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Bestiae

von Melan

Kapitel 2 - Der Hybrid

Amerikanische Tastatur - also kein scharfes-s vorhanden. Verzeiht es mir :)
In dieser Nacht träumte Jim schlecht. Er sah immer wieder die Fratzen der zwei Crazol vor sich, die sie getötet hatten. Sie kamen näher, krallten sich in seine Kleidung und zogen ihn in die Tiefe. Er sank durch den Boden der Hütte, der so dick und schlammig war, dass er glaubte, ersticken zu müssen, als sich das Erdreich über ihm schloss.

Dann hörte er das Wispern. Wilde Stimmen, die ihm umschwirrten wie ein Bienenschwarm, ihm zuschrien, dass er der Beste sein musste. Der Beste, oder er würde niemals eine Chance haben, er wüde sterben, sie würden ihn ausweisen und auffressen und dann seine Leiche irgendwo verscharren, im Dreck, den Würmern und der Verwesung überlassen.

Jim tastete verzweifelt nach seinem Phaser, doch er war nicht an seinem Gürtel. Vor ihm, in der Dunkelheit. Dort musste er sein. Jim streckte die Hand aus, bekam ihn zu fassen, und schoss in die Finsternis. Sie öffnte sich augenblicklich, wie ein Tor, und er stand in einem großen, weitläufigen Thronsaal. Dies musste auf der Erde sein, denn weder auf Thaetis noch Prochia gab es Gold – und der Saal war vollkommen damit ausgekleidet.

In seiner Mitte stand eine einzelne, hochgewachsene Figur. Sie hatte bleiche Haut, kurzes dunkles Haar und war vollkommen reglos. Doch es war kein Mensch, erkannte Jim, als er neugierig näher trat. Das bewiesen eindeutig seine spitzen Ohren und die leeren, vor sich hinstarrenden Augen, die tief waren wie schwarze Löcher und selbst im Traum einen ungeahnten Sog auf ihn ausübten.

Schritte ertönten. Jim wusste nicht, wieso er sie hörte, denn sie waren eigentlich viel zu leise. Er drehte sich um – und erstarrte. Hinter ihm stand Selek, der Messias der Crazol. Jim wich zurück, auch, wenn er wusste, dass das hier nur ein Traum war.

Selek und der andere, der offenbar der Nachfolger sein musste, betrachteten einander schweigend. Dann, ohne Vorwarnung, bleckte Selek die Zähne und sprang. Der Nachfolger huschte zur Seite, so schnell, dass Jim die Bewegung nicht einmal sehen konnte, fuhr seine Krallen aus und knurrte wild. Mordlust funkelte in seinen Augen.

Das Bild verblasste. Stattdessen erschien das Gesicht einer wunderschönen Frau. Ihre Haut war dunkel wie die Erde, und ein unendlich trauriges Lächeln lag auf ihren Lippen. Als wüsste sie, dass etwas Schlimmes passieren würde, und konnte es doch nicht verhindern. „Nimm dich in Acht vor der Schönheit des Verbotenen“, flüsterte sie, dann zerschmolzen ihre Züge. Stattdessen sah er seine Mutter. Als sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen, sah er ihre nadelspitzen Crazol-Zähne.

Er erwachte schreiend.

- - -

Die Zellen der Gefangenen lagen tief im Bauch der Argentum. Khan hatte ihm den Auftrag gegeben, ihren neuen Begleiter, den Hybriden, herauf zu holen und ihn auf das vorzubereiten, was ihm bevor stand. Eine Aufgabe, die Jim am liebsten abgelehnt hätte, doch er wusste, dass er keine Wahl hatte. Es wurde Zeit, dass er den letzten Ritus und die Weihe empfing, dann konnte er solche lästigen Entscheidungen endlich selbst treffen.

Die Wache, die ihn führte, hatte den ganzen Weg über kein einziges Wort gesprochen. Es war ein seltsamer Geselle, gehüllt in eine schwarze Kutte, unter der sich mühelos ein ganzes Raumschiff verbergen liess, sollte es nötig sein. Oder ein Waffenarsenal. Nur jene, die nicht an ihrem Leben hingen, wurden Wachen auf der Argentum, flüsterte man unten auf Taros, in dunklen Tavernen und Abends am Kamin. Der einzige Unterschied zwischen den Raumstationen und der Erde war, dass die toten Körper nicht gefressen wurden, sagten die Mütter zu ihren Kindern. Doch mehr als die Hälfte aller Sprösslinge schliesst sich später dem Krieg gegen die Crazol an, dachte Jim bei sich.

