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Vashta Nerada

von Aurora

Kapitel 1

Ein dunkler Nebel schwebte durch den Weltraum.
Pechschwarz, federleicht und mit einer furchteinflößender Eleganz.
Jegliches Licht wurde verschluckt; alles was ihm in den Weg kam, wurde verschlungen. Trabanten wie Monde und Satelliten, kleine Sterne und frei herumfliegende Meteoriten. Ganze Milchstraßen soll er zerstört haben. Sogar ganze Schiffe der Förderation verschwanden spurlos darin.
Nichts entging diesem Nebel.
Diesem Nebel namens Vashta Nerada.
Niemand konnte genau bestimmen, was dieser Nebel anstelle; es gab nur Legenden und Spekulationen. Nie gab es Beweise für eine Erschaffung durch ein intelligentes Leben. Die Vashta Nerada war einfach da. Schon seit Ewigkeiten.
Die Vashta Nerada war ein lebendiges Wesen.
Sie war angeblich so alt wie das Universum selber.
Sie versteckte sich in der Dunkelheit des Weltraumes und legte ihren Weg im Schatten zurück. Nichts konnte sie aufhalten.
Die Vashta Nerada bedeutete den Tod. Und niemand entkam.
Und dessen war sich Captain James Tiberius Kirk vollkommen bewusst, als er von der Brücke aus die schwebende Maße beobachtete.
Seine Crew schwieg, während er an der Scheibe stand und nachdachte.
Nie hätte er gedacht, dass er der Vashta Nerada begegnen würde. Hätte er in der Akademie nichts über sie gelernt, würde er nicht mal an sie glauben. Aber da war sie. Direkt vor ihm. Ihre Schwaden wirkten wie eine wogende Welle, die gleich auf eine Küste stoßen würde. Und diese Küste würde die Enterprise sein, dessen Maschinen still standen. Ein fieser Trick des tödlichen Nebels. Kleinere Schwaden drangen unbemerkt vor, bahnten sich ihren weg in die Maschinenräume und legten dessen Antrieb lahm. Der Warperk hatte sich überhitz und abgeschaltet; er war danach einfach nicht mehr anzubekommen. Scotty hatte geflucht und alles versucht. Vergebens. Die Enterprise sprang nicht mehr an.
Nicht mehr lange und sie würde das riesige Förderationsschiff mit all ihren Insassen verschlingen.
Und das konnte er nicht zulassen.
„Mr. Chekov, wie weit ist der Nebel noch von uns entfernt?“
„Tzirka siebzehn Minuten, Sir.“ Antwortete der Navigator mit dem russischen Akzent. „Wenn sie in der selben Geschwindigkeit weiter fliegt und wie gemessen stetig an Geschwindigkeit erhö’ht, dann vi’lleicht sogar schneller.“
„Können wir irgendwas tun?“
„Niet, Sir.“
Kirk verstummte wieder. Er überdachte seine nächsten Schritte sehr sorgfältig. Jetzt durfte er keinen Fehler machen. Nur er konnte jetzt entscheiden, was passieren würde. Er konnte seine Crew retten, oder sterben lassen. Obwohl er von außen sehr ruhig und gefasst wirkte, nahm man seine Anspannung, Unsicherheit und Nervosität sehr deutlich wahr. Er hatte es hier mit einer natürlichen Gewalt zu tun, gegen die niemand ankam. Ihre Schilde und Phaser waren nutzlos. Es gab keine Möglichkeit.
Ihr Tod war schon besiegelt.
Es verstrichen einige angespannte Sekunden, ehe der Captain sagte: „Ich ordere hiermit eine Evakuierung des gesamten Schiffes an.“ Er drehte sich um und schaute alle eindringlich ein. Auch zu dem Stuhl, an dem eigentlich sein Commander Spock saß.
Eigentlich. Aber zu diesem Zeitpunkt war er nicht da.
Zu seiner Äußerung sagte niemand etwas.
