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Bestiae

von Melan

Prolog - Crazol

„Dunkel, Aussentemperatur etwa achtundzwanzig Grad, der Geruch von Blut liegt in der Luft.“ Aber das heisst gar nichts, dachte Jim Kirk, als er näher an die unscheinbare kleine Hütte herankroch, die verborgen im dichten Ufergras stand.

Es hatte ihn vier wertvolle Stunden gekostet, sie zu finden und das Erste, dass ihn grüsste, als er eintraf, war der Gestank von Verwesung. Seit seinem ersten heilien Ritus waren seine Sinne kontinuierlich schärfer geworden, und der Mief brannte in seiner Nase wie purer Alkohol. Er überlagerte alles – außer die feine Note von Blut, die der Wind herüber trug.

Man musste kein Genie sein, um zu wissen, was hier vorgefallen war. Man musste nicht einmal ein voll ausgebildeter Krieger sein. Jedes Kind wusste es und konnte dem Schrecken einen Namen geben.
Crazol.
Aliens, die sich die Erde schon vor Jahren unter ihre langen, schmutzigen Nägel gerissen hatten. Sie kamen aus dem Nirgendwo, wie eine Seuche, und binnen weniger Monate war die menschliche Rasse beinahe komplett ausgerottet. Die einzigen Überlebenden waren die Offiziere der jungen Sternenflotte, die sich zum Zeitpunkt der Invasion im Weltall befunden hatten. Sie versuchten alles – doch die Crazol waren stärker. Sie konnten einem Mann mit einem Schlag die Kehle zerfetzen, mit blossen Händen den Kopf abreissen und den Brustkorb aufbrechen, um das Herz zu verschlingen.
Sie waren Monster.

Und das Beste, dachte Jim, kommt erst noch.
Denn die Monster waren nicht in der Hütte. Sie waren hier draußen.
Bei ihm.

Genau in diesem Moment – als hätten sie nur darauf gewartet, dass er seinen Gedanken zuende brachte – stürzten zwei gigantische Kreaturen auf die Hütte zu.
Jim spannte die Muskeln, warf sich nach vorrne und zog im Sprung seinen Phaser. Leider hatte er die Stärke seiner Muskeln wieder einmal unterschätzt – das passierte ihm meistens nach einem Ritus – und er landete genau zwischen der Hütte und den angreifenden Crazol, die Mühe hatten, ihren Lauf zu bremsen und nicht in ihn hinein zu schlittern. Sie tauschten einen Blick, offenbar überrascht, dass es jemand wagte, sich zwischen sie und ihre Beute zu stellen.

Im Licht, das aus den Fenstern fiel, hatte Jim Gelegenheit, sie genauer zu mustern. Sie sahen menschlich aus, mit bleicher Haut, gefleckt wie Marmor, und dunkelgrauen Panzerplatten über Brust und Nacken, die beinahe wie eine Rüstung aussahen. Die Iris ihrer horizontalen Augen glühte in der Dunkelheit und löschten, ebenso wie der Speichel, der von ihren Lefzen tropfte, jeden Zweifel an der Menschlichkeit dieser Wesen aus.

Schlangengelb, dachte Jim, bevor er sich stoppen konnte. Ein leises Zischen, wie das einer Schlange, drang an sein Ohr. Es wurde schnell lauter und obwohl es unmöglich war, Worte darin zu erkennen, merkte Jim, dass er sich automatisch mehr und mehr darauf konzentrierte. Ebenso wie der Sog der unfassbar gelbgrünen Augen immer unwiderstehlicher wurde.
Als der linke Crazol einen Schritt in seine Richtung machte, konnte er sich bereits nicht mehr bewegen.

‚So ist es gut, Homo Sapiens. Bleib genau da stehen‘, flüsterte die Stimme. Es war eine schöne Stimme, dachte Jim, so ruhig und sanft. Er verspürte das Bedürfnis, die Augen zu schliessen, doch dazu hätte er sich bewegen müssen, und Bewegungen schienen mit einem Mal so viel unnötigen Aufwand zu kosten, dass er es bleiben ließ. Es war auch so gut.
‚Ja‘, echote es in seinem Kopf, ‚Es ist alles gut. Das weisst du doch, Homo Sapiens, oder? Es ist alles gut.‘
„Es ist alles...“, wiederholte Jim leise, doch es war nur noch ein unverständliches Lallen. Er war müde. Unendlich müde.

Der Crazol kroch langsam näher, seine langen, nadelspitzen Fangzähne entblößend, und irgendwo in Jims Unterbewusstsein begann eine Alarmglocke zu Schrillen. Oder besser – sie schrillte bereits die ganze Zeit, doch ihr Ton war nicht laut genug gewesen. Etwas war nicht gut.
Jim wollte gerade fragen, was es war – das Wesen vor ihm, mit der weichen Stimme, musste es wissen – als ihn ein Schlag auf die Brust nach hinten schleuderte, direkt durch die Tür in den Wohnraum der Hütte. Er sah gerade noch, wie sich ein Schatten auf die Crazol stürzte, schnell und geschmeidig wie eine Raubkatze.