Er war nur wenige Male auf Taros gewesen. Seine Mutter, zur damaligen Zeit noch aktive Jägerin, hatte ihn kaum dorthin gelassen. Er wusste, dass er einen Bruder mit dem Namen George hatte. Der musste dort unten ein glückliches Leben führen. Einmal hatte Jim ein Shuttle gestohlen, um „Sam“, wie Winona ihn nannte, zu finden, doch natürlich fand er ihn nicht – dafür bekam Jim danach seinen ersten heiligen Ritus und seinen Mentor. Beinahe wie eine Belohnung.

Plötzlich blieb die Wache stehen. Jim rannte in sie hinein. „Hey!“, protestierte er. „Was soll das denn?“

Die Wache schwang herum, packte seinen Arm und zog ihn in einen leeren Seitenflur. Er wollte gerade nach seinem Phaser greifen, als sie ihre Kapuze abstreifte. Darunter kam ein dunkelhäutiges Gesicht zum Vorschein. Die Frau aus seinem Traum!

Bevor Jim jedoch irgendetwas tun konnte, presste sie ihre Hand auf seinen Mund. „Sei still, wenn du nicht willst, dass sie uns beide umbringen. Du musst mir gut zuhören, hast du verstanden? Ich weiss, dass du nicht der Hellste bist, aber es ist wichtig, dass du verstehst, was ich dir sage. Kapiert?“

Jim plusterte beleidigt die Backen auf. „Nicht der Hellste?“, murmelte er gegen ihre Hand, nickte jedoch. „Okay, kein Problem. Ich sage niemandem, dass du mich ersticken wolltest. Hast du heute Abend schon was vor?“

Sie sah ihn an, als wären ihm plötzlich blaue Antennen gewachsen. Nur ein wenig wütender. Als würde sie jeden Moment einen Feuersturm entfesseln, der alles Leben auf der Argentum mit einem Schlag auslöschen würde. Er hob abwehrend die Hände. „Schon kapiert, kein Date.“

„Ich verstehe, wieso Master Khan so wenig von dir hält“, schnaubte die Frau. „Aber das ist jetzt irrelevant. Du wirst aufbrechen, um den neuen Messias der Crazol zu töten?“

„Darüber kann ich nicht sprechen, das ist Top Secret...“, sagte Jim. „Nur die Senatsmitglieder wissen davon. Wie hast du davon erfahren?“

Sie machte eine abwehrende Handbewegung. „Das ist nicht wichtig. Hör mir gut zu, Jim Kirk. Die Crazol sind grausame Kreaturen und müssen von unserem Planeten verschwinden, doch die Senatoren haben dir nicht die ganze Wahrheit gesagt. Sie glauben, dass ein paar sehr wichtige Dinge besser unter Verschluss bleiben sollten.“

Jim hob eine Augenbraue. „Aber du bist anderer Meinung?“

„Sagen wir, ein paar Dinge sollten von Geistern entschieden werden, deren Gehirngänge nicht mit dem Blut ihrer Opfer geflutet sind. So wie die deiner Mutter zum Beispiel. Also sperr die Ohren auf und hör mir jetzt gut zu: Sobald du den nachfolgenden Messias der Crazol gefunden hast, musst du verhindern, dass sie ihn töten. Dies ist von absoluter Wichtigkeit für uns Menschen und alle Völker des Alpha-Quadranten.“

„Verhindern, dass er getötet wird, huh.“ Jim schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht machen.“

Sie sah ihm fest in die Augen. „Du musst.“

„Hast du eine Ahnung, was die mit mir anstellen? Falls ich überhaupt so weit komme. Es gibt keine Regel, die Mentoren verbietet, ihre Schüler zu töten. Master dürfen jedem die Kehle aufschlitzen, der auch nur andeutet, auf der Seite der Crazol zu sein!“

Mit einem Mal sah die Frau so unendlich traurig aus, dass Jim sie nur noch in den Arm nehmen und ihr sagen wollte, dass alles gut werden würde. Doch er hatte eine leise Ahnung, dass es seinen langsamen, qualvollen Tod bedeuten würde, sollte er das versuchen. „Auch ich verstehe noch nicht alles“, sagte sie, „doch du bist unsere einzige Hoffnung.“

Jim seuftze. „Wieso willst du überhaupt einen Crazol retten?“

„Er ist anders. Anders als sein Volk und auch anders als die Menschen – er ist mehr.“

„Mehr?“, fragte Jim. „Das ist nicht unbedingt ein überzeugender Grund.“

„Ich weiss. Aber besser kann ich es nicht beschreiben. Dieser neue Messias hält den Schlüssel zur Rettung oder Vernichtung des Alpha-Quadranten in seinen Händen. Er mag es nicht wissen, doch er ist einzigartig. Er kann die letzte Hilfe für unser Volk sein, oder uns zerstören. Doch ohne ihn werden die Menschen aber ganz sicher fallen, soviel steht fest.“ Damit drehte sie sich um, zog die Kapuze wieder über ihr Gesicht und setzte ihren Weg fort.

