibt hier stehen?«

Alan Riecan ärgerte sich über seine eigene Unachtsamkeit, während er zurückging und die Tasse in den Replikator stellte. Er hatte kein Problem damit, selbst aufzuräumen, doch dies vor einem seiner Untergebenen tun zu müssen, der ihn dabei durchgehend kritisch beäugte aber kein Wort sagte, demütigte ihn. Der taktische Offizier hatte noch niemals eine Chance verstreichen lassen, Marticus auf seine Fehler aufmerksam zu machen. Dieser versuchte dabei stets gelassen zu wirken, doch die Feindseligkeit seines Kollegen nagte dennoch an ihm. Der taktische Offizier konnte ihn nicht leiden und er konnte keinen rationalen Grund dafür ausmachen. Friedensangebote hatte er einige gemacht. Doch sein Kollege hatte sie stets mit süffisantem Lächeln abgelehnt, erfreut darüber einen persönlichen Sieg davongetragen zu haben. Allein schon um diesen Kleinkrieg nicht zu verlieren, verzichtete Alan Riecan darauf, seinen Dienst zu quittieren, auch wenn er sich an dieser Front reichlich kindisch vorkam.

Schließlich verabschiedete er sich vom taktischen Offizier, ohne eine Antwort zu erhalten und machte sich auf den Weg zur Brücke.

Diese hatte er auf dem kleinen Schiff schnell erreicht. Sie war eng, dunkel und hatte nur einen winzigen Bildschirm, der den Namen kaum verdiente. Die anderen Offiziere, die gerade ihre Schicht absaßen, blickten entweder gelangweilt oder nachdenklich drein. Keiner grüßte den Neuankömmling.

Commander Riecan stand vor dem Bereitschaftsraum des Captains, der ihn aber eher an eine Abstellkammer erinnerte und betätigte das Türsignal. Nach kurzem Warten ertönte ein einsilbiges: »Herein!«

Die Tür öffnete sich und Commander Riecan betrat den Raum. Captain Isao Telaka saß wie gewöhnlich hinter seinem Schreibtisch. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts über seine Stimmung. Genauso wenig, wie die wenigen Gegenstände in dem Bereitschaftsraum etwas über seinen Charakter verrieten. Viel Platz für Dekoration wäre sowieso nicht gewesen. Commander Riecan konnte nur vermuten, wie neidisch Telaka gewesen war, als er erfahren hatte, dass der Bereitschaftsraum der neuesten Enterprise ein Aquarium beinhaltete.

Mit einer Handbewegung wies ihn der Captain an, sich zu setzen. Commander Riecan kam dem nach und nahm vor dem Schreibtisch Platz. »Commander, ich habe Neuigkeiten für Sie«, begann Telaka.

Marticus Riecan versuchte, interessiert zu wirken, glaubte jedoch nicht, dass die neuen Informationen übermäßig spannend sein würdend.

Der Captain fuhr fort: »Wie Sie wissen, treffen wir uns demnächst mit der U.S.S. Bangkok. Sie werden dann an Bord gehen.«

»Weswegen, Sir?«, wollte Commander Riecan überrascht wissen. Die Bangkok war zu klein für nennenswerte Frachtaustauschoperationen und ein anderer Grund, der seine Anwesenheit außerhalb der Lantree erfordert hätte, fiel ihm nicht ein. Doch er freute sich, das Transportschiff wenigstens kurz verlassen zu können und vielleicht etwas Abwechslung zu finden.

Der Captain setzte zu seiner Erklärung an: »Als Sie vor zwei Jahren zu uns gestoßen sind, waren wir beide nicht von dieser Entscheidung des Kommandostabs erfreut. Ihre Reputation war ausgesprochen fragwürdig, und der Kommandant auf ihrem letzten Schiff hat sich…«, Telaka unterbrach sich, »nicht besonders wohlwollend über sie geäußert. Aber ich finde, dass Sie sich trotz aller Widrigkeiten hier an Bord gut geschlagen haben. Das sah wohl auch Admiral Hayes so. Darum hat er Sie wohl vor etwa zwei Monaten zur Beförderung vorgeschlagen.«

Commander Riecan war für einen Moment vollkommen perplex. Er wäre über diese Entscheidung in den nächsten fünf bis sechs Jahren nicht überrascht gewesen. Aber in seinem Alter gab es kaum jemanden, der zum Captain ernannte wurde. Noch weniger hatte er angenommen in seinem Leben jemals wieder Hilfe und Zuspruch von Admiral Hayes zu erhalten.

Sein zweiter Gedanke war die Sorge vor einer erneuten Bosheit der Admiralität. Er würde vier Rangabzeichen an seinem Kragen tragen aber vielleicht würde er der Kommandant einer Ein-Mann-Dilitiummine werden.