Holzsplitter regneten auf ihn herab. Mehrere waren gross genug, um ihn zu erdolchen und nur seine Kleidung rettete ihn davor, als Mahlzeit am Spieß zu enden. Doch sie konnte ihn nicht vor dem Zorn des Engels beschützen, der ihm nächsten Moment durch ein Fenster geflogen kam.
Blut lief über ihr Gesicht und verklebte ihr kurzes, blondes Haar.
„C-Ca“, Jim wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Er versuchte es nochmal. „Carol?“
Carol Marcus funkelte ihn wütend an. „Kannst du nicht ein Mal aufpassen, du verdammter Schwachkopf? Das hier sollte ein Hinterhalt werden – und das Erste, was du tust, ist aufspringen und dich ihnen entgegenwerfen? Bist du bescheuert?“
Jim stöhnte. „Hör zu, Carol –“

Weiter kam er nicht, denn die Crazol hatten sich offenbar von Carols Angriff erholt und gingen nun zum Gegenschlag über. Einer sprang durch das zerbrochene Fenster, der Zweite kam durch die Tür. So waren ihnen alle Fluchtwege versperrt.
„Taktik haben sie, das muss man ihnen lassen“, sagte Jim anerkennend. Er schaute sich nach seinem Phaser um, der ihm aus der Hand gefallen war, doch ein Crazol zermalmte ihn bereits unter seinen Füßen. „Mist. Was machen wir jetzt?“
Carol warf ihm einen grimmigen Blick zu. „Ich weiss nicht, was du vorhast, aber ich überlebe.“

Sie zog ein Messer aus ihrem Stiefel und warf sich auf ihren Gegner.
„Guter Plan“, sagte Jim und stolperte auf die Füße. Schnell schaute er sich um. Er trug keine anderen Waffen außer den Phaser, deshalb musste er etwas anderes finden. Der Crazol, der ihn hypnotisiert hatte, stieß ein hohes Fauchen aus und sprang.
Jim duckte sich unter dem massigen Kröper hinweg, griff nach einer aus der Tür gesplitterten Holzlatte und verpasste der Kreatur einen Schlag in die Seite. Sie flog über seinen Kopf hinweg und landete im gedeckten Abendbrottisch.

Jim fiel etwas auf. „Sag mal“, begann er und sprang aus der Reichweite der fliegenden Klauen, „Wo sind eigentlich die Bewohner dieser Hütte?“
Carol schenkte ihm ein schmallippiges Lächeln. „In Sicherheit. Was glaubst du, was ich getrieben habe, während du Indianer gespielt hast?“
Jim hatte keine Zeit für eine mehr oder weniger eloquente Antwort, denn ‚sein‘ Crazol hatte sich aufgerappelt und bleckte wütend die Zähne. Offenbar war es nicht mehr zum Scherzen aufgelegt.
‚Na warte, Homo Sapiens. Dafür werde ich dich zerfleischen.‘
„Dann nichts wie los“, grinste Jim, die Holzlatte schwingend. Langsam begann die Sache, ihm Spaß zu machen.

Der Crazol knurrte noch wütender und sprang ihn an. Er duckte sich, doch dieses Mal rechnete es damit und hieb mit seinen Krallen nach ihm. Eine fuhr ihm über die Schulter. Jim heulte auf. Das schien seinen Gegner anzuspornen, denn kaum auf dem Boden aufgekommen, wirbelte die Kreatur herum und verpasste ihm eine Kopfnuss.
Jim taumelte zurück und fiel dabei in Carol, die versuchte, den messerscharfen Krallen auszuweichen. Sie wurden beide getroffen. Einen Moment wirbelten sie hilflos durch die Luft, dann krachten sie in die hintere Wand.
Die Crazol tauschten ein Paar sehr zufriedene Klicklaute miteinander, dann wandten sie sich ihren Opfern zu. Ihre Mäuler trieften. Jim hörte Carol neben sich nach Luft schnappen. Ein Holzsplitter steckte tief in ihrem Oberschenkel.

Nicht der beste Ort zum Sterben, dachte er und versuchte, sich so gut wie möglich auf das Kommende vorzubereiten.
Ein weiterer Schatten fiel duch das Dach. Er bewegte sich so schnell, dass selbst seine geschärften Augen Mühe hatten, den Bewegungen zu folgen. Zwei Klingen blitzten im Licht der Lampen, schnitten durch die Luft und enthaupteten sauber die zwei Crazol, die ihn nicht einmal bemerkt hatten.

Jim betrachtete ihre zusammenfallenden Körper und stieß erleichtert die Luft aus. „Phew. Danke. Scheint, als hättest du uns das Leben gerettet.“
„Wenn du nicht wieder einmal alleine losgerannt wärst, hätte es keinen Grund für mein Eingreifen gegeben“, war die schneidend kalte Antwort.
„Jaa, aber...“
„Du hast mehr zu lernen, als du glaubst, James Tiberius Kirk. Nur, weil dei -“

Neben Jim räusperte sich Carol vernehmlich, was ihren Retter verstummen ließ. Er betrachtete ihre Wunde und nickte schließlich. „In Ordnung. Ich erwarte euch beide in einer halben Stunde an Bord des Shuttles, wir fliegen zurück nach Taros.“
Damit wandte er sich zum Gehen, blieb jedoch noch einmal stehen. „Versuch, dich nicht noch mal in Schwierigkeiten zu bringen, Jim.“
Jim wollte gerade anfangen zu protestieren, als Carol ihm ihren Ellenbogen in die Seite rammte. Er senkte den Blick.

„Jawohl, Master Khan.“

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