Jim eilte ihr nach. „Hey, warte mal! Kannst du vielleicht aufhören in Rätseln zu sprechen?“

Doch sie antwortete nicht mehr, bis sie die unterste Ebene erreichten. Sie führte ihn in einen abgeschlossenen Raum, in dem sich eine einzelne Zelle befand.

Sie wirkte ein wenig altmodisch, mit schwarzen Wänden. Vermutlich, damit man den Dreck und das Blut nicht sah. Kaum hatte er den Raum betreten, hörte er ein tiefes, lauerndes Zischen. Hinter den Gitterstäben, verborgen im Schatten, hockte eine zusammengesunkene Gestalt. Sie war dreckig und geschunden, das konnte Jim erkennen, und man hatte dem Mann – ja, er konnte nicht sehr viel älter sein als Jim selbst – die Händer über dem Kopf an die Wand gekettet. Es musste eine sehr unangenehme Position sein, doch die Miene des Gefangenen war vollkommen ausdruckslos. Er fixierte Jim, als wollte er ihn fressen.

Was vermutlich auch der Fall war, erinnerte sich Jim. Immerhin war dieser Mann ein Hybrid. Die Crazol hatten versucht, ihn zu ihresgleichen zu machen, und sie hatten eine Bestie geschaffen, die beiden Seiten zu einer Gefahr werden konnte.

Jim trat näher an den Käfig. „Leonard McCoy?“

Zuerst dachte er, die Kreatur hätte ihn nicht gehört. Sie rührte sich keinen Zentimeter. Doch schließlich, gerade als er sich abwenden wollte, ertönte wieder das schlagenartige Zischen. „Es ist sehr lange her, dass mich jemand bei diesem Namen nannte.“

- - -

Leonard McCoy war ganz anders, als Jim ihn sich vorgestellt hatte. Er hatte zwar herzlich wenig Zeit gehabt, um sich irgendwelche konkreten Gedanken zu machen, doch das hatte er nicht erwartet.

Der Hybrid wirkte unglaublich zivilisiert. Wenn man das über einen Crazol – auch wenn es nur ein halber war – sagen konnte. Er hatte braunes Haar, lang und unordentlich nach der langen Gefangenschaft, und gelbgrüne Augen. Seine Haut wirkte rau und fest, die Muskeln stählern. Er hielt sich aufreicht, als er der Wache durch die Gänge folgte, und kein bisschen beunruhigt von dem Phaser, den Jim ihm zwischen die Schulterblätter presste.

Wenn da nur nicht die Blicke wären, die der Hybrid ihm immer wieder zuwarf. Manchmal hungrig, beinahe sehnsüchtig, dann wieder zunehmend spöttischer.

„Hör auf, die Zähne zu fletschen“, knurrte Jim und klickte mit dem Phaser. Leonard McCoy stiess einen seltsam rumpelnden Laut aus. Jim brauchte einen Moment, bis er erkannte, dass es ein Lachen war. Ein verdammt sarkastisches Lachen. Er trat dem Hybriden in die Hacken. „Ich meins ernst.“

Doch McCoy zuckte nicht einmal. Stattdessen warf er einen Blick auf die Wache und holte tief Luft. „Blutgeruch“, murmelte er leise. „Wie lange ist das schon her...“

„Ich warne dich“, sagte Jim. „Wenn du auch nur versuchst, irgendetwas zu tun, das nicht auf dem Plan steht, dann bist du tot.“

McCoys Blick war kalt und berechnend. „Hast du damit überhaupt schon mal jemanden getötet, Kind?“

„Natürlich! Also nein, nicht mit diesem Phaser... aber mit einem baugleichen!“, rief Jim wütend – und merkte zu spät, dass er sich hatte provozieren lassen. Verdammt.

Der Hybrid sagte nichts, sondern lachte nur still in sich hinein.

Jim war ehrlich erleichtert, als sie das Verhörzimmer erreichen, in dem Khan auf sie wartete. Er führte seinen Gefangenen in den Raum und schickte dann die Wache fort.

Khan sah ihr nach, bis die Tür ins Schloss fiel. Dann wandte er sich an Jim. „Ich danke dir. Du kannst jetzt gehen. Sorg dafür, dass alles für unsere Abreise vorbereitet ist.“

„Aber –“

„Du hast gehört, was ich gesagt habe, Jim Kirk“, Khans Stimme bekam einen drohenden Unterton.

Jim biss die Zähne zusammen und verliess den Raum.

„Du hast deinen neuen Jungen sehr gut unter Kontrolle“, bemerkte McCoy. „Wenn ich da an ein paar gewisse andere denke, die in deinem Kielwasser herumtrieben... wenigstens scheinst du davon Abstand genommen zu haben, bei der Erziehung Gewalt anzuwenden.“

„Halt die Klappe“, knurrte Khan und warf ihn quer durch den Raum.
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