»Die Sternenflotte hat dem Antrag zugestimmt – zwei Monate, nachdem man ihn eingereicht hatte. Admiral Hayes war der Ansicht, dass Sie hier an Bord unterfordert wären.« Telaka klang wenig zustimmend, als er das sagte. »Sie werden demnächst das Kommando über Ihr eigenes Schiff übernehmen.«

Commander Riecan atmete erst mal tief durch und strich sich durch die Haare, wie er es immer tat, wenn ihn etwas besonders überraschte. Davon hatte er lange Zeit kaum zu träumen gewagt. Er würde ein Schiff unterstellt bekommen und könnte endlich den tristen Alltag auf dem Frachter hinter sich lassen. Etwas, dass er sich wünschte, seitdem er ihn betreten hatte.

Doch schnell fiel ihm ein Haken auf. Was für ein Schiff würde das wohl sein? Hoffentlich kein Frachter, dachte er sich sofort, wissend, dass der Kommandostab überaus zynisch sein konnte.

Der Captain der Lantree erhob sich. Commander Riecan folgte seiner Geste. Zum Glückwunsch schüttelte er Marticus Riecan die Hand.

»Was für ein Schiff wird es denn sein?«, fragte der frisch gebackene Kommandant.

Captain Telaka erwiderte: »Das lassen Sie am besten einfach auf sich zukommen. Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen viel Glück und gratuliere Ihnen natürlich zu Ihrer Beförderung und Ihrem Kommando, Captain Riecan.«

Der Abyss-Nebel. Ein uraltes, faszinierendes Phänomen, bestehend aus hunderttausenden von verschiedenen Gasen und kristallförmigen, gefrorenen Staubkörnchen, das sich am ›Südende‹ der Föderation, also auf der, dem galaktischen Kern abgewandten Seite, befand. Zwei der etwa zweihundert Elemente, die der Wissenschaft der Föderation bekannt waren, hatte man dort entdeckt. Und das Potential, dass es noch mehr würden, war durchaus gegeben.

Das Schiff, das sie aber zumindest vorerst nicht entdecken würde, hieß U.S.S. Nizza. Der Captain dieses Schiffes der Cheyenne-Klasse hing gelangweilt in seinem Kommandostuhl.

Die Nizza war in den Dreißigern des vierundzwanzigsten Jahrhunderts gebaut worden und gehörte somit nicht mehr zu den neuesten Schiffen, die ausgeschickt wurden um spannende Entdeckungen zu machen. Die Hauptaufgabe des alten Kreuzers bestand aus Patrouillenflügen und Routinemissionen wie dem Nachkartographieren von Raumsektoren oder dem Einsammeln von Proben, die eigentlich längst erforscht worden waren.

Trotz seiner Langeweile, beurteilte der Captain den bisherigen Tagesverlauf als recht gut. Er hatte die letzten dreißig Jahre seines Lebens der Sternenflotte treu gedient und empfand die Nizza als den idealen Posten, um seine Karriere ausklingen zu lassen. Er hatte das Kommando erst vor einigen Jahren übernommen aber gleich festgestellt, dass die Nizza alles andere als schlecht in Schuss war. Trotz seines Alters – oder vielleicht gerade deswegen – funktionierte das Schiff wie ein Uhrwerk. Die Mannschaft war ein eingespieltes Team und die Technik so oft gewartet, dass es kaum ein Problem gab, dass der Chefingenieur nicht kannte. Schwierigkeiten mit den Maschinen waren meisten innerhalb weniger Stunden erhoben.

In seine Gedanken vertieft, achtete der Captain der Nizza nicht auf die beklemmende Aura des Nebels. Er stand seinem Schiff nur im Weg. Durchfliegen durfte ihn die Nizza nicht, weil die Protokolle der Sternenflotte solche unnötigen Abenteuer untersagten, und der Captain wollte seine Vorgesetzten nicht verärgern. Die Nebelbank zu umfliegen würde allerdings eine Weile dauern.

Nun sah der Kapitän auf den Bildschirm. Die an Wolken erinnernde Wand baute sich im linken Bereich der Anzeige auf. Und obwohl die Nizza mit Warp eins, also einfacher Lichtgeschwindigkeit, vorwärts raste, schien sich der Nebel kaum zu bewegen.

Die Front musste geradezu riesig sein. Ein kleiner Ausläufer erstreckte sich wahrscheinlich über einen nennenswerten Bruchteil eines Lichtjahr hinweg in die Freiheit des Alls hinaus. Auf diesen steuerte die Nizza fest zu. Der wissenschaftliche Offizier ermittelte mit den Sensoren die Konsistenz der Nebelschwade und entschied dann, dass keine Kursänderung notwendig werden würde. Selbst dann nicht, wenn man das Protokoll bis aufs I-Tüpfelchen befolgen wollte.