Er drehte sich um und ging zu seinem Kommandosessel, setzte sich darauf und tippte auf der Konsole in seiner Armlehne herum. Erst einmal wollte er Scotty kontaktieren. „Mr. Scott, wie sehen unsere Shuttles aus? Können Sie fliegen? Oder wurden sie auch abgeschaltet?“
„Ich habe sie überprüfen lassen.“ Sagte der Chief aus dem Maschinenraum. „Die Shuttles sind zum größten Teil funktionsfähig. Nur an vier Stück haben wir Beeinträchtigungen gefunden. Ansonsten können alle anderen zum Starten gebracht werden.“
„Wie lange bräuchten Sie dafür?“
„Nicht lange. Wenn ich alle meine Helfer zusammen trommele, circa zehn Minuten.“
„Mr. Chekov, wie lange haben wir noch?“
„Funfzehn Minuten, Sir.“
„Ich verstehe. Scotty, ich will das Sie sofort alle Shuttles klar machen. Ich werde das Schiff evakuieren lassen.“
„Aye, Sir.“
Als Scotty die Verbindung unterbrach, öffnete Kirk den schiffsweiten Kanal um eine durchsage zu machen. „An die Besatzung der U.S.S. Enterprise, hier spricht Captain James T. Kirk. Ich bitte um Ihre vollständige Aufmerksamkeit. Wie Sie sicher mitbekommen haben, bewegen wir uns nicht mehr von der Stelle. Der Grund ist einfach: Unsere Maschinen wurden manipuliert und abgeschaltet. Aber es handelt sich hier nicht um einen Feind in Form einer humanoiden Gestallt. Ich hoffe, Sie haben alle schon mal von der Vashta Nerada gehört, denn sie ist der Fein, der uns bedroht.“ Kirk machte eine kleine Pause, damit alle kurz durchatmen konnten. Dann fuhr er fort: „Ich ordne hiermit eine sofortige Evakuierung aller Decks und Stationen an. Bitte gehen sie unverzüglich zu dem nächstgelegenen Hangar, in dem Sie im Falle eines Notfalls zugewiesen wurden.“ Er machte wieder eine Pause. „Viel Glück. Kirk Ende.“
Erst war alles still auf der Brücke und jeder schaute den Captain an. In ihren Augen spiegelte sich Furch und Angst wieder. Keiner wusste, was nun geschehen sollte. Jim Kirk biss sich auf die Lippe und fühlte sich bei diesen Blicken unwohl. Er war als Captain für sie alle verantwortlich. Und er selber war erst achtundzwanzig Jahre alt. Eine sehr große Pflicht für ihn; die meisten Kapitäne waren älter und hatten mehr Erfahrung darin als er. Aber nun musste er alleine über das Schicksal seiner Crew entscheiden. Also sagte er: „Gehen sie.“
Die Brückenoffiziere schauten sich gegenseitig an, ehe Sulu aufstand und ihn anschaute. „Nein, Captain. Ich spreche wohl für alle, wenn ich sage: Wir gehen nirgendwo hin.“
„Doch, das ist ein Befehl.“
„Sir, wir können Sie nicht alleine lassen. Das macht eine Crew nicht.“
„Und ein Captain kann nicht zulassen, dass die Crew stirbt. Also entweder gehen Sie freiwillig, oder ich werde den Sicherheitsdienst rufen, damit er sie raus führt.“ Kirk sah entschlossen aus und die Crew sah ihn nur an. Dann nickte Sulu und nickte der Crew zu.
Einer nach dem anderen verließ die Brücke, ließen James T. Kirk alleine zurück. Dieser setzte sich wieder auf seinen Kommandosessel und schaute durch die große Scheibe nach draußen. Dem Nebel direkt entgegen.
Dabei bemerkte er kaum, dass unter den Türen des Turbolifts die Vashta Nerada sich ihren Weg auf die Brücke bahnte.
Sich ihren Weg zu ihm suchte.
Zur selben Zeit befand sich Spock mit seiner Leutnant Uhura auf der Krankenstation.
Er hielt die Hand seiner mittlerweile Verlobten zwischen seinen und strich beruhigend darüber, während sie heftig zitternd nach Luft schnappte.
Die Reise der Enterprise dauerte nun schon seit zwei Jahren an und die beiden waren sich noch näher gekommen, als sie davor je waren. Spock hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt Nyota Uhura einen Heiratsantrag zu machen, aber er wollte abwarten, bis sie zurück auf der Erde waren. Er wollte es nicht mitten auf einer fünf Jahres Mission machen. Ihm waren die Gefahren des Weltraumes durchaus bekannt, wollte daher nichts riskieren. Aber der Captain hatte von seinem Plan erfahren und hatte ihm einen Ring zu gesteckt. Spock wollte nicht wissen woher er ihn hatte, aber annehmen wollte er ihn auch nicht. Kirk aber bestand darauf, dass er sie fragen sollte. „Sie wissen nie, was passieren könnte.“ Erklärte er. „Wenn Sie eine Frau zu lange warten lassen, dann verlässt sie Sie schnell.“ Dieser Gedankengang klang für den Vulkanier durchaus logisch und so kam es, dass er seine Angebetete auf der Aussichtslounge fragte, ob er die seine sein wollte. Sie sagte unter Tränen zu.
In der darauffolgenden Nacht geschah der Rest. Uhura wurde schwanger und jeder freute sich für das Paar. Auch wenn Spock sich das so nicht vorgestellt hatte, er war in seinem tiefsten Inneren doch froh darüber, dass es so gekommen war.
Nun, neun Monate später, war der Tag der Geburt soweit. Doktor Leonard McCoy scheuchte seine Krankenschwestern hin und her und bereitete alles höchstpersönlich für diese Geburt vor. Er wollte keine Fehler machen, denn das war auch das erste Kind, welches auf der Enterprise geboren wurde.
Als jedoch die Nachricht des Captains durch den Kreissaal ertönte, verstummte alles. Auch Uhura hielt einen Moment die Luft an, unterdrückte den Schmerz der schon heftigen Wehen.
Spock stand einen Moment nur da und dachte nach. Das Schiff wurde evakuiert. Alle würden in die Shuttles gebracht werden und das Schiff auf sicheren Abstand verlassen. Und mittlerweile kannte er den Captain so gut, dass er wusste, er würde der einzige sein, der noch an Bord bleiben würde.
Er konnte das nicht zulassen.
Er drehte sich zu Uhura und drückte ihr einen Kuss auf die Finger. „Ich muss gehen.“
„Was!?“ fragte sie und schaute ihn geschockt an. Sofort steigen ihr die Tränen in die Augen. „Spock…ich weiß was du vorhast…Ich bitte dich inständig darum…geh nicht…bleib bei mir---ich schaffe das nicht alleine…“
„Ich muss. Ich muss den Captain holen.“
„Er wird es…schon…schon alleine sch…affen.“ Entgegnete sie und in ihren Augen funkelte das wütende Glühen einer afrikanischen Kriegerin auf. „Bitte…es geht hier um unser…unser…argh!“ Eine Wehe durchfuhr sie und die krallte ihre Fingernägel in seine weiche Haut der Handfläche.
„Ich weiß, dass es um unser Kind geht. Aber ich muss. Es ist meine Pflicht.“ Er beugte sich zu ihr runter und küsste sie behutsam auf die Stirn. „Ich werde sofort in das Shuttle kommen, sobald ich den Captain geholt habe. Versprochen.“ Dann ließ er sie los und eilte zur Tür.
Er hatte wenig Zeit.
McCoy, besser bekannt als Pille, hatte das alles mehr als beunruhigt und hatte nach seinem Communicator gegriffen. Eilig suchte er die Verbindung zu Kirk und piepte ihn an. „Mach schon…mach schon…Geh ran…“ Er strich sich durch die Haare und leckte sich nervös über die Lippen. Er kannte Jim nun schon seit einigen Jahren. Sie waren zusammen auf die Akademie gegangen und er war derjenige, der ihm die Angst vor dem großen, weiten, leeren Weltraum nahm. Er hatte es geschafft, dass er die Akademie nicht hinwarf und auf einer Raumstation keine Panik bekam. Jim Kirk war immer da und er hatte ihm so viel zu verdanken. Pille kannte Jim besser als er sich wohl selber. Er wusste, dass er mit dem Schiff untergehen würde. Er hatte auch die Dummheit mit dem Warpkern gemacht. Damals bei dem „Abenteuer“ mit Khan. Wäre er nicht gewesen, würde Jim nun drei Meter unter der Erde liegen.
„Verdammt Jim…“ Er klappte den Communicator zu trat frustriert gegen einen Schrank. Nicht jetzt! Ein Ruckeln ging durch das Schiff, Uhura schrie durch eine Wehe wieder auf. Die Zeit wurde knapp. Also drehte er sich um, packte sich zwei Ärzte und eine Schwester und schrie: „Ich brauche einen Rollstuhl, sofort! Wir müssen dringend in das medizinische Shuttle, wir haben keine Zeit zum trödeln! Wir erwarten ein Kind, das jeden Moment auf die Welt kommen kann. Los, los, los!!!“ Sofort rannten alle herum und bereiteten alles vor. McCoy klärte alles mit dem Piloten des medizinischen Shuttles ab und rannte hinter der Truppe her, die sich die protestierende Uhura geschnappt hatten und sie durch die Gänge dirigierten. Jetzt musste es schnell gehen. Immer wieder versuchte er Jim zu erreichen.
Vergebens.
Er ging nicht ran.
Spock sprintete durch die Gänge und kam der Brücke immer näher. Er dachte an nichts; nur noch ein Gedanke war in seinem Kopf: Er musste den Captain heraus holen, ehe die Vashta Nerada ihn holte.
Er kannte viele Legenden über den Nebel und eine war die Verbreiteste von allen. Die Vashta Nerada griff immer zu erst die Maschinen und legte sie lahm. Es sorgte gleich danach dafür, dass die Kommunikation abriss. Dann suchte sie sich den Weg in die Brücke und um die Mannschaft dort lahm zu legen. Wenn von da keiner mehr die Kontrolle hatte, würde das Schiff erstrecht hilflos sein. Spock hatte gehört, dass der Nebel sich durch die Atemwege in den Körper der Opfer schlich und diese verklebte. Der Angegriffene würde ersticken und durch die winzigen Partikel würde er von innen angegriffen werden. Sie würden ihn still und mit großen Qualen töten.
Spock betete das dies nicht schon passiert war und er das noch verhindern konnte.
Jedoch verflog seine Hoffnung, als er durch die Türen in das Innere der Brücke trat. Er verlor einen Moment die Fassung und seine menschliche Seite ergriff die Überhand.
Über dem Boden verteilt lag eine hauchdünne Schicht aus schwarzem Nebel. Sie bedeckte die Oberfläche nur knapp, aber es schien, als würde dies ausreichen um das ganze Licht zu verschlucken das drauf fiel.
Spock schluckte und sein Blick glitt zu dem Kommandosessel, auf dem Normalerweise der Captain saß. Normalerweise.
„Captain!“ rief der Vulkanier aus, als er in zwei Sätzen neben dem Sessel stand und Kirk zusammengesunken am Boden fand. Ein Arm lag auf dem Polster, hielt sich krampfhaft an der Lehne fest, während der andere über den Mund des hustenden Mannes gelegt war. Spock kniete sich neben ihn, zog ihm den Arm weg und drehte ihn zu sich.
Jim schaute ihn aus glasig blauen Augen an, aus seiner Nase floss etwas Blut, genau wie aus seinem Mund. Ein Speichelfaden vermischt mit Blut ran ihm das Kinn hinunter. Das gelbe Hemd war an Brust und Ärmel blutgetränkt. Die silbernen Streifen schimmerten im Licht rot.
„Spock…“ sagte er heißer und blinzelte ein paar Mal. Er sah alles ganz unscharf. Der Commander nahm das Gesicht des Captains in seine Hände und dieser legte eine Hand auf seine. „Sie…was tun Sie hier...?“ fragte er etwas lauter, seine Stimmte hörte sich kratziger an. „Sie sollen doch…bei Uhura sein…Sie erwarten ein Kind…“
„Sie haben aber etwas vergessen.“ Entgegnete Spock und schüttelte den Kopf. Er fühlte eine eisige Kälte an sich hochsteigen. Ein kurzer Blick nach draußen verriet ihm, dass die Vashta Nerada gleich da war. Sie breitete sich zu einem breiten Tuch aus, um sich um das Schiff zu legen.
„Und was?“ Kirk keuchte und versuchte zu atmen. Spock wusste gleich, dass die Partikel seine Lunge bereits verklebt hatten und ihm jetzt langsam die Luft nahmen. Spock wischte seinem Captain den Blutfaden vom Kinn und erkannte jetzt eine Blutlarche neben Kirk. Er hatte Blut erbrochen.
Das schien ernster als gedacht. Ihm blieben nur noch Minuten, wenn nicht Sekunden.
„Ich bin Ihr Commander. Und ein Commander hat die Pflicht auf seinen Captain aufzupassen. Egal was kommt.“
„Aufpassen?“ Kirk schloss die Augen und sein Kopf viel zur Seite, Spock fing ihn mit einer Hand auf. „Wie…“ Ein Hustenanfall durchfuhr ihn. Er würgte und Blut spritzte auf Spocks Uniform. Kirk hob die Hände, krallte sich an die Kleider des Commanders und fing an zu zittern.
Der Vulkanier schaute ihn an und nickte. „Ja…ich habe mir damals, als sie beinahe tot waren, geschworen, dass ich auf Sie aufpassen würde. Vor jeder Dummheit. Ich kenne meinen Captain.“
Die beiden schauten sich an und Jim fing leicht an zu lächeln, seine Zähne waren verfärbt. Dann verschwand das Lächelnd und er meinte: „Und ein Captain hat die Pflicht für seinen Commander und die Crew zu sterben. Sie müssen abhauen…“
„Ich gehe nirgendwo hin ohne Sie, Sir.“ Meinte Spock und schüttelte den Kopf. Er fühlte, wie etwas in seine Nase stieg und in kitzelte. Er rümpfte die Nase und nieste einmal.
Nun machte sich die Vastha Nerada daran ihn an zu greifen.
„Aber…Wir kommen nicht raus…es ist zu spät…wir haben nur noch drei Minuten…“ Jims Stimme klang ängstlich. „Ich….ich habe Angst, Spock…Kennen Sie die Legende, dass man durch die Vashta Nerada…all seine Fehler wieder sieht? Alle schlechten Erfahrungen und Momente wieder erlebt? Das man…einfach….alles Negative wieder…sehen muss?“
„Ja…wieso?“
„Weil ich das getan…habe… Es war schrecklich…Ich bin ein schlechter Mensch…“
„Das sind Sie nicht.“
„Doch…“ Kirk rang verzweifelt nach Luft und sank in den Armen des Comanders zusammen. Er legte seinen Kopf auf seine Brust und das Zittern wurde immer schlimmer. Sein Atem wurde immer flacher. Nicht mehr lange und er würde sterben. Spock legte die Arme um Jim und strich ihm behutsam über die Haare. Eine väterliche Geste. Sie drückte Geborgenheit und Zuneigung aus, soweit sich Spock nicht irrte. Er wollte etwas sagen, als jemand versuchte eine Verbindung zur Brücke herzustellen. Spock griff mit einer Hand nach oben und tippte auf der Konsole der Lehne herum. „Medizinisches Shuttle sieben an Brücke der Enterprise. Hier ist McCoy, hört mich jemand?“ hallte es über die Brücke.
„Hier ist Commander Spock. Sind Sie schon abgeflogen?“
„Noch nicht, wir warten noch auf Sie.“
Der Commander sah zu seinem Captain herunter, der sich angestrengt aufs Atmen konzentrierte. Vorsichtig hielt er ihm zwei Finger unter die Nase.
Schwach. Bald würde er abreisen. „Fliegen Sie los. Ohne uns.“
„Was!?“ fragte McCoy und im Hintergrund weinte Uhura. Eine Hebamme wies sie an durchzuatmen und dann zu pressen. Sie sagte, es sei gleich geschafft. „Nein, keine Chance.“
„Doch, das ist ein Befehlt. Wir kommen nicht weg, und sie müssen mit meiner Verlobten weg.“
„Aber-“
„Pille…“ Kirk sprach mit großer Mühe. „Geht…Bringt euch in Sicherheit.“
„Jim, ich kann nicht.“
„Doch.“
„Aber-“
„Kein aber…“
McCoy seufzte und murmelte leise: „Na schön.“ Er sah ein, dass eine Diskussion nichts bringen würde. Dann wurde die Verbindung kurz gekappt, damit das Shuttle abheben konnte. Spock spürte die Kälte deutlicher und fing an selber zu Husten. Vorsichtig schaute er auf seine Hand und erkannte daran Blut. Das selbe Symptom wie bei Kirk. Er nahm die Hand runter und legte sie wieder um den Captain, der leise flüsterte: „Ich hab Angst…Ich will nicht sterben…alleine…hier oben…“
„Sie sterben nicht alleine…“ hauchte Spock ihm zu und schloss die Augen. „Ich bin bei Ihnen.“
„Ich muss Ihnen so danken…“
„Sie müssen es nicht.“
„Doch.“
Einige Sekunden war es still, ehe plötzlich ein Babyschreien ertönte. Spock fuhr zusammen und sein Gesicht erhellte sich, als er Uhuras Stimme hörte: „Spock…wir…wir haben ein kleines Mädchen.“
„Ein Mädchen?“ fragte er erstaunt. „Faszinierend.“
„Wow…“ hauchte Kirk. „Wie wollt ihr…sie nennen?“
„Wie wollen wir sie nennen?“
„Ich habe an T’Mar gedacht.“ Sie schniefte und fügte hinzu: „Oder was meinst du?“
„T’Mar ist ein wunderschöner Name.“ Bestätigte er ihr. Er freute sich, dass seine Tochter einen vulkanischen Namen bekam. Aber plötzlich wurde ihm auch klar, dass er sie niemals sehen würde. Das er niemals bei ihr sein konnte. Das er sie niemals im Arm halten konnte.
Dass er bald sterben würde.
Es war eine bittere Wahrheit.
„Spock wo bist du? Ich brauche dich. Wir brauchen dich…“
„Ich bin hier.“
„Ich brauche dich aber bei mir…an meiner Seite.“
„Nyota…Ich kann nicht bei dir sein. Aber ich will das du eins weißt.“
„Was denn?“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch.“ Weinte sie und wollte noch etwas sagen, als die Verbindung plötzlich abriss. Uhura schrie auf und drückte ihr Neugeborenes weinend an sich.
Pille rannte zum Fenster und schaute raus.
Der Anblick gefiel ihm gar nicht: Die Enterprise war komplett verschwunden. Kein Licht brannte mehr.
Sie war eingehüllt im Nebel und Gott wusste, wie lange sie ihm noch stand halten konnte.
„Großer Gott…“ entfuhr es ihm. „Nein.“
Er fasste es nicht und spürte eine Träne in seinem Augenwinkel. Er hatte seinen besten Freund verloren.
Die letzten Augenblicke der Enterprise waren kürzer als gewollt.
Zuerst fielen die Lichter aus. Dann die Manövrierdüsen. Das Schiff schien beinahe abzustürzen, hätte der Nebel ihn nicht fest gehalten.
Spock hatte die Arme um Kirk geschlungen und hielt ihn im Arm. Er hielt ein Leben im Arm, das bald enden würde.
Er dachte nach und lege Jim die Finger an die Stirn, atmete durch und konnte dann die Gedanken von ihm sehen. Seine Gefühle spüren.
Er fühlte Angst. Trauer. Schmerz. Panik. Ungewissheit. Enttäuschung auf sich selber.
Das Gefühl nicht geliebt zu werden.
Spock drückte den Captain an sich und flüsterte in sein Ohr: „Sie sind ein toller Mensch. Sie sind ein großartiger Captain. Es war mir eine Ehre mit Ihnen das Universum zu erkunden.“
Aber es kam keine Antwort.
Als Spock seine Finger an die Pulsader von Jim’s Hals legte, zog er sie sofort zurück.
Keinen Puls mehr. James T. Kirk war tot.
Spock schluckte und sein Atem wurde um einen Tick schneller. So war es also, wenn jemand direkt in seinen Armen starb. Das Gefühl war schrecklich.
Respektvoll hob der Commander seine Hand und schloss damit die starren Augen des blonden Mannes.
Aber ehe er noch etwas machen konnte, hörte er ein Knacken. Ein bedrohliches Knacken.
Er drehte den Kopf und erkannte, dass die Scheibe einen riesigen Riss hatte.
Kein Stern war von draußen zu sehen, nur bedrohliche Schwärze.
Die Scheibe bekam immer feinere, immer mehr Risse und Spock schloss die Augen. Er war ruhiger als in jedem anderen Moment seines Lebens. Er verspürte zwar Trauer, Wut und Bitterkeit, aber niemand sah es ihm an.
Eine einzelne Träne rannte seine Wange hinunter, als er die Nase in den blonden Haaren seines Captains vergrub und sich auf das Ende vorbereitete.
Dann zersprang die Scheibe der Brücke.


Als James Tiberius Kirk von Admiral Pike überredet wurde der Sternenflotte beizutreten, versprach er ihm mit der Akademie in drei Jahren fertig zu sein. Er versprach ihm genau wie sein Vater ein Brückenoffizier zu werden. Im Hinterkopf hatte er die Idee Captain zu werden.
Schlussendlich hatte er sein Versprechen gehalten, nur mit dem Unterschied, dass er nach drei Jahren Captain der U.S.S. Enterprise war. Somit hatte James T. Kirk die Leistungen aller bisherigen Kadetten und Offiziere überstiegen. Mit fünfundzwanzig Jahren ging er in die Geschichtsbücher der Förderation ein. Er war zum jüngsten Captain der Sternenflotte ernannt worden und war dadurch für viele ein Idol. Ein Mann, zu dem Mann aufblicken konnte. Auch wenn er sich nicht immer, ob gerne oder ungern, an die Regeln und Vorschriften hielt, waren seine Taten und Entscheidungen immer richtig und gewissenhaft. Er war kein Mensch, der Leute zurück ließ. Er verhinderte jeden Tod. Lieber starb er selber, anstatt das jemand anderes sein Leben verlor.
Und durch dieses Denken rettete er das Leben von 361 Menschen. Er ordnete eine komplette Evakuierung der Enterprise an und brachte seine gesamte Crew, darunter auch das Leben eines Neugeborenes, in Sicherheit, während er selber zurück blieb.
An dieser selbstlosen Tat erkennt man, dass er seinem Vater ähnlicher ist als jeder dachte. Obwohl der junge Captain gerne auf der Überholspur lebte, wenn es um Leben und Tod geht, entscheidet er immer richtig. Er glaubte nicht an ausweglose Situationen und meinte immer, er habe keine Angst vor dem Tod. Ob er nun Angst hatte oder nicht, weiß nur Gott alleine.
Aber durch dies alles ist ihm ein Platz in der Heldengalerie der Sternenflotte sicher. Kadetten, Offiziere und sogar Admiräle sollten sich ein Beispiel an ihm nehmen und zu ihm aufsehen.
Genau wie sie es mit Commander Spock machen sollten. Ihm gebührt eben soviel Ehe wie der Captain selber, denn er ist zurück gelaufen um ihn zu holen. Er wusste, was ihn erwarten würde. Er wusste, dass er dem Tod ins Auge sah, wenn er auf die Brücke ging um Kirk zu retten. Er ließ seine Verlobte zurück, die gerade dabei war ihr Kind zu gebären, um den letzten Mann der Enterprise zu holen. Er wusste, wie knapp die Zeit war, und ging das Risiko ein. Auch er wird in der Sternenflotte einen respektvollen Posten bekommen. Und auf Vulkan wird er ebenso gepriesen werden. Er hatte das Studium an der vulkanischen Akademie für Wissenschaft abgelehnt, um an der Sternenflotte Professor zu werden. Auf seinem Planeten sah man ihn als benachteiligen Mann an, da er eine menschliche Seite hatte. Aber auch hier sah man ihn nicht mit dem Respekt an, den er verdiente. Aber das soll sich nun ändern. Für seine Tat wird er gewürdigt und auch er soll, wie die Menschen es mit James T. Kirk machen werden, von den Vulkaniern als Held gefeiert. Er ist ein Kind von zwei Welten und wird auch dementsprechend geehrt.
Da die Enterprise durch die Vashta Nerada verschlungen wurde und spurlos verschwunden ist, wird eine symbolische Beerdigung des Captains und des Commanders stattfinden. Eine Uniform in den Farben ihrer Division und dem passenden Rang wird verbrannt und in eine Urne gefüllt. Dann werden sie den Familien der Verstorbenen übergeben. Auf Wunsch von Spocks Vater, wird die Urne bis zur Neubesiedelung von Neu-Vulkan in Gewahrsam der Akademie genommen. Sie wird in das Zimmer der Ehre gestellt und streng überwacht. Die Asche von Kirk wird nach Iowa überführt und in die Hände dessen Mutter gegeben. Auf ihren Wunsch wird er im Kreis der Familie und der engsten Freunde beigesetzt und die Sternenflotte wird dafür sorgen, dass alles auch so bleibt. Er soll neben seinem Vater beerdigt werden, der für seine Tat ebenfalls geehrt wurde.
Die Crew der Enterprise wird ebenfalls andere Wege gehen. Leutnant Nyota Uhura wird in den Mutterschutz gehen und sich um ihr Kind T’Mar Uhura kümmern. Dazu wird sie zurück zu ihrer Familie nach Afrika reisen. Hikaru Sulu wird auf die U.S.S. Barnaby versetzt, er will seinen Dienst als Steuermann nicht aufgeben. Navigator Pavel Chekov wird sich, auf eigenen Wunsch, zum Akademielehrer für Navigation und Kartografie ausbilden lassen. Montgomery Scott wird sich der Warp- und Technikforschung widmen um derartiges wie vor ein paar Tagen zu verhindern. Und ich, Doktor Leonard McCoy, werde im Krankenhaus von San Francisco als leitender Oberarzt anfangen. Es ist nicht die kleine Praxis die ich mir immer erträumt habe, aber es ist besser als im Weltraum. Von dem habe ich allmählich die Nase voll.
Die Geschichte, die sich vor achtundzwanzig Jahren abgespielt hat, wiederholte sich auf eine andere Weise wieder. Der Captain ist mit seinem Schiff untergegangen und der erste Offizier mit ihm. Selbst bei der Titanic war es fast so ähnlich. Aber das Leben geht, so traurig und bescheuert es auch klingt, weiter. Wir alle bedauern den Verlust dieser beiden guten Männer und hoffen, sie ruhen in Frieden. Sie werden nie vergessen.


Leonard McCoy M.D.
Rezensionen