Die Nizza durchflog die Schwade. Der Bildschirm zeigte für einen Moment Gasgemische, die durch den Hauptdeflektor des Schiffes abgestoßen wurden und das Schiff begann kaum merklich zu rütteln.

Und sogleich lag die Schwade auch schon wieder hinter der Nizza. Sie war an diesem Tag schon der fünfte Ausläufer, den die Nizza durchstoßen hatte. Bei den ersten drei hatte der wissenschaftliche Offizier noch Rücksprache mit dem Captain gehalten. Nun aber war klar, dass dieser sich nicht für derartige Kleinigkeiten interessierte. Er wollte nur schnellstmöglich die vermisste Sonde finden, die der Sternenflotte anscheinend so sehr am Herzen lag, in der Hoffnung spektakulärere Befehle für sein Schiff zu erhalten.

»Wie lange wird es noch dauern, den Nebel zu umfliegen, Mister Mymesteal?«, fragte der Captain schließlich gelangweilt.

Er kam dem Steuermann langsam wie ein Kind vor, dass immer wieder wissen wollte, wann es endlich da sei. Ein Grinsen unterdrückend, antwortete er: »In etwa vier Stunden, Sir.«

Der Captain ließ sich wieder nach hinten sinken. Er nahm einen Bericht zur Hand und begann ihn unaufmerksam zu überfliegen. Der Steuermann konnte ihm seine Langeweile nicht verdenken. Er selbst würde gerne etwas Interessanteres tun, als eine Sonde zu verfolgen, die wahrscheinlich durch einen Navigationsdefekt gegen einen Asteroiden geprallt oder einem ähnlichen Schicksal zum Opfer gefallen war.

Der Nebel wies nun eine deutlich rötere Färbung auf. Entladungen zuckten durch den Raum. Es musste sich um einen sehr turbulenten Bereich handeln, sonst hätte es nicht so viele Blitze gegeben, die wie wütende Greifarme aus dem Nebel herausschossen.

Schließlich rang sich der Captain dazu durch, endlich seinen Bericht an das Kommando zu schreiben, dessen Erstellung er nun schon einige Zeit vor sich her schob. Es ging um Zustand des Schiffes und ›Funktionieren‹ der Mannschaft. Im Abfrageteil tauchten unzählige, scheinbar völlig unsinnige Fragen auf. Der Captain kam zu dem Schluss, dass es kaum einen Kollegen geben konnte, der gerne Berichte ans Kommando schrieb.

Der wissenschaftliche Offizier sah plötzlich ungläubig auf seine Anzeigen. Bevor er jedoch Meldung machte, führte er erst einige Untersuchungen durch. Schließlich berichtete er kaum weniger sicher: »Captain, wir haben hier offensichtlich eine Warpsignatur aus dem Nebel aufgefangen. Es scheint ein Schiff zu sein.«

Das Haupt des Captains schnellte augenblicklich hinauf. Zunächst blickte er zu seinem wissenschaftlichen Offizier, der mit seinen Anzeigen beschäftigt war und sah dann suchend auf den Bildschirm. Noch war dort nichts zu sehen.

Und eigentlich hätten sich keine Schiffe in diesem Gebiet befinden dürfen. Soweit der Captain wusste, gab es keinerlei raumfahrende Zivilisationen in dieser Region.

»Was für ein Schiff ist es?«, fragte er stürmisch. Ein von der Nizza durchgeführter Erstkontakt würde nicht nur die Moral der Crew anheben, sondern dem Captain auch das ein oder andere Lob der Admiralität einbringen.

Der Lieutenant an der wissenschaftlichen Station betrachtete seine Anzeigen genau. »Ich bin nicht sicher, Sir. Aber es ist riesig!« Die Stimme des Offiziers wurde vor Aufregung immer lauter.

Der Captain der Nizza war sich bewusst, dass sich die allgemeine Langeweile nun wahrscheinlich schnell verziehen würde. Erneut sah er auf den Bildschirm, der jedoch noch keine Anzeichen eines Raumschiffs offenbarte.

So befahl der Captain: »Steuermann, verlangsamen auf ein viertel Impuls.«

»Aye, Sir«, erwiderte der Offizier und berührte die entsprechenden Kontrollen.

Augenblicklich trat die Nizza aus dem Subraum heraus und bremste im Normalraum ab. Erst jetzt wurde klar, wie riesig der Nebel war, da er sich nicht mehr zu bewegen schien, obwohl das Schiff trotz seiner Verlangsamung immer noch mit einer beachtlichen Geschwindigkeit vorwärts kam.

Alle Anwesenden auf der Brücke sahen angestrengt auf den Bildschirm. Unschwer war nun eine Struktur zu erkennen, die den Nebel verließ. Sie war so deutlich zu sehen, dass die Brückenbesatzung den Eindruck erhielt, sie wäre nur einige Kilometer entfernt. Schnell wurde jedoch klar, dass der Eindruck allein durch die unvorstellbare Größe des Schiffes zustande kam.

Ohne den Befehl zum Vergrößern geben zu müssen, konnte der Captain Details des Raumers erkennen. Es war ein filigranes, längliches Schiff, das mittig vier in die Länge gezogene Schwingen besaß. Rechts und links jeweils zwei, die direkt übereinander lagen. Etwa an derselben Stelle des Hauptrumpfes erhoben sich an der Oberseite einige Aufbauten. Am Heck des Schiffs hielten vier kleinere Flügel zwei gigantische Warpgondeln fest. Allein diese mussten drei- bis viermal so lang sein, wie die gesamte Nizza.

»Scannen Sie dieses Schiff, Mister Zun«, befahl der Captain umgehend, als er sich vom Anblick des Raumers losgerissen hatte.

Der wissenschaftliche Offizier führte den Befehl sofort aus. Er verdrängte seinen Unwillen, den Ergebnissen seines Scans Glauben zu schenken. »Sir, laut meinen Anzeigen hat dieses Schiff etwa das fünfzehnfache Volumen unseres Schiffes und ist nahezu zwölfmal so lang wie wir.«

Der Captain der Nizza wollte diesen Bericht zunächst gar nicht glauben. Er tat es aber schließlich, als er das Schiff schnell näher kommen sah. Er hatte eine derartige Konstruktion noch von keinem Volk gesehen. Allein die Farbe schien schon merkwürdig. Rot, Grün und braun machten den Hauptteil der Hüllenlackierung aus.

Dieses war nicht das erste übergroße Raumschiff, dem die Sternenflotte begegnete, doch es beeindruckte den Captain bei weitem mehr als die Archivbilder von V‘Ger, der Fesarius oder dem Gebilde, dass er als ›Wahlsonde‹ kannte, die man ihm auf der Akademie gezeigt hatte.

»Senden Sie den Standardgruß in allen Sprachen und auf allen Frequenzen«, befahl der Captain seinem taktischen Offizier.

Während er den Befehl aussprach, drehte er sich um, damit er die taktische Station im Auge behalten konnte. Er sah allerdings nur den jungen Mann, dem der Schock ins Gesicht geschrieben war. Wortlos zeigte er auf den Bildschirm.

Eine Salve von gelbgrün leuchtenden Geschossen hatte sich von der Spitze des fremden Raumers abgelöst und schoss nun auf die Nizza zu. Ein erfahrener Offizier hätte den Captain gleich gewarnt, doch der junge Bolianer war erst vor kurzem zur Mannschaft hinzugestoßen.

»Schilde hoch!«, rief der Captain so laut er konnte, als er aus seinem Kommandostuhl herausfuhr.

Doch es war bereits zu spät. Der Hagel schlug erbarmungslos auf der Hülle der Nizza ein. Trümmerteile wurden in alle Richtungen geschleudert. Keinen Augenblick später rasten eine Unzahl weiterer Geschosse auf das Schiff zu.

Der Captain fiel wie gelähmt in seinen Sessel zurück. Verbissen befahl er: »Sofort Feuer erwidern! Ausweichmanöver einleiten.«

Der taktische Offizier löste sich endlich von seinem Schock und führte seinen Befehl aus. Doch der gegen das gigantische Schiff lächerlich wirkende Phaserstrahl richtete keinen Schaden an.

Die zweite Torpedosalve war inzwischen eingeschlagen. Sie riss einige meterbreite Löcher in die Außenhülle. Die Luft aus dem Inneren strömte nach außen und verdampfte sofort im Vakuum des Weltraums zu einer Fontäne aus weißen Kristallen. Weiterer Beschuss zerfetzte die Steuerbordwarpgondel. Eine Plasmaleitung, die nun offen lag spie ihren Inhalt ins All.

Ein einziger, gut gezielter Strahl fraß sich durch die Hülle und traf den Warpkern. Der Treffer brachte die völlig wehrlose Nizza schließlich zur Explosion. Die Untertassensektion zerplatzte und hüllte den spärlichen Rest in einen gleißenden Feuerball ein. Niemand aus der Besatzung hatte unter diesen Umständen die Chance gehabt, noch zu entkommen